BundesratStenographisches Protokoll746. Sitzung / Seite 39

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80 Jahre alt wird, dann darf er um zwei Mal weniger oft wählen, als ein 18-Jähriger bei einer vierjährigen Legislaturperiode wählen kann. Das heißt, ich reduziere die Möglich­keit der Bürgerbeteiligung. (Bundesrätin Roth-Halvax: Das ist im Land und in der Gemeinde auch kein Drama!)

Frau Kollegin, es geht hier nicht um Dramen, es geht um Partizipation. Es geht darum, dass wir Politikmüdigkeit bekämpfen wollen, und es geht darum – und das ist jetzt vielleicht der Unterschied zur Gemeinde, Frau Kollegin –, dass ich keine Verlängerung einer Legislaturperiode beschließen kann, ohne die direktdemokratischen Rechte aus­zubauen. Wenn man aus irgendwelchen Gründen zu einer fünfjährigen Legislatur­periode übergehen will – übrigens: 20 EU-Staaten haben eine vierjährige Legislatur­periode, die Schweizer in einer Kammer sogar nur eine zweijährige! –, so kann man im Prinzip darüber diskutieren, aber nur, wenn man etwas anderes verstärkt: wenn man die direktdemokratischen Möglichkeiten verstärkt; zweitens, wenn man in eine solche Wahlrechtsreform tatsächlich Quantensprünge hineinbringt, wie etwa eine echte Zweitstimme! – Ich verstehe die Angst nicht, aufgrund derer man darauf beharrt, dass man eine Persönlichkeit nur aus derselben Partei wählen kann. Es könnte ja durchaus für Eva Konrad als Grüne in Tirol ein Bedürfnis sein, die Grünen zu wählen und Herrn Kritzinger als Persönlichkeit eine Stimme zu geben. (Heiterkeit.) – Das ist derzeit ausgeschlossen! Aber in Deutschland ist es möglich. (Bundesrat Konecny: Nein, so nicht!)

In Deutschland ist ein prinzipieller Unterschied zwischen Parteizugehörigkeit und einer Zweitstimme möglich! – Warum wir in Österreich das scheuen, das ist mir unver­ständlich. Das würde die Möglichkeiten unterschiedlicher Akzente in einer Wahl erhöhen.

Weiters: Es erfolgt eine Ausdehnung auf fünf Jahre ohne Ausbau zum Beispiel der Oppositionsrechte! – Meine Damen und Herren, das ist einfach eine Chuzpe, wie Rotter sagte.

Das Nächste ist, dass wir auch nicht in die Diskussion über erleichterte Möglichkeiten des Wahlrechts für Migranten und Migrantinnen eingetreten sind.

All diese Dinge kommen hier nicht vor, die in einem solchen Demokratiepaket, wenn ich die Legislaturperiode auf fünf Jahre ausdehne, unabdingbar sind. Und wenn Herr Minister Platter heute in der Fragestunde sagte: Ich traue den Wählern!, dann frage ich: Warum braucht er dann, wenn er den Wählern traut, eine auf fünf Jahre aus­gestreckte Legislaturperiode? – Offensichtlich ist das Vertrauen in die Wähler nicht in dieser Weise vorhanden.

Und es gibt – ich habe das als Tiroler übrigens, Herr Minister Platter, in Wien ken­nengelernt – ein interessantes Wienerlied, das heißt „Zizerlweis“. Ich habe jetzt das Gefühl, dass man genau „zizerlweise“ unterschiedliche Bereiche der Diskussion des Konvents ohne Volksabstimmung durch Verfassungsmehrheiten umzusetzen versucht. Und es war niemand Geringerer als der frühere Nationalratspräsident Khol, der gesagt hat, eine Volksabstimmung am Ende ist unabdingbar, eine Volksabstimmung hat statt­zufinden! – Wenn wir jetzt Gesetz für Gesetz kleine Elemente aus dem Konvent in Verfassungsrang heben – und damit tun Sie es heute bereits –, dann werden wiederum der Bürger und die Bürgerin, das Bundesvolk von dieser substantiellen Veränderung der Bundesverfassung ausgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich halte es für unabdingbar notwendig, dass die Verlän­gerung einer Legislaturperiode einer Volksabstimmung in einem gesamten Demo­kratiepaket zu unterwerfen ist. Und deshalb habe ich auch diese Kritik – die ich mit vielen teile! – an dieser Vorgangsweise, an diesem, wie Rabinovici sagt, Etiketten-


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