BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 64

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terreichs (Bundesrat Ing. Kampl: Immerwährend!) der unverwechselbare Beitrag unse­res Landes für Frieden und Sicherheit in Europa ist.

Diesem Passus, die militärischen Fähigkeiten zu verbessern, steht im Protokoll Num­mer 4 eindeutig gegenüber, dass dies freiwillig erfolgt. Österreich hat nicht diesen EU-Reformvertrag benötigt, um seine militärische Aufrüstung nahezu EU- und NATO-kon­form zu gestalten, indem der Eurofighter – unserer Meinung nach die größte Geldver­schwendung in der Zweiten Republik! – angeschafft wurde. Das haben uns die EU und auch dieser Reformvertrag nicht vorgeschrieben.

Wenn wir davon ausgehen, wo die Neutralität ihre Einschränkung erfahren hat, dann war es durch die Volksabstimmung von 1994, in der sehr wohl Souveränitätsrechte ab­gegeben wurden und sehr wohl das Bekenntnis zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erfolgte. Aber es gab da Zwischenschritte, die einer stärkeren Diskus­sion bedurft hätten, etwa die Unterzeichnung der Petersberger Papiere oder der Beitritt zur NATO-Partnership for Peace.

Oder – und ich möchte nicht 2010 hören, dass wir durch den EU-Reformvertrag nun in die Battle Groups gezwungen werden –: Ja, Österreich hat sich dazu entschieden – ob sinnvoll oder nicht, lasse ich jetzt einmal dahingestellt –, 2010 an einer dieser Battle Groups ein halbes Jahr teilzunehmen, und wird das mit Deutschland und Tschechien machen. Das alles ist vor diesem EU-Reformvertrag geschehen, und ich möchte das, bitte, hier auch ausdrücklich festhalten!

Es ist natürlich richtig, dass der militärische Spielraum Europas angesichts dessen, dass 22 Mitgliedstaaten NATO-Mitglieder sind, gering ist. Aber die Solidaritätsklausel wird ja nur militärisch interpretiert! Die Europäische Union ist eine große Familie, und wenn es jemandem in dieser Familie schlecht geht, so sind die Familienmitglieder, nämlich die anderen Mitgliedstaaten, dazu aufgerufen, Hilfe zu leisten. Das kann der Fall sein, wenn es irgendwo extreme Wasserknappheit gibt – dann wird man hier eine solidarische Aktion durchführen; man wird ja nicht zuschauen, wie andere Teile Euro­pas an Durst leiden! –, oder es betrifft den Bereich Energiekrisen, aber auch den Be­reich Sicherheitskrisen. Es ist hier nicht gesagt, und dieser Vertrag schreibt es nicht vor, dass eine Solidarität ausschließlich in militärischer Logik erfolgen muss!

Die Europäische Union ist noch keine Friedensunion. Aber auf dem Gebiete der Euro­päischen Union – und das hat Gottfried Kneifel hier sehr ausführlich dargestellt – sind kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Nationalstaaten nahezu undenkbar geworden! Ich habe hier eine Stelle in „Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers“ von Stefan Zweig gefunden; er meint:

„Jedesmal, wenn ich im Gespräch jüngeren Freunden Episoden aus der Zeit vor dem ersten Kriege erzähle, merke ich an ihren erstaunten Fragen, wieviel schon für sie his­torisch oder unvorstellbar von dem geworden ist, was für mich noch selbstverständ­liche Realität bedeutet. Und ein geheimer Instinkt in mir gibt ihnen recht: zwischen un­serem Heute, unserem Gestern und Vorgestern sind alle Brücken abgebrochen. Ich selbst kann nicht umhin, mich zu verwundern über die Fülle, die Vielfalt, die wir in den knappen Raum einer einzigen ... Existenz gepresst haben, und schon gar, wenn ich sie mit den Lebensformen meiner Vorfahren vergleiche.“ – Das, was Gottfried Kneifel heute auch gemacht hat.

Mein Sohn ist neunzehn; er kann sich nicht vorstellen, dass es hier, auf diesem Boden, jemals Krieg gegeben hat, auch wenn er sich in Zeitgeschichte sehr intensiv, aber aus rein historischer Perspektive, mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg befasst.

Meine Damen und Herren, zum Bereich der Diskussion darüber, was nun alles abge­graben wird und was sich verändert, ob Wasser, Gentechnik oder Atom: Wir Grüne


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