BundesratStenographisches Protokoll727. Sitzung / Seite 89

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nungsfonds ins Leben zu rufen, vor dessen Einrichtung ich nicht tief genug den Hut ziehen kann. Es war dies eine Großtat, eine späte, aber immerhin wesentliche Initiative zur Aufarbeitung der österreichischen Geschichte, zur Aufarbeitung aber auch von Ver­brechen, die im Nationalsozialismus geschehen sind. Es war wichtig, hier den Versöh­nungsfonds einzurichten, und alle Parteien haben dies mitgetragen. 414,2 Millionen € wurden vom Versöhnungsfonds aufgebracht, der am 31. Dezember 2005 ausläuft.

Es geht jetzt darum, die übrig gebliebenen Gelder in diesem Sinne zuzuführen. Wir hätten uns erwartet, dass der Bundeskanzler sein Wort hält, das er gegeben hat – die­ses hat er nachweislich nicht gehalten –, nämlich dass es eine gemeinsame Entschei­dung darüber geben wird, wie diese übrig gebliebenen Mittel wohin übergeführt wer­den. Dieses Wort hat er nicht gehalten! Wenn er ehrlich ist, dann wird er auch sagen, dass er es anders gemeint hat, als er es nachher getan hat.

Unser Einspruch erfolgt genau aus diesem Grund. Aber es gibt auch noch andere Gründe, meine Damen und Herren. Zum einen: Wir haben immer gesagt, es gibt einen praktischen Erben, der diesbezüglich Erfahrung und Kompetenz hat; das ist der Natio­nalfonds. Was die Regierung beabsichtigt hat, ist, zwei Fonds zu gründen, wobei der Herr Bundeskanzler zwei Vertreter bestellt, die Frau Außenministerin zwei Vertreter be­stellt, und gemeinsam können sie noch einen fünften bestellen. Damit wird eigentlich dieser gemeinsame Pfad verlassen.

Dazu kommt, dass wir dringend ersucht haben, das Ganze auch der Kontrolle der Volksanwaltschaft – es geht ja bei diesen Fonds, die wir einrichten, um Kontrolle – zu unterstellen. Auch dies wurde nicht berücksichtigt! Wenn wir heute hier in Kürze die Volksanwaltschaft haben werden, werden wieder alle Fraktionen tief beeindruckt vom Tätigkeitsfeld der Volksanwaltschaft sein (Bundesrat Bieringer: Na ja!) und auch se­hen ... Na gut, wenn Herr Kollege Bieringer es nicht ist, dann müssen Sie das der Frau Bauer erklären.

Aber wir müssen gleichzeitig sehen, dass in den letzten Jahren der Wirkungsbereich der Volksanwaltschaft immer wieder eingeschränkt wurde, insbesondere Auslagerun­gen betreffend. Auch da hat man gesagt: Nein, wir wollen die Volksanwaltschaft nicht als Kontrollorgan dabei haben.

Meine Damen und Herren! Angesichts dieses Verlassens des gemeinsamen Weges der Aufarbeitung der Geschichte unseres Landes möchte ich betonen – gerade weil diese Aufarbeitung so spät erfolgt und wir in den letzten Jahren, in denen Botschafter Steiner als Vorsitzender des Komitees diesem Fonds vorgesessen ist, noch Überle­bende, die zu Sklaverei, zu Zwangsarbeit gezwungen wurden, entschädigen konnten – wie wichtig es ist, dass wir hier weiterhin einen gemeinsamen Weg gehen.

Herr Kollege Kühnel! Genau das tun wir heute, indem wir eben unseren Einspruch sichtbar machen. Der Nationalrat hat jetzt noch alle Zeit der Welt, wenn er einen Be­harrungsbeschluss fassen will. Es wird nichts verzögert. Deswegen fassen wir diesen Einspruch auch heute. Wir wollen dokumentieren, dass dieses Verlassen des gemein­samen Weges in einer so sensiblen und wichtigen Materie der falsche Weg ist.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss – die Grünen sind sicher die jüngste Fraktion, die hier in den Bundesrat eingezogen ist – auch ein paar persönliche Worte sagen, nicht nur von Tiroler zu Tiroler, sondern: Als ich als Mitarbeiter in dieses Haus gekommen bin, habe ich Herrn Botschafter Steiner, damals den Parlamentarier Steiner, im Lucona- und Noricum-Ausschuss kennen gelernt. Ich war damals schon von seiner parlamentarischen Persönlichkeit sehr beeindruckt. Damals habe ich mir gedacht, aha, das sind also die Menschen, von denen wir im Unterricht gehört haben, jene, die über die Grenzen hinweg diese Zweite Republik wiedererrichtet haben.

 


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