Bundesrat Stenographisches Protokoll 730. Sitzung / Seite 14

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einer Neinsagerei. Wir werden dort, wo wir das inhaltlich für angemessen halten und formal verantworten können, unsere Einsprüche vorlegen und hoffentlich beschließen. Wir werden dort – ein solcher Fall kommt heute vor: Schulpaket –, wo es gute Gründe gibt, inhaltlich dagegen zu sein, aber formale Argumente gibt, um zuzustimmen, zustimmen, aber gleichzeitig in einem Entschließungsantrag die Regierung darauf auf­merksam machen, dass wir in einem ganz konkreten, wichtigen Fall – Stützlehrer – mit dem materiellen Inhalt dieses Gesetzespaketes nicht zufrieden sind, und hoffen, dass das Gehör findet. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Und wir werden in vielen, vielen Fällen selbstverständlich zustimmen, auch dann, wenn es in Einzelfällen oder bei bestimmten Paragraphen Differenzen gibt, weil wir unsere Aufgabe nicht darin sehen, den Gesetzgebungsprozess möglichst zu erschweren, son­dern darin, ein Maximum für die Menschen unseres Landes zu erreichen.

Ich hatte ursprünglich nicht die Absicht, in diesem Redebeitrag – die Frau Präsidentin möge mir dieses Eingeständnis verzeihen – den gegenständlichen Gesetzesbeschluss des Nationalrates auch inhaltlich zu behandeln. Ich gebe aber zu, dass hier heute Mor­gen eine für mich völlig neue und überraschende Situation entstanden ist, eine beinahe einzigartige Situation; ich habe sie jedenfalls so noch nicht erlebt. Hochrangige Verfas­sungsexperten und leitende Beamte haben uns telefonisch kontaktiert und dringend gebeten, in der heutigen Sitzung auf die absolute Verfassungswidrigkeit einer Bestim­mung der Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz hinzuweisen, damit der Nationalrat bei seiner neuerlichen Beratung, wenn schon sonst nichts, zumindest diese eklatante Verfassungswidrigkeit beseitigen kann.

Nach dem neuen § 39a werden die Behörden des Bundes, der Länder und Gemein­den, die Geschäftsstellen des AMS sowie die Träger der Sozialversicherung verpflich­tet, auf Anfrage der Staatsbürgerschaftsbehörde Daten zu übermitteln; und es wird weiters, und das einfachgesetzlich, festgehalten: Eine Verweigerung dieser Auskunft ist nicht zulässig. – Damit werden die verfassungsrechtlich garantierten Verschwiegen­heitspflichten, bis hin zu Grundrechten wie dem Grundrecht auf Datenschutz, einfach­gesetzlich aufgehoben! Es ist offensichtlich, dass diese Bestimmung klar verfassungs­widrig ist und in die Rechte der Betroffenen, aber auch in die Rechte dieser genannten anderen Behörden in einer eklatant verfassungswidrigen Weise eingreift.

Wir werden selbstverständlich die Abgeordneten aller Fraktionen im Nationalrat, die sich mit dieser Vorlage neuerlich zu beschäftigen haben, wenn unser Einspruchsantrag in weiterer Folge eine Mehrheit findet, von diesem Umstand in Kenntnis setzen. Ich sage aber gleich dazu, Frau Bundesminister, dass, sollte diese offensichtliche Verfas­sungswidrigkeit im Nationalrat nicht beseitigt werden, dann die sozialdemokratische Bundesratsfraktion diese Gesetzesbestimmung beim Verfassungsgerichtshof einem Gesetzesüberprüfungsverfahren unterziehen wird.

Meine Damen und Herren! Auch das ist ein Beispiel dafür, wie sich Dinge verändern können. Ich glaube ja nicht, dass ich so gereift bin, dass es jetzt plötzlich alle diese An­rufe gibt. Die Frau Präsidentin hat davon gesprochen, der Öffentlichkeit den Bundesrat nahe zu bringen, und wir scheinen Fortschritte zu machen. Ich glaube, dass Beamte – auch solche, die an dem Gesetz mitgearbeitet haben, sage ich in Klammer dazu – die Möglichkeit sehen, durch den Einspruch und durch den Hinweis auf dieses spezifische Problem eine Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes zu verhindern. Wir haben auf die­sen Sachverhalt aufmerksam gemacht. Ich bitte Sie, Frau Bundesminister, sich das auch selbst sehr, sehr gründlich anzuschauen. Es ist wirklich, wenn Sie das nachlesen, einsehbar, warum es diese Einwände gibt.

Ich möchte das als Beispiel dafür anführen, wie wir uns Bundesratsarbeit in Zukunft vorstellen: im Dialog mit den Menschen, im Dialog mit denen, die die Gesetze ausfüh-


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