Bundesrat Stenographisches Protokoll 737. Sitzung / Seite 113

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Sie haben wahrscheinlich alle von der Studie, ich glaube, der Arbeiterkammer gehört; sie wurde am 19. Juli veröffentlicht und befasst sich mit den Jobchancen für junge Menschen. Ich zitiere: Fast 77 000 Junge zwischen 15 und 24 konnten nach der Pflichtschule keine Lehre oder weiterführende Schule beginnen oder flogen ohne Abschluss aus dem Bildungssystem. Zusätzlich zu den 77 000 Dropouts kamen fast 29 000 Jugendliche nicht am Arbeitsmarkt unter, obwohl sie eine Lehre, weiterführende Schule oder Hochschule abgeschlossen hatten. In Summe fehlen also faire Chancen für 105 000 Jugendliche in Österreich.

Wenn wir jetzt das Ziel haben, dass die EU als Gesamtes eine bessere Eingliederung von jungen Menschen in den Arbeitsmarkt erreichen soll, wir aber in Österreich solche gegenteilige Entwicklungen haben, dann müssen wir auch beginnen, vor der eigenen Tür zu kehren. Die EU wird dieses Ziel nicht erreichen, nur weil es in einem Bericht steht. Die EU kann dieses Ziel nur erreichen, wenn jedes Land einen Beitrag leistet, auch Österreich, und Österreich muss sich hier anstrengen.

Ähnliches gilt auch für die Frage der Schulabbrecher. Da hat Österreich zwar einen im internationalen Vergleich guten Wert, allerdings steigt diese Zahl in den letzten Jahren. Schulabbrecher und -abbrecherinnen sind ganz besonders gefährdet, wenn es dann um den Einstieg in den Arbeitsmarkt geht. Auch hier braucht es von Seiten Österreichs größere Anstrengungen.

Einen Satz zum Bericht des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen. Ich habe diesen Bericht durchforstet nach frauenspezifischen Themen, habe mir zuerst die Inhaltsangabe durchgelesen und wurde nicht fündig. Ich habe mir gedacht, das kann es nicht sein, und habe die Inhaltsangabe beiseite gelegt und den Text zu lesen begonnen – und bin doch tatsächlich auf etwas gestoßen, was zum Thema Frauen gesagt wird. Um nur einen Ausschnitt hier zu zitieren:

„Wie die Kommission selbst feststellt, sind in den letzten Jahren gute Fortschritte im Bereich der Gleichstellung gemacht worden, dennoch bestehen nach wie vor geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Beschäftigungsniveau, in der Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit, in der Bezahlung, im Zugang zu Führungspositionen.“

Es wird hier noch etwas weiter ausgeführt, weitere Probleme werden genannt, und es endet mit der etwas lapidaren Feststellung: „Österreich wird diesem Thema hohe Aufmerksamkeit schenken.“

Das sind zehn Zeilen in einem 22-seitigen Bericht zum Thema Frauen. – Mir ist das zu wenig! (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Zum Abschluss jetzt noch zwei Sätze zum Bericht des Bundeskanzleramtes. Zwei Punkte sind mir hier aufgefallen: einerseits das sehr wichtige und sehr lobenswerte Vorhaben, eine aktivere Bürgerinnenschaft und Bürgerschaft für Europa herzustellen. Das, glaube ich, kann man vergleichen mit dem Vorhaben des Großvaters, der einen Kastanienbaum im Garten pflanzt, in der Hoffnung, dass die Enkelkinder sich irgendwann in seinen Schatten setzen und sich erholen können. Hoffen wir, dass es schneller geht! Dieses Ziel wird ja auch schon seit langem postuliert: Wir wollen die BürgerInnen mehr einbinden in Europa, und es soll ein Europagefühl entstehen. Momentan, glaube ich, hat man den Stein der Weisen hier noch nicht gefunden. – Aber das nur als Nebensatz.

Was mir besonders ins Auge gesprungen ist, war der Punkt II.4: „Europäisches Jahr des interkulturellen Dialogs“. – Dieses Programm wird hier kurz erläutert, und als Ziele des Programms werden hier genannt die „Sensibilisierung der BürgerInnen für das Konzept einer aktiven Unionsbürgerschaft, die kulturelle Unterschiede achtet und auf


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