BundesratStenographisches Protokoll761. Sitzung / Seite 22

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Weiters muss der Staat die Aufsicht und die Sanktionen sicherstellen. So verstehe ich die soziale Marktwirtschaft. Die Konsequenz so mancher Debattenbeiträge der letzten Tage hieße doch, in Zeiten zurückzugehen, die wir Gott sei Dank überwunden ha­ben. – Es ist mir daher ein großes Anliegen, dass wir jetzt die richtigen Schlüsse zie­hen.

Die soziale Marktwirtschaft wird auch in Zukunft das Modell sein, auf dem wir aufbau­en – und nicht die Rückkehr in eine falsche Entwicklung, sondern eben die Richtung, dass der Staat klar sagt, was seine wirkliche Aufgabe ist. – Eine solche Diskussion füh­re ich gerne mit Ihnen: Welche Regeln brauchen die Finanzmärkte, welche Produkte, wie transparent müssen sie sein, wie funktionieren Aufsicht und Kontrolle, beziehungs­weise welche Sanktionen gibt es?

Mir hat jetzt ein Banker gesagt – das können Sie durchaus verwenden, also Copyright eines Generaldirektors einer österreichischen Bank –: Früher hat es Produkte gege­ben, die der Bankbeamte verstanden hat und der Kunde; dann hat es Produkte gege­ben, die der Bankbeamte verstanden hat, der Kunde aber nicht mehr – und jetzt gibt es Produkte, die beide nicht mehr verstehen!

Ich habe schon einmal in einer Diskussion gesagt, dass ich Folgendes überhaupt nicht einsehe: Jedes Produkt, das auf den Markt kommt, muss irgendein Genehmigungsver­fahren durchlaufen: entweder ein Normungsverfahren oder eben ein gesetzliches Ver­fahren. Fragen Sie nur einmal ein Pharmazieunternehmen, wie lange es dauert, bis es ein neues Produkt, ein neues Medikament auf den Markt bringen kann. Das dauert oft Jahre! – Aber bei Finanzprodukten geht das ohne Genehmigung in einer Sekunde, und auf einmal ist dieses Produkt eben da. – Und so, denke ich, funktioniert Markwirt­schaft.

Die letzte Bemerkung, vierter Punkt: Ja, ich gebe allen hier recht, die gesagt haben, nach dieser Finanzgeschichte müssen wir uns der Konjunktur widmen. Ich teile die Einschätzung aller bisherigen Vorredner, die gesagt haben, Schwerpunkt muss es sein, dass wir den KMUs die notwendige Sicherung für Liquidität geben. Es kann doch nicht so sein, dass ein Liquiditätsengpass der Banken dazu führt, dass die KMUs da­von direkt und negativ betroffen sind.

Wir diskutieren daher derzeit in der Bundesregierung etwa die Frage der Haftungsüber­nahmen – Haftungsübernahmen etwa im Rahmen AWS –, damit wir gemeinsam mit den europäischen Programmen, etwa der Europäischen Investitionsbank, richtige Per­spektiven und Signale setzen.

Ich hielte es für verfehlt, würden wir sagen, wir konzentrieren uns jetzt nur auf die Fi­nanzkrise, denn: In Wirklichkeit müssen wir – das verstehe ich unter politischer Ver­antwortung – die Finanzkrise managen, wir müssen die Spielregeln neu definieren, wir müssen für Konjunkturbelebungsmaßnahmen sorgen, müssen die globale Finanz­markt-Architektur bestimmen und dürfen uns dabei selbstverständlich auch nicht der Verpflichtung in der Klimapolitik entziehen.

Politik ist daher etwas anspruchsvoller geworden, das stimmt, aber ich denke, mit die­sem Paket haben wir gezeigt, dass wir auch anspruchsvolle Situationen durchaus meistern können.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen, und ich gehe davon aus, dass es nach dieser Diskussion auch der Bundesrat schaffen wird, mit dem Signal der Einstimmigkeit diesen wichtigen Schritt für die Stabilität des Standortes Österreich zu setzen, wie das auch der Nationalrat gestern getan hat. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.58

 


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