Bundesrat Stenographisches Protokoll 730. Sitzung / Seite 36

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

nur darum: Niemand sitzt hier aus Gnade irgendeiner Obrigkeit, sondern wir haben ein freies Mandat. Und der Bundesrat ist verpflichtet, seinen Beitrag zur Reife der Demo­kratie zu leisten und die Entwicklung der Demokratie weiterzubringen. Genauso wer­den wir das auch in Zukunft halten, auch wenn das vielleicht nicht immer ganz so sym­pathisch ist wie etwa heute mit dieser Sondersitzung.

Zum Staatsbürgerschaftsgesetz. Ich möchte jetzt nicht all die guten Argumente von Kollegin Neuwirth, Kollegem Schennach oder Kollegin Kerschbaum wiederholen, die bereits angeführt worden sind, um darzustellen, dass es keine schlüssige Begründung für diese Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes gibt. Offenbar war es jedenfalls keine Initiative der Länder, die tagtäglich dieses Gesetz zu vollziehen haben, die ihre Beschwerden, ihre Anregungen zur Veränderung lautstark hätten verbreiten können, wenn es tatsächlich so notwendig gewesen wäre. Es ist schon zum Ausdruck gekom­men, dass es vor allem darum geht, dass ein Regierungsvorhaben umgesetzt werden soll. Der politische Wille ist: Das, was europaweit zu den strengsten Gesetzen gehört, ist uns noch nicht scharf genug. Darum geht es! Hauptsache, es gibt für die Zuwan­derInnen ein Signal, das lautet: Stopptafel – so lange wie möglich. Ihr dürft zwar länger warten, aber ihr sollt dafür auch mehr bezahlen.

Jetzt einmal ganz abgesehen davon, was das für ein klein kariertes Signal Österreichs an diese Menschen ist. Ich frage mich hier Folgendes: Wir wollen ja auch von ihnen, dass sie, so schnell es geht, gute ÖsterreicherInnen werden, was immer das auch ist. – Darüber sind wir sicherlich auch unterschiedlicher Meinung. – Aber das wollen wir doch von ihnen, dass sie das werden. Wir muten ihnen zu, dass sie von der Ge­schichte der einzelnen Bundesländer etwas wissen. Vielleicht sollen sie auch noch die Landeshymne aufsagen, oder solche Scherze. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Sin­gen!) – Oder singen, ja. – Gleichzeitig wird aber nichts getan, um die Integrationsmög­lichkeiten zu verbessern. Davon wird ja heute noch beim Schulpaket zu sprechen sein.

Deshalb die Frage: Weiß diese Regierung denn immer noch nicht, dass gerade der Erfolg, und zwar in jeder Hinsicht, im internationalem Vergleich wesentlich von Interna­tionalisierung abhängig ist? Und diese Internationalisierung braucht ein ganz anderes Signal, nämlich: Wir wollen euch, und wir wollen alles tun, damit ihr euch möglichst gut und schnell das aneignet, was Menschen brauchen, um Österreicherinnen und Öster­reicher zu werden, die diesen Namen auch verdienen.

Am rechtlichen Umgang mit EinwanderInnen lässt sich im Grunde genommen die Of­fenheit einer Gesellschaft messen. Wenn man dieses Staatsbürgerschaftsgesetz unter dieser Prämisse, unter dieser Anforderung anschaut, dann lässt sich ablesen, wie eng und wie schmalspurig die ÖVP Österreich wirklich sieht. Ich zitiere – es ist ein Zitat, es sind nicht meine Worte –: Die Alpenrepublik entwickelt sich durch das neue Staatsbür­gerschaftsgesetz zusehends in Richtung einer geschlossenen Veranstaltung. – Zitat­ende.

Das ist keineswegs allein ein roter Befund, sondern das stellte Heinrich Neisser, Vize­präsident des Nationalrats über viele Jahre, Vizepräsident der Liga für Menschen­rechte, im Dezember bei der Vorstellung des menschenrechtlichen Befunds 2005 für Österreich fest. Und ich muss Ihnen sagen, es ist diesem Befund leider ohne Anmer­kung Recht zu geben. Deshalb kann es von Seiten meiner Fraktion für dieses Staats­bürgerschaftsgesetz nur eine ganz eindeutige Ablehnung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

13.05


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. – Bitte.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite