BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 67

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ist unsere Aufgabe, aufzuzeigen, was wir mit dem Vertrag machen, statt den Vertrag als Vorwand dafür zu nehmen, sozusagen Stimmung gegen die EU zu machen. (Bun­desrat Ing. Kampl: Nein!) Ich habe nicht gesagt, dass Sie das machen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Ich habe es Ihnen nicht unterstellt. Aber lesen Sie auch diverse Me­dien: Da fragt man sich schon, warum sie nicht an einer objektiven Berichterstattung in­teressiert sind, denn das wäre ja eigentlich ihre Aufgabe.

Im Zusammenhang mit mangelnden Informationen, die heute kritisiert wurden, ist es mir auch ein Anliegen, nicht nur die Kompetenz des Staatssekretärs Winkler, sondern auch seinen persönlichen Einsatz zu betonen! Er ist oft genug draußen bei den Leuten, Herr Kollege Kampl, und diskutiert mit ihnen. Er kann wahrscheinlich selbst sagen, bei wie vielen Veranstaltungen er war; ich weiß, bei wie vielen Veranstaltungen ich war. Wir sind draußen und reden mit den Leuten, machen Sie sich keine Sorgen!

Ich möchte trotzdem noch einmal darauf hinweisen: Es ist nicht Aufgabe der Politik, die Dinge zu vermischen, sondern wir sind jetzt bei dem Thema EU-Vertrag, und wir sollen aufzeigen, was dieser Vertrag für die Menschen und für die EU bedeutet.

Ich glaube, es ist auch unbestritten, dass das politische Konstrukt der EU nicht so ein­fach zu beschreiben ist; das macht auch den Vertrag nicht ganz so einfach und ver­ständlich. Alle, die mich länger kennen, wissen, dass ich aus der Sozialpolitik komme: Es wird mir hier kein Mensch erklären können, dass das ASVG, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, leicht verständlich ist! (Bundesrat Kneifel: Oder der Finanzaus­gleich!) Ich glaube, dass wir das alle so sehen, und trotzdem wirkt es für alle Menschen und ist damit lebbar und erlebbar.

Es ist auch eine Folge des Vertrags von Lissabon, dass er eine Stabilisierung der EU als Institution mit sich bringt. Was am 9. Mai 1950 als ein Projekt begonnen hat, das die Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich beseitigen sollte, ist nicht einmal ein Jahrzehnt später mit dem In-Kraft-Treten der Römer Verträge zu einem europäi­schen Wohlstandsprojekt geworden, das die damals freien Teile Europas zu einem Zentrum der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stabilität machte. Mittlerweile leben wir in einer politischen Union, die einen gemeinsamen Markt, eine gemeinsame Wäh­rung, eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie eine gemeinsame Politik der inneren Interessen umfasst. Es ist schon angesprochen worden, dass wir auch die­se Bereiche bereits mit dem Beitrittsvertrag beschlossen haben.

Der Vorschlag des europäischen Zukunftskonvents für einen europäischen Verfas­sungsvertrag ist bekanntlich an zwei nationalen Referenden gescheitert. Aber ich möchte hier noch einmal darauf hinweisen, dass wir uns bereits in diesem Zusammen­hang auch in Österreich sehr intensiv mit den Inhalten und den Themen beschäftigt ha­ben und dass die Menschen natürlich auch zum damaligen Zeitpunkt die Information und den entsprechenden Informationsstand hatten.

Die Schwerpunkte, nämlich gemeinsame Werte wie Solidarität, Toleranz und Nichtdis­kriminierung, um nur einige zu nennen, oder der einheitliche Zielekatalog, wurden ges­tern im Ausschuss ebenso diskutiert wie die bessere Ausgestaltung der Subsidiarität – was natürlich gerade für den Bundesrat ein wesentliches und wichtiges Thema ist – und der Verhältnismäßigkeit. Neben der neuen gemeinsamen Rechtsgrundlage sind vor allem ein Mehr an Demokratie – die Stärkung des Europäischen Parlaments wurde ja schon angesprochen –, die Einbeziehung der nationalen Parlamente in Entschei­dungsfindungen oder die Einführung der BürgerInneninitiative angesprochen, die ich als einen qualitativen Sprung sehe und empfinde.

Neben der Notwendigkeit der Reform der Institutionen und Verfahren bringt der Ver­trag – wie auch schon angesprochen – den verbindlichen Grundrechtekatalog für die Union mit sich, und er zeigt damit einen Entwicklungsprozess in Richtung Bürger und


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