Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 144

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ist aber offensichtlich eigentlich die Partei Bartenstein. Das mag er halten, wie er will, aber dass er heute hier fehlt, ist ein starkes Stück. Und da hat der von ihm entsandte noch sehr junge Oberrat gemeint: Na ja, die Intentionen des Ressorts sind es nicht, Lohndumping zu betreiben.

Ja, meine Damen und Herren, was heißt denn das wirklich? – Gehen wir einmal zu­rück. Als die Kollegin Ruperta Lichtenecker hier einmal von der Bolkestein-Richtlinie gesprochen hat, hat damals der Herr Bundesminister gefragt, ob sie damit die Dienst­leistungsrichtlinie meine. Der Herr mit dem sperrigen Namen Bolkestein – sein Vorna­me ist Frits, allerdings mit „s“ geschrieben – war immerhin der Binnenmarktkommissar und hat diesen Vorschlag der Dienstleistungsrichtlinie kreiert. Und diesen Herrn Bolke­stein, der mit seinem Namen auch den Namen für diese Dienstleistungsrichtlinie gibt, darf ich wörtlich zitieren. Zitat: Die nationalen Vorschriften sind zum Teil archaisch und übertrieben aufwendig. Sie müssen schlichtweg verschwinden. – So schaut es aus!

Und was sind diese archaischen Vorschriften, meine Damen und Herren? – Das ist nichts anderes als unsere arbeitsrechtlichen, unsere gewerberechtlichen, unsere sozia­len Bedingungen, unter denen in dieser Republik gearbeitet wird. Und das soll jetzt praktisch verschwinden und soll ausgetauscht werden durch so eine Art von Rucksack­prinzip.

Ich stelle das jetzt ein bisschen plastischer dar, denn das so genannte Herkunftsland­prinzip – da werden auch viele nicht wissen, was das eigentlich sein soll – ist eigentlich nichts anderes als das Rucksackprinzip. Das heißt also, dass ein Unternehmen die Be­stimmungen des Landes, in dem es angeblich die Hauptgeschäftsgrundlage oder eine bloße Niederlassung oder vielleicht sogar nur eine Briefkastenfirma hat – das kann, wie gesagt, von Litauen bis Polen sein –, heranzieht.

Meine Damen und Herren! Das ist übrigens sehr konsumentenfreundlich, wenn ich mir vorstelle, dass ich irgendwelche Gerätschaften verwende und dass ich mich mit mei­nen Garantie- und Gewährleistungsansprüchen, von denen ich glaube, dass sie ir­gendwie im Konsumentenschutzgesetz geparkt sind, dann eines litauischen, polni­schen oder was immer Anwaltes bedienen kann. Also mit diesem Rucksackprinzip soll das jetzt ausgetauscht werden.

Ich möchte gar nicht ausführlich darauf eingehen – es sind ja dann auch noch einige Redner gemeldet –, was das im Leiharbeitsbereich bedeutet. Das heißt, irgendein Un­ternehmen wird da tätig mit seinen Mitarbeitern, die er von zu Hause mitnimmt. Das geht sogar so weit: Ein englischer Handelsbetrieb meldet hier einen Standort an, und in England gibt es dieses so genannte Rufprinzip. Das heißt, wenn sich da die Leute im Handelsbetrieb anstellen, weil halt viel Kundenfrequenz ist, dann wird zu Hause ange­rufen.

Das ist vielleicht das, was heute einmal angesprochen wurde, dass es so viele Arbeits­plätze mehr gibt. Sie wissen ganz genau, dass das Teilzeitarbeitsplätze sind. Eigentlich schaut es so aus und ist nur mehr in diese Richtung ausbaufähig, dass die Mitarbei­terin oder der Mitarbeiter überhaupt auf Abruf zu Hause sitzt. Also auch das steht uns hier ins Haus.

Warum ich als Wirtschaftstreibender mir hier eigentlich das Ziellandprinzip wünsche, kann ich Ihnen sagen. Wir brauchen nämlich heute Konsumenten (Bundesrätin Zwazl: Sie vergessen vollkommen, dass wir auch EU-Land sind!) – auch die Kollegin Zwazl mit dem eigenen Unternehmen –, wir brauchen im Handelsbetrieb kaufkräftige Konsu­menten. Nur so funktioniert die Wirtschaft und nicht, wenn wir unser Lohnniveau völlig nach unten fahren. (Beifall bei der SPÖ.)

 


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