Beginn der Sitzung: 11.04 Uhr
Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Schönen guten Morgen! Ich eröffne die 730. Sitzung des Bundesrates, die ich auf Grund eines ausreichend unterstützten schriftlichen Verlangens von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Bundesrates gemäß § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates für heute einberufen habe.
Das Amtliche Protokoll der 729. Sitzung des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.
Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Ewald Lindinger und Hans Ager.
Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, bitte ich um Ihre Geduld und Aufmerksamkeit für meine Antrittsrede.
Antrittsansprache der Präsidentin
11.05
Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Entsprechend der Verfassung hat mit Beginn dieses Jahres Niederösterreich den Vorsitz im Bundesrat übernommen. Vom Niederösterreichischen Landtag als Erste gereiht, habe ich die Ehre, diese Funktion auszuüben. Ich danke der Volksvertretung meines Heimatbundeslandes für diesen Vertrauensbeweis und ersuche Sie, meine Damen und Herren des Bundesrates, mit mir im kollegialen Einvernehmen die Aufgabe der Landesrepräsentanz in der Bundesgesetzgebung zu erfüllen. Die Repräsentanz der Länder in der Bundesgesetzgebung erfolgt nach dem Parteienproporz der Landtage. Da sich dieser nach jeder Landtagswahl ändern kann, zeigt sich in der Zusammensetzung des Bundesrates die jeweilige Stärke der politischen Parteien und damit die Dynamik der Demokratie in Österreich. Aus eigener Erfahrung als Bürgermeisterin weiß ich, dass die Dynamik der demokratischen Entscheidungen auf der untersten Ebene, nämlich in den Gemeinden, besonders stark wirksam ist. Der Bundesrat erweist sich in dieser Dynamik geradezu als Seismograph des politischen Lebens in unserem Staat. Da sich während einer Legislaturperiode des Nationalrates das Wählerverhalten in den Ländern ändern kann, ermöglichen die Bundesstaatlichkeit und mit ihr der Bundesrat eine Form der Teilung der Gewalten innerhalb der Gesetzgebung.
Die demokratische Gesetzgebung Österreichs ist – abgesehen von 1918 bis 1920, als es nach Ausrufung der Republik zuerst die provisorische und dann die konstituierende Nationalversammlung gab – stets von einem Zweikammernsystem gekennzeichnet gewesen. War es vor 1918 das Abgeordneten- und Herrenhaus, so sind es seit 1920 der Nationalrat und der Bundesrat. Ein Unterschied neben der Staatsform besteht darin, dass die Gesetzgebung der Monarchie mit der Bezeichnung „Reichsrat“ eine Gesamtbezeichnung für das Haus der damaligen Gesetzgebung hatte, während im B-VG 1920 dies für das heutige Haus der Gesetzgebung nicht vorgesehen ist. Nationalrat und Bundesrat sind zwar im selben Haus, deren legislative Tätigkeit wird aber nicht von einer solchen Gesamtbezeichnung erfasst.
Das Wort Parlament kommt im B-VG nicht vor und ist auch nur eine Gebäudebezeichnung; es steht – das sei betont – sowohl dem Nationalrat wie auch dem Bundesrat zu. Beide Kammern der Gesetzgebung sind Vertretungen des Volkes, wobei der Bundesrat mit seinem Dienst an der Demokratie im Besonderen dem Föderalismus verpflichtet ist. Während die zweite Kammer Österreichs in der Monarchie Ausdruck des Konservativismus war, ist sie in unserer Republik Ausdruck des Föderalismus. Der Bundesrat
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