BundesratStenographisches Protokoll761. Sitzung / Seite 13

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passieren: dass dort, wo investiert, wo ausgebaut wird, auf einmal die Finanzmittel fehlen, weil es keine Kredite mehr gibt.

Ich sage es noch einmal: Der Paradigmenwechsel geht über diese notwendigen Maß­nahmen hinaus.

Mit einem gewissen Amusement habe ich festgestellt, dass es der Herr Alt-Bundes­kanzler und demnächst auch Alt-Klubobmann Dr. Schüssel geradezu als skandalös empfunden hat, dass der Dietz-Verlag eine wesentliche Umsatzausweitung beim Ver­kauf der dreibändigen Ausgabe von „Das Kapital“ verzeichnen konnte. (Der Redner platziert diese drei Bände auf dem Rednerpult.) Das kann’s nicht sein, hat Schüssel gemeint. – O ja, das kann’s schon sein! Nicht, dass ich mir um den Geschäftserfolg des Dietz-Verlages Sorgen mache, aber ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, das wäre, von mir aus betrachtet, ein bisschen zu anmaßend, aber meine Exemplare sind sichtlich genützt und gelesen und schon länger in meinem Besitz, aber ich würde ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie können gerne ein Foto davon machen. (Unruhe im Saal. – Präsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren, es ist schön, festzustellen, dass sich Leute über Bücher aufregen können, die sie mit Sicherheit nicht gelesen haben. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.) Aber genau das würde ich diesen Men­schen empfehlen, denn es geht darum, klüger zu werden – für ein nächstes Mal. Die heutige Situation zu bewältigen ist eine Aufgabe, aber zu versuchen, jene Prozesse, die die Weltwirtschaft und das Weltfinanzsystem in die Krise gebracht haben, so zu analysieren, dass wir auch vorausschauen können, von welcher Art Geschäften, von welchen Verhaltensweisen zukünftig Gefahr ausgeht, scheint mir in gleichem Maße notwendig zu sein.

Es wird manches neu zu bewerten sein; meine Kollegen werden dazu noch einiges in Detailbereichen sagen. – Wenn aber in der Krise – und das ist eine Krise – der Staat gefragt ist, dann ist der Staat auch anders zu bewerten, als das in vielen, vielen Aussa­gen der vergangenen Jahre getan wurde.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch Folgendes hinzufügen: Mit dem heu­tigen Beschluss, von dem ich annehme, dass er einstimmig erfolgen wird, bereinigen wir – oder: hoffen wir, zu bereinigen – eine aktuelle Situation, aber es ist keine Frage: Die Finanzkrise ist in der Realwirtschaft angekommen, und daher gibt es auch dort Handlungsbedarf.

Ich freue mich, wenn auch – so sieht es aus – ein Konjunkturpaket geschnürt werden kann, um der österreichischen Wirtschaft zusätzliche Impulse zu geben, und ich hoffe doch sehr, Herr Finanzminister, dass es auch möglich sein wird, gerade für jene Bevöl­kerungsgruppen, die sehr, sehr haushalten müssen – und jetzt noch mehr! –, im Rah­men eines vorgezogenen Teils der Steuerreform Mittel zur Verfügung zu stellen, was ja auch eine Wirtschaftsankurbelung bedeutet, denn wenn wir bei den kleineren Einkom­men Mittel zur Verfügung stellen beziehungsweise Steuern nicht mehr kassieren, be­deutet das ja, dass diese Mittel in den Konsum fließen; zum Teil über die Mehrwert­steuer zurückkommen, jedenfalls aber Arbeitsplätze, jedenfalls den Handel sichern. Und das ist die wirkliche Aufgabe.

Meine Damen und Herren, selbstverständlich wird meine Fraktion dieser Vorlage zu­stimmen. Sie ist gut und richtig, und sie ist rechtzeitig zustande gekommen, was mich besonders freut. Wir dürfen mit unserem gesellschaftspolitischen Denken an diesem Punkt aber nicht aufhören. Wir müssen in die Zukunft denken – Konjunkturpaket, Steu­erreform –, aber wir müssen uns auch überlegen, wo die Politik ihre Schwerpunkte in den nächsten Jahren setzen soll, um eine Wiederholung dieser Krise vielleicht nicht zu


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