BundesratStenographisches Protokoll759. Sitzung / Seite 53

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Urteil des Obersten Gerichtshofes bekannt sein – sicher auch Ihnen, Herr Minister –, ich meine das Urteil, mit dem den Eltern eines Kindes mit Spina bifida nicht nur der behinderungsbedingte Mehraufwand, sondern der gesamte Unterhalt für das Kind zugesprochen wurde. Das hat in weiten Kreisen der Bevölkerung für Unverständnis gesorgt.

Die Richter bejahten die Arzthaftung wegen Wrongful birth. Der Arzt hatte der schwangeren Frau zwar eine Abklärung in der Risikoambulanz empfohlen, aber nicht dezidiert auf die mögliche Behinderung des ungeborenen Kindes hingewiesen. Das hat unserer Meinung nach die Grenzen der Diskriminierung überschritten. Es darf nicht sein, dass das Leben eines Kindes, egal, ob behindert oder nicht behindert, als Schaden bewertet wird. Auch wenn ein Behandlungs- oder Diagnosefehler eines Arztes nachgewiesen wird, so darf nur der behinderungsbedingte Mehraufwand schadenersatzfähig sein, niemals das Kind als Person.

Die diskriminierende Botschaft, die damit verbunden ist, wirkt sich fatal aus. Was sollen sich Menschen mit Behinderung und deren Familien denken, wenn in unserem Staat ein solches Urteil möglich ist? Hiezu gibt es jetzt aus Vorarlberg eine Initiative, und zwar eines, unter Anführungszeichen, „ungeborenen Kindes“, das jetzt per Gerichts­beschluss einen Kurator bekommen hat. Der noch nicht geborene Emil aus Lochau am Bodensee möchte nun gegen die Republik Österreich eine Feststellungsklage einbringen, weil er sich durch das oben genannte OGH-Urteil in seiner Ehre und Menschenwürde verletzt fühlt.

Aufgrund pränataler Untersuchungen steht fest, dass Emil mit derselben Behinderung, nämlich Spina bifida, zur Welt kommen wird. Seine Eltern appellieren bei ähnlich gelagerten Schwangerschaftskonflikten für ausreichend Zeit und Unterstützung, um Kurzschlussreaktionen zu verhindern, die man später bereuen könnte.

Das ist sicher ein besonderer Fall in der österreichischen Rechtsgeschichte, aber ich denke, dass wir hier auch aus Sicht des Vorarlberger Landtages und unserer Vize­präsidentin Dr. Gabriele Nussbaumer initiativ werden und diesen Antrag per Landtags­beschluss entsprechend unterstützen werden. Ich denke, dass dies vielleicht auch ein erster Tagesordnungspunkt für den heute zu beschließenden Monitoring-Ausschuss ist; das könnte man durchaus in einem derartigen Ausschuss diskutieren.

Ich möchte noch einen Satz zur Pflegegelddiskussion ins Spiel bringen: Mir ist durch­aus bewusst, dass man diese fünfprozentige Erhöhung, die von Ihnen, Herr Minister, vorgeschlagen wurde, betragsmäßig sicher sehr begrüßen kann. Allerdings haben wir jetzt durch die hohe Inflationsrate das Problem, dass es praktisch eine Inflations­abgeltung ist, dabei wollten wir ursprünglich etwas zur Substanz des Pflegegeldes beitragen.

Wobei ich ausdrücklich erwähnen möchte: Es gefällt mir sehr gut, dass hier auch Demenzkranke und natürlich auch die schwerstbehinderten Kinder mit eingebunden werden sollen. Ich denke, das ist ein wichtiger Schritt und auch ein großer Fortschritt, Herr Minister.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch zur Anfrage der Vorarlberger Bun­desräte Weiss, Mayer und Einwallner kommen. Herr Minister, ich darf in diesem Zusammenhang ersuchen, bezüglich der Anfrage zum Thema Behindertenausweis nach § 29b StVO rasch Abhilfe zu schaffen, weil wir sonst wirklich unglaubwürdig werden. In Vorarlberg sind noch über 800 derartige Ansuchen anhängig. Wir können nicht einerseits der UNO-Konvention zustimmen und das Bundesbehindertengesetz ändern, andererseits aber Probleme bei der Umsetzung haben, wenn es nämlich darum geht, Behindertenpässe für unsere behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürger auszustellen.

 


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