BundesratStenographisches Protokoll741. Sitzung / Seite 80

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schlecht in den letzten Jahren. Es konnte auch auf einer soliden Basis, die Österreich in den siebziger, achtziger und neunziger Jahren gelegt hatte, aufgebaut werden. Aber einiges, was aus der Balance geraten ist (Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax), muss und wird in den nächsten Jahren gemeinsam korrigiert werden.

Es ist gesagt worden, dass die Sozialpartnerschaft wieder eine neue und richtige Be­deutung für die Entwicklung der nächsten Jahre haben wird, weil es die Sozialpartner sind, die unmittelbar aus der Erfahrung im wirtschaftlichen und im sozialen Leben den Konsens formulieren können, der auch dann für die Politik eine taugliche Grundlage für normative Regelungen sein kann. Diese wieder gestärkte Bedeutung der Sozial­partnerschaft wird auch eine breite Zustimmung gesellschaftlicher Kräfte zu diesem Kurs Österreichs in den nächsten Jahren sichern.

Ich erlaube mir, Ihnen, meine sehr geschätzten Damen und Herren im Hohen Haus, ganz kurz aus dem Sozialkapitel, aus meinem Ressort, die wichtigsten Vorhaben und Prioritäten zu skizzieren, weil Sie als Vertreter der Bundesländer und vielfach ja auch als Vertreter der Kommunen sehr, sehr wichtige Mitwirkungsmöglichkeiten haben – und ich lade Sie ein, diese auch wirklich zu nutzen, gemeinsam mit der Regierung – in der Umsetzung zweier wichtiger Kernstücke des Programms im sozialen Bereich, nämlich der Mindestsicherung und der Pflegesicherung.

Beides sind Bereiche, in denen Bund, Länder und Gemeinden zusammenspielen müssen, gemeinsame Ziele und gemeinsame Instrumente formulieren müssen, um die Bedürfnisse der Menschen nach Sicherheit auch bei Pflegebedarf im Alter abgedeckt zu bekommen, in einer Art und Weise, wie sie selbst das wünschen, ob mobil zu Hause, ob stationär in einem Pflegeheim, in einer breiten Palette von Instrumenten, um das wirklich sicherzustellen.

Da ist es so, dass kurzfristige Lösungen getroffen werden müssen für die Betreuung zu Hause; Stichwort: 24-Stunden-Betreuung. Da haben ja auch Sie ein Amnestiegesetz mit beschlossen, das mit 30.6.2007 ausläuft. Bis dahin sollte ein legales, leistbares und qualitätssicherndes Modell für die Betreuung zu Haus entwickelt werden.

Noch ambitionierter ist es, die Zukunftsfähigkeit der Pflegesicherung über die nächsten zehn und zwanzig Jahre zu entwickeln, weil wir wissen, dass die Finanzkraft der Ge­meinden und der Länder allein nicht ausreichen würde, um die demographische Ent­wicklung, die Sie kennen, ausschließlich zu tragen. Hier muss auch der Bund zusätzlich mithelfen. Gemeinsam haben wir uns vorgenommen, in einer Arbeitsgruppe diese Finanzierung grundlegend zu diskutieren – von steuerfinanzierten Modellen bis zu einem Modell einer Pflegeversicherung –, dann nach Abwägung der Vor- und Nachteile ein gemeinsames Modell in Kraft zu setzen und es unter Umständen, wenn es eine massive Veränderung in der Finanzierungsstruktur bedeuten würde, auch einer Volksabstimmung zu unterziehen.

Von ähnlicher Bedeutung ist Ihre Mitarbeit im Bereich der Mindestsicherung, weil da die sozialen Systeme auf Bundesebene – Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Pen­sionen – kombiniert und in eine neue, gemeinsame Harmonie gebracht werden müssen mit den Sozialhilfesystemen der Länder, die selbst wiederum untereinander stärker harmonisiert werden müssen. Es ist eine ganz, ganz gewaltige Aufgabe auch für die Landtage, die Sie entsandt haben, hier gemeinsam mit dem Bundesrecht eine feste Grundlage zu schaffen, dass Armut in Österreich in den nächsten Jahren nicht weiter ansteigt, sondern zurückgeht.

Armut in einem Land, das viele Ressourcen hat, das Wohlstand bietet, das auch Reichtum schafft, ist eine politische und moralische Schande! Es ist unsere ge­meinsame Verpflichtung, die richtigen Instrumente zu ergänzen, um Kinderarmut, Armut von alleinerziehenden Frauen, Armut von Langzeitarbeitslosen, Armut von älte-


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