BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 68

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Bürgerinnen. Es geht damit auch um die Wahrnehmung und, wie gestern schon im Ausschuss diskutiert, um die Durchsetzung der wesentlichen subjektiven Rechte ge­genüber den europäischen Institutionen. Die EU wird damit ein Stückchen mehr zu einer Union der Bürgerinnen und Bürger. Auch wenn es von Herrn Bundesrat Schenn­ach schon angesprochen wurde, dass dies noch keine Sozialunion ist – so haben Sie es selbst genannt –, möchte ich noch einmal den Aspekt der sozialen Dimension, aber auch die Stärkung der Daseinsvorsorge als wesentlichen Aspekt hervorheben und be­tonen.

Wenn wir es schaffen, diesen EU-Reformvertrag von Lissabon tatsächlich mit 1. Jän­ner 2009 in Kraft zu setzen, dann haben wir auf viele Jahre hinaus nach innen und nach außen ein internationales politisches Gebilde stabilisiert. Ich denke, gerade ange­sichts der weltweiten Herausforderungen ist es notwendig, eine stabile Europäische Union zu haben.

Wir alle – Sie haben es ja vorhin schon erwähnt, und auch ich habe einen Sohn und ein Enkelkind – können uns das eigentlich gar nicht mehr anders als stabil vorstellen. Ich bin 1956 geboren, das heißt, ich habe auch das Glück, einer Generation anzugehö­ren, die keinen Krieg miterleben musste. Frieden, Stabilität und Wohlstand sind für uns, für knapp 500 Millionen Europäer, schon in hohem Maß selbstverständlich, und wir sind dafür sehr dankbar.

Trotzdem gibt es genug aktuelle Herausforderungen zu bewältigen. Das gilt vor allem für ein immer schnelleres Voranschreiten einer globalisierten Welt, in der die natürli­chen Ressourcen immer knapper werden, in der wir mit einem Klimawandel zu kämp­fen haben und in der wir alle uns eines eingestehen müssen: Das sind keine Heraus­forderungen mehr, die im nationalen Bereich gelöst werden können, sondern sie müs­sen im gemeinsamen Kontext gelöst werden.

Herr Bundesrat Kampl, Sie haben den Hunger angesprochen. Gerade in diesem Zu­sammenhang ist es ja auch wieder notwendig, eine gestärkte EU zum globalen Akteur erheben zu können, der mitmischt, nämlich nicht nur zum Wohle der Menschen, die innerhalb dieser EU leben, sondern auch zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger auf anderen Kontinenten. Dafür ist es notwendig, eine gestärkte, stabilisierte Union zu ha­ben.

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat am 9. April im Nationalrat gesagt, Europa sei für ihn das größte Zivilisationsprojekt der menschlichen Geschichte. Ich möchte hier anfü­gen: Bei allem, was man nach wie vor verbesserungswürdig finden kann und was auch verbesserungsfähig ist, müssen wir sagen und uns bewusst machen, dass wir heute im Vergleich zur Vergangenheit und im Vergleich zu vielen anderen Teilen dieser Welt um ein Vielfaches reicher geworden sind, und zwar nicht nur materiell, sondern auch kultu­rell, indem wir einfach mit anderen Kulturen eine intensivere Berührung haben, und dies unabhängig von sozialer Schichtung, kultureller oder sprachlicher Zugehörigkeit. Die europäische Einigung hat dazu geführt, dass wir heute unsere Interessensgegen­sätze auf einem Niveau austragen, wie das noch nie vorher in unserer Kultur der Fall war. Es ist gelungen, dass man das Schicksal ehemals verfeindeter Länder untrennbar miteinander verbunden hat, und diesen zivilisatorischen Fortschritt, den wir Frieden nennen, kann man gar nicht hoch genug einschätzen.

Ich möchte mich daher bei allen Bundesrätinnen und Bundesräten, die durch ihre Zustimmung heute diesen zivilisatorischen, demokratischen und auch sozialen Fort­schritt stabilisieren, schon jetzt bedanken, denn dazu tragen Sie durch ihre Zustim­mung bei. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundes­rates Ing. Kampl.)

12.41

 


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