Bundesrat Stenographisches Protokoll 729. Sitzung / Seite 44

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Bei der vorliegenden Änderung des Arbeiterkammergesetzes handelt es sich um eine Erweiterung des passiven Wahlrechtes in zeitlicher Hinsicht, denn die notwendige Beschäftigungsdauer und damit verbunden natürlich die Beitragsdauer in Form der Arbeiterkammerumlage muss in den letzten zwei Jahren vor dem Stichtag zur Arbeiter­kammerwahl sechs Monate betragen. Wir reagieren damit auch auf eine immer stärker der Rotation unterworfene Arbeitsmarktsituation und auf eine moderne Arbeitswelt, die häufige Wechsel zwischen unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit kennt.

Das passive Wahlrecht wird also nicht nur für EU-Bürger, sondern auch für auslän­dische ArbeitnehmerInnen ermöglicht, und sie werden in dieser Hinsicht den österrei­chischen Staatsbürgern gleichgestellt.

Im Arbeiterkammerwahlrecht ist zusätzlich eine Reduzierung der Wahldauer von drei Wochen auf zwei Wochen normiert, was natürlich auch einen wirtschaftlichen Effekt mit sich bringt, weil dadurch eine Kostenreduktion und eine speditivere Abwicklung der Wahlen möglich wird. Zudem wird die bestehende Möglichkeit der Briefwahl gemäß einer Absichtserklärung der Kammern eine Aufwertung erfahren. Sie soll nach einem einheitlichen amtlichen Schema gestaltet werden.

Auch die zu beschließende Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes dehnt das pas­sive Wahlrecht, wie von Kollegin Bachner schon erwähnt, auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig von der Staatsangehörigkeit aus und bietet so den Be­triebsratskörperschaften größeren Handlungsspielraum.

Gesamthaft betrachtet bedeutet diese Gesetzesänderung eine Stärkung der Betriebs­ratskörperschaften, eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte und eine modernere und flexiblere Anwendung des Arbeiterkammerwahlrechtes. In diesem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen und mich bedanken für die kompetente Arbeit, die service­orientierte Arbeit der österreichischen Arbeiterkammer zum Wohle unserer Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir werden deshalb diesem Gesetz gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie der Bun­desräte Ing. Kampl und Mitterer.)

10.57


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker.

 


10.57.45

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir Grünen werden dieser Gesetzesvorlage zu­stimmen. Es ist eine alte Forderung der grünen Fraktion, dass es passives Wahlrecht für Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft geben muss. Dennoch ist anzu­merken, dass es auch einen Teilbereich gibt, der uns in diesem Zusammenhang schmerzt, nämlich dass Menschen, die länger als 18 Monate arbeitslos sind, vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen bleiben. Angesichts der veränderten Lage am Arbeitsmarkt, die sich immer mehr verschärft, sodass wir zunehmend mit Langzeit­arbeitslosigkeit konfrontiert sein werden, ist das ein bedauerlicher Passus, der den Menschen zum Nachteil gereicht.

Demokratiepolitisch gesehen ist es eine Forderung, die endlich erfüllt wird. Das ist wichtig für die Identifikation der Menschen, die bei uns leben, für die Integration der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Lande.

Dennoch: Der vorhin angesprochene Passus – länger als 18 Monate arbeitslos und kein passives Wahlrecht – würde mit Stand November 2005 3 664 Frauen und 6 158 Männer betreffen, summa summarum also 9 822 Menschen in diesem Land.


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