BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 44

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ter Dr. Klemens Fischer, nominiert von der Verbindungsstelle der Bundesländer, ange­hört worden.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 23. April 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 Z 2 iVm Artikel 50 Absatz 4 B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

 


10.48.44

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Staatssekretä­rin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie werden heute in seltener Einmütigkeit die­sem Vertrag von Lissabon zustimmen.

Dass 60 Prozent der Bevölkerung darüber eine Volksabstimmung haben wollen, wie auch von den Freiheitlichen gefordert, lässt Sie völlig unbeeindruckt. (Bundesrat Ko­necny: Laut Ihrer Aussendung sind es 80 Prozent!) 60 Prozent – geht durch alle Me­dien.

Die Tatsache also, dass ein Großteil der Bevölkerung eine Volksabstimmung darüber wünscht, lässt Sie völlig unbeeindruckt. (Bundesrat Gruber: Vergessen Sie nicht, was Sie 2005 getan haben!) Dass die Politiker in der Rangliste immer wieder an allerletzter Stelle vorkommen, kann man durchaus nachvollziehen, wenn man sich anschaut, wie Sie mit der Bevölkerung und vor allem mit dem Willen der Bevölkerung umgehen.

Die Bevölkerung ist nicht dumm, und die Bevölkerung versteht sehr wohl, Dinge aus­einanderzuhalten und auch darüber zu befinden.

In anderen Ländern funktioniert das hervorragend. Die Schweiz macht uns das seit Jahrzehnten, um nicht zu sagen seit Jahrhunderten vor. Dort gibt es jede Menge Refe­renden, ohne dass der Staat zusammengebrochen wäre, sondern ganz im Gegenteil, er funktioniert bestens. Warum sollten das die Österreicherinnen und Österreicher nicht auch können? (Beifall des Bundesrates Herbert.)

Aber offensichtlich wollen Sie die Bevölkerung gar nicht über die Ziele dieses Vertra­ges ausreichend informieren, denn eine flapsige Antwort der Außenministerin, die nicht nur Außenministerin ist, sondern auch für europäische Angelegenheiten zuständig ist, mit einem Verweis, man könne sich das auf der Homepage des Außenministeriums an­schauen, zeugt von einer sehr abgehobenen und sehr arroganten Haltung der Regie­rungspolitiker.

Der Vertrag ist nicht leicht zu lesen. Er ist relativ unverständlich, das geben auch Juris­ten zu, nicht nur juristische Laien. Spätestens da stellt sich schon die Frage: Warum muss er eigentlich so unlesbar sein? Warum kann man ein Vertragswerk, das man der Bevölkerung nahebringen will, wo man ihr die Vorteile aufzeigen will, die wir angeblich davon haben, nicht in einer Sprache abfassen, dass es auch der einfache Bürger, der gerade des Lesens und Schreibens mächtig ist, verstehen kann? Bürgernahe, so wie Sie dieses Vertragswerk loben und preisen, ist das überhaupt nicht!

Der Reformvertrag unterscheidet sich vom Verfassungsvertrag, der in einigen Ländern mittels Referenden abgelehnt worden ist, nur marginal. Und auch der ehemalige Präsi­dent Frankreichs Giscard d’Estaing hat 2007 gesagt, dass nur kosmetische Änderun­gen vorgenommen worden sind, um Referenden zu vermeiden.

 


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