BundesratStenographisches Protokoll746. Sitzung / Seite 42

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Bundesrat diese Verlängerung in der vorliegenden Form beschließen. Die Versuchung, sich selbst die Amtszeit zu verlängern, hat naheliegenderweise der Nationalrat für sich nicht ausgeübt. Es ist also erst die nächste Gesetzgebungsperiode – wann immer sie beginnen wird –, die davon betroffen sein wird.

Wir haben fast in allen Landtagen die fünfjährige Periode, wir haben sie praktisch überall. Die einzige abweichende Periode ist länger, Kollege Schennach, nämlich sechs Jahre in Oberösterreich. (Bundesrat Bieringer: Da sind die Grünen aber nicht dagegen!) – Nein, denn die sitzen ja ganz gerne sechs Jahre mit euch in der Landesregierung.

Ich halte es auf der einen Seite für durchaus problematisch, wenn ein Bundesland verfas­sungsrechtlich korrekt in Ausübung seiner Verfassungsautonomie so vom öster­reichischen Mainstream abweicht. Ich halte es aber auf der anderen Seite für sinnvoll, wenn auch die Bundespolitik diese Periodenlänge annimmt und damit die Möglichkeit schafft – wie das in der Praxis funktionieren wird, ist herauszufinden –, zu so etwas wie einem konditionierten Ablauf von Wahlen oder einer Anberaumung von Wahlen zu kommen. Dieses Thema ist hier nicht berührt, aber es würde der öster­reichischen Politik gut tun, wenn wir bei gleichen Perioden und bei nicht allzu oft stattfindenden vorzeitigen Wahlen so etwas wie Mid-term Elections in den Bundes­ländern zusam­menbrächten, damit politische Entscheidungen und politische Debatten nicht per­manent unter dem Druck von anberaumten Wahlen, Testwahlen stehen.

Eine letzte Bemerkung, weil ich hier den Kollegen Schennach wirklich nicht verstanden habe: Wir haben in Österreich ein Wahlsystem, das ausschließlich auf den Proporz abstellt, also auf die Zuerkennung von Mandaten in drei Ermittlungsverfahren beim Nationalrat entsprechend der relativen Stärke von Parteien. Die Vorstellung, dass in diesem System jemandem, der eine andere Partei wählt, ein Mitbestimmungsrecht darüber gegeben werden sollte, wie die Kandidaten der Grünen gereiht sind, erscheint mir widersinnig, ausgesprochen widersinnig! Wenn ich die Grünen wähle, dann steht es mir als jemandem, der diese Stimme abgibt, zu, zu meinen, dass nicht jener Kann­didat, sondern dieser Kandidat in das Parlament, in den Nationalrat einziehen soll. Warum jemand, der die SPÖ wählt, über die Zusammensetzung der grünen Nationalratsfraktion mitentscheiden soll, kann ich nicht nachvollziehen.

Das Beispiel, das Kollege Schennach gebracht hat, geht völlig daneben. Deutschland hat ein anderes Wahlsystem. Der deutsche Wähler wählt mit zwei Stimmen den Wahl­kreiskandidaten – und hier wird er naheliegenderweise für eine der beiden Groß­parteien stimmen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vertreter einer kleineren Partei ein Direktmandat erhält, außerordentlich gering ist; da gibt es Ausnahmefälle, aber im Wesentlichen ist es sinnlos –, während die Zusammensetzung der Parlamente genau­so nach dem Proporz erfolgt wie in Österreich, mit einigen Sonderregelungen, Überhangmandate, und daher diese direkt gewählten Kandidaten kein zusätzliches, kein anderes Mandat haben, sondern lediglich auf die Parteiliste anzurechnen sind. Wenn eine Partei sehr viele Direktmandate bekommt, dann kriegt sie nur mehr sehr wenige Listenmandate. Das ist einfach ein anderes System. Es hat vor Jahrzehnten Reformvorschläge gegeben, die in ähnlicher Art und Weise diese Trennung vornehmen wollten. Dagegen ist dogmatisch nichts einzuwenden, nur, die Wähler einer anderen Partei über die Zusammensetzung der Nationalratsfraktion einer konkurrierenden Partei entscheiden zu lassen ist kein demokratiepolitischer Fortschritt, sondern ein eindeutiger Rückschritt, Kollege Schennach.

Dieses Demokratiepaket bereichert – nicht abschließend, wie ich sagte – und entwickelt das österreichische Wahlsystem weiter im Interesse einer stabilen und von der aktiven Partizipation der Bürgerinnen und Bürger getragenen Beteiligung. Ja, Beteili­gung ist das zentrale Element einer Demokratie! Unsere Demokratie, jede


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