Bundesrat Stenographisches Protokoll 731. Sitzung / Seite 63

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Meinung verpflichtet bin und nicht internationalen Sachzwängen, wie es etwa im Be­reich der Sozialistischen Internationale oder der Europäischen Volkspartei der Fall ist. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Es gibt auch die Europäische Grüne!)

Es gibt eine Reihe guter Gründe, hier nicht die Zustimmung zu erteilen. Der erste wichtige Grund ist jener, dass die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung massiv gegen einen überhasteten Beitritt Rumäniens und Bulgariens ist. Diese Untersuchung stammt von Februar dieses Jahres, eine Eurobarometerumfrage der Europäischen Kommission, die klar zum Ausdruck bringt, dass die Erweiterung der jetzigen Europäi­schen Union in Österreich von lediglich 17 bis 20 Prozent der Menschen gutgeheißen wird. Das heißt im Umkehrschluss, 80 bis 83 Prozent sind dagegen.

Dagegen spricht aber auch das Gebot der politischen Vernunft, wenn man sich an­sieht, dass die Europäische Kommission vergangenes Jahr in ihrem Fortschrittsbericht ganz wesentliche Mängel in diesem Integrationsprozess dokumentiert hat und das mit einem erheblichen Gefahrenpotential für die Lebensmittelsicherheit der Union und nur minimalen Fortschritten im Umwelt- und Arbeitschutzbereich begründet, vor allem aber mit der Tatsache, dass die bisher ausgezahlten EU-Beihilfen in dunklen Kanälen versi­ckert sind, anstatt tatsächlich für eine Beseitigung der bestehenden Mängel eingesetzt zu werden.

Angesichts der besonders in Rumänien dominierenden Korruption sei die adäquate Verwendung der Gelder aus den EU-Fonds jedoch auch in Zukunft ungewiss. Trotz­dem werden Sie heute hier die Zustimmung erteilen, die Zustimmung gegen österrei­chische Interessen.

Ich stelle außer Frage, dass Bulgarien und Rumänien Teil der europäischen Völkerfa­milie sind. Bulgarien und Rumänien müssen einen Platz in dieser europäischen Ge­meinschaft haben. Es geht darum, wann man diesen Zeitpunkt ansetzt. Der Zeitpunkt ist mit Sicherheit verfrüht, weil die EU-Reife noch nicht gegeben ist.

Wir haben heute in Österreich rund 100 000 Personen, die sich illegal hier aufhalten. Diese illegalen Personen kommen zum überwiegenden Teil aus Rumänien und Bulga­rien, was bedeutet, dass in Rumänien und Bulgarien auch die sozialen und wirtschaft­lichen Standards nicht einmal annähernd jenen der Europäischen Union entsprechen.

Ich gebe Ihnen ein weiteres Beispiel, warum ein Beitritt und ein Vertrag über einen Bei­tritt verfrüht erscheinen: Es ist die CIA-Affäre. Gerade Bulgarien steht ja seit längerem nicht nur im Verdacht, sondern es ist auch dokumentiert, dass Bulgarien in vielen wich­tigen Fragen im Sold der USA steht. Dafür erhält die bulgarische Regierung Geld von den USA. Das waren bei den Überschwemmungen in diesem Sommer eine Million Dol­lar, in der Energiewirtschaft Milliarden von Dollar. Darunter fällt auch die Modernisie­rung des AKW Kosloduj. Im Jahr 1999 gab es 25 Millionen Dollar zur Bewältigung der wirtschaftlichen Nachteile aus dem Kosovo-Krieg, 5 Millionen Dollar für die Zerstörung von mehr als 100 russischen Raketen.

Dafür gibt es aber Gegenleistungen. Diese Gegenleistungen sind etwa dann dokumen­tiert, wenn im UN-Sicherheitsrat Unterstützung für die USA in der Irak-Frage gegeben ist, und sie sind auch dann dokumentiert, wenn Bulgarien bevorzugt behandelt werden soll, etwa bei der Frage des Wiederaufbaus im Irak. Bulgarien steht seit längerem im Verdacht, Interessen der USA zu bedienen. Das zeigt sich auch an den Überflügen und an den Geheimgefängnissen, die für mich eindeutig ein Zeichen dafür sind, dass es mit der demokratiepolitischen Reife noch nicht so weit ist.

Angesichts dieser Volumina, die hier aus den USA Richtung Bulgarien fließen, und zu­gleich der Warnung der Regierung in Großbritannien, dass die Korruption in beiden


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