BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 78

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wie die Alternative aussähe –, manche reden vom Vertrag und möchten vom Kuchen nur die Rosinen haben, und mancher glaubt, 26 Länder richten sich primär nach öster­reichischen Bedürfnissen.

Meiner Überzeugung nach ist die Europäische Union ein einzigartiges pluralistisches Projekt mit 450 Millionen Menschen, ein Garant für den Frieden, Vergangenheit und Zukunft zugleich, ein gutes Gegengewicht zu Amerika.

Die Einigung Europas, die wir heute in beträchtlichem Maße erreicht haben, war die Antwort auf eine Frage, die sich für viele seiner Bürgerinnen und Bürger heute offenbar nicht mehr stellt – Frieden und Freiheit sind eine Selbstverständlichkeit geworden. Wir wissen heute, dass sich Europa nur aus freiem Willen, das heißt, im Frieden und aus der Sehnsucht nach dem Frieden, dauerhaft vereinen kann und vereint bleiben wird.

Neu in der Zukunftskompetenz dieses Vertrages sind zwei Rechtsgrundlagen: Zu­nächst die für den Klimaschutz und zum Zweiten die für eine europäische Energiepoli­tik, was auch sehr wichtig ist.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, die Verlockung war groß, auf alles, was die EU-Gegner an Ängsten in die Welt gesetzt haben, eine Entgegnung zu bringen. Das würde zum einen den Rahmen meiner Rede bei Weitem sprengen, zum anderen möchte ich auch niemanden belehren.

Ich möchte hier dennoch drei Beispiele bringen. Es wird immer wieder behauptet, Österreich bezahle an die EU als Nettozahler viel zu viel. Da muss ich sagen: Wussten Sie, dass Österreich neben Irland als einziges Land der Union fast 90 Prozent seiner Gelder zurückholt?

Zweitens: Es wird behauptet, die EU bekomme Zugriff auf unser Wasser. – Wahr ist, dass Österreich, was das Wasser betrifft, ein ausdrückliches Vetorecht besitzt.

Drittens: Es wird immer wieder behauptet, die österreichische Neutralität werde abge­schafft. Das stimmt so sicher nicht. Der Vertrag von Lissabon ändert nichts am Status unserer Neutralität, wie sie seit dem Beitritt und der Verfassungsänderung von 1997 besteht.

Lassen Sie mich hier kurz unseren legendären ehemaligen Präsidenten Schambeck, der in seinem Aufsatz in der jüngst erschienenen Publikation „Europäische Verfassung im Werden“ gesagt hat, dass die einzelnen Mitgliedstaaten die Mitgliedschaft nach un­terschiedlichen Schicksalen und mit verschiedenen Zielsetzungen angestrebt und an­getreten haben. Da hat er wohl recht. Das Europa von morgen steht vor geschichtli­chen Umwälzungen von bisher nicht gekannten Ausmaßen, in denen Europa nur als geeinte Macht zwischen Asien, allen voran China und Indien, und den USA überleben wird können.

Ich bin der Meinung, dass der Reformvertrag von Lissabon – immer im Vergleich zum vorherigen Vertrag, nämlich dem von Nizza – besser für die Bürger, besser für Öster­reich, besser für Europa, also insgesamt besser für uns alle ist. Liebe Freunde! Ver­wenden wir die gemeinsame Substanz und Energie, um unseren gemeinschaftlichen Lebensraum Europa und unser gemeinsames Zusammenleben zu verbessern!

Meiner bescheidenen Meinung nach werden wir alle in Europa angekommen sein, wenn die einen aufhören, alles nur positiv zu sehen, und der andere Teil der Bevölke­rung aufhört, alles der EU zuzuschieben – und wenn die Gegner aufhören, so zu tun, als ob die Welt zusammenbricht, wenn wieder irgendwelche Neuerungen kommen. Erst dann, glaube ich, werden wir gemeinsam in unsere und unserer Kinder Zukunft bli­cken können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.23

 


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