BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 69

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Wink­ler das Wort.

 


12.42.00

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her­ren! Hoher Bundesrat! Ich gebe Herrn Bundesrat Kampl recht. Es ist dies in der Tat ein wichtiger Tag heute, ein wichtiger Tag für den österreichischen Parlamentarismus. Und ich gebe gerne zu, dass ich heute auch mit einer gewissen Emotion an dieser Debatte teilnehme.

Es wurde schon erwähnt, dass dieser Vertrag, der Ihnen heute zur Behandlung vorliegt, seit sieben Jahren zur Diskussion steht – nicht der Vertrag selbst, aber die Grundzüge und die Richtung, in die dieser Vertrag gehen will, zur Diskussion stehen.

Diese sieben Jahre haben dazu gedient, eine umfassende, sehr intensive, manchmal sehr kontroversielle und emotionale Debatte über unseren Kontinent zu führen und über das, was wir von der Europäischen Union erwarten. Diese Debatte wurde in allen Staaten geführt. Sie wurde in vielen Staaten sehr unterschiedlich geführt, weil auch die Interessenslagen in den verschiedenen Staaten sehr unterschiedlich sind und weil auch die historischen Erfahrungen in den verschiedenen Staaten sehr unterschiedlich sind.

Da heute daran erinnert wurde, dass der Verfassungsvertrag, der vom österreichischen Parlament mit großer Mehrheit genehmigt wurde, in zwei Staaten von der Bevölkerung abgelehnt wurde, möchte ich doch auch daran erinnern, dass immerhin 18 Staaten, und das sind genau zwei Drittel, diesem Vertrag zugestimmt hatten. Zwei Staaten hat­ten sogar in einer Volksabstimmung diesem Verfassungsvertrag zugestimmt. Die Be­völkerung hat in Spanien mit sehr großer Mehrheit und in Luxemburg mit einer deut­lichen Mehrheit dem Verfassungsvertrag zugestimmt.

Heute haben wir ein Vertragswerk vor uns – ich will mich da jetzt nicht auf die Diskus­sion einlassen, ob 95 oder 94 oder 92 Prozent gleich sind –, das in seinen Grundzügen sehr vieles von dem bewahrt, was der Verfassungsvertrag offensichtlich auch zur Zu­friedenheit des österreichischen Parlaments festgelegt hatte. In einigen Punkten ist die­ser Vertrag allerdings wirklich anders. Er ist zunächst einmal anders, was seine Ver­tragstechnik betrifft. Und das führt dazu, dass dieser Vertrag relativ schwer zu lesen ist. Frau Kollegin Silhavy hat – ich verwende dieses Beispiel auch immer ganz gern – auf das ASVG hingewiesen. Ich habe wirklich einmal ernsthaft versucht, die 67. ASVG-No­velle zu lesen. (Bundesrat Schennach: Das ist einfach unmöglich!)

Übrigens: Als die 67. ASVG-Novelle im Parlament behandelt wurde, hat es meines Wissens keinen konsolidierten Text des ASVG gegeben.

Wir haben – und wie ich in der Zwischenzeit weiß, haben das die Regierungen in den meisten Mitgliedstaaten getan – zur Erleichterung der Debatte in den Parlamenten einen solchen konsolidierten Text produziert, der allerdings selbstverständlich keinen formalen Status hat und keinen formalen Status haben kann.

Ich glaube schon, dass die Bundesregierung, die einzelnen Mitglieder der Bundesre­gierung sich in den letzten Monaten sehr intensiv bemüht haben, die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande zu informieren. Und glauben Sie mir, ich habe persönlich sehr viel Freude daran, wenn ich mit Bürgerinnen und Bürgern diskutieren kann, auch kri­tisch diskutieren kann, denn ich bin der Meinung, dass es selbstverständlich verschie­dene Meinungen, verschiedene Visionen dessen geben kann und muss, was dieses Europa sein muss.

 


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