BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 57

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Führen wir uns jedoch einmal das Beispiel des Geradestehers vor Augen: Wie oft ist es schon vorgekommen, dass in einer Familie der Mann oder die Frau – man muss das heute ja gegendert sagen, damit man nicht in schlechten Ruf gerät – einen Kredit auf­genommen hat und der Ehepartner dafür geradegestanden ist. Dann kommt es zu einer Scheidung – und der andere, der nur der Geradesteher war, bleibt mit den Schul­den sitzen. Das ist nicht lustig! Vor allem sind das Dinge, die wir uns auch immer vor Augen halten müssen.

Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass es sich nur um den ersten Schritt han­deln kann bei all dem, was wir bis jetzt haben, was wir beschlossen haben beziehungs­weise heute – davon bin ich überzeugt – wenn auch nicht einheitlich, so doch mit gro­ßer Mehrheit beschließen werden.

Der Staat steht damit für Fehlleistungen gerade, die in der großen Finanzwelt stattge­funden haben. Hier möchte ich wieder sagen: Hier hat die Privatwirtschaft versagt und Fehlleistungen geliefert. Und der Staat, das sind wir alle, man kann es nicht oft genug sagen, vor allem aber die unselbständig Beschäftigten, die Klein- und Mittelbetriebe, die als Erste die Auswirkungen dieser – Jan Krainer hat es vorgestern so treffend for­muliert – Vertrauens-, Liquiditäts-, Banken-, Wirtschafts- und Rezessionskrise, oder wie immer man sie bezeichnen will, zu spüren bekommen.

Es gibt Unsicherheit bei Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben. Mir als Gewerk­schafter ist es natürlich ein ganz, ganz starkes Anliegen, darauf aufmerksam zu ma­chen.

Sagen wir es einmal so: Wo stehen wir eigentlich? Die Unsicherheit bei den Kollegin­nen und Kollegen ist ja nicht nur von den Meldungen geprägt, die wir über die Medien bekommen. Wir erleben in den Betrieben bereits seit einiger Zeit, in welche Richtung es geht. Wir haben Kurzarbeitsvereinbarungen, wir haben Abbau von Beschäftigten. Die Auswirkungen, die die Menschen erleben, sind also alles andere als positiv.

Wir haben heute schon gehört, was es bedeutet, Arbeitslosigkeit zu haben, was sie uns tatsächlich an Kosten verursacht. Der Staat sind wiederum wir alle, und wir zahlen alle. Allerdings ist die Arbeitslosenunterstützung auch kein Geschenk. Ein jeder zahlt auch in die Arbeitslosenversicherung ein, und zwar Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Es ist eine Art Versicherung, aber die Kosten sind nun einmal da. Jedes Mittel, um Ar­beitslosigkeit zu verhindern, um möglichst hohe Beschäftigungsraten zu erzielen, muss uns recht und billig sein.

Gerade ich möchte das hier nochmals klar und deutlich sagen: Der eine oder andere meint manchmal, der Gewerkschafter sieht schon von Haus aus in jedem Unterneh­mer, wurscht welchem, den bösen Feind. Mitnichten! Ganz sicher leben wir heute in einer Zeit, in der es nur mit einem Miteinander gehen kann, in der nur die Gemeinsam­keit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine positive Zukunft garantieren kann. Deshalb bin ich auch ein erklärter Freund und Anhänger der Sozialpartnerschaft, wie wir sie in Österreich haben. Diese Spezialität versetzt uns auch dazu in die Lage, selbstbewusst und realitätsbewusst zu handeln, und sie beweist uns das tagtäglich.

Gerade deswegen meine ich auch, dass Aussagen von politischen Kreisen, die bei den Lohn- und Kollektivvertragsverhandlungen von Mäßigung und Zurückhaltung sprechen, so notwendig sind wie ein Kropf, um es auf gut Wienerisch zu sagen. Es kann und darf nicht sein, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Zeche dafür zahlen, was einige von sich so sehr überzeugte Größen in Finanz- und Wirtschaftskreisen verbockt haben. Auch hier sei wiederum Kollegen Kneifel ins Stammbuch geschrieben: nicht verstaatlichte Gesellschaften, sondern Private!

 


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