Natürlich sehe ich diese Funktion als Präsident des Bundesrates in erster Linie als eine Verpflichtung, für den Parlamentarismus und seine Rolle in der Demokratie einzutreten, aber auch als Auftrag, auf die Notwendigkeit zur Fortentwicklung und des Ausbaues bundesstaatlicher Prinzipien in unserer Bundesverfassung in entsprechender mir möglicher Form hinzuweisen. Gerade die österreichische Bundesstaatlichkeit auf Gemeinde-, Länder- und Bundesebene hat ganz wesentlich zu jener innenpolitischen Stabilität und jenem sozialen Frieden beigetragen, die zusammen wir uns auch künftig in dieser Qualität wohl erhalten müssen.
Ich bin überzeugt davon, dass gerade föderalistische Strukturen die Bürgernähe staatlicher Entscheidungen und Verfahren erhöhen und sichern, weil auf regionaler Ebene qualitätsvollere Partizipationsmöglichkeiten und damit auch eine hohe Identifikation der Menschen mit diesen Maßnahmen gewährleistet sind. Es wird uns letztlich nur dann gelingen, das Zusammenwirken und den Zusammenhalt in Europa sicherzustellen, wenn den Bürgerinnen und den Bürgern das Recht verbrieft oder eingeräumt wird, die Gestaltung der Lebensverhältnisse in ihrem Lebensraum maßgeblich beeinflussen zu können.
Ich bin auch Historiker. Als ich das Geschichtebuch der Steiermark „Land an der Grenze“ von Ferdinand Tremel zur Hand nahm, um Ihnen hier auch ein paar historische Eckpfeiler aus der Geschichte meines Bundeslandes zu präsentieren, fiel mir eine Seite der „Kleinen Zeitung“ vom 15. Mai 1980 in die Hände. Ich habe dieses Blatt damals, also vor 27 Jahren – als Historiker sammelt man alles –, offensichtlich als aufbewahrenswert in dieses Geschichtebuch gelegt, erahnend, dass ich es in 27 Jahren hier einmal brauchen werde. (Heiterkeit.) Dieses Zeitungsblatt hier, 15. Mai 1980, berichtet über einen Festakt zur 25. Wiederkehr des Tages der Staatsvertragsunterzeichnung. Festredner war damals der Grazer Ordinarius für Österreichische Geschichte, Professor Hermann Wiesflecker, bei dem ich auch einen großen Teil meiner Lehramtsprüfung abgelegt habe. Professor Wiesflecker legte damals bei dieser Festrede ein Bekenntnis zu einem möglichst weit interpretierten Föderalismus ab und sagte, der Zentralismus stärke den Staat nicht, im Gegenteil – ich zitiere –: „Übertriebener Zentralismus provoziert Separatismus“.
Und Wiesflecker plädierte auch – ich zitiere – für eine Sanierung der „Bauruine Bundesrat“. Er verwies dabei auf die zahlreichen Kämpfe um eine bessere Verfassung im 19. Jahrhundert. – Sie wissen, Oktoberdiplom, Februarpatent und so weiter.
Er sagte weiter: „Nur wir tun, als ob die Verfassung von 1920 und 1929 keiner Verbesserung fähig wäre.“
Ich meine, der Bundesrat hat sich diese Worte, wenn auch ein wenig zeitverzögert, doch zu Herzen und die Sanierung der „Bauruine“ in Angriff genommen. Nach jahrelanger Diskussion haben wir nun eine – so würde ich es zumindest sehen, unter dem Motto von Herrn Präsidenten Gruber – sehr reale Chance zu einer Reform des Föderalismus in Österreich, insbesondere zu einer – ich sage jetzt nicht: Aufwertung des Bundesrates, denn diese beiden Anfangsbuchstaben „Au“ würden bei Professor Konecny schmerzhafte Gefühle hervorrufen (Heiterkeit) – Stärkung und damit verbundenen besseren Wahrnehmung des Bundesrates von außen, zu kommen.
Doch ich meine – das sage ich hier schon –, dass der Bundesrat seine im Rahmen der Verfassung vorgegebenen Aufgaben bisher hervorragend wahrgenommen hat und dies auch bis zur Verwirklichung einer solchen Reform auch weiterhin tun wird. Ich wehre mich schon gegen etwas – ich gehe nicht weiter darauf ein –, und ich glaube, Herr Kollege Mitterer gibt mir Recht, dass Aussagen wie Abschaffung der Länderkammer und drittklassige Politiker verzichtbar sind. Diese Aussagen sind letztklassig. (Bei-
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