BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 58

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Ich kann aber wenig anfangen mit Argumenten, die darauf hinauswollen, sich von die­sem Europa abzukoppeln, nein zu sagen. Da meine ich aber jetzt nicht dich, Kollege Kampl. Wenn das immer so umschrieben dargestellt wird, eigentlich wollen wir dieses Europa nicht, dann soll man das ganz klar aussprechen und sagen! Wenn jemand glaubt, dass wir die Probleme einer globalisierten Welt als „Insulaner“ besser bewälti­gen und der Bevölkerung so bessere Antworten geben können, dann sage ich: Das ist sicherlich der falsche Weg!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das gemeinsame Europa ist in Bewegung; Europa verändert sich. Europa verändert sich quantitativ und verändert sich qualitativ enorm. Laufende Veränderungen brauchen laufende Korrekturen und Anpassungen, was die Regeln der Zusammenarbeit für dieses gemeinsame Europa betrifft. Und die­ser Vertrag von Lissabon ist nichts anderes als eine weitere Anpassung der Regeln für ein besseres Europa und für eine bessere Gestaltung dieses Kontinents. Es ist die dritte Änderung nach den Verträgen von Maastricht, von Amsterdam und von Nizza. Jetzt erfolgt sozusagen eine weitere Feinjustierung im Vertrag von Lissabon.

Es ist das ein Vertrag, der positive Veränderungen mit sich bringt. Ich würde das ver­gleichen mit einer „Werkstatt Europa“: Die Werkstatt bleibt gleich. Der Rahmenvertrag, der Vertrag, in dem wir uns bewegen, der 1994 oder 1995 beschlossen wurde, bleibt gleich. Das ist die Werkstätte. Aber wir brauchen bessere Maschinen, wir brauchen bessere Werkzeuge, wir brauchen bessere Instrumente, um Europa besser gestalten zu können. Und das ist der Sinn dieses Vertrages.

Globale Herausforderungen brauchen gemeinsame Antworten. Der Vertrag ist das Er­gebnis von sechs Jahren intensiver Arbeit. Das ist nicht nur eine politische Meisterleis­tung, sondern das ist wirklich auch eine staatsmännische Meisterleistung gewesen. Er ist natürlich ein Kompromiss und stellt das dar, was machbar ist. Das ist so in der Politik. Das ist in der Familie so, das ist in vielen Betrieben so, dass man Kompromisse schließen muss – und das ist im praktischen politischen und europapolitischen Leben auch so.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ergebnis kann sich sehen lassen: Euro­pa wird demokratischer. Wir entwickeln die Werte der Demokratie weiter, den Rechts­staat, die rechtsstaatlichen Prinzipien. Es gibt mehr Transparenz und Kontrolle für das Europäische Parlament; mein Vorredner hat das schon erwähnt, das brauche ich nicht mehr näher auszuführen.

Es gibt in Zukunft mehr Einflussmöglichkeiten für die nationalen Parlamente. Als Vorsit­zender des EU-Ausschusses im Bundesrat weiß ich davon ein Lied zu singen, und ich mache diese Arbeit mit vielen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss mit Leiden­schaft und Begeisterung, weil wir nun mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten haben, weil der Prozess an uns nicht vorbeigeht, weil wir direkt Einfluss nehmen können und weil wir damit Europa unseren Wählerinnen und Wählern, der österreichischen Bevölke­rung, den Menschen in den Bundesländern und Gemeinden noch viel besser darlegen und erklären können.

Es gilt das Prinzip der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Das sind die Werte, die wir in diesen Beratungen entsprechend dokumentieren und herausstreichen müssen.

Die Abgeordneten werden damit zu Trägern der Europapolitik. Wir dürfen die Euro­papolitik nicht den Mitgliedern des Europäischen Parlaments überlassen, die sind ja fast nie da, das ist eine Realität, die sind sehr eingeteilt. Die Träger der Europapolitik müssen auch wir als nationale Abgeordnete werden, und ich nehme da gar nicht die Gemeinderäte in den Gemeinden draußen aus, die oftmals schon ihre Gemeinden zu Europagemeinden gemacht haben.

 


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