Bundesrat Stenographisches Protokoll 737. Sitzung / Seite 107

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14.18.06

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, diese verschiedenen Berichte, die jetzt vom Berichterstatter vorgetragen wurden, sollten uns zum Teil wirklich sehr nachdenklich stimmen, denn insgesamt ver­stehen wir das Projekt der Europäischen Union als ein großes Bauwerk einer europäischen Sozialpolitik, einer europäischen Wirtschaftspolitik und einer euro­päischen Bildungspolitik. Betreffend Wirtschaftspolitik, würde ich jetzt sagen, müsste man schon sehr nachdrücklich anfügen, Herr Staatssekretär, ein Bauwerk einer fairen Wirtschaftspolitik.

Ich glaube, im Jänner fand der informelle Ministerrat in Österreich in Villach statt. Wenn ich mir vorstelle, dass in diesem Bereich die so genannte Flexicurity Einzug halten soll, wodurch Sicherheit durch Flexibilität gegeben sein soll, dann, denke ich, geht das einfach in die falsche Richtung.

Fairer Wettbewerb heißt, dass hier nach Regeln gehandelt wird. Es ist jetzt Gott sei Dank Vernunft eingekehrt, und man hat bei der Dienstleistungsrichtlinie, einem großen europäischen Regelwerk, zumindest die Sicherheit, dass das Ziellandprinzip zur Geltung kommen wird. Die Frage ist nun – und das vermisse ich in diesen ganzen Berichten –, wie das wirklich umgesetzt werden soll.

Es wird uns wenig helfen, wenn wir vom Ziellandprinzip sprechen und fairer Wett­bewerb für unsere kleinen und mittleren Betriebe in diesem Land herrschen soll, wenn wir nicht überprüfen können, aus welchem Bereich unsere Tischler, Dachdecker oder Spengler Konkurrenz zu gewärtigen haben, ob sie dann wirklich nach unseren Kollektivverträgen bezahlt werden, ob Kollege Bieringer die Abgaben in seiner Gemeinde als Bürgermeister bekommt, ob sie wirklich dort erbracht werden, denn es gibt ja bekanntlich ein so genanntes Drittlandprinzip. Wenn also zum Beispiel eine italienische Baufirma in Innsbruck baut, dann kann sie durchaus ihre Mitarbeiter aus Nordafrika mitbringen. Diese gelten ja dann bekanntlich hier als Arbeitnehmer eines EU-Landes.

Ich glaube, da wird einiges nötig sein. Es gab heute schon die Möglichkeit, den Herrn Bundesminister für Finanzen zu fragen, wie denn eigentlich die KIAB-Gruppe personell ausgestattet sein wird. Das werden einige hundert Frauen und Männer sein, die diese Betriebe unter anderem im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie kontrollieren sollen. Das ist ja nur ein schmaler Teilbereich, den diese Erhebungsgruppe wahrnimmt. Daher bin ich nicht sehr zuversichtlich, dass das funktionieren wird.

In einem dieser Berichte, Herr Staatssekretär, steht ein interessantes Stichwort zu lesen, nämlich „Anti-Dumping“. Da kommen wir jetzt genau hin. Im Bereich des Anti-Dumping geht es darum, dass Produkte, aber vor allen Dingen Dienstleistungen unter fragwürdigsten Umständen immer billiger werden, weil immer billigere Arbeitskräfte eingesetzt werden, Menschen, die sehr wenig verdienen, die eben nicht in den Genuss sozialer Leistungen wie andere EU-Bürger kommen. Ich glaube, wir sollten, wenn sich die EU zu einem Anti-Dumping bekennt, das vor allen Dingen sehr ernst nehmen. – Erster Punkt.

Ein zweiter Punkt, Herr Staatssekretär – Sie müssen heute hier alle Ressorts ver­treten –, der mich sehr bestürzt, ist, dass die Steuerharmonisierung in der Euro­päischen Union völlig ins Stocken gekommen ist. Das hängt natürlich mit dem Gesamtregelwerk der Europäischen Union zusammen, weil diese Steuerharmonisie­rung ausschließlich Aufgabe des Rates ist und noch dazu dem Einstimmigkeitsprinzip unterliegt.

 


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