Bundesrat Stenographisches Protokoll 733. Sitzung / Seite 127

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Eines muss man auch sagen, damit hier kein Irrtum entsteht: In dieser Vorlage sind nur Zahlen festgelegt. Da geht es nur um eine Anzahl von Studienplätzen, um eine Pro­zentaufteilung, aber wie dann diese Auswahl passiert, das müssen die Unis selbst re­geln. Hier ist das Argument der medizinischen Grundversorgung gebracht worden, Ös­terreich könne den Bedarf an Medizinerinnen und Medizinern nicht decken, wenn wir im Land nicht viele Österreicherinnen und Österreicher ausbilden würden. Das zeigt ja, dass das auch eine politische Bedeutung hat, dass auch politisch entschieden werden muss. Stattdessen sagt man aber, das sollen sich die Unis selbst regeln. Es wurde also Verantwortung abgegeben, obwohl gesagt wurde, das ist wichtig, da muss etwas geregelt werden.

In Graz gab es zum Beispiel ein Konzept, wobei es eine Eingangsphase im Medizinstu­dium gab. Zuerst wurde eine Weile studiert, erst später erfolgte ein Auswahlverfahren. Dieses Auswahlverfahren war zumindest ein bisschen fairer und war vor allem mit allen betroffenen Gruppen an der Universität abgesprochen. Im Gegensatz dazu haben sich Innsbruck und Wien diesen Schweizer Auswahltest gekauft – und das einzig und allein auf Wunsch der Rektoren –, mit dem Ergebnis, dass sich sehr viele Leute in Graz be­worben haben und deren Modell dann auf Grund eines neuen Überlaufens, das aber durch österreichisches Handeln herbeigeführt wurde, wieder nicht funktioniert hat.

Das Ergebnis, über das Sie sich jetzt beschweren, nämlich dass wir diese Vorlage heute quasi zurückwerfen, ist eine Neuregelung, die nur Quantitatives und nichts In­haltliches regelt und wahrscheinlich in etwa gleich EU-konform sein wird, wie die bishe­rige Regelung war, weil man schon davon ausgehen kann, dass die Wahrscheinlich­keit, ein österreichisches Maturazeugnis zu haben, für österreichische Staatsbürgerin­nen und Staatsbürger höher ist. Insofern gibt es hier auch von Europa-Rechtlern Zwei­fel, dass diese Regelung halten wird. – Erstens.

Zweitens haben wir eine Regelung, die auf keinen handfesten Grundlagen beruht, denn es gibt nur eine fiktiv festgelegte Zahl von Studienplätzen. Es gibt keine Zahlen über die tatsächliche Kapazität der Universitäten, es gibt keine Zahlen über den Bedarf an Medizinerinnen und Medizinern.

Herr Kollege Schnider! Hier möchte ich die Stellungnahme des Landes Burgenland zitieren, die etwas sehr Richtiges besagt, nämlich dass der Bedarf an Medizinerinnen und Medizinern nicht unbedingt damit zusammenhängt, dass sie Inhaber österreichi­scher Maturazeugnisse sein müssen. Ich glaube, dass jemand, der in Deutschland oder England Medizin studiert hat, sehr wohl auch als Arzt oder Ärztin hier arbeiten könnte. Das wäre doch normalerweise kein Problem.

Drittens gibt es eine Regelung, die nicht nur Beschränkungen für Medizin ermöglicht, sondern auch für andere Fächer, und zwar Biologie, Pharmazie, Psychologie, Betriebs­wirtschaft, Publizistik und Kommunikationswissenschaften sowie Tiermedizin. Es wur­de schon erwähnt: Da geht es um 300 bis 400 Studienplätze. Die müssten doch in einem so reichen Land wie Österreich durchaus finanzierbar sein. Und allein die Tatsa­che, dass argumentiert wird, es geht um die Studienplätze für Medizin, dann aber andere Fächer für Zugangsbeschränkungen quasi mitgenommen werden, ist für mich schon Grund genug, dieses Gesetz abzulehnen.

Ich glaube, es geht hier eigentlich um einen Probelauf für Zugangsbeschränkungen. Es soll ein Gewöhnungseffekt eintreten, dass man sich in Österreich damit abfindet, dass es eben Zugangsbeschränkungen gibt. Und zu guter Letzt: Die Rektoren wollen es so. Die Rektoren – das sollte man ihnen vielleicht auch ins Stammbuch schreiben – sind nicht nur die Vertreter ihrer selbst, sondern sie sind auch die Vertreter der Studieren­den der gesamten Universität. Da sind die Studierenden die größte Gruppe. Aber als solche begreifen sich momentan die wenigsten Rektoren.

 


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