BundesratStenographisches Protokoll756. Sitzung / Seite 50

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Geschätzte Damen und Herren! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Wir diskutieren über den Grünen Bericht; das ist an sich ein sehr positiver Bericht für die Landwirt­schaft: Es hat sich der Produktionswert im Jahr 2006 um 7,5 Prozent erhöht; es ist das Faktoreinkommen um 13,4 Prozent gestiegen; es hat der Außenhandel zugelegt. Es ergibt sich also in Summe eine positive Bilanz.

Der Agrarsektor – das sieht auch der Bericht der Bundesregierung über die Maßnah­men für die Land- und Forstwirtschaft vor – sichert Arbeitsplätze in der Industrie. Im Jahr 2006 investierte die Land- und Forstwirtschaft 628 Milliarden €. Das Programm der ländlichen Entwicklung ist ein zentrales Element für die österreichische Agrarpolitik.

Wenn wir das Einkommen der Landwirte betrachten, dann mag ja das nicht entlohnte Einkommen in Verhältnis zum entlohnten Einkommen gestiegen sein. Wo ist Kollege Winterauer jetzt? – Wenn man das aber vergleicht, das landwirtschaftliche Bruttoein­kommen, das 1 088 € im Monat beträgt, und das durchschnittliche Einkommen der Me­tallarbeiter mit 1 156 €, dann beträgt es genau die Hälfte. Diese Zahlen sind nicht dem Grünen Bericht, sondern dem Wirtschafts- und Sozialstatistischen Taschenbuch der Arbeiterkammer entnommen. Ich glaube, hier geht es auch darum, dass wir ein biss­chen die Verhältnisse und die Relationen zueinander sehen.

Damit möchte ich auf die entscheidende Diskussion, die zurzeit läuft, eingehen, näm­lich auf jene um die Preise von Lebensmitteln, um die Preise von Nahrungsmitteln. Die­se sind in den öffentlichen Fokus gerückt, und damit sind auch die Nahrungsmittelpro­duktion und die Landwirtschaft in den öffentlichen Fokus gerückt, wofür wir im Prinzip sehr dankbar sein können. Denn wenn wir uns die Preisentwicklungen anschauen, stellen wir fest: Agrarprodukte haben 1986 mehr als heute gekostet! Wir lagen etwa bei der pflanzlichen Produktion im Jahr 2006/2007 bei 97 Prozent, wogegen die Löhne und die Preise für Betriebsmittel um 80 beziehungsweise um ungefähr 40 Prozent gestie­gen sind. Das ist vielleicht eine Antwort darauf, warum Nahrungsmittel für Konsumen­ten teurer geworden sind, obwohl die Bauern für das Grundprodukt nicht mehr als 1986 erhalten.

Wie hat sich das eigentlich für die Konsumenten ausgewirkt? – Der durchschnittliche österreichische Konsument hat in den achtziger Jahren für Lebensmittel um die 23 Pro­zent ausgegeben, in den neunziger Jahren um die 17 Prozent, und 2007 waren es 13 Prozent. Das heißt, Nahrungsmittelpreissenkungen haben zur Steigerung des Wohl­standes in den letzten Jahren beigetragen. Außerdem ist es zur Selbstverständlichkeit geworden, dass Nahrungsmittel jederzeit in jeder Menge verfügbar waren. Ich glaube, wir müssen sehen – und das ist, glaube ich, das Asset dieser Diskussion –, dass diese Selbstverständlichkeit nicht immer und nicht überall gegeben ist.

1970 haben wir in der Landwirtschaft über Überproduktion diskutiert, über Exportstüt­zungen, die abgebaut gehören, über Interventionslager, die man nicht braucht, weil sie Geld kosten. Heute wissen wir, dass Lagerhaltung etwas ist, was notwendig ist, um schwankende Ernten auszugleichen. Ich glaube auch, dass es eine Aufgabe der öffent­lichen Hand, des Staates ist, diese Lagerhaltung durchzuführen, weil eben private La­ger – das haben wir auch erlebt – spekulativ verwendet werden, in Zeiten von steigen­den Rohstoffpreisen zurückgehalten werden und damit den Spekulationsgewinn anhei­zen.

Vergleichen wir noch ein paar Zahlen. Wien entsorgt zum Beispiel täglich so viel Brot, wie Graz zur Ernährung braucht. Wir haben 2005 in etwa 110 € für die Tonne Weizen erhalten, und die Tonne Restmüllentsorgung hat zur selben Zeit 250 € gekostet. – Nur, damit wir einmal die Wertigkeiten von Nahrungsmitteln ausloten.

 


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