BundesratStenographisches Protokoll761. Sitzung / Seite 12

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werden. Wir haben in unserem Land zwar großartige Gesetze, die es zumindest er­schweren – im günstigsten Fall auch unmöglich machen –, dass Pensionisten an der Haustür von Zeitungsvertretern überrumpelt werden und irgendetwas unterschreiben, das sie eigentlich nicht wollen, Gesetze jedoch, die Sparer davor schützen, nach einer höchst unzulänglichen Beratung etwas zu kaufen, das sich als wenig werthaltig er­weist, haben wir nur in einem geringen Umfang.

Ich habe schon bei der letzten Sitzung gesagt: Wir haben es mit Finanzprodukten zu tun, die, und zwar in einem gigantischen Volumen, weltweit unterwegs waren, die mit Sicherheit ein Großteil derer, die sie erworben haben, nicht verstanden haben. Die Frage, ob jene sie verstanden haben, die solche Produkte vielen Menschen sozusagen angedreht haben, ist unbeantwortbar. Zweifel sind jedoch berechtigt. (Zwischenbemer­kung von Vizekanzler Mag. Molterer.) – Gut, da sind wir einer Meinung.

Es kann einfach nicht so sein, dass wir wichtige Detailbereiche – ich habe soeben von Haustürgeschäften gesprochen – detailliert und penibel regeln, die großen Finanz­ströme hingegen unbeaufsichtigt und unkontrolliert ablaufen lassen: mit gefährlichen Folgen für die Sparer, gefährlichen Folgen vor allem aber auch für die Wirtschaft.

Was wir heute beschließen, ist nicht diese Regelung, das ist klar, aber es ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Ermutigend und vielversprechend ist, dass diese Rege­lung nicht nur in Österreich, sondern – nach einem bemerkenswerten Signal der Euro­päischen Union –, in unterschiedlichen Abstufungen, europaweit beschlossen wird und dass es immerhin auch erfolgversprechende Gespräche mit dem großen amerika­nischen Partner gibt, ob man da zu einer gemeinsamen Vorgangsweise kommen kann.

Klar ist: Wer diesbezüglich Sondermaßnahmen setzt, die völlig abweichen von dem, was alle anderen tun, würde nur bewirken, dass diese Geschäfte – auch, was die eige­nen Staatsbürger betrifft – im Ausland abgewickelt werden, was jedoch die Rechts­sicherheit nicht erhöhen würde. Ganz im Gegenteil! Wir würden jedoch damit Leer­verkäufe zum Beispiel nicht wirklich aus der Welt schaffen können. Dazu ist eine ge­meinsame Anstrengung notwendig – und die Bereitschaft dazu scheint, erstmals seit Jahren, gegeben zu sein.

Es gibt also wirklich einen Paradigmenwechsel, einen Paradigmenwechsel, der uns veranlassen muss, darüber nachzudenken, welche Aufgaben in den Finanzmärkten die Staaten – also nicht der österreichische Staat allein – übernehmen müssen, über die heutige Sofortmaßnahme weit hinausreichend, und wo wir helfen können, die Wirkun­gen der bestehenden Krise auf die Menschen gering zu halten.

Wir können diese Wirkungen dort abfangen – das ist ja Gegenstand unseres heutigen Beschlusses –, wo es um den einzelnen Sparer geht, dessen Geld wir mit einer Garan­tie sichern. Das ist notwendig und richtig, und zwar erstens zugunsten dieser Men­schen, aber natürlich im gleichen Umfang zugunsten der österreichischen Banken, die ansonsten natürlich mit einer Abhebungswelle konfrontiert worden wären. Zu Beginn dieser Krise hat es ja tatsächlich die „originelle“ Entscheidung von Sparern gegeben, zu verkaufen, abzuheben und das Ganze dann in das Fach eines Tresors zu legen – oft auch bei derselben Bank, was besonders „originell“ ist. – Das ist also sicherlich kei­ne begrüßenswerte Variante, weil dann auch dieses Geld dem Geldkreislauf entzogen wird.

Das Zweite, das wir sicherstellen müssen, ist, den Geldkreislauf in Gang zu halten. Wenn es so viel Misstrauen zwischen den „Spielern“ der Finanzmärkte gibt, dann sind Garantien für den zwischenbanklichen Leihverkehr der notwendige Schritt, um dafür zu sorgen, dass das weitergehen kann und dass damit auch der Wirtschaft die dringend erforderlichen Kreditmittel zur Verfügung stehen. Das darf uns nämlich auch nicht


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