Bundesrat Stenographisches Protokoll 736. Sitzung / Seite 54

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Die Botschaft ist nämlich dann: Gehe nicht zum Arzt! Und wir sehen, dass die Länder mit den höchsten Selbstbehalten auch die höchsten Gesundheitsausgaben haben und bei weitem nicht die besten sind – siehe USA und siehe Schweiz! Wir liegen weit vor diesen Ländern, was die Qualität anlangt. Diese haben die höchsten Selbstbehalte. (Bundesrat Mayer: Die haben Sie eingeführt!) Das wäre der falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

Bezüglich der Finanzierung haben wir eine Grenze erreicht, die Finanzierungslast wird noch vom öffentlichen Sektor hin zum privaten abgewälzt werden. Wir haben da Grenzen erreicht! Wir geben jetzt vom öffentlich-rechtlichen Sektor 68 Prozent für die gesamten Gesundheitsausgaben aus. Vor 20 Jahren waren es noch 76 Prozent! Das heißt, es gibt schon eine starke Überwälzung vom öffentlich-rechtlichen Sektor hin zum privaten Sektor. Das heißt, da haben wir die Grenzen erreicht. Wir können einfach nicht sagen: Wer krank ist, hat Pech gehabt und muss sich seine Versorgung selbst bezahlen! – 15 Prozent der Menschen nehmen 85 Prozent der gesundheitlichen Leis­tungen in Anspruch! Wir sollen diese 15 Prozent 85 Prozent der medizinischen Leistun­gen selbst bezahlen können? Das geht nur, wenn wir weiterhin beim Solidaritätsprinzip bleiben – und nicht in Selbstbehalte flüchten. Und zu dem stehen wir. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch etwas: Die rote Lampe hier leuchtet schon, weil die Frau Ministerin da ist. Jetzt muss ich ein bisserl Öl ins Feuer gießen, Frau Ministerin. Bei der nächsten Präsidentenkonferenz werden Sie mir das wahrscheinlich wieder zurückzahlen, aber ich muss jetzt schon noch etwas sagen. Da gibt es nämlich eine Parallele, die mir auffällt. Es geht um Machtpolitik. Es geht um Durchgriffsrecht. Und es gibt so ähnliche Vorgangsweisen dieser Bundesregierung, wenn es darum geht, Macht auszubauen, zu manifestieren: Man strapaziert zunächst EU-rechtliche Vorgaben; die EU erfordere das; auf Grund der EU müssten wir das tun! Es gibt dann immer irgendwelche Maß­nahmen. Jedenfalls heißt es: Die EU wolle es, und deswegen müssen wir auch zu Neukonstruktionen kommen! So wie in dem Fall auch. Da gäbe es ja auch so EU-rechtliche Vorgaben, sagt man. Die EU verlange das, und deswegen müsse man so etwas Neues konstruieren wie eine GmbH.

Am Ende des Prozesses liegt dann immer eine Konstruktion vor, die dem jeweiligen Minister – der Ministerin in diesem Falle – ein völliges Durchgriffsrecht ermöglicht. Ich denke da beispielsweise an die Pädagogische Hochschule; dort ist es ähnlich. Wir geben Pädagogische Akademien auf, wir geben Pädagogische Institute auf – diese werden beseitigt, weil die EU das wolle Sie brauchen einen Bach.-Päd. oder was auch immer, obwohl es in der ganzen Lehrerausbildung kein Master- oder Bachelorstudium gibt, aber dort brauchen wir es halt. Wie auch immer: Die EU verlangt es – wir beseitigen Akademien, wir beseitigen Institute, machen eine Pädagogische Hoch­schule, inhaltlich ist es das gleiche, es ist nur Etikettenwechsel.

Eines hat man dabei geschafft: Man hat einen Hochschulrat geschaffen, der der Frau Ministerin Möglichkeiten gibt, durchzugreifen, denn alles, was da beschlossen wird, geht schlechtestenfalls für die Frau Ministerin mit 3 : 2 aus. Hervorragend! Damit ist wieder Machtpolitik manifestiert, aber man hat Gutes beseitigt. – Das sind so Pa­rallelen, die mir auch im Gesundheitssystem auffallen.

Meine Damen und Herren, ich möchte meine Redezeit nicht länger strapazieren, jedenfalls: Es gibt genug Gründe, diese vorliegende Gesetzesmaterie abzulehnen. Wir lehnen jedenfalls Machtpolitik auf Kosten von Qualität durch Beseitigung von part­nerschaftlicher Zusammenarbeit grundsätzlich ab – und deswegen auch diese Gesetzesmaterie. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.39

 


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