Bundesrat Stenographisches Protokoll 736. Sitzung / Seite 24

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Wir haben heute von allen Rednern hier über Strukturprobleme im Bundesrat, Reform­ansätze und so weiter gehört. Wie die Tatsache, dass nach dem Herbst der Winter kommt, im Gebet das Amen folgt, so überkommt uns immer wieder diese Debatte über den Bundesrat.

Jetzt muss man sich das genauer anschauen. Es ist nicht nur die Debatte über den Bundesrat, sondern es ist sehr wohl eine Debatte über die Länder, über die Landtage und den Bundesrat, über deren Aufgaben und Kompetenzen. Das ist ein wesentlich weiteres und breiteres Feld.

Und wenn wir uns die Bundesländer anschauen, so unterschiedlich sie sind, sei es kulturell, sei es teilweise sprachlich, von der Wirtschaftsstruktur her, auch land­schaf­tlich, all das betrachtend, so gibt es doch einen wesentlichen Punkt, der alle Bun­desländer eint und trifft. Was wird das wohl sein? – Es sind die Finanzen, ein Thema, das alle Bundesländer ins Herz trifft. Wenn es ums Geld geht, werden die Dinge heikel, wie wir wissen. Die Aufgaben der Länder sind sehr umfangreich, sehr kostenintensiv in den verschiedenen Bereichen der Gesundheit, der Bildung und vieles mehr.

Konfrontiert sind die Bundesländer mit den knappen Kassen. Die Korsette für diese Finanzen werden immer enger geschnürt, und es stellt sich die Frage, ob die Gefahr besteht, dass den Ländern die Luft weg bleibt. Und es ist ja auch ein wesentlicher Faktor für die Lebensqualität der Menschen in den Bundesländern, genau diese Aufgaben in den Bereichen Bildung, Forschung, Gesundheit, Kultur gut wahrnehmen zu können. Und das ist auch ein wichtiger Beitrag zum Thema Wirtschafts- und Standortpolitik.

Seitens der Länder gilt es, die Einnahmenbasis sicherzustellen, und da stellt sich immer die Frage nach den Steuer- und Abgabenquoten, die auch jetzt wieder in Diskussion sind dahin gehend, ob es der richtige Weg ist, diese perspektivisch auf 38 Prozent zu senken. Das trifft vor allem die Länder und die Gemeinden und damit unsere föderale Struktur.

Wenn man sich die Zahlen anschaut und immer singulär von Steuer- und Abgaben­quoten spricht, so ist das nicht der richtige Weg. Man muss es im Zusammenhang mit Arbeitslosenraten, Armutsgefährdungsquoten, Wachstumsraten des Bruttoinlandspro­dukts sehen. Wenn man zwei Länder vergleicht, etwa Dänemark und die Slowakei, sieht man, dass Dänemark eine Arbeitslosenquote von 4,8 Prozent und eine Armuts­gefährdungsquote von 11 Prozent hat, also relativ niedrig, aber eine Steuer- und Abgabenquote von fast 50 Prozent. Im Vergleich dazu die Slowakei: Die Slowakei hat eine Arbeitslosenquote von fast 17 Prozent. 17 Prozent! Es ist fast ein Viertel der Menschen armutsgefährdet. Und was haben sie für eine Steuer- und Abgabenquote? – 29 Prozent!

Die Senkung der Steuer- und Abgabenquote als Ziel per se ist für mich kein Ziel, sondern es sind die Aufgaben zu definieren und die Ressourcen, die man dafür braucht, um diese Aufgaben auch zu erfüllen. Und hier geht es ganz klar auch um die Interessen der Länder, darum, die Spielräume zu sichern. Das heißt auch, dass man von Seiten der Länder und auch des Bundesrates genau diesen Bereich im Auge behalten soll und dafür Sorge tragen muss, die finanzielle Basis und die Grundlagen zu sichern.

Die Forderung der Senkung der Abgaben- und Steuerquoten kann leicht zum Eigentor werden, was wir so nicht wollen.

Und ich sehe ein weiteres Problem in der tagtäglichen Arbeit. Es ist diese klare Aufteilung der Kompetenzen zwischen den Ländern und dem Bund, wo es immer


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