Schlussakte der Regierungskonferenz einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen („Reformvertrag“) (417 d.B. und 484 d.B. sowie 7932/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mayer. Ich bitte um diesen Bericht.
Berichterstatter Edgar Mayer: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 9. April 2008 betreffend einen Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft samt Protokollen, Anhang und Schlussakte der Regierungskonferenz einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen.
Gemäß der dem Vertrag von Nizza angeschlossenen Erklärung „zur Zukunft der Union“ sollten die Fragen einer genaueren, dem Subsidiaritätsprinzip entsprechenden Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten, der künftige Status der Charta der Grundrechte, die Vereinfachung der Verträge und die Rolle der nationalen Parlamente, Gegenstand einer Regierungskonferenz im Jahr 2004 werden. Ebenso forderte die Erklärung von Laeken von Dezember 2001 die Mitgliedstaaten auf, die zentralen institutionellen und materiellen Fragen im Zusammenhang mit der künftigen Entwicklung der Union zu prüfen und zufrieden stellende Lösungen für das effiziente und demokratische Funktionieren einer erweiterten Union zu finden. Aufbauend auf den Arbeiten des Europäischen Konvents wurde am 29. Oktober 2004 der Antrag über eine Verfassung für Europa unterzeichnet, der diesen Anliegen Rechnung tragen sollte. Am 29. Mai 2005 und am 1. Juni 2005 lehnten die Bevölkerungen von Frankreich und den Niederlanden in Referenden den Vertrag über eine Verfassung für Europa ab. Nach einer im Rahmen des Europäischen Rates vom 16./17. Juni 2005 ausgerufenen, zwei Jahre andauernden Reflexionsperiode einigten sich die Mitgliedstaaten unter deutscher Präsidentschaft beim Europäischen Rat am 21./22. Juni 2007 auf ein sehr detailliertes Mandat für eine Regierungskonferenz zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Die Regierungskonferenz wurde am 23. Juli 2007 einberufen und konnte ihre Arbeiten bereits im Rahmen des informellen Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs am 18./19. Oktober 2007 in Lissabon politisch abschließen. Der Vertrag zur Änderung der Verträge über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – der „Vertrag von Lissabon“ – wurde am 13. Dezember 2007 von den Staats- und Regierungschefs sowie den Außenministern der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Lissabon unterzeichnet. Er soll am 1. Jänner 2009 in Kraft treten.
Ziel des Vertrags ist es, die demokratische Legitimation der EU zu stärken und gleichzeitig sicherzustellen, dass auch die nunmehr erweiterte Union handlungsfähig bleibt und Entscheidungen effizient treffen kann.
Zu den wichtigsten Inhalten des Vertrags von Lissabon gehören eine klare Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, die Stärkung der Rolle der nationalen Parlamente im EU-Gesetzgebungsverfahren, die Aufwertung des Europäischen Parlaments, die Vereinfachung der Verträge, die rechtsverbindliche Verankerung der Grundrechte-Charta und die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen auf EU-Ebene. Gleichzeitig wird die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Union beträchtlich erhöht und die soziale Dimension der EU stärker betont. Die Bürgerinnen und Bürger erhalten die Möglichkeit, durch eine europaweite Bürgerinitiative Rechtssetzungsaktivitäten der EU anzuregen.
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