Die Präsidentschaft bietet auch die Möglichkeit, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft des jeweiligen Bundeslandes im Parlament zu präsentieren. Davon habe ich im vergangenen Halbjahr reichlich Gebrauch gemacht, und manchmal haben mich Mitarbeiterinnen des Bundesratsdienstes gefragt, ob es außer Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern auch noch andere Menschen in diesem Hause gibt. Ich habe sie beruhigen können: Es gibt solche, und sehr viele wertvolle!
Es ging damals um das bekannte Oberösterreich-Fest am Beginn meiner Präsidentschaft, um die Veranstaltung „Typisch oberösterreichisch“ am 9. November mit Professor Zauner und Roland Girtler, um die Ausstellung „PreisWert“, bei der wir versucht haben, die oberösterreichischen Kulturpreisträger der letzten Jahre im Palais Epstein zu präsentieren, sowie zuletzt um das Konzert des Linzer Brucknerchores im Reichsratssitzungssaal. Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die daran teilgenommen haben, die bei diesen Veranstaltungen mitgemacht haben und damit ihre Solidarität auch mit dem vorsitzführenden Bundesland bewiesen haben.
Es geht aber nicht nur um Symbole wie die Fahne oder um Veranstaltungen, es geht auch darum, dass wir diese Symbole mit Leben erfüllen. Dazu haben diese Veranstaltungen beigetragen.
Ein weiterer Schwerpunkt meiner Präsidentschaft war das Thema Nachbarschaftspflege. Dabei habe ich mich bemüht, möglichst viele Kontakte mit Abgeordneten und Repräsentanten unserer Nachbarländer zu pflegen. Mehrere Auslandsreisen führten mich dabei nach Prag – zur Versammlung der Präsidenten der Senate Europas –, Laibach, Bonn, Berlin, Brüssel und auch Sofia.
In der Europäischen Union wird das Netzwerk der Abgeordneten immer wichtiger werden, und es genügt nicht, dass das Thema Europa auf Regierungsebene schwebt – so wie eine Schutzmantelmadonna über den Menschen –, sondern wir müssen dieses Thema, glaube ich, auf die Abgeordnetenebene und damit auf die Ebene der Bevölkerung herunterholen.
Bei einem Arbeitsgespräch im Parlament vor ungefähr einem Jahr – so hat das angefangen – hat der Europasprecher der SPÖ, Abgeordneter Caspar Einem, scherzhaft gemeint, es müsse sich „um einen Betriebsunfall handeln“, wenn der Vorsitzende des EU-Ausschusses des Bundesrates jetzt auch Präsident des Bundesrates werde. Er hat das so gemeint, als sei es ein fundamentaler Widerspruch, dass ein Vertreter einer Region auch Vorsitzender des EU-Ausschusses und zugleich auch Präsident des Bundesrates sein kann.
Ich habe diese Anregung ernst genommen und versucht, diesen vermeintlichen Widerspruch aufzulösen. Wir haben damals einhellig vereinbart, dass ich als zukünftiger Präsident des Hauses eine parlamentarische Europakonferenz zu dem Thema „Die Zukunft Europas miteinander gestalten“ einberufen werde. Ziel war es, erstmals alle Akteure der Europapolitik in Österreich zu einer gemeinsamen Konferenz einzuladen und über das Programm der Kommission zu informieren, über die aktuellen Themen und über den Handlungsbedarf sowie die Rolle der einzelnen Akteure. Dabei sollten die Arbeitsschwerpunkte genau besprochen werden.
Zugegeben: Es war ein Anfang und ein erstes Experiment, eben mit dem Ziel, die Europapolitik von der Regierungsebene auf die parlamentarische Ebene zu bringen. Zugleich ging es mir darum, den Bundesrat als Drehscheibe der Europapolitik zwischen den Bundesländern einerseits und der europäischen Ebene andererseits zu profilieren.
Bei der Subsidiaritätskonferenz während der österreichischen Ratspräsidentschaft im April dieses Jahres in St. Pölten wurde von allen EU-Mitgliedstaaten einhellig gefordert,
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