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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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762. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 30. Oktober 2008

 

 


Stenographisches Protokoll

762. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 30. Oktober 2008: 13.01 – 16.45 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung von Aufga­ben der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bun­desgesetz über die Refinanzierung von Tätigkeiten der Austria Wirtschaftsservice Ge­sellschaft mit beschränkter Haftung erlassen und mit dem das Austria Wirtschaftsser­vice-Gesetz, das Garantiegesetz 1977, das KMU-Förderungsgesetz, das Einkommen­steuergesetz 1988 und das Bundesgesetz, mit dem die Begründung weiterer Vorbelas­tungen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird, geändert werden (Konjunkturbelebungsgesetz 2008 – KBG 2008)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 und das Klubfinanzie­rungsgesetz 1985 geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatz­steuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden – 2. Abgabenänderungsgesetz 2008 (2. AbgÄG 2008)

*****

Inhalt

Bundesrat

Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens von Dr. Helmut Zilk und Karl Se­kanina               4

Erklärung anlässlich des 90-jährigen Bestehens der Republik ...................................... 4

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht des Bundesrates Werner Herbert ......................................................................................... 5

Angelobung des Bundesrates Edmund Tauchner ...................................................... 6

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 2

der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschikistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen durch den Herrn Bundespräsidenten ....................................... 6

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 (3) GO-BR .................................................................................................... 8

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 4

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................................ 8

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 8

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung von Aufgaben der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bun­desgesetz über die Refinanzierung von Tätigkeiten der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung erlassen und mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, das Garantiegesetz 1977, das KMU-Förderungsge­setz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Bundesgesetz, mit dem die Be­gründung weiterer Vorbelastungen durch den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie genehmigt wird, geändert werden (Konjunkturbelebungs­gesetz 2008 – KBG 2008) (5 d.B. und 6 d.B. sowie 8033/BR d.B.)                             9

Berichterstatterin: Christa Vladyka ................................................................................. 9

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (3 d.B. und 7 d.B. sowie 8034/BR d.B.)                    9

Berichterstatterin: Christa Vladyka ................................................................................. 9

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 und das Klubfinanzierungsge­setz 1985 geändert werden (2/A und 8 d.B. sowie 8035/BR d.B.) ................................................................................................................... 9

Berichterstatterin: Christa Vladyka ................................................................................. 9

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuer­gesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz und das Zoll­rechts-Durchführungsgesetz geändert werden – 2. Abgabenänderungsgesetz 2008 (2. AbgÄG 2008) (2 d.B. und 9 d.B. sowie 8036/BR d.B.)                     9

Berichterstatterin: Christa Vladyka ................................................................................. 9

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ........................................................................................................ 10

Johann Kraml ............................................................................................................... 13


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 3

Monika Mühlwerth ....................................................................................................... 15

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 18

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 21

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 25

Mag. Gerald Klug ......................................................................................................... 29

Efgani Dönmez ............................................................................................................. 31

Edgar Mayer .................................................................................................................. 33

Staatssekretärin Christa Kranzl ................................................................................. 36

Erwin Preiner ................................................................................................................ 40

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................... 45

Friedrich Hensler .......................................................................................................... 47

Wolfgang Schimböck, MSc ......................................................................................... 49

Peter Mitterer ................................................................................................................ 52

Franz Perhab ................................................................................................................. 53

Harald Reisenberger .................................................................................................... 55

Wolfgang Beer .............................................................................................................. 58

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 61

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 61

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 61

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 61


13.01.41


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 4

Beginn der Sitzung: 13.01 Uhr

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich eröffne die 762. Sitzung des Bun­desrates.

Das Amtliche Protokoll der 761. Sitzung des Bundesrates vom 21. Oktober 2008 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Mag. Wolfgang Erlitz, Monika Kemperle, Reinhard Todt, Dr. Franz Eduard Kühnel und Martin Preineder.

13.02.08Trauerkundgebung aus Anlass des Ablebens von
Dr. Helmut Zilk und Karl Sekanina

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Meine Damen und Herren! (Die Anwe­senden erheben sich von ihren Sitzen.) Fast auf den Tag genau vor einer Woche ist eine der markantesten Persönlichkeiten des politischen Lebens, der langjährige Wiener Bürgermeister Dr. Helmut Zilk, verstorben. Helmut Zilk war ein Politiker von besonde­rem Format. Er hat durch Jahrzehnte die Politik und das öffentliche Leben auf eine un­verwechselbare und sehr eigenständige Art beeinflusst und geprägt. Sein Wirken als Journalist, Bildungspolitiker und Bürgermeister von Wien ist in dieser seltenen Kombi­nation einzigartig. Als unbestechlicher und nicht bequemer Homo politicus wird Helmut Zilk in Erinnerung bleiben.

Wir betrauern jedoch auch den ehemaligen Bundesminister für Bauten und Technik Karl Sekanina, der genau am Tag seines 82. Geburtstages verstorben ist. Vor 45 Jah­ren – im Oktober 1963 – entsandte der Wiener Landtag Karl Sekanina in den Bundes­rat. Über die Politik hinaus wurde Sekanina der breiten Öffentlichkeit als Präsident des Österreichischen Fußballbundes bekannt.

Unsere Anteilnahme gilt bei beiden Verstorbenen insbesondere deren Angehörigen. (Die Anwesenden verharren einige Zeit in stummer Trauer.)

Ich danke Ihnen für die Trauerminute. (Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

13.03.32Erklärung aus Anlass des 90-jährigen Bestehens der Republik

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Aus Anlass des heutigen Datums möchte ich – auch im Namen des momentan verhin­derten Präsidenten Weiss – mit ein paar geschichtlichen Daten und Gedanken an die Ausrufung der Republik und die damit zusammenhängenden Ereignisse vor 90 Jahren erinnern.

Am 21. Oktober 1918 versammeln sich die deutschsprachigen Abgeordneten des 1911 gewählten Abgeordnetenhauses aus den deutschen Kronländern, dem Sudetenland, Schlesien, Südmähren und den deutschen Sprachinseln und konstituieren sich als „Pro­visorische Nationalversammlung des selbständigen deutsch-österreichischen Staates“.

Die Provisorische Nationalversammlung beschließt in ihrer zweiten Sitzung, am 30. Ok­tober 1918, also genau heute vor 90 Jahren, eine demokratische Verfassung und setzt – parallel zur noch amtierenden kaiserlichen Regierung – eine Regierung aus Deutsch­nationalen, Christlichsozialen und Sozialdemokraten ein.

Der provisorischen Verfassung zufolge übt die Provisorische Nationalversammlung von nun an „die oberste Gewalt des Staates Deutschösterreich“ aus, und zwar selbst die gesetzgebende Gewalt. Die Regierungs- und Vollzugsgewalt hingegen wird durch einen Ausschuss, der die Bezeichnung „Deutschösterreichischer Staatsrat“ trägt, aus­geübt.


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 5

Die österreichische Staatsgründung wird nach einem klaren juristischen Konzept voll­zogen. Jeder Schritt ist systematisch abgesichert, es gibt keinen Raum für eine Band­breite von möglichen Interpretationen. Damit wird ein Fundament gelegt, welches dau­erhaften Bestand hatte und auch durch das vorübergehende faschistische Regime nicht zerstört werden konnte.

Mit der neuen Verfassung vom 30. Oktober 1918 war unter Bruch der alten Verfassung eine Revolution im rechtlichen Sinne erfolgt. Dieses Konzept wird schon im Dezember 1918 reformiert und eine organisatorisch zwar vom Parlament unabhängige, ihm poli­tisch aber weiter unterworfene Staatsregierung etabliert. Aufrecht bleibt jedoch das Konzept der „Parlamentsherrschaft“, das den Volkswillen über seine Repräsentanten im Parlament in der staatlichen Willensbildung unbeeinträchtigt von einer Regierung verwirklichen soll.

Die politische Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament macht das Wesen des parlamentarischen Systems aus. Als „Geburtstag“ des parlamentarischen Systems in Österreich kann somit der 30. Oktober 1918 gewertet werden.

Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang, auch auf die Ausstellung hiezu, die gerade in Vorbereitung ist, hinzuweisen. Die Ausstellungseröffnung ist am 12. November.

13.06.21Mandatsverzicht und Angelobung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Eingelangt ist ein Schreiben des Nieder­österreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht eines Mitgliedes des Bundes­rates.

Hinsichtlich des Wortlautes dieses Schreibens verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandats­verzicht

Anlage 1:

„Der Landtag von Niederösterreich

3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, Haus 1a

Ltg.-W-5/5-2008                                                                                     XVII. Gesetzgebungsperiode

Betreff: Verzichtserklärung Mitglied des Bundesrates Werner Herbert

An den

Präsidenten des Bundesrates

Herrn Jürgen Weiss

Parlament

1017 Wien

Sehr geehrter Herr Präsident!

Herr Bundesrat Werner HERBERT teilte mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 mit, dass er mit Ablauf des 27. Oktober 2008 auf sein Mandat als Bundesrat verzichtet.

Sein Ersatzmitglied LAbg. Edmund TAUCHNER rückt an seine Stelle nach.

St. Pölten, am 21. Oktober 2008

Der Präsident des Landtages von Niederösterreich“

*****

 



BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 6

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Das neu gewählte Mitglied des Bundes­rates ist im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche nun die Schriftführung um die Verlesung der Gelöbnisformel.

 


Schriftführerin Ana Blatnik: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Re­publik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller an­deren Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


Bundesrat Edmund Tauchner (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Ich gelobe.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich begrüße das neue Mitglied des Bun­desrates recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

13.07.43Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Hinsichtlich des Schreibens des Gene­ralsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschikistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographi­schen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG

Anlage 2:

„Der Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten

Dr. Johannes Kyrle

Herrn

Präsidenten des Bundesrats

Jürgen WEISS

Parlament, Dr. Karl Renner Ring 1-3

1017 Wien                                                                                                                       10. Oktober 2008

                                                                                                   GZ: BMeiA-TJ.8.33.02/0001-I.2a/2008

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesministerin Dr. Ursula Plassnik unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlags der Bundesregierung vom 30. September 2008 (Pkt. 21 des Beschl.-Prot. Nr. 65) der Herr Bundespräsident am 6. Oktober 2008 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschikistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehest möglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

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BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 7

Zu Anlage 2:

„BUNDESMINISTERIUM FÜR

EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE

ANGELEGENHEITEN

BMeiA-TJ.3.19.25/0006-III.3b/2008

Abkommen zwischen der Republik Österreich

und der Republik Tadschikistan über die Förderung

und den Schutz von Investitionen;

Verhandlungen

V o r t r a g

an den

M i n i s t e r r a t

Österreich ist bestrebt, Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitio­nen mit anderen Staaten abzuschließen. Ziel dieser Abkommen ist es vor allem, öster­reichische Firmen bei ihren Investitionsbemühungen im Ausland zu unterstützen und günstige Voraussetzungen für die Bewältigung der dabei allenfalls entstehenden Risi­ken herzustellen. Bei diesen Verhandlungen ist aber auch auf die Möglichkeit, dass In­vestitionen in umgekehrter Richtung getätigt werden, Bedacht zu nehmen.

Neben den wirtschaftlichen Aspekten sind ausländische Direktinvestitionen auch für die Entwicklungszusammenarbeit von Bedeutung, weil sie Entwicklungs- und Schwellen­länder an das Weltwirtschaftssystem heranführen und die Grundlage für eine sinnvolle Einbindung des privaten Sektors schaffen.

Die Republik Tadschikistan hat wiederholt den Wunsch nach Abschluss eines Investi­tionsabkommens geäußert. Als Ergebnis eines interministeriellen Koordinationsprozes­ses unter Beiziehung der Interessensvertretungen wurde der Abschluss eines derarti­gen Abkommens als wichtig eingestuft.

Der österreichischen Verhandlungsdelegation werden Vertreter/innen des Bundesmi­nisteriums für europäische und internationale Angelegenheiten, des Bundesministe­riums für Finanzen, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und der Wirt­schaftskammer Österreich angehören.

Das geplante Abkommen wird gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend sein und daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 B-VG bedürfen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnah­me der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit stelle ich den

A n t r a g,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, Botschafter Dr. Rudolf Lennkh und im Falle seiner Verhinderung Gesandten Dr. Marcus Bergmann zur Leitung der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschikistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen zu bevollmächtigen.

Wien, am 22. September 2008

PLASSNIK m.p.“

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BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 8

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Eingelangt sind die Beschlüsse des Na­tionalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung von Aufgaben der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundes­gesetz über die Refinanzierung von Tätigkeiten der Austria Wirtschaftsservice Gesell­schaft mit beschränkter Haftung erlassen und mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, das Garantiegesetz 1977, das KMU-Förderungsgesetz, das Einkommensteu­ergesetz 1988 und das Bundesgesetz, mit dem die Begründung weiterer Vorbelastun­gen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird, geändert werden (Konjunkturbelebungsgesetz 2008 – KBG 2008),

sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird,

beziehungsweise

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 und das Klubfinanzierungs­gesetz 1985 geändert werden,

sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuerge­setz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz und das Zollrechts-Durch­führungsgesetz geändert werden – 2. Abgabenänderungsgesetz 2008 (2. AbgÄG 2008),

die dem Finanzausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurden und bereits einen Ge­genstand der heutigen Tagesordnung bilden.

Eingelangt und dem zuständigen Ausschuss zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Der Finanzausschuss hat seine Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Aus­schussberichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte nun jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Ab­standnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussbe­richte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erfor­derlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich habe die zuvor genannten Verhand­lungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4 unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 9

13.10.471. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung von Aufgaben der Austria Wirt­schaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über die Refinanzierung von Tätigkeiten der Austria Wirtschaftsservice Gesell­schaft mit beschränkter Haftung erlassen und mit dem das Austria Wirt­schaftsservice-Gesetz, das Garantiegesetz 1977, das KMU-Förderungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Bundesgesetz, mit dem die Be­gründung weiterer Vorbelastungen durch den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie genehmigt wird, geändert werden (Konjunkturbele­bungsgesetz 2008 – KBG 2008) (5 d.B. und 6 d.B. sowie 8033/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (3 d.B. und 7 d.B. so­wie 8034/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 und das Klubfinanzierungsgesetz 1985 geändert werden (2/A und 8 d.B. sowie 8035/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz und das Zollrechts-Durchfüh­rungsgesetz geändert werden – 2. Abgabenänderungsgesetz 2008 (2. AbgÄG 2008) (2 d.B. und 9 d.B. sowie 8036/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen nun in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 bis 4, über welche die Debatte unter einem durchge­führt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 1 bis 4 ist Frau Bundesrätin Vladyka. Ich bitte um die Berichte.

 


13.11.33

Berichterstatterin Christa Vladyka: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Fi­nanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betref­fend ein Bundesgesetz erstatten, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung von Aufgaben der Austria Wirtschaftsservice GesmbH und das Bundesgesetz über die Refinanzierung von Tätigkeiten der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit be­schränkter Haftung erlassen und mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, das Garantiegesetz 1977, das KMU-Förderungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Bundesgesetz, mit dem die Begründung weiterer Vorbelastungen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird, geändert werden, das sogenannte Konjunkturbelebungsgesetz 2008.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen.


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 10

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 30. Oktober 2008 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters darf ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des National­rates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungs­aufsichtsgesetz geändert wird, erstatten.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zum An­trag des Finanzausschusses kommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 30. Oktober 2008 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters darf ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des National­rates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanz­gesetz 2008 und das Klubfinanzierungsgesetz 1985 geändert werden, bringen.

Auch hiezu liegt der Bericht in schriftlicher Form vor; ich darf somit gleich zur Antrag­stellung kommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 30. Oktober 2008 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich erstatte ich noch den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wer­den – 2. Abgabenänderungsgesetz 2008.

Auch hiezu liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor; ich darf daher sogleich zur Antragstellung des Finanzausschusses kommen.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 30. Oktober 2008 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm dieses.

 


13.15.01

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Für das Protokoll: grüne Fraktion. – Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen! Es ist genau das eingetreten, wovor Vizepräsident Harald Himmer und ich beim Gesetzesbeschluss betreffend Stabilisierung des Finanz­marktes hier im Bundesrat gewarnt haben. Kollege Himmer und ich haben – völlig un­abgesprochen, nur jeder dem anderen zuhörend – gemeint: Wenn ein Konjunkturpaket kommt, dann bitte ein intelligentes Konjunkturpaket, eines, das nicht in die alten Mus­ter, die wir in dieser Republik ja schon kennen, fällt, nämlich sozusagen hier Beton und Asphalt anzumischen.

Letztlich haben wir aber jetzt wieder so ein Asphalt- und Betonpaket, wobei man dazu genau das sagen muss, wovon wir eben bereits bei der letzten Sitzung gesprochen ha­ben, nämlich dass es intelligentere, zukunftsweisendere und spannendere Formen gibt, so etwa Investitionen in ein besseres Breitbandnetz beziehungsweise auch sol­che, wo der Bundesrat – übrigens dank Initiative des damaligen Präsidenten Himmer –


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 11

eine Enquete zum Thema Digital Divide in Austria durchgeführt hat, wobei da klar zum Ausdruck kam, wo es da überall Bedarf in Österreich gibt.

Natürlich gibt es Bedarf in Bereichen der Wirtschaft, die ein doppelt so großes Maß an Arbeitsplätzen garantieren würden, als das eben der Fall ist bei Investitionen in Stra­ßen- und Bahnbauten, die jetzt vorgezogen werden, nämlich Investitionen im ökologi­schen Bereich.

Wir dürfen auch nicht vergessen: Wir befinden uns in einer Finanz- und Wirtschaftskri­se, aber die Klimakatastrophe, die ökologische Krise trifft uns alle genauso, und zwar genauso ökonomisch hart – und ab 2013 wird das auch sozusagen monetarisiert wer­den, wird es zu bezahlen sein.

Meine Damen und Herren, ich bin wirklich fassungslos, wie so ein Paket, das noch da­zu die unrichtige Bezeichnung „Mittelstandspaket“ trägt, aussieht. Dieses sogenannte Mittelstandspaket hätten wir doch ohne Umstände und gleich bei der letzten Sitzung hier mit beschließen können, dazu hätten wir heute nicht alle hier zu einer Sondersit­zung zusammenkommen müssen, denn einen solch kläglichen Ausfluss – eine Milliar­de € ist da von der Ambition her weit verfehlt – hätten wir auch letztes Mal ohne Weite­res machen können, wovor wir aber hier in der Diskussion gewarnt haben. Dass das jetzt trotzdem so niedergeschrieben wurde, ist schon etwas eigenartig.

Zu Investitionen im ökologischen Bereich. Betrachten wir in diesem Zusammenhang eine einst benachteiligte Region, nämlich den Bezirk Güssing. In Güssing sind 36 Mil­lionen € an sogenannter schwarzer Energie, an fossiler Energie, aus der Region abge­flossen; es ist dort nichts geblieben. – Heute aber, und zwar durch Investitionen in eine ganze Palette erneuerbarer Energieformen, bleiben 20 Millionen € in dieser Region! Überdies sind dort mehr als 1 500 Arbeitsplätze geschaffen worden, wobei mittlerweile, und zwar pro Jahr, 50 000 Öko-Touristen in diese Region kommen; deshalb wurde dort sogar ein eigenes Hotel gebaut. In diesen Energiepark Güssing kommen also heute 50 000 Besucher aus der ganzen Welt, um sich dieses Modell anzuschauen.

Das, meine Damen und Herren, ist etwas Sinnvolles, das schafft Arbeitsplätze (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit sowie bei Bundesräten der SPÖ), und zwar in einem ganz anderen Maße, als das jetzt der Fall ist, wo lediglich ein paar Stra­ßenbauten sowie fragwürdige Bahnprojekte vorgezogen werden – Bahnprojekte übri­gens, bei denen nicht einmal ein Anschluss an einen Güterbahnhof vorgesehen ist.

Ich weiß nicht, wer hinter diesen ganzen Planungen steckt, aber, meine Damen und Herren, zu sagen ist da schon: Allein bei einer Wärmedämmungsoffensive bräuchte man nur die Sanierungsrate von 1,5 auf 3 Prozent zu erhöhen – und würde damit zu­sätzlich 12 000 Arbeitsplätze schaffen. Im Übrigen würde das eine Heizkostenentlas­tung in Höhe von 160 Millionen € pro Jahr – pro Jahr! – bringen.

Was aber machen Sie? – Sie asphaltieren! Das ist nicht sehr beschäftigungsintensiv. Sie können den Kopf schütteln, Herr Kollege – es wird nicht besser, ich weiß es. Ges­tern waren die Kollegen aus dem Schweizer Parlament hier zu Besuch, und der Kolle­ge von der Sozialdemokratie hat gesagt: Ich verstehe es einfach nicht; in Deutschland und in der Schweiz ist die Sozialdemokratie in diesen Fragen ganz woanders, und wir verstehen nicht, wieso die Sozialdemokraten in Österreich hier so weit weg vom Stand der Technik, vom Stand der Diskussion sind. – Vielleicht sollten Sie den Kontakt mit Ih­ren Kollegen in der Schweiz einmal intensivieren, denn es war schon interessant, das zu hören.

Es war auch von der anderen Seite zu hören, es haben sogar Unternehmer, Transport­unternehmer gesagt: Mein Hauptgeschäft passiert auf der Straße und auf der Bahn. In Österreich bestelle ich einmal in der Woche einen ganzen Zug. Wissen Sie, wie ich den Zug fahren muss, weil Österreich die Bahnkapazitäten nicht hat? Ich muss den


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Zug von Wien nach Köln führen und von Köln in die Schweiz bringen, weil es nicht geht, weil Österreich keine geeigneten Kapazitäten zur Verfügung stellt! – Nur: Mit die­sem Paket, mit dem, was da drinnen ist, erhöhen Sie diese Kapazitäten auch nicht! Und der Betreffende sagte weiters: Wenn man sich die österreichische Politik an­schaut, dann muss man eigentlich alles auf die Straße verlagern, denn von dem, womit wir unser Geschäft machen, nämlich der Bahn, ist Österreich Lichtjahre entfernt.

Sie schnüren jetzt ein Paket von einer Milliarde €. – Wenn ich mir alleine das Desaster anschaue, das zwei Unternehmen verursachen, nämlich durch ein miserables Wirt­schaften des Managements, AUA und ÖBB, bin ich aber schon bei 1,2 Milliarden – als Minimum! Und ich frage mich: Wo sind denn hier die Verantwortlichkeiten?

Wissen Sie, Herr Bundesminister, der letzte wirklich gute ÖBB-Generaldirektor musste aus politischen Gründen einer Regierungsbildung weichen – das war Herr Draxler. Un­ter dem hat die Bahn noch funktioniert. Und alles andere waren dann politische Ent­scheidungen – mittlerweile haben wir drei davon gehabt. Die haben alle Superabferti­gungen gekostet, und eigentlich haben wir jetzt ein Desaster bei der Bahn, das unbe­schreiblich ist.

Das Nächste ist – und nicht anders sieht es aus –, dass es ja auch bei der AUA eine politische Verantwortung gibt. Ich meine, die waren, bitte, noch am Anfang des Jahres im Parlament und haben gesagt: Es ist eigentlich nur eine Frage des strategischen Partners, das Unternehmen schaut gesund aus! – Ich weiß nicht, können die über­haupt irgendwelche Bilanzen lesen? Das muss schon ein Ein-Personen-Unternehmen oder ein KMU machen. Aber diese Herrschaften sind offensichtlich komplett von der Rolle – anders kann ich mir das nicht vorstellen. Und dann frage ich mich: Wo ist da die Aufsicht?

Das Nächste – und das scheint mir ja jetzt in der Koalitionsbildung schon eine schwieri­ge Frage zu werden –: Ich meine, überall dort, wo wir jetzt diese Schulden auf die Steuerzahler umwälzen, stellt sich tatsächlich die Frage – und das nennt sich ja „Kon­junkturpaket“ (Bundesrat Mag. Klug: Ah! Jetzt kommt ein Bezug zum Konjunktur­paket!), Herr Kollege; vielleicht wissen Sie das nicht; Sie glauben, das ist ein Straßen­baupaket; es nennt sich hier „Konjunkturpaket“, verabsäumt aber dann, wesentlichen Konjunkturzielen gerecht zu werden –, es stellt sich also jetzt gleichzeitig die Frage: Wie können wir denn die Konjunktur auch dadurch ankurbeln, dass wir die Kaufkraft verbessern? – Und da können wir doch nur eines machen, nämlich durch ein Vorzie­hen einer Steuerreform jene Menschen belohnen – und, tut mir leid, das geht leider nicht beim Mittelstand, wir können es nur bei den untersten Einkommensbeziehern ma­chen –, die das Geld auch wirklich ausgeben müssen, weil sie es zur Deckung ihres täglichen Bedarfs und zum Leben und zu dessen Bewältigung brauchen. Also noch zielorientierter, als jetzt rasch zu handeln, wäre zum Beispiel eine Kürzung bei den So­zialabgaben, sodass die untersten und niedrigsten Einkommensbezieher jenes Geld haben, das sie für den tatsächlichen Konsum brauchen. Das wäre eine richtige Va­riante.

Weiters: Ich weiß, für die ÖVP ist das jetzt eine heilige Kuh, aber: Was Maastricht, die „heilige Kuh“, betrifft, und dass wir bei der Verschuldung das Maastricht-Ziel, die De­ckelung nicht einhalten, so ist schon darauf hinzuweisen, dass Maastricht selbst aber in außerordentlichen Krisensituationen vorsieht, dass in einem solchen Fall die Ver­schuldung auch einmal im Interesse der Bevölkerung, im Interesse des Gesamtstaates höher ausfallen kann. Sie sagen, bei 3 Prozent ist Schluss. – Aber es darf doch hier nicht darum gehen, dass wir dann später die Arbeitslosigkeit finanzieren müssen, dass wir dann die Sozialhilfe finanzieren müssen! Es ist immer noch besser, Menschen in Beschäftigung zu halten und hier die Kaufkraft und Investitionen zu erhalten, als zu sagen: Nein, wir halten uns sklavisch an die 3 Prozent und riskieren jetzt keine


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Investitionen und keine weitere Verschuldung! (Beifall des Bundesrates Dönmez. – Bundesrat Mag. Klug: Das war jetzt richtig!)

Herr Kollege, Ihre Benotung brauche ich, ehrlich gesagt, nicht. (Bundesrat Mag. Klug: ... nicht gelesen!) – Ich habe es hier, Herr Kollege. (Bundesrat Mag. Klug: Hier, aber nicht gelesen!)  Also, kommen Sie! Bitte! Bitte! Ich bin neugierig, wie Sie das behüb­schen werden, Ihre Straßen und so weiter und so fort.

Nun kommen wir noch zu einem anderen Punkt, der, glaube ich, nicht angesprochen worden ist, weil wir hier eine Debatte in einem führen. Meine Damen und Herren! Ich glaube, es macht Sinn und man kann es auch öffentlich aussprechen und braucht das gar nicht einfach so stillschweigend durch beide Häuser durchzutragen: Dass wir zu einer Änderung der Klubfinanzierung insgesamt kommen – nach Jahrzehnten eines Brauchs der Zehnerschritte, wo bis heute keiner weiß, welchem Geist das seinerzeit entsprungen ist –, dass es nun eine Modernisierung dieser Klubfinanzierungsberech­nung pro Abgeordnetem sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat gibt, ist, glaube ich, ein richtiger Weg. Jeder Abgeordnete ist gleich viel wert – egal, ob er die Num­mer 41, 51 oder ob er die Nummer 38 ist. Das ist, wie ich meine, ein richtiger Schritt, denn das bisherige Starren am Wahlabend, ob irgendein Klub bei der Abgeordneten­anzahl einen Einser hinten – nicht vorne, sondern hinten – hat, ist ein Unsinn gewesen. Ich glaube, wir sollten dazu stehen, dass wir sagen: Das ist ein erster Schritt in einem Bereich, in dem wir doch einiges zu modernisieren haben.

Wir werden dies mittragen – auch wenn wir das Konjunkturpaket, Kollege Klug, leider für eine sehr altvaterische Variante halten, die wirklich nicht jene Ambitionen hat, die es braucht, denn: So ein Konjunkturpaket müsste, wenn man es wirklich ernst nimmt, bei etwa 3 Milliarden liegen, und Sie müssten vor allem auf andere Bereiche abzielen, die sowohl ökologisch als auch sozial treffsicherer sind als der Autobahnbau und der Bahnbau. Das, was Sie da bei der Bahn bauen, ist nämlich genau nicht das, was wir brauchen, um eine wirkliche Attraktivität in diesem Bereich herzustellen. (Bundesrat Mag. Klug: Das brauchen wir schon! Das brauchen wir!)

Nicht zuletzt – weil Kollege Kneifel hier sitzt –: Was da überhaupt nicht drinnen ist – und Kollege Kneifel weiß genau, wovon ich rede –, ist etwas, was bei uns einen der in­teressantesten Verkehrswege darstellt, die investitionsmäßig so sehr benachteiligt sind, nämlich die Wasserstraße, die Wasserstraße als eines der wirklichen Zukunfts­projekte. Und davon, von der Nutzung der Wasserstraße, ist hier ebenfalls nichts zu sehen. Dafür aber verschenken wir Gratis-Emissionszertifikate. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Erinnert das nicht irgendwie an die Schildbürger und ihre Streiche? – Danke. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Kerschbaum.)

13.28


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Kraml. – Bitte. (Bundesrat Mag. Klug – in Richtung des sich zum Rednerpult be­gebenden Bundesrates Kraml –: Hans, leg du den ersten Stein zur „Behübschung“ die­ses Pakets!)

 


13.28.39

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass das vorliegende Konjunkturpro­gramm etwas mit den Schildbürgern zu tun hat, denn dafür ist es viel zu gut.

Meine Damen und Herren, wir haben in der Vorwoche das Bankenpaket beschlossen, das jetzt schön langsam zu greifen beginnt. Der Finanzmarkt ist aber noch lange nicht so flüssig, wie ihn die Wirtschaft brauchen würde. Die Banken bewegen sich, das ha-


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ben wir heute mitbekommen, dass also jetzt Interesse besteht, dieses Paket auch an­zunehmen.

Meine Damen und Herren, die Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Realwirt­schaft sind immer noch nicht ganz abschätzbar. Die Situation hat sich bisher von Wo­che zu Woche verschlechtert, und meiner Meinung nach ist der Boden unter den Fü­ßen noch immer nicht spürbar. Große Volkswirtschaften, wie zum Beispiel Deutsch­land, Spanien und Großbritannien, stehen vor einer Rezession, ganz zu schweigen von jenen Ländern, die nicht den Euro haben – dort schaut es noch weit trister aus.

Gerade in dieser Situation ist es wichtig, dass entsprechende Konjunkturpakete ge­schnürt werden. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen sind in Österreich auf den klassischen Bankkredit angewiesen. Ich sehe das vorliegende Paket schon als intelli­gent, Herr Kollege Schennach, und es ist ganz wichtig, dass es jetzt beschlossen wird.

Die herrschende Kreditverknappung bedeutet eine existenzielle Bedrohung für diese Kleinbetriebe. Der wichtigste Schritt ist daher, den Markt zu stabilisieren und die Finan­zierungen zu sichern. Wachstumsimpulse für die Wirtschaft müssen gesetzt werden. Gestern hat Androsch gesagt: Klotzen und nicht kleckern!, und da, meine ich, hat er recht. (Bundesrat Perhab: Der Alt-Experte!) Er ist ein Experte – im Gegensatz zu Ih­nen, das sage ich Ihnen auch. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich sehe das heute zu beschließende Konjunkturbelebungsprogramm als einen ersten Schritt, dem vielleicht oder auch mit Sicherheit noch weitere Schritte folgen werden müssen.

Meine Damen und Herren, die jetzige Krise ist vergleichbar mit der Weltwirtschaftskrise von 1929. Heute glauben wir zu wissen, welche Fehler damals von Seiten der Regie­rungen begangen worden sind. Man hat die Banken den Bach hinuntergehen lassen und auch konjunkturell keine Maßnahmen gesetzt. Wir haben mit dem vorige Woche beschlossenen Bankenpaket eine entsprechende Maßnahme dagegen gesetzt.

Die „Mittelstandsmilliarde“, wie das Programm auch genannt wird, meine Damen und Herren, setzt sich wie folgt zusammen: 105 Millionen € als budgetwirksame Ausgaben, 500 Millionen € an Krediten und 400 Millionen € als Haftungen – alles vorerst einmal für zwei Jahre.

Da geht es auch darum, Investitionsanreize zu setzen und die entsprechenden Finan­zierungen, die laufen, zu sichern. Im Mittelstandsfonds stehen für Wachstumsprojekte österreichischer Unternehmen insgesamt 80 Millionen € zur Verfügung. Weiters gibt es zinsengünstige Kredite im Rahmen des ERP-Fonds. Hier soll das Volumen von derzeit 400 Millionen € um 200 Millionen € erhöht werden. Ebenso wird der Haftungsrahmen der AWS entsprechend ausgeweitet.

Meine Damen und Herren, dann gibt es auch noch bauwirksame Maßnahmen bei den ÖBB, bei der ASFINAG – ich glaube, dass es mehr wird als nur ein Asphaltieren – und zusätzliche Investitionen im Telekommunikationsbereich. Diese sind ebenfalls im Kon­junkturprogramm enthalten und werden dazu beitragen, dass Arbeitsplätze gesichert werden oder gesichert bleiben.

Die Europäische Investitionsbank stellt bis 2011 insgesamt 30 Milliarden € an Finanzie­rungsmitteln bereit. Österreich beabsichtigt hier, bis zu 200 Millionen € für die österrei­chischen KMU zu mobilisieren. Da geht es um Millionen für Betriebe, die bereits so strukturiert sind, dass die Schienen in bestimmte Richtungen gelegt sind. Dafür passen die Richtlinien im vorliegenden Gesetz hervorragend.

Meine Sorge gilt aber in einer wirtschaftlich sehr kritischen Situation den KMU. In die­sen KMU geht es nicht um Top-Investitionen, da geht es auch nicht um große europa-


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weite Exporte, sondern da geht es vor allem einmal darum, den Betrieb und die Ar­beitsplätze über die Runden zu bringen und die Finanzierung für den laufenden Betrieb sicherzustellen. Für mich ist das ein Programm, das die ersten Erfordernisse erfüllt. Weitere Schritte müssen aber gesetzt werden, und zwar in den richtigen Abständen, gekoppelt an die internationale und nationale Wirtschaft.

Hier meine ich, dass wir mit der weiterführenden Konjunkturbelebung hinaus in die Ge­meinden kommen müssen. Investitionen, die direkt in den Gemeinden greifen, helfen auch jenen Firmen, die sonst wenig Chancen haben, zu Aufträgen zu kommen. Ich meine da zum Beispiel die thermische Sanierung.

Meine Damen und Herren, diese Woche hat es auch wieder einmal einen Kassasturz gegeben. Damit verbunden waren natürlich auch die entsprechenden Diskussionen über die Fragen: Was können wir uns leisten und was nicht? Was wollen wir uns leis­ten und was nicht? – Das Bankenpaket, das haben wir uns geleistet. Das Konjunktur­paket müssen wir uns leisten. Und die Beschlüsse vom 24. September, die können wir uns angeblich nicht mehr leisten, weil sie das Budget aus dem Ruder laufen lassen, wie es gestern überall geheißen hat?

Hohes Haus! Die Politik ist auch dazu da, den Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit zu geben: Sicherheit, die besten Ausbildungen zu bekommen, Sicherheit, einen Arbeits­platz zu bekommen oder zu behalten, Sicherheit, auf eine entsprechende Grundvorsor­ge zurückgreifen zu können, Sicherheit der Pensionen und die Sicherheit einer ent­sprechenden Altersversorgung. Meine Damen und Herren, das sind Aufgaben, die zu erfüllen die Politik verpflichtet ist.

Neben dem vorliegenden Konjunkturpaket muss es also weitere Schritte geben. Ich komme in diesem Zusammenhang auch auf die Entlastungen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zurück, und ich meine, dass wir hier die Kaufkraft stärken müssen, dass die Regelungen betreffend Steuerleistungen wesentlich verbessert werden müs­sen und dass die Steuerreform auch vorgezogen werden muss, und zwar schon ins nächste Jahr hinein.

Die akademische Diskussion um das Nulldefizit, um die Maastricht-Kriterien und darü­ber, ob wir uns die Pensionen, die Bildung und die Gesundheit leisten können, hilft je­nen Familien nicht, die nicht wissen, wie sie finanziell über die Runden kommen.

In Anbetracht dessen, was wir uns aufgrund des Versagens der Topmanager in den Banken und der damit ausgelösten Weltwirtschaftskrise leisten müssen, sind die natio­nalen Bereiche wie Bildung, Gesundheit und Pensionen mit Sicherheit leistbar. Das ist einfach eine Frage des Wollens.

Um den Konjunktureinbruch zu stoppen, ist es wichtig, dass ein echtes Konjunkturbele­bungsprogramm beschlossen wird. Ich sehe es als ein gutes Programm, und die so­zialdemokratische Bundesratsfraktion wird diesem Programm die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Bieringer.)

13.36


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundes­rätin Mühlwerth. – Bitte. (Bundesrat Mag. Klug – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Bundesrätin Mühlwerth –: Ist es jetzt wieder zu wenig?)

 


13.36.59

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es ist schon richtig: In einer Finanzkrise muss man wirklich handeln. Wenn man sich aller­dings dieses Konjunkturpaket anschaut, hinsichtlich dessen so großartig angekündigt


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worden ist, was da nicht alles drinnen sein wird, drängt sich der Verdacht auf und muss man sagen: Ein Elefant hat gekreißt, und ein Mäuslein ist geboren worden.

Wir haben 100 Milliarden € für die Banken zur Verfügung gestellt, wir stellen 1 Milliar­de € für die Klein- und Mittelbetriebe zur Verfügung, wir stellen jedoch null € für den Steuerzahler zur Verfügung – der das aber im Falle des Falles natürlich berappen darf, wie immer!

Wir haben ausgegliederte Unternehmen, die Schulden haben, die uns auch noch auf den Kopf fallen könnten. Wir haben die ÖBB, bei denen es durchaus im Bereich des Möglichen liegt, dass Spekulationsverluste in Höhe von 629 Millionen €, die kolportiert werden, schlagend werden könnten. Wir haben insgesamt einen Schuldenstand von 7,7 Milliarden €. Die Prognose bis 2010 sind 13 bis 14 Milliarden €, das bedeutet eine Verdoppelung. Letzten Endes haftet der Staat dafür, und letzten Endes fällt es dem Steuerzahler auf den Kopf – in welcher Form auch immer.

Wir haben die ASFINAG-Schuldenstand von 2000 bis 2006 um 55 Prozent erhöht, 10,1 Milliarden €. Und der Rechnungshof sagt, wenn die Geschäfte weiter so geführt werden, wird sich dieser Schuldenstand auch noch verdoppeln.

Wir haben die Stadt Wien, die sich natürlich mit den Cross-Border-Leasing-Geschäften auch in die Spekulationsgeschäfte eingebracht hat, in deren Rahmen das Wiener Ka­nalnetz im 21. und 22. Bezirk verkauft worden ist. Wir haben das Wiener U-Bahn-Netz, das verkauft worden ist, auch um das schnelle Geld zu machen. Aber wir haben auch da natürlich wieder die ÖBB, die ja in ihren Infrastrukturbereichen ebenfalls solche Cross-Border-Leasing-Geschäfte gemacht haben. Da wissen wir noch nicht, inwieweit uns das auf den Kopf fallen wird, und es ist nicht sicher, ob nicht auch das der Bevöl­kerung auf den Kopf fallen wird.

Dann kommt als nächster Bereich die AUA. Im Frühjahr hat es noch geheißen, die AUA sei saniert. Die Vorstände Ötsch und Michaelis haben gesagt, nein, auch eine Stand-alone-Lösung sei durchaus machbar, das gehe wahrscheinlich durchaus. – Jetzt stellt sich heraus, dass da – wenn man den Zeitungen Glauben schenken darf – auch ein Schuldenstand von 1,2 Milliarden € vorliegt; das ist ja auch kein Pappenstiel. Auch da wird der Staat mit 500 Millionen € einspringen, und auch da trifft es wieder den Steuerzahler. – Also: „tolle“ Aussichten für unsere Steuerzahler!

Jetzt kommt das auf uns zu, von dem wir am 8. Oktober 2008 noch nicht gedacht ha­ben, dass das passieren wird, nämlich dass von dem Banken-Hilfspaket irgendetwas schlagend werden wird. Heute lese ich einerseits über die APA, andererseits in den Zeitungen, dass die Erste Bank sehr wohl daran denkt, einen Teil dieser Zusagen für sich zu lukrieren. Immerhin „schlappe“ 2,7 Milliarden €.

Soweit ich das Banken-Hilfspaket verstanden habe, sollte es Banken zugute kommen, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Das hat Treichl selbst immer ausgeschlos­sen. Er hat vor ein paar Wochen noch gesagt, die Bank sei grundsolide aufgestellt, es gehe ihr gut und man werde das Geld ziemlich sicher nicht brauchen. Treichl ist einer der höchstbezahlten Manager im Bankenwesen. Es wird kolportiert – ich kann nur zitie­ren, was ich den Medien entnehme –, er verdiene 7 Millionen € pro Jahr. Jetzt hat er gesagt, wenn er dieses Geld für seine Bank in Anspruch nehmen wird, dann wird er großzügig auf den Bonus verzichten. – Na, das ist ja wohl das Mindeste, was er tun kann!

Wir sind auch sicher, dass andere Banken folgen werden. Bis jetzt war ja die Situation so, dass jeder geschaut hat, wer sich als Erster traut, und dass jeder darauf gewartet hat, dass irgendjemand den Anfang macht. Bezüglich großzügiger Opernball-Einladun­gen oder des Balls der Ersten Bank – der zwar für die Mitarbeiter gemacht wird, was


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ihnen auch gegönnt sei, da es eine schöne Sache ist – muss man sagen: Wenn man vom Staat 2,7 Milliarden € braucht, kann man sich auch das nicht mehr leisten! Dann muss man vielleicht mit den Mitarbeitern auf ein Paar Würstel gehen, wenn man das als Kommunikationsfaktor sehen möchte. Dafür bin ich immer, aber dann muss man das eben anders machen.

Bei allen anderen Ausgaben, wie etwa der Erhöhung des Pflegegeldes und der Pensio­nen oder der 13. Familienbeihilfe, die im September 2008 beschlossen wurden, hat es geheißen: Im Grunde genommen haben wir dafür überhaupt kein Geld. Es wurde auch dieses Paket nur beschlossen, weil eine Wahl vor der Tür stand. Wäre keine Wahl vor der Tür gestanden, hätte auch die SPÖ nach wie vor Nein dazu gesagt, wie sie es ja während der letzten beiden Jahre laufend bei allen Oppositionsanträgen, die in diese Richtung gegangen sind, gemacht hat. (Bundesrat Reinhard Todt: falsche Infos ge­habt!) Bei diesem Paket ist aber nicht einmal der Wertverlust, der in den letzten Jah­ren entstanden ist, ausgeglichen worden.

Bürgermeister Häupl hat aber gesagt: Nein, es wird jetzt einmal nichts erhöht! – Jetzt hören wir, der Gas- und Strompreis wird um 21 Prozent erhöht. Das muss man sich einmal vorstellen! Das heißt, auf der einen Seite wird den Leuten etwas gegeben, das ihnen auf der anderen Seite gleich wieder weggenommen wird. Unterm Strich bleibt davon nicht viel bis gar nichts über.

Die Steuerreform, auf die die Opposition ungeachtet der ideologischen Ausrichtung seit Jahren pocht, liegt trotz all Ihrer Lippenbekenntnisse, die Sie jetzt in den koalitionären Verhandlungen abgeben, nach wie vor in weiter Ferne.

Daher sehen wir dieses Konjunkturbelebungspaket nicht als innovatives Paket, denn es besteht ja fast ausschließlich aus Haftungen und Garantien.

Wenn die kleinen Unternehmen heute ihr Eigenkapital erhöhen müssen, dann werden sie natürlich nach Basel II gemessen werden, weil das so sein muss. Das heißt, derje­nige, der ohnehin schon wenig Kapital hat, wird entweder keinen Kredit bekommen oder entsprechend hohe Zinsen dafür bezahlen müssen. Unserer Ansicht nach beißt sich hier die Katze in den Schwanz.

Das verbittert sicherlich viele kleine und mittlere Unternehmen, die sagen: Bei den Banken geht das, aber bei uns wird das immer alles sehr schwierig. Der alte Stehsatz wird da wieder verfestigt: Die Großen richten es sich, und die Kleinen lässt man im Re­gen stehen. (Beifall des Bundesrates Tauchner.)

Wir haben ja leider noch einen Einbruch zu erwarten. Diese Krise ist ja jetzt mit dem Konjunkturbelebungspaket nicht ausgestanden. Das AMS prognostiziert 20 000 Arbeitslose für das Jahr 2009. 20 000 Arbeitslose heißt 20 000 Schicksale, denn es ist alles andere als lustig, arbeitslos zu sein und sich sein Geld nicht durch Ar­beit zu verdienen, sondern auf die Hilfestellung durch den Staat angewiesen zu sein.

500 000 Menschen werden sich wahrscheinlich im kommenden Winter wieder einmal das Heizen nicht wirklich leisten können. Seit Jahr und Tag sagen wir ihnen, es ist kein Geld da, obwohl der Steuerzahler alles, was wir hier beschließen, letzten Endes schlu­cken muss.

Rot-Schwarz ist zwar bei der Wahl abgewählt worden, aber wir sind uns sicher, Sie werden sich in irgendeiner Weise wieder finden. Der Streit über das Budgetdefizit war in meinen Augen daher schon ein bisschen absurd. Es ist eine gute Sache – und für einen ordentlichen Haushalt sollte es natürlich so sein –, wenn es einen Überschuss gibt; zumindest sollte der Haushalt ausgeglichen sein. In dieser Situation kann man jetzt aber schwerlich sagen, wir wollen einen ausgeglichenen Haushalt haben, wenn


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durch die Finanzmärkte auch in der Realwirtschaft – und damit bei jedem einzelnen Bürger – alles den Bach hinuntergeht. Selbstverständlich wird das europaweit in eine konzertierte Aktion münden müssen.

Wir werden den ausgeglichenen Haushalt aber nicht als heilige Kuh ansehen und sa­gen können: Mehr als 3 Prozent Defizit darf auf keinen Fall sein, nur über meine Lei­che! Es wird wohl auch akzeptiert werden müssen, wenn es tatsächlich mehr sein muss. Das heißt nicht, dass man das anstreben soll, das heißt nicht, dass man fahr­lässig handeln soll, aber man muss sich dem stellen und sagen: Ja, vielleicht sind es auch mehr als 3 Prozent. Ganz wesentlich wäre eine Steuersenkung, wie sie von uns seit Jahren gefordert wird. – Das wäre ein wesentlicher Schritt.

Die Bauvorhaben der ÖBB sind vielleicht eine nette Sache, werden aber vor allem gro­ßen Unternehmen zugute kommen und nicht den Klein- und Mittelbetrieben, denn die großen Vorhaben von den ÖBB – ich sage nicht einmal, dass es schlecht ist, dass sie vorgezogen werden! – werden in der ganzen Kraft der Logistik mit ziemlicher Sicher­heit nur von großen Betrieben bewältigt werden können.

Schauen wir im Schulbereich, dass wir im Bereich der Zuwanderung die Schüler dazu bringen und sie so lehren, dass sie Deutsch können, wenn sie in die Schule kommen! Dazu wäre das Gratis-Kindergartenjahr wirklich ein guter Schritt. Natürlich kostet es zu­nächst etwas, das ist mir schon klar, aber es entlastet uns in weiterer Folge, denn 60 Millionen € – das ist ja auch kein Pappenstiel! – werden Jahr für Jahr vom Bund für Maßnahmen gegen mangelnde Sprachkenntnisse der Schüler ausgegeben. Das könn­ten wir uns ersparen, wenn wir diese Schüler schon vorher so schulen, dass sie dann im Unterricht mitkommen – zu ihrem eigenen Wohl, aber auch zum Wohle aller.

Der Wertverlust in der Pflege und bei der Familienbeihilfe gehörte eigentlich auch zu­rückgezahlt, denn das betrifft nämlich genau Menschen mit geringem Einkommen, die nicht alles Geld aufs Sparbuch legen, sondern dieses in den Konsum „pumpen“. Wir müssen schon schauen, dass der Konsum angeregt wird! Es bringt überhaupt nichts, wenn man den Leuten viel Geld gibt und diese das wieder auf ein Sparbuch legen und sagen: Wer weiß, vielleicht kommt es noch schlimmer, ich lege lieber etwas auf die Seite! Wir wollen ja, dass der Konsum angekurbelt wird.

Das heißt, das, was Sie mit diesem Konjunkturpaket vorhaben, trifft den Kern der Sa­che leider nicht. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

13.48


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster ist Herr Bundesrat Kneifel zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.48.30

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geschätzte Frau Präsiden­tin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bundesrat Reisen­berger: Eine Staatssekretärin gibt es auch!) – Frau Staatssekretärin Kranzl, eine große Förderin der Wasserstraße Donau, herzlich willkommen!

Die Welt wurde in den letzten Wochen von einer großen Krise erfasst, die uns in bei­den Kammern dieses Parlaments massiv beschäftigt. Ich glaube, es ist nicht nur eine große Krise, die uns voll in Anspruch nimmt, sondern es ist auch eine Zeit und eine Stunde des Parlaments, in der man den Bürgerinnen und Bürgern wieder einmal ver­deutlichen kann, dass unsere Demokratie funktioniert, dass unsere Staatbürgerinnen und Staatsbürger darauf vertrauen können, dass sie Mandatare haben, die in entschei­denden Phasen das Richtige tun, um wieder Vertrauen zu gewinnen und um Orientie­rung zu geben in einer sehr orientierungslosen Zeit, die weltweit hereingebrochen ist.


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Ich denke, das sollten wir wieder einmal bedenken, wenn Politikmüdigkeit und Politik­skepsis an den Tag gelegt werden: Jetzt ist auch eine Stunde des Parlamentarismus in Österreich.

Ich glaube, dass die bisherige Arbeit beider Kammern gut und sinnvoll war und dass die richtigen Maßnahmen gesetzt wurden. Ich hoffe, dass wir diese Krise, diese He­rausforderung in weiterer Folge ebenso gut meistern wie zu Beginn.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte zuerst einmal auf die Einwendun­gen meiner Vorredner eingehen. Es hat wenig Sinn, ein Baumaterial zu verdammen. Das könnte man mit jedem anderen Material auch machen. Ich gebe zu bedenken, dass man mit Beton auch Häuser bauen kann, dass man mit Beton auch Kläranlagen bauen kann, die sehr wichtig für den Umweltschutz in diesem Lande sind, dass man mit Beton Häuser isolieren kann und vieles andere mehr. Auch öffentliche Verkehrsmit­tel brauchen Straßen, die mit Beton gebaut werden, und auch die Bundesbahn braucht Schwellen, für die Beton notwendig ist. Ich denke, das ist eine billige Argumentation. Wir alle wissen, worum es in dieser Angelegenheit geht.

Die AUA wurde bereits von mehreren Vorrednern erwähnt. Ich denke, das ist wieder einmal ein Beweis dafür, dass der Staat ein schlechter Unternehmer ist. (Bundesrat Gruber: Eher ein Beweis für schlechte Manager! – Bundesrat Schimböck: Wem ge­hört denn die Constantia Bank, Gottfried?) – Lieber Freund, wenn es auf der Autobahn eine Massenkarambolage, eine Unfallserie und einen riesigen Scherbenhaufen gibt, dann schafft man nicht die Autobahnen und den Individualverkehr ab, sondern ver­sucht die Situation zu verbessern. Man leert nicht das Kind mit dem Bade aus. (Bun­desrat Todt: Was hat das mit den Managern zu tun, Gottfried?) – Es geht darum, dass sich trotz aller Probleme in der Welt das europäische Modell der sozialen Marktwirt­schaft bewährt hat. Das lassen wir uns nicht ruinieren – trotz aller Probleme, die es in­ternational gibt!

Die internationale Finanzkrise ist nicht ein Marktversagen, sondern ein Politikversa­gen. Das ist ein Politikversagen, weil es die Politik auf internationaler Ebene versäumt hat, entsprechende Regeln für diese Finanzmärkte zu schaffen. Das ist ein Versäum­nis. (Bundesrat Ing. Einwallner: Der Neoliberalismus hat versagt! Nehmen Sie das zur Kenntnis!) Nein, wir haben es nicht einmal ernsthaft versucht! Diese internationalen Regeln sind möglichst rasch nachzuholen, damit sich diese soziale Marktwirtschaft in geordneten Bahnen bewegt und sich in einem ordentlichen Rahmen wieder zum Wohle und zum Vorteil der Bevölkerung, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Betriebe – egal in welcher Form, kleine, mittlere, große – auswirkt. Das ist unsere He­rausforderung.

Ich glaube, man sollte da keine falschen Schlüsse ziehen. (Bundesrat Gruber: Da rennst du bei uns offene Türen ein!) – Gerne. Wir alle sind gefordert, diese internatio­nalen Regeln endlich einzuführen.

Ich habe in der letzten Sitzung dieser Kammer bereits gesagt: Es gibt seit vielen hun­dert Jahren Regeln für die Seefahrt, es gibt tolle Regeln für die Luftfahrt, denn sonst käme dort auch ein Kuddelmuddel heraus. Sinnvollerweise hat dann ein Kollege Ihrer Fraktion – ich glaube, der Kollege Kraml war es – gesagt, auch im Fußball gibt es inter­nationale Regeln. Es gibt in der Pharma-Branche enorme Verfahren, bis ein Produkt genehmigt wird. Und am Finanzmarkt? Da kann jeder in der geheimen Kammer et­was ausmachen und das Produkt am nächsten Tag auf den Markt werfen. Das muss uns als verantwortungsbewusste Politiker ... (Zwischenruf der Bundesrätin Mühl­werth.) – Frau Kollegin, ich habe Ihnen vorhin sehr aufmerksam zugehört. Ich bitte, bei meiner Rede dieselbe Disziplin an den Tag zu legen! (Ironische Heiterkeit des Bundes-


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rates Schennach.) – Ich denke, das sind die wahren Herausforderungen und die Maß­nahmen, die wir in Zukunft wirklich brauchen.

Die Rolle Europas brauche ich nicht nochmals darzustellen – das ist von Vertretern al­ler Fraktionen anerkannt worden –: Uns in der Eurozone geht es wesentlich besser als anderen; diese kommen ziemlich unter die Räder. Von Island rede ich gar nicht, und Dänemark und Schweden haben sich bereits intensiv beworben, an der Eurozone ent­sprechend teilzunehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist zuerst auch von Herrn Kollegen Schen­nach der Einwand gekommen, das sei ja nur ein „Paketchen“, und das sei der falsche Ansatz. – Das können wir so nicht stehen lassen. Ich glaube, das Paket, das von Mi­nister Bartenstein zusammengestellt wurde, hat eine große Hebelwirkung.

Nehmen Sie als Beispiel die Maßnahme – ich habe das Paket genau gelesen – zur Er­höhung der Bemessungsgrundlage bei der Bausparkasse. Die Bausparkassen haben derzeit ein Bauvolumen von ungefähr 3,3 Milliarden € im Jahr. Jetzt wird die Bemes­sungsgrundlage von 1 000 auf 1 200 € erhöht. Das bedeutet, dass durch diese Maß­nahme, die durch dieses Paket geschnürt wurde, jährlich nicht 3,3 Milliarden €, son­dern 3,9 Milliarden € bauwirksam werden.

Das ist ein enormer Brocken, wenn man das zum Beispiel mit den 700 Millionen € in mehreren Jahren für die Bahnhöfe vergleicht. Die Bausparkassen engagieren sich auch in der thermischen Sanierung, und die Bausparer, die Häuser bauen, ebenfalls.

Wir wissen aus der Statistik der Wohnbauförderungsabteilungen, dass praktisch keine Häuser mehr mit fossiler Energie geheizt werden. Das ist eine tolle Bilanz! In Oberös­terreich ist das der Fall, wo wir einen sehr guten Landesrat für diese Dinge haben. (Bundesrätin Kerschbaum: In Oberösterreich!) Das werden Sie doch nicht in Frage stellen!?

Ich glaube, das Paket greift. Ich habe gesagt, wir müssen nach einem Hebel suchen, durch den eine enorme Wirkung für die Konjunktur entsteht. Das ist der richtige Ansatz, das ist die richtige Linie, die wir bei dieser Krise einschlagen müssen.

Es wird mit diesen Maßnahmen nicht sein Bewenden haben – mein Vorredner hat das schon angezogen. Wir werden diese kritische Entwicklung unserer Wirtschaft und un­seres Arbeitsmarktes und alles, was damit zusammenhängt, sehr aufmerksam beglei­ten müssen. Da kann es mit Sicherheit nicht bei diesen Maßnahmen bleiben.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir jetzt mit diesen Maßnahmen den Steuerzahler enorm belasten. Er ist der Zahler, das steht fest. Und nun müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie wir da eine Gegenentwicklung einleiten, eine Entlas­tung dieser Personen, der Unternehmerinnen und Unternehmer, der Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer. Ich könnte mir vorstellen, dass das passiert, indem wir ver­schiedene Bagatellsteuern abschaffen, die alle zahlen müssen, nicht nur Betriebsin­haber.

Wenn man einen Kredit aufnimmt, muss man die Kreditgebühr bezahlen. Es ist zum Beispiel völlig ungerecht, dass ein Jungunternehmer, der von seinem Vater einen Be­trieb übernimmt und daher einen Notariatsakt unterzeichnet und dafür sorgt, dass Ar­beit weiter gesichert wird, wieder die Kreditgebühr bezahlen muss – nur aus formalen Gründen, obwohl der Vater die Kreditgebühr schon bezahlt hat!

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist doch nicht gerecht! Es ist höchst an der Zeit, diese Kreditvertragsgebühr endlich abzuschaffen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 21

Ich habe von der Hebelwirkung von Maßnahmen gesprochen, auch von der Rechts­form „neutrale Unternehmensbesteuerung“. Wir haben Gesellschaftsunternehmen, die mit der KöSt – der Körperschaftsteuer – belastet werden, und wir haben Einzelunter­nehmen, die die volle Steuerlast zu tragen haben – über 50 Prozent! – Das ist doch un­gerecht, dass allein bedingt durch die Unternehmensform unterschiedliche Steuerbe­lastungen auf die Unternehmen zukommen. Auch das gehört endlich beseitigt, Werbe­abgabe, Gesellschaftssteuer, Grundbuchgebühr – all diese Dinge, die sowohl Betriebe als auch Einzelpersonen zu bezahlen haben.

Es wird noch verschiedene Anreize geben müssen, Investitionsfreibeträge zum Bei­spiel oder Vorsteuerabzug für Firmen-Pkw. Die thermische Sanierung habe ich bereits erwähnt. Interessant ist, dass Umweltminister Pröll für die thermische Sanierung in einer 15a-Vereinbarung mit den Ländern bereits eine konforme Basis dafür hergestellt hat, dass diese thermische Sanierung bundeseinheitlich greifen kann; eine Vereinba­rung, um eben auch die unterschiedlichen Ausformungen der Bauordnung und der ein­zelnen Bauvorschriften miteinzubeziehen.

Ich denke also, man kann sagen, dass in dieser Krise die richtigen Maßnahmen ge­setzt werden. Wenn uns diese Krise zum Nachdenken darüber veranlasst hat, welcher Reformbedarf in diesem Land noch besteht und wie wir in Zukunft unsere Mitbürgerin­nen und Mitbürger mit Maßnahmen nicht nur belasten, sondern auch entlasten kön­nen, dann hat die Krise auch etwas Gutes. Ich bedanke mich bei allen, die an dieser Entlastung unserer Bevölkerung in Zukunft mitarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

14.02


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


14.02.10

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Als wir heute Morgen vernommen haben, dass die Erste-Gruppe beabsichtigt, die im Rah­men des Bankenpaketes zur Verfügung stehenden Mittel in Anspruch zu nehmen – 2,7 Milliarden €, wie schon gesagt, als Partizipationskapital –, wussten wir, dass dieses Banken-Paket mehr als notwendig gewesen ist und dass die Inanspruchnahme dieser Mittel wahrlich ihre Hintergründe hat. Ich halte es daher für richtig, wenn heute festge­stellt wird, dass die Verantwortungsträger in Österreich – Bundesregierung, National­rat, auch Bundesrat – rechtzeitig und richtig gehandelt, die richtigen Maßnahmen ge­setzt haben.

Es geht nicht etwa – jedenfalls nicht, was die Erste-Gruppe anlangt – um die Abde­ckung von Verlusten, es geht nicht um Liquiditätsfragen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern es geht darum, den Eigenkapitalstand dieser Gruppe auf jene Quote zu heben, die nunmehr international offensichtlich gefragt ist. Basel II schreibt im Übrigen eine Eigenkapitalquote von lediglich 4 Prozent vor; im Lichte der Banken­krise sagt man nun 8, 9, 9,5 Prozent. Die Erste-Gruppe meint, mit diesen 2,7 Milliarden sollte sie auf 10 Prozent sogenanntes Kernkapital oder Tier-1-Capital kommen, um international als Kreditnehmer entsprechende Bonität und Vertrauenswürdigkeit zu erlangen.

Natürlich geht es Schlag auf Schlag, das wissen wir. Niemand weiß ganz genau – we­der Sie noch ich, noch die hochmögendsten Ökonomen diesseits oder jenseits des At­lantiks –, wohin die Reise geht. Vergleiche mit 1929 hinken wahrscheinlich weitgehend. Wir müssen auf manches gefasst sein. Kaum jemand in Österreich trägt Schuld daran. Wir sind recht gut aufgestellt, was unsere Wirtschaft anlangt.


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 22

Auch was den Banken-, Sparkassenapparat betrifft, hat jedenfalls aus heutiger Sicht niemand Fehler gemacht. Das gilt jedenfalls für die Kommunalkredit, das gilt erst recht für die Erste, und selbst bei der Constantia, weil das erwähnt wurde, möchte ich sagen: Lassen wir die Kirche im Dorf, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gerät jede Bank ins Trudeln, wenn Anleger ihre Gelder in höherem Maße abziehen. Das war dort der Fall, aber erfreulicherweise haben sich dann die führenden Institute des Landes sehr schnell bereit erklärt – übrigens ein paar Minuten vor Schalteröffnung – die Con­stantia aufzufangen. Auch diesen Schritt halte ich für richtig.

100 Milliarden € – das ist sehr viel. Gehen wir einmal davon aus – und wir müssen Op­timisten sein, sonst wäre in der Politik kein Platz für uns –, dass diese 100 Milliarden € für uns budgetär nicht schlagend werden. Das 15-Milliarden-Kapitalvolumen ist im Übri­gen ein relativer Wert, der theoretisch auch höher sein kann. Mit einer Obergrenze fi­xiert sind 100 Milliarden €, aus den 15 Milliarden könnten innerhalb dieser 100 Milliar­den € theoretisch auch mehr werden. Diese 15 Milliarden sollen Eigenkapitalsubstitu­tion sein, sind prima vista einmal nicht budgetrelevant, weil dem ja ein Wert gegen­übersteht. Wenn diese Beteiligung dann auch werthaltig bleibt und nicht etwa abge­schrieben werden muss – was der liebe Gott verhüten möge –, dann bleibt es dabei. Im Falle der Gesundung könnte es sogar so sein, dass später einmal eine Abschich­tung zu einem höheren Gegenwert möglich ist.

Die Haftungen betreffend verweise ich Sie darauf, dass Österreichs Exportwirtschaft beispielsweise einen Haftungsrahmen von derzeit 85, in Zukunft 95 Milliarden € für die Garantie von Exporten zur Verfügung hat. Auch da gibt es da und dort einmal Ausfälle, aber im Großen und Ganzen ist dieser Haftungsrahmen natürlich da, um Sicherheit zu geben, und wird nicht wirklich in Anspruch genommen. Ganz im Gegenteil, dieser Haf­tungsrahmen ist für die Haftungsgeber – Kontrollbank und andere – durchaus auch ein­mal ein Geschäft, weil auch Haftungsentgelte verlangt werden. Es kann also auch in diese Richtung gehen.

Jetzt kann man sagen, im Vergleich zu diesen 100 Milliarden € nimmt sich diese Mittel­stands-Milliarde vergleichweise bescheiden aus. Der Finanzsektor bekommt 100 Mil­liarden €, die Realwirtschaft 1 Milliarde €. Aber, Hand aufs Herz: Dieser Vergleich hinkt wiederum, und zwar unter anderem auch deshalb, weil es ein erster Schritt ist. Es muss ein zweiter Schritt folgen! Schauen Sie nach Deutschland, auch dort hat man noch vor einigen Wochen gemeint, man brauche kein Konjunkturpaket. Mittlerweile schnürt die dortige Koalition an einem solchen, und ich lese, dass Herr Struck, ein nicht unbedeutender SPD-Mann, heute von einem 25-Milliarden-€-Konjunkturpaket für Deutschland spricht.

Die Maßnahmen werden einander so unähnlich nicht sein. Bei uns wird es um Investi­tionsanreize gehen – aus meiner Sicht, bitte schön, nicht um Investitionszuwachsprä­mien; das hatten wir, das war sehr, sehr teuer, und der Effekt war ein relativ geringer –, um Investitionsförderung in Richtung Forschung, Entwicklung, Innovation. Es wird um die Umwelt gehen, unter anderem auch um thermische Gebäudesanierung. Natürlich könnte das, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ein Rahmen für ein derartiges Konjunk­turpaket sein, aber jetzt geht es um ein Konjunkturbelebungspaket, wie man es ge­nannt hat. Ich habe im Finanzausschuss des Nationalrates schon gesagt, dass ich im Laufe der vielen Jahre schon viele mäßig attraktive Gesetzestitel gesehen habe. – Kümmern wir uns also um den Inhalt!

Es geht darum, eine Kreditklemme für unsere Wirtschaft zu verhindern – um nicht mehr und nicht weniger. Das ist, Herr Schennach, ganz sicher kein Asphalt- und Betonpaket. Das sind Teilaspekte, zu denen ich mich durchaus bekenne – ich nehme an, Frau Staatssekretärin Kranzl wird hiezu später noch etwas sagen –, aber in Wirklichkeit geht es vor allem darum, entsprechende Kreditrahmenerhöhungen – nicht nur, aber auch


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ERP – zur Verfügung zu stellen, Garantien entsprechend aufzustocken, Eigenmittel auch für die mittelständische Wirtschaft besser zugänglich zu machen, Stichwort Mittel­standsfonds; Kollege Kneifel hat schon vom Bausparen gesprochen, diese 600 Millio­nen gehen wahrlich nicht zu Fuß.

Die Internationalisierungsoffensive beziehungsweise deren Fortschreibung macht alle­mal Sinn, denn 6 von 10 € verdienen wir Österreicher im Ausland. Wir wissen, dass der Export ein wenig ins Stocken geraten ist. Waren wir zweistellige Zuwachsraten ge­wohnt, so sind es zurzeit einstellige; wir liegen derzeit um die 5 Prozent, Tendenz wahrscheinlich, wenn rundherum Rezession ausbricht, weiter fallend. Dem muss und soll man also gegensteuern.

Ökonomen sagen, unter anderem in meiner Lieblingszeitschrift – Herr Schennach, jetzt widersprechen Sie mir nicht, sonst treffen Sie nämlich Herrn Van der Bellen, es ist auch seine, nämlich „The Economist“ –: Es gibt drei Prioritäten, um die es politisch in diesen Tagen und Wochen geht, nämlich zuerst einmal darum, die Liquidität zwischen den Banken wiederherzustellen, zum Zweiten darum, den Banken dann, wenn es be­nötigt wird, Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, und zum Dritten darum, eine Kredit­klemme für die Realwirtschaft zu verhindern. – Diese drei Dinge hätten wir für Öster­reich einmal auf die Reihe gebracht, und das ist vernünftig.

Schritt zwei habe ich schon angesprochen, und ich denke, dass man sich darauf kon­zentrieren sollte und nicht – und ich wiederhole mich – von einem Asphalt- und Beton­paket sprechen sollte. Das ist auch kein „Paketscherl“, auch kein „Mäuslein“, sondern das ist ein substanzieller Schritt. Und Hand aufs Herz: Wenn wir in einigen Monaten draufkommen, dass die Garantierahmen nicht ausreichen, weil alles in Anspruch ge­nommen wurde, dann werden wir uns eben wieder zusammensetzen. Wir haben in den letzten Wochen bewiesen, dass wir als Politiker sehr, sehr rasch handeln können. Wenn es eine Sondersitzung des Ministerrates, des Nationalrates oder des Bundesra­tes oder sonst etwas braucht, dann müssen wir eben zusammenkommen. – Die Ver­hältnisse sind wahrlich außergewöhnlich.

Lassen Sie mich aber zum Schluss noch zwei Anmerkungen machen! Zuerst zu Ihnen, Herr Schennach, zu den Gratiszertifikaten: Klimaschutz ist eine Toppriorität, und auch ich bin der Auffassung, wenn wir nichts tun, dann droht in einigen Jahrzehnten eine Kli­makatastrophe. Wir müssen also gegensteuern. „Wir“ heißt aber, die Welt muss ge­gensteuern. Wir Europäer sind heute für 14,5 bis 14,8 Prozent des Gesamttreibhaus­gasausstoßes verantwortlich, und in 30 oder 40 Jahren werden wir für 10 Prozent ver­antwortlich sein.

China hat in diesen Tagen, lese ich – man soll nicht alles glauben, was man liest, aber hie und da stimmt es auch –, die USA als Treibhausgasemittenten überholt. Jetzt könn­ten Sie sagen, pro Kopf – egal, China hat sie überholt. Das heißt, es wird ganz ent­scheidend darum gehen, diese Großemittenten wie die Amerikaner, die Chinesen, die Inder mit an Bord zu haben.

Jetzt Blitzlicht auf etwas anderes, nämlich auf die europäische energieintensive Wirt­schaft; ich sage nicht einmal „Industrie“, denn auch Gärtnereien sind energieintensiv. Wenn wir jetzt in Europa einen Weg gehen, der da heißt, zusätzliche Kosten auf unse­re energieintensive Wirtschaft – Zertifikatehandel bedeutet natürlich mehr Kosten –, und die indische oder die chinesische Stahlindustrie haben das nicht, dann habe ich keine Win-Win-Situation geschaffen, sondern, Herr Schennach, eine Lose-Lose-Situa­tion! Eine Tonne Stahl – und diese Darstellung ist unbestritten – in Europa – zum Bei­spiel in Linz – hergestellt, erzeugt weniger als die Hälfte der Emissionen, als wenn eine Tonne Stahl in China hergestellt wird. – Wollen wir, dass die Voest den Weltstahlbedarf mit abdeckt, oder wollen wir, dass das Baosteel – heißen die, glaube ich – in Shanghai


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 24

zu etwa den doppelten CO2-Emissionswerten macht? Es würden dann natürlich auch die Arbeitsplätze von Linz nach Shanghai abwandern, und das würde eben diese Lose-Lose-Situation bedeuten.

Da verstehe ich auch, mit Verlaub, manche Abgeordnete aus Österreich – auch jene aus der SPÖ-Fraktion – nicht, die im Industrie- und Umweltausschuss des Europäi­schen Parlaments gegen diese Gratiszertifikate gestimmt haben (Bundesrat Konecny: Das stimmt nicht!), denn schon die Regierung Gusenbauer hat – im Übrigen auf mein Betreiben – im Frühjahr zu einer ... (Bundesrat Konecny: Es hat nur keiner dagegen gestimmt!) – Aber sicherlich haben sie dagegen gestimmt. (Bundesrat Konecny: Nein!) Sicherlich haben sie dagegen gestimmt. Schon die Regierung ... (Bundesrat Ko­necny: Nein, es war nämlich keiner drin im Ausschuss!) – Ja, das ist eine besonders schöne Vorgangsweise, sich ... (Bundesrat Konecny: Nein! Es ist kein Mitglied! Erzäh­len Sie keine Raubersg’schichten!) – Herr Kollege Konecny, lesen Sie nach, was Swo­boda danach gesagt hat und wie er das alles gerechtfertigt hat – natürlich waren sie dagegen!

Die Bundesregierung hat – was ich im Übrigen sehr empfehlen kann – da zu einer ge­meinsamen Position gefunden, die auch schriftlich festgehalten ist, und das macht Sinn und ist auch genau das, was jetzt als politische Deklamation zu diesem Konjunkturbe­lebungspaket nochmals wiederholt wurde: Gratiszertifikate für die energieintensive Wirtschaft, im Wesentlichen so lange, bis die wichtigsten Wettbewerber auch mit an Bord sind. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist kein Anschlag auf den Klimaschutz, sondern lediglich eine Maßnahme zugunsten von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen in Österreich und in Europa.

Ein Letztes, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil Herr Bundesrat Kraml ge­sagt hat, er halte das für eine akademische Diskussion um Nulldefizit und Maastricht, und weil auch Herr Schennach von einer heiligen Kuh, für die wir als Volkspartei Maas­tricht hielten, gesprochen hat. – Maastricht ist eine Stadt in Holland und gehört außer­dem zu einem europäischen Regelwerk, dessen Einhaltung im Übrigen auch in der So­zialdemokratie jedenfalls bis vor Kurzem  unumstritten war, da es so ist, dass man sich an Regeln, die man auch selbst mitbeschlossen hat, hält.

Aber das, was für mich im Vergleich zu Maastricht das Wesentlichere ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist, dass das mit Schulden zu tun hat, was Minister Mol­terer gestern vorgestellt hat und was im Prinzip auch unbestritten ist. Es würde eher zu einem weniger schönen Szenario kommen, eher zu einem Szenario mit wahrscheinlich sogar ein paar Zehntelprozent Minuswachstum im nächsten Jahr und nicht unbedingt plus 0,9 Prozent. Die Wirtschaftsforscher werden uns in einigen Wochen vermutlich auch ein Korrektiv bringen.

Das heißt, dass wir in den nächsten Jahren in Richtung 4 Prozent Budgetdefizit gehen, wenn wir nichts tun und keine Maßnahmen ergreifen, und dass wir in den nächsten Jahren – und das ist aus meiner Sicht das wirklich Dramatische – in die Richtung einer drastisch ansteigenden Staatsverschuldung gehen – ohne Bankenpaket und Inan­spruchnahme aus diesem Titel! Etwa plus 10 Prozent Staatsverschuldung bedeuten plus 30 Milliarden € Schulden! 30 Milliarden € mehr Schulden, meine sehr verehrten Damen und Herren und darum geht es mir  bedeutet für jeden Bürger dieses Lan­des nicht für jeden Steuerzahler, sondern für jeden Bürger, für jede Bürgerin dieses Landes  rund 4 000 € zusätzliche Schulden, die irgendwann einmal zurückgezahlt werden müssen. Und das bedeutet bei geltendem Zinssatz rund 250 € pro Jahr zusätz­lichen Zinsendienst. – Darum geht es. Wollen wir sehenden Auges eine Politik fahren, in der wir sagen: Was interessiert uns Maastricht? Das alles ist irrelevant!, und so tun, als ob nichts gewesen wäre, auf die Ausgabentube drücken und Schulden schaffen. Oder halten wir inne und überlegen, was wir tun können, um diesen Weg nicht unbe-


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dingt automatisch gehen zu müssen? (Bundesrat Gruber: Wir wollen aber auch nicht um 150 Millionen mehr Arbeitslose, Herr Minister!)

Also meine Sorgen gehen weniger in Richtung Maastricht, sondern eher in Richtung einer wiederum ansteigenden Staatsverschuldung, denn ich bin stolz darauf, dass wir in den letzten Jahren erstens einmal ein Nulldefizit geschafft haben, 2001 (Rufe bei der SPÖ: Nein! Stimmt nicht!), und zweitens, meine sehr verehrten Damen und Herren ... (Bundesrat Konecny: Da sind Sie aber der Letzte, der das glaubt!) – Ja, ich weiß, das hören Sie nicht gerne.

Zweitens bin ich stolz darauf, dass wir die Staatsverschuldung unter 60 Prozent ge­drückt haben. (Bundesrat Gruber: Da wurde gemogelt! – Zwischenruf des Bundesra­tes Schennach.) Gerade eine Gruppierung, die politisch der Nachhaltigkeit verbunden ist, Herr Schennach, sollte nicht nur an die ökologische Nachhaltigkeit denken, sondern auch an die finanzielle Nachhaltigkeit, denn die Schulden, die wir heute machen, sind jene Rückzahlungen, die unsere Kindern morgen und unsere Enkelkinder übermorgen zu leisten haben, und damit sollte man gerade dann, wenn es um 30 Milliarden € Schulden mehr geht, nicht leichtfertig umgehen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bun­desrates Zangerl.)

14.17


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Kersch­baum zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.18.00

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kol­leginnen und Kollegen! Herr Minister, ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen: Die Nachhaltigkeit basiert auf drei Säulen, nicht nur auf der ökologischen und der öko­nomischen, sondern auch auf der sozialen Säule, und die darf man auch nicht verges­sen, weder bei einem Banken-Paket noch bei einem Konjunkturpaket. Meiner Meinung nach ist diese soziale Säule bisher, bei diesen beiden Paketen, aber weitestgehend vergessen worden. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Schennach.)

Wir haben derzeit die Finanzmarktkrise, die Wirtschaftskrise, die Konjunkturkrise ist im Anrollen, und das Nächste, das kommen wird, ist der Klimawandel. Das sind drei Pro­bleme, die wir jetzt und in der näheren Zukunft zu bewältigen haben werden. Meiner Meinung nach gibt es für diese drei Probleme genau eine Lösung, und zwar die Lö­sung: Investitionen setzen einerseits in erneuerbare Energien und in eine nachhaltige Mobilität und andererseits in eine gewisse Grundsicherung der Menschen, damit diese sich den Konsum weiterhin leisten können. Das hält einerseits das Geld im Land, an­dererseits macht es unabhängig, und drittens hilft das auch dem Staat, zu sparen, denn es wird in Entsprechung des Kyoto-Protokolls voraussichtlich auch zu Klimastraf­zahlungen kommen, die, wie es momentan ausschaut, „ka Lercherl“ sein werden.

Das vorliegende Paket und auch das davor vorgelegte Paket, das Banken-Paket, igno­rieren beide das, was wir wirklich brauchen.

Der Finanzmarkt wurde vor einer Woche mit 100 Milliarden € gestützt, jetzt wird die Realwirtschaft gestützt – nicht mit 100 Milliarden €, sondern mit einer Erhöhung der Bauspardarlehen, wenn man es ganz tief herunterbrechen möchte. (Bundesrat Weiss: Das war jetzt wirklich tief!) – Nein, das war eine Kurzfassung, das war eine Kurzfas­sung.

Was bei den Erläuterungen und auch bei den Auswirkungen dieses neuen Pakets an­geführt ist, finde ich schon sehr spannend: Es gibt Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich. Da sind positive Auswirkungen zu erwarten –


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ach, wie schön, näher beschrieben sind diese aber nicht. Auswirkungen in umweltpoliti­scher, konsumentenschutzpolitischer und sozialer Hinsicht gibt es keine, wie schon er­wähnt.

Was die Auswirkungen in Sachen Klimaverträglichkeit betrifft, finde ich folgenden Satz interessant:

Die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel in Österreich wird durch diese Auswir­kungen dieses Regelungsvorhabens begünstigt. – Zitatende.

Was damit gemeint ist, ist mir wirklich schleierhaft. Ich habe in der ganzen Unterlage nichts gefunden, was in irgendeiner Weise eine Anpassungsfähigkeit an den Klima­wandel begünstigen würde, geschweige denn den Klimawandel vielleicht doch noch aufhalten oder zumindest reduzieren könnte. Also Klimaschutzmaßnahmen in diesem Paket konnte ich nicht entdecken, aber vielleicht kann man die noch nachreichen.

Das Einzige, was man vielleicht noch als Klimaschutzmaßnahme erwähnen könnte, sind diese tollen Bahnhofsausbaumaßnahmen. Es sind immerhin 700 Millionen €, die dafür zur Verfügung gestellt werden sollen. Das ist gut, schön und nett. Aber auf der anderen Seite wissen wir alle, dass das Management der ÖBB zuletzt mit Spekula­tionsgeschäften in den Schlagzeilen war, die die ÖBB voraussichtlich 600 Millionen € kosten werden, von den ÖBB zu Lasten der Pendlerinnen und Pendler getragen wer­den müssen, weil es kein zusätzliches Geld gibt.

Weiters wurde in der vergangenen Legislaturperiode vor der Wahl auf eine Tariferhö­hung vonseiten der ÖBB verzichtet, das war schön, gut und nett und natürlich zu unter­stützen. Gleichzeitig hat der Herr Verkehrsminister versprochen, dass er für den Perso­nen-Nahverkehr zusätzliche Finanzmittel auftreiben wird. Davon hat man dann leider nichts mehr gehört. Also auch diese nicht durchgeführte Tariferhöhung müssen die ÖBB, in letzter Konsequenz natürlich wieder die PendlerInnen, schlucken.

Und was kommt dabei heraus? – Es gibt einen neuen Fahrplan, über den es in letzter Zeit auch eine mediale Aufregung gibt, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie es eigent­lich gerechtfertigt wäre, weil es massive Kürzungen beim neuen ÖBB-Fahrplan gibt, obwohl in letzter Zeit die Fahrgastzahlen, insbesondere beim Personen-Nahverkehr, massiv gestiegen sind. Wo jetzt die Klimaschutzmaßnahme in diesem Paket mit dem Ausbau der Bahnhöfe zu finden ist, das sei dahingestellt. Realität ist, dass der Fahr­plan gekürzt wird und dass die ÖBB mehr oder weniger mit dieser Fahrplankürzung eine Pendlervertreibungsaktion betreiben.

In Wirklichkeit ist es nämlich so, dass die Menschen gerade jetzt auf öffentliche Ver­kehrsmittel umsteigen wollen – nur sind die öffentlichen Verkehrsmittel bekanntlich nicht im notwendigen Ausmaß vorhanden und werden jetzt noch reduziert. PendlerIn­nen sind es ja schon gewöhnt, wie die Sardinen zusammengepfercht in einem Schnell­bahnwaggon zu stehen. Wie sich das künftig ausgehen wird, wenn weniger Schnell­bahnen fahren, wird sich zeigen.

Ich freue mich schon auf den nächsten Klima-Gipfel. Beim letzten Klima-Gipfel sind die Herren Minister Faymann und Pröll unisono sehr traurig vorne gestanden und haben gesagt: Leider, es ist uns nichts gelungen, und wir müssen jetzt massiv „angasen“, da­mit da endlich etwas passiert! Minister Pröll und Minister Faymann werden ja voraus­sichtlich beim nächsten Klima-Gipfel nicht mehr dabei sein. Wir können gespannt sein, wer es sein wird, aber es ist vorauszusehen, dass es dasselbe Gejammer sein wird, „es ist uns leider nichts gelungen“, so wie die Pakete momentan ausschauen.

Zur Straße. Die ASFINAG bekommt ja auch 200 Millionen €. Bei den Maßnahmen ge­he ich jetzt gar nicht ins Detail. Autobahnsanierungen sollten an und für sich meines Wissens durch Mauteinnahmen gedeckt werden und nicht durch Finanzspritzen des


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Staates. Aber die Maut haben wir ja das letzte Mal auch nicht erhöht, denn das brau­chen wir ja nicht in dem Ausmaß. Die Mautsätze wurden auch eingefroren. (Bundesrat Perhab: Und was ist mit den Lärmschutzmaßnahmen, die Sie immer fordern? – Bun­desrat Mayer: Na sollen wir Fußwege machen?)

Fußwege wären nett und Lärmschutzmaßnahmen wären auch nett, aber noch besser wäre es, wenn Sie den Rechnungshofbericht bezüglich Lärmschutzmaßnahmen lesen würden. Da steht nämlich drinnen, dass man in Bereichen, wo sehr viele Menschen rundherum wohnen, gar keine Autobahn bauen soll, damit man gar nicht so umfangrei­che Lärmschutzmaßnahmen setzen muss. (Ruf bei der ÖVP: Die meisten Menschen bauen sich zur Autobahn hin ...!)

Ich kann Ihnen nur sagen, bei uns in der Region werden sehr viele Autobahnen nach­träglich hingebaut, wo die Leute schon wohnen. Was Korneuburg anlangt, kann ich ein Lied davon singen. Schaut euch die Straßen an, und schaut euch die Baustelle dort an – Mondlandschaft ist die richtige Beschreibung dafür! (Bundesrat Mayer: Das ist ein Quatsch!)

Herr Kollege Kneifel hat uns Vorhaltungen gemacht bezüglich der Aussage, dass beto­niert wird. Den Beton als tolles Baumaterial hinzustellen, das kann man machen, aber dass man mit Beton jetzt wärmesanieren kann, ist mir relativ neu. Und es ist ganz si­cher nicht der ökologische Baustoff schlechthin. (Zwischenruf des Bundesrates Knei­fel.) – Es ging nicht darum, das Material Beton zu verteufeln, aber man kann es manchmal überspitzt formulieren, und „Betonierer“ ist ein Ausdruck für bestimmte Men­schen, nämlich solche, die glauben, dass man durch neue Straßen die Konjunktur be­lebt. Ich glaube, das ist einfach eine Uralt-Maßnahme, die in dieser Form heute nicht mehr zieht. (Beifall der Bundesräte Schennach und Dönmez. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Noch kurz zum Thema Wasserstraße, weil Frau Staatssekretärin Kranzl hier sitzt. Es gibt gerade jetzt im Marchfeld eine Umweltverträglichkeitsprüfung zur Wasserstraße, und wie diese Umweltverträglichkeitsprüfung abläuft, das ist, soweit ich gehört habe, eher traurig, vor allem was die Rechte der Bürgerinitiativen betrifft. Ich möchte in Be­zug auf die Wasserstraße nur anmerken, man kann auch die Schiffe an die Donau an­passen und muss nicht immer nur die Donau an die Schiffe anpassen, denn da hätten wir in nächster Zeit noch sehr viel zu tun, wenn wir das überall machen würden. (Bun­desrat Kneifel: Trotzdem brauche ich eine Kaimauer aus Beton!)

Zur Artikel-15a-Vereinbarung, die kurz erwähnt wurde. Minister Pröll hat diese natürlich schon vor der Wahl bekannt gemacht und gelobt. Bei dieser tollen Artikel-15a-Verein­barung – man findet sie offiziell noch nicht im Netz, aber ich habe den Entwurf inzwi­schen gelesen – geht es um ein paar Millionen mehr, und sie beinhaltet keine beson­ders strikten Vorschriften bezüglich der Maßnahmen, die im Sanierungsbereich zu set­zen sind. Und das wäre der Bereich, der wirklich zu forcieren wäre, der auch im letzten Regierungsprogramm drinnen steht; ein neues Regierungsprogramm gibt es ja noch nicht. Maßnahmen bei der Sanierung, das wäre im Prinzip das, wo sehr viele Arbeits­plätze drinnen wären und wo man sehr viel zur Konjunkturbelebung beitragen könnte. (Beifall der Bundesräte Schennach und Dönmez.) Nur, diese Artikel-15a-Verein­barung gibt es leider noch nicht, wo wirklich für die Sanierung mehr herausschauen würde.

Zu den weiteren Maßnahmen. Es stimmt, es ist nicht nur der Bausparer im Konjunk­turpaket drinnen. Es ist natürlich gut, wenn der Kapitalzugang für Kleinunternehmen verbessert werden soll, keine Frage. Wir haben im Ausschuss gehört, und das stimmt auch, es steht im Gesetz drinnen, dieser Mittelstandsfonds soll in erster Linie durch stil­le Beteiligungen an kleinen Gesellschaften erfolgen, um auch dadurch eine Art Mitspra-


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che zu ermöglichen. Das ist prinzipiell gut und recht und schön, und noch schöner ist es, wenn damit eine Beratung, insbesondere bezüglich der Förderungen, einhergeht, denn ein Förderungsdschungel ist in Österreich nach wie vor gegeben. Ich denke, ge­rade in dem Bereich würden kleinere und mittlere Unternehmen sehr viel Beratung brauchen können, weil es wirklich nicht einfach zu durchschauen ist.

Was mich nur wundert, ist, dass beim Banken-Paket diese Möglichkeit eher zurückhal­tend bewertet wird, nämlich dass man Kapital wo investiert, sich mit Kapital wo beteiligt und dafür auch mitsprechen kann. Das – haben wir das letzte Mal gehört – ist eher nicht der Zugang, den Sie in dem Bereich wollen, und das verstehe ich auch nicht. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen wollen wir mitreden und will man beraten, bei den Banken finanzieren wir, da geben wir ein Darlehen, bekommen dann vielleicht ein bisschen Zinsen dafür, aber dass Sie mitreden wollen bei den Managergehältern, bei der Veranlagung et cetera, das ist offenbar nicht der Fall.

Ganz ehrlich: Wenn man mit den Menschen spricht, so verstehen die allerwenigsten, wie es denn kommen kann, dass so ein Debakel wie bei der AUA oder den ÖBB pas­siert. Und bei den ÖBB passiert ja im Prinzip ständig ein Debakel, es ist ja nicht so, dass da nur heuer oder voriges Jahr einmal spekuliert worden ist, es ist doch ständig etwas mit dem Vorstand in den ÖBB. Dass diese Manager Unmengen von Geld be­kommen, das versteht kein Mensch mehr. Und dass der Bund kein Interesse daran hat, zumindest die Managergehälter mit zu beeinflussen, wenn wir einem Bankunter­nehmen eine Geldspritze, eine Kapitalspritze zukommen lassen, das versteht kein Mensch mehr.

Die Verordnung für das Bankenstabilitätsgesetz, die uns vorige Woche versprochen wurde, dass die an und für sich schon vorliegt und eigentlich (Eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums, sich von ihrem Platz erhebend und demonstrativ ein Schriftstück in die Höhe haltend: Es gibt sie!) – Es gibt sie schon? Gut, dann hole ich sie mir nachher, das interessiert mich sehr. Aber sie ist offensichtlich zum von Herrn Staats­sekretär Matznetter versprochenen Zeitpunkt noch nicht vorgelegen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Er hat im Ausschuss gesagt, dass sie eigentlich schon in der Schublade liegt. Ganz so war es vielleicht doch nicht. Jetzt kriege ich sie, das freut mich sehr. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Mich würde auch noch interessieren, was mit den versprochenen Maßnahmen in Be­zug auf Fremdwährungskredite ist, was in erster Linie auch Häuselbauer betrifft. Bis jetzt hört man noch nicht, dass da besonders viele Aktionen gesetzt worden wären.

Zur Konjunkturbelebung in Österreich würden meiner Meinung nach drei Schritte not­wendig sein.

Erstens: der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, und zwar wirklich ein Ausbau des öf­fentlichen Verkehrs. Wie gesagt, diese paar Bahnhöfe sind gut und nett und schön, das ist aber jetzt nicht wirklich ein massiver Ausbau. Und wenn Sie in den einzelnen Ge­meindestuben fragen, ich bin mir sicher, jeder Bürgermeister/jede Bürgermeisterin kann Ihnen ein Projekt sagen, das er/sie gerne umsetzen würde, aber leider zurzeit nicht finanzierbar ist.

Zweitens: die Förderung erneuerbarer Energien. Seit ich in diesem Bundesrat sitze, haben wir sehr viele Änderungen des Ökostromgesetzes beschlossen. Es ist fast jede Änderung des Ökostromgesetzes eine Verschlechterung gewesen. Bekanntlich ist der Ökostromausbau in Österreich derzeit sehr stagnierend. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) – Wasserkraft, Kleinwasserkraft, das ist sehr wohl Ökostrom. Das Problem ist, dass auch die Kleinwasserkraft Probleme kriegt, weil die Betreiber jetzt Anpassun­gen an die Wasserrahmenrichtlinien vornehmen müssen und dafür offenbar wenig För­derungen zur Verfügung stehen.


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Also: Erneuerbare Energien in Österreich werden jetzt nicht wirklich massiv unterstützt, es ist eher schon eine peinliche Angelegenheit. Die letzte Novelle zum Ökostromge­setz liegt nach wie vor bei der EU-Kommission und wird darauf geprüft, ob sie richtli­nienkonform ist.

Der dritte Punkt, der wirklich notwendig wäre, ist eine Absicherung der Menschen mit geringem Einkommen, damit der Konsum angekurbelt werden kann, damit das Geld im Land bleibt. Die Maßnahmen, die in diesem Paket vorgesehen sind, sind, wie gesagt, großteils sehr nette Maßnahmen, sind aber einfach viel zu wenig, um wirklich die Kon­junktur anzukurbeln. Deshalb reicht es uns nicht, und wir werden dieses Gesetz nicht unterstützen. (Beifall der Bundesräte Schennach und Dönmez.)

14.32


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Mag. Klug. – Bitte.

 


14.32.20

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich komme ich der Aufforderung des Kollegen Schennach sehr gerne nach und werde mich nun bemühen, dieses Konjunkturbelebungspaket zu „behübschen“. Es wird wahrscheinlich nicht viele überraschen, wenn ich es zum Teil mit roten Nelken behübsche. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, an diesen Emotionen und zum Teil auch hitzigen Debatten, glaube ich, kann man gut sehen, dass uns nicht nur die Entwicklung am Fi­nanzmarkt, sondern auch die wirtschaftliche Gesamtentwicklung gemeinsam am Her­zen liegt. Und jeder versucht, inhaltlich aus seinem Blickwinkel dementsprechende Bei­träge einzubringen.

Ich kann mich noch gut erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie wir in unserer letzten Sitzung das Finanzmarktpaket gemeinsam diskutiert haben. Nachdem ich es damals schon angesprochen habe, stelle ich es heute noch einmal in den Raum: Wenn heute noch irgendjemand darüber sinniert, ob die Krise am Finanzmarkt eines Tages auch in der Realwirtschaft ankommen wird, dann, glaube ich, ist es Zeit, dass wir dieje­nigen Personen gemeinsam aufwecken und aus ihren Träumen holen, weil nicht nur die allgemeinen wirtschaftlichen Prognosen, die in den letzten Tagen aufgetaucht sind, deutlich zeigen, dass die Krise des Finanzmarktes ganz massiv mitten in der Realwirt­schaft angekommen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn darüber Einigkeit herrscht, dann sollten wir nur mehr darüber nachdenken, auf welchen Ebenen wir welche Maßnahmen setzen. Wir haben einerseits zweifelsohne die europäische Ebene.

Ich möchte in diesem Zusammenhang doch ganz kurz darauf aufmerksam machen, dass derzeit bereits eine besondere Maßnahme für die Automobilindustrie sehr intensiv diskutiert wird. Herr Bundesminister Bartenstein kommt ja auch aus der Steiermark und ist daher über die aktuellen Entwicklungen in der Automobilindustrie mit Sicherheit sehr gut informiert, und ich glaube, dass wir jetzt gemeinsam aufgerufen sind, im Bereich der Automobilbranche entsprechend unterstützend zu wirken.

Aber es stellt sich eben auch dabei die Frage, welche Maßnahmen wir im Konkreten für die Automobilindustrie in diesem Zusammenhang umsetzen, denn eines, liebe Kol­leginnen und Kollegen, sollten wir bei all diesen realwirtschaftlichen Problemen nicht außer Acht lassen: Autos kaufen keine Autos! Menschen kaufen Autos! Aber Autos kaufen keine Autos. Daher ist es in diesem Zusammenhang auch wichtig, dass wir die Entwicklung der inländischen Kaufkraft nie außer Acht lassen.


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 30

Von der europäischen Ebene weggehend, möchte ich jetzt doch auf die nationale, auf die österreichische Ebene zu sprechen kommen. Wenn wir heute diese Mittelstands-milliarde, dieses sogenannte Konjunkturpaket diskutieren, dann ist aus meiner Sicht wichtig, dass wir uns nicht darüber unterhalten: Ist das jetzt ein Paket oder ist das ein Packerl oder ein Paketchen? – Diese eigenartigen Titulierungen für diese Mittelstands­milliarde sind nicht nur eigenartig, sondern sie sind auch inhaltlich völlig irreführend.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns schon die Mühe machen, dann sollten wir dieses Paket, diese Mittelstandsmilliarde als einen Schritt von bereits mehreren ge­gangenen und von Schritten, die noch auf uns zukommen werden, gemeinsam bewer­ten, weil ich doch hoffe, dass es einen gemeinsamen Konsens hinsichtlich der Zieler­reichung für diese Schritte gibt. Ich glaube, dass es uns doch ein Anliegen ist, nicht nur Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, sondern auch den Wirtschaftsmotor rechtzeitig mit fri­schem Treibstoff zu versorgen.

Wenn wir uns über diese gemeinsame Zielsetzung einig sind, dann, glaube ich, ist es nicht besonders seriös, wenn wir den ersten Schritt mit dem Entlastungspaket gegen die Teuerung zur Gänze heute ignorieren. Ich glaube auch nicht, dass es besonders seriös ist, wenn wir das Finanzmarktpaket nicht noch einmal kurz in Erinnerung rufen. Und der dritte Schritt auf diesem Weg zur Zielerreichung ist eben jetzt diese Mittel­standsmilliarde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich verstehe ich, wenn die Ungeduld wächst und man fragt: Kommen jetzt noch weitere Schritte? Dann können wir heute – und für uns von der Sozialdemokratischen Partei ist das ein großes Anliegen – auf den bereits gestern von unserem Bundesparteivorsitzenden Werner Faymann angekündig­ten vierten Schritt verweisen, weil uns natürlich auch eine dementsprechende Entlas­tung im Bereich dieses Dreipunkte-Programms von gestern eine wichtige Sache ist. Es ist jetzt notwendig, als vierten Schritt die Kaufkraft zu stärken. Es ist daher notwendig, Teile aus der Steuerreform vorzuziehen. Und damit diesbezüglich kein Missverständnis entsteht: Teile aus der Steuerreform vorzuziehen heißt natürlich die Lohnsteuer sen­ken. Aber bei diesem sogenannten vierten Schritt zur Zielerreichung möchte ich beson­ders hervorheben, dass wir natürlich ein großes Interesse daran haben, die Unterneh­mer-Investitionen besonders zu stärken.

Ich möchte mir die Aufgabe nicht zu leicht machen und auf Folgendes hinweisen: Wenn ich zuerst gesagt habe, es gibt eine Ebene des Bundes, dann glaube ich, dass wir in der Länderkammer auch nicht außer Acht lassen sollten, dass es auch eine Ebe­ne der Bundesländer gibt. In diesem Zusammenhang wären wir alle aufgerufen, in un­seren eigenen Bundesländern für ein geeignetes Länderkonjunkturpaket zu sorgen. Wenn ich an dieser Stelle den Appell an alle richte, dann, glaube ich, ist es anständig und gehört es auch dazu, dass man vor der eigenen Türe kehrt.

Ich darf daher in diesem Zusammenhang die letzten steirischen Aktivitäten kurz erwäh­nen. Jawohl, es ist richtig, wir haben in der Steiermark eine angespannte Budgetsitua­tion, aber trotz dieser angespannten Budgetsituation haben beide Regierungsparteien ein regionales Investitionsprogramm auf die Beine gestellt, das einen maßgeblichen Beitrag zur Konjunkturbelebung leisten wird. Ich bringe dazu plakativ nur einige Bei­spiele.

Insbesondere wäre anzuführen, dass wir in den nächsten beiden Jahren rund 260 Mil­lionen € in den Ausbau von Spitälern investieren wollen. Eine, wie ich glaube, in die­sem Zusammenhang auch beachtliche Investition: Die Steiermark beabsichtigt, in den nächsten drei Jahren rund 100 Millionen € in den Ausbau der Schulen zu investieren. Ich möchte auch im Zusammenhang mit der bevorstehenden Ski-WM maßgebliche In­frastrukturprogramme ansprechen – ich bin dankbar dafür, dass Kollege Perhab dazu nickt, weil das ein gemeinsames Anliegen ist.


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 31

Wenn ich sage, dass ich vor der eigenen Tür kehren möchte, dann bringe ich natürlich Beispiele aus der Steiermark, aber es gibt auch welche in den anderen Bundeslän­dern – wir werden heute noch durchaus interessante Informationen aus dem Burgen­land hören, aber vielleicht auch aus Vorarlberg. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind gemeinsam gefordert, in unseren Bundesländern, bei uns zu Hause für regionale Konjunkturpakete zu sorgen.

Es ist heute schon die Frage der budgetären Auswirkungen erwähnt worden; auch ich möchte mich nicht daran vorbeischwindeln. – Zu den Prognosen: Ich neige auch dazu, dass es mich eher zum sogenannten Worst Case als zu den derzeitigen besseren Pro­gnosen hinzieht. Jawohl, aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht darum, jetzt zu einer völlig maßlosen Schuldenpolitik zurückzukehren; darum soll es auch nicht gehen. Ganz deutlich auf den Punkt gebracht!

Jetzt kommt jedoch das Aber. Und das Aber besteht meines Erachtens darin, dass der bereits bestehende Wachstums- und Stabilitätspakt durchaus Möglichkeiten bietet, in ernsten Situationen deutliche Maßnahmen zu setzen, wobei insbesondere das 3-pro­zentige Budgetdefizit keine heilige Kuh sein sollte. Es geht dabei letztlich wieder da­rum, die richtigen Maßnahmen zu setzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Zuge des Finanzmarktpakets zum Teil sogar ideologische Debatten zum Thema Wirtschaftspolitik geführt. Im Zusammenhang mit den derzeit vorgesehenen Maßnahmen, die stark antizyklisch wirken sollen, und, wie ich hoffe – eigentlich bin ich davon schwer überzeugt –, noch folgenden weiteren Schritten ist es mir auch ein großes Anliegen, wieder einmal die Gunst der Unstunde zu nutzen und sich zum Thema Konjunkturpolitik etwas intensiver kundig zu machen. Unser Klubobmann Professor Konecny pflegt in diesem Zusammenhang, wenn man da einen Tipp gibt, gelegentlich auf die mitteleuropäische Kulturtechnik des Lesens hinzu­weisen, was auch ich jetzt machen möchte.

Ich möchte allen Kolleginnen und Kollegen Professor Tichy, seines Zeichens ehemali­ger Lehrender am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Graz, und die ein­schlägige Literatur „Konjunkturpolitik“ empfehlen. Ich darf darauf hinweisen, bei Profes­sor Tichy handelt es sich um kein eingeschriebenes SPÖ-Mitglied. Auch Professor Ti­chy empfiehlt, in besonderen Krisensituationen die Nachfrage zu steuern, um Beschäf­tigung und Wachstum zu sichern.

Geben wir dem heutigen nächsten Schritt Konjunkturpaket, Mittelstandsmilliarde ge­meinsam eine Chance – weitere Schritte werden folgen. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

14.44


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


14.44.09

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Werte Gäste! Ich werde meine Ausführungen sehr kurz halten, da meine Kolle­ginnen und Kollegen auf einige Themenbereiche, die ich thematisieren wollte, schon eingegangen sind.

Wir brauchen nicht so zu tun, als wäre die Wirtschaftskrise über Nacht auf uns herein­gebrochen. Das war ja mehr oder weniger abzusehen. Es kann ja nicht so sein, dass die Wirtschaft wächst und wächst. Wenn es jetzt nicht im finanziellen Bereich diesen großen „Tuscher“ gemacht hätte, hätte es über kurz oder lang einen im ökologischen Bereich gegeben. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Bundesrat Ing. Kampl: Der kommt ja


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 32

noch!) – Der kommt auch noch dazu. Super. Darauf können wir uns noch freuen. Un­sere Nachkommen werden sicher sehr dankbar dafür sein, wenn wir ihnen solch eine Welt hinterlassen. Aber das ist ein anderes Thema. (Ruf: Der Weltuntergang kommt noch!)

Ein Grund für die Krise ist sicher der schrankenlose, der freie und kaum besteuerte Fi­nanzmarkt, über den die Finanzminister jahre- und jahrzehntelang ihre schützende Hand gelegt haben. Der völlig freie Markt, der vor allem von vereinzelten Kräften der ÖVP immer wieder gefordert wurde, hat eigentlich total versagt. (Bundesrat Perhab: Sicher vom Tischlermeister mit zehn Mitarbeitern!) – Ja, ja.

Worüber ich wirklich verwundert bin, sind die Aussagen Ihres Kollegen Karlheinz Kopf, der in einem Zeitungsinterview tatsächlich gefordert hat, dass weitere Privatisierungen vorangetrieben werden sollen, und im selben Atemzug auf die Arbeitslosen verbal ein­drischt.

Liebe KollegInnen von der ÖVP, da frage ich mich schon: Ist das die Antwort darauf, dass durch noch strengere Auflagen und durch Kürzung des Arbeitslosengeldes für die Betroffenen das Problem gelöst wird? – Ich glaube nicht.

Eines möchte ich auch festhalten: Ich glaube, wir können in Österreich gar nicht so vie­le Sozialhilfeempfänger haben, die uns so viel Geld kosten, wie die Wirtschaftstreiben­den und die Verantwortlichen in den letzten Jahren da an Schaden angerichtet haben. Das möchte ich auch einmal festhalten.

Um auf Oberösterreich zurückzukommen: Wir werden in Oberösterreich ein eigenes Konjunkturpaket verabschieden. Wir planen die Vorziehung wichtiger Investitionen. Gleichzeitig soll dabei der Klimaschutz nicht ausgehöhlt werden. Unser Landesrat Rudi Anschober wird sich für eine thermische Sanierungsoffensive stark machen. Die Schul­sanierung und der Kesseltausch sollen nach den Kriterien einer nachhaltigen Entwick­lung weiterhin forciert werden. Wir hoffen, damit die Wirtschafts- und die Klimapolitik optimal verknüpfen zu können. (Bundesrat Stadler: Hat er noch einmal Unterstützung vom ...?)

Ein besonderes Anliegen sind mir, sind uns die EPUs – sie stellen über 50 Prozent der Wirtschaftskammermitglieder dar. Diese Unternehmen brauchen auch staatliche Ga­rantien und konkrete Maßnahmen zum Schutz der Kreditnehmer und Kreditnehmerin­nen.

Darüber hinaus planen wir in Oberösterreich ein Absicherungsprogramm für Private, denn es ist nicht einzusehen, dass ein großzügiges Hilfspaket für die Banken verab­schiedet wird und die Privaten durch die Finger schauen sollen. Denn schließlich müs­sen genau diese für das gerade stehen, was die Finanzwirtschaft da verbockt hat.

Ich habe den Eindruck, dass das Thema Energie- und Wirtschaftspolitik lediglich als Anhängsel des Wirtschaftskapitels behandelt wird, trotz der Bekenntnisse des Wirt­schaftsministers. Wir werden ihn in der Zukunft so wie in der Vergangenheit an seinen Taten messen, und diesbezüglich hat es bisher nicht sehr rosig ausgesehen. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.)

Wir müssen aufgrund der gestiegenen Kosten gerade im Bereich der thermischen Wär­mesanierung Investitionen tätigen, denn es wird uns nicht viel weiterbringen, wenn wir immer höhere Heizkostenzuschüsse beisteuern, aber im Bereich der thermischen Sa­nierung, wo Kosten eingespart und gleichzeitig Arbeitsplätze geschaffen werden kön­nen, eher auf der Bremse stehen. Ich hoffe, dass wir diese wirtschaftspolitische Chan­ce nicht verkennen und dass wir auf diesen Zug aufspringen. Und ich hoffe, lieber Kol­lege, dass das jetzt so gepasst hat. – Danke. (Beifall der Bundesräte Schennach, Ing. Kampl und Mühlwerth sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

14.49



BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 33

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Preiner. (Zwischenruf des Bundesrates Edgar Mayer.) – Entschuldigung! Korrektur: Als Nächs­ter zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Edgar Mayer. – Bitte.

 


14.49.27

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin – um nicht zu sagen: Frau „Donau-Staatssekretärin“! – Man kann den Sozialdemokraten nicht immer den Vortritt lassen. So ist es nun einmal im Leben.

Herr Kollege Schennach hat damit begonnen, dieses Paket, diese Mittelstandsmilliarde als „Schildbürgerstreich“ zu titulieren – das möchte ich schon richtig stellen, denn ich denke, die Bundesregierung hat da sehr rasch reagiert. Kollege Schennach hat soeben den Saal verlassen, weil er sich wahrscheinlich schämt ob dieses Ausdruckes. (Heiter­keit.)

Die Bundesregierung hat sich sehr wohl dabei etwas gedacht und hat nach diesem wirklich großartigen Banken-Paket von 100 Milliarden € sehr rasch reagiert und schießt jetzt sozusagen diese Mittelstandsmilliarde zur Konjunkturbelebung nach. Das ist ein ganz entscheidender, wichtiger Punkt.

Liebe Frau Kollegin Mühlwerth, da Sie von einem „Mäuschen“ gesprochen haben, muss ich Sie schon fragen, da ich Ihre Definition für „Mäuschen“ nicht kenne: Wenn bei Ihnen eine Milliarde ein „Mäuschen“ ist, was ist dann eine Maus und was eine größere, eine fette Maus? (Bundesrätin Kerschbaum: Na 100 Milliarden! – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – 100 Milliarden € sind eine fette Maus oder eine größere Maus? (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Liebe Frau Kollegin Mühlwerth, Ihre Skala der Bewertung von Geld und ähnlichen Din­gen möchte ich wirklich einmal aus nächster Nähe erfahren!

Es ist so, wie Kollege Klug gesagt hat: Es geht ja schon längst nicht mehr darum, darü­ber zu spekulieren, ob die Finanzkrise die Realwirtschaft erreicht hat. Da muss ich ihm in vollem Umfang recht geben. Es ist tatsächlich so, dass diese Krise in unserer Wirt­schaft angekommen ist. Die Wirtschaft wird wahrscheinlich auch schon im dritten Quar­tal auf der Bremse gestanden sein. Es kommt auch bereits zu mehreren befristeten Ar­beitsverträgen – Kurzarbeitszeitverträgen, wenn man so sagen möchte. Wir haben hier bereits ein massives Problem. Die Kurzarbeit im Bereich der Automobilindustrie ist na­türlich inzwischen ein ganz wesentliches Problem. Das wird sich innerhalb sehr, sehr kurzer Zeit auch auf andere Branchen auswirken, und wir werden ein massives Pro­blem auf dem Arbeitsmarkt bekommen.

Deshalb gibt es auch schon bei den Kollektivvertragsverhandlungen der Metaller Pro­bleme, weil die Metaller auch beispielgebend für viele, viele andere Gehaltsverhand­lungen im Staate Österreich sind. Und da habe ich schon Sorge, dass es hier Proble­me geben wird.

Wenn man auch die europäischen Zahlen betrachtet, vom Arbeitgeberverein Business Europe, der hochgerechnet hat, dass es zusätzlich eine Million Arbeitslose geben wird, eine Million Jobs verloren gehen, muss man sagen: Das ist wirklich katastrophal! Die Arbeitslosenrate wird in den 15 Staaten der Währungsunion von gegenwärtig durch­schnittlich 7,5 Prozent auf 8,2 Prozent hinaufgehen. Das Wachstum in dieser Zone wird bei nur noch 0,2 Prozent liegen – gesamteuropäisch bei 0,4 Prozent. Da können wir in Österreich noch sehr stolz sein auf – laut Prognose – 2 Prozent für das Jahr 2008 und auch bescheidene 1 Prozent für 2009; da wird der Abschwung auch bei uns mas­siv durchschlagen. Diese Probleme sind also vorgezeichnet.

Deshalb kann ich auch dieses Konjunkturpaket nur befürworten! – Herr Kollege Schen­nach und Frau Kollegin Mühlwerth, ich muss Ihnen widersprechen: Das sind keine


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 34

Peanuts, denn wir haben in den letzten Wochen enorm viel Geld in die Hand genom­men; das sucht seinesgleichen in Europa.

Ich erinnere nur an die Beschlüsse vom 24./25. September, daran, was die kosten! Zum Glück wurde die Mehrwertsteuersenkung nicht beschlossen, denn genau dieses Geld können wir jetzt in Form eines Konjunkturpakets investieren. Genau diese Sum­me investieren wir in Form eines Konjunkturpakets! Und so ist dieses Geld sinnvoller eingesetzt als zur Reduzierung der Mehrwertsteuer, das muss ich hier sagen.

Wir müssen jedoch nicht nur zur Stärkung der Konjunktur und in die Geldwirtschaft in­vestieren. Wir Vorarlberger sind inzwischen zu der Auffassung gekommen – und damit sind wir in der ÖVP nicht unbedingt allein –, dass auch die Kaufkraft gestärkt, der Bin­nenmarkt angekurbelt werden soll. Und das geht nur über die Herausforderung einer Steuerreform. Wir sind dafür, die Steuerreform in einem gewissen Bereich vorzuziehen (Bundesrat Stadler: Umdenken!), sodass zumindest die Progression der letzten Jahre ausgeglichen wird. (Beifall des Bundesrates Gruber.)

Da sind wir durchaus mit dabei, weil die Progression inzwischen natürlich auch alle Lohnerhöhungen wegfrisst. Schon allein das könnte jetzt bewirken, dass die gedämpfte Kauflust, die auch schon eingetreten ist, einer größeren weicht. Frau Präsidentin Zwazl wird sich sicher freuen, wenn ich sage: Das könnte das unter Umständen gefährdete Weihnachtsgeschäft retten.

Zum Kassasturz – der wurde heute auch schon mehrfach angesprochen –: Es waren alle Parteivorsitzenden vertreten, und wir mussten wirklich mit trauriger Gewissheit zur Kenntnis nehmen, dass wir im Prinzip keinen Handlungsspielraum haben. Wir haben im Prinzip kein Geld zum Ausgeben – das hat auch Kollege Klug schon angedeutet. Uns wurde aufgrund der Wahlzuckerl und der Budgetfolgen des Konjunkturab­schwungs, sprich: weniger Konsum, weniger Beschäftigung, gleichzeitig werden die automatischen Stabilisatoren wie die Arbeitslosenversicherung viel, viel Geld kosten, der Handlungsspielraum genommen. Deshalb ist dieses Paket – ich muss es noch ein­mal erwähnen – eine großartige Geschichte, auch wenn unser Budgetdefizit explodieren wird. Wir können aber nicht nach dem Motto vorgehen: Geld spielt keine Rolle, Geld ist sowieso nur ein Zahlungsmittel!, das wäre falsch.

Ich kann auch dem nichts abgewinnen, wenn man sagt, dass wir nur betonieren. – Wir müssen auch im Bereich Infrastruktur etwas investieren. Es ist sehr richtig, wenn bei den ÖBB und auch im Bereich der Autobahnen Investitionen getätigt werden. Das ist ein wichtiger Impuls.

Ich freue mich auch, dass es, wie Gottfried Kneifel bereits erwähnt hat, im Bereich der Bausparkassen mehr Geld gibt. Es sind 600 Millionen €, die hier zusätzlich lukriert wer­den. Und das ist auch ein Impuls für die Bauwirtschaft, der entsprechende Jobs und Beschäftigung bringt.

Da man der ÖVP vorgeworfen hat, dass sie die Maastricht-Kriterien und das Bud­getdefizit als heilige Kuh betrachtet, jetzt ein Beispiel aus der Landwirtschaft: Eine Kuh, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, kann ich nur so lange mel­ken, solange sie Milch gibt; danach ist die Kuh überflüssig. – So ist es eben. Und des­halb kann ich also ... (Bundesrat Bieringer: Und heilig!) – Dann ist es eine heilige Kuh, genau. Wenn sie nicht mehr zu melken ist, ist sie eine heilige Kuh, genau so ist es. (Bundesrat Gruber: Die sind in Indien, die heiligen Kühe!) – Klar, in Indien gibt es heili­ge Kühe, und in Österreich gibt es auf eurer Seite heilige Kühe.

Wir Vorarlberger haben auf die Situation in der Wirtschaft und auf die Probleme, die auf uns zukommen, reagiert, rasch reagiert, und haben ein eigenes Konjunkturpaket in Höhe von – man höre und staune, das kleine Vorarlberg! – 60 Millionen € geschnürt.


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 35

Nicht 50 Millionen wie in der Steiermark, sondern 60 Millionen €! Das ist ein gewaltiger Brocken, mit dem wir uns insgesamt von der Philosophie verabschieden, die viele Jahrzehnte in Vorarlberg Gültigkeit hatte, nämlich: keine Nettoneuverschuldung. Mit diesem Paket werden wir erstmals auch negative Zahlen schreiben, Herr Kollege. Das wird der Fall sein. (Bundesrat Ing. Einwallner: ... nicht nur auf Kosten der Gemein­den!) – Nein, das geht nicht auf Kosten der Gemeinden. Ein Konjunkturpaket kann nie­mals auf Kosten der Gemeinden gehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Einwallner, da bringst du als Unternehmer offensichtlich doch einiges durcheinander. (Bundesrat Ing. Einwallner: 900 Millionen Schulden haben die Ge­meinden in Vorarlberg!) Bitte, jede Gemeinde ist für sich selbst zuständig, es gibt die Gemeindeautonomie. Das Land fördert mit entsprechenden Förderprogrammen. Wir haben im Land Vorarlberg Strukturförderung – lies dir bitte einmal das Budget durch, bevor du hier gescheite Reden hältst, lieber Herr Kollege! Genau so ist es! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Ing. Einwallner.)

Also: Das Land Vorarlberg setzt zahlreiche konjunkturbelebende Impulse, aufgeteilt in nachfrageorientierte Maßnahmen, Maßnahmen zur Entlastung der Haushalte.

Ich habe jetzt ein paar Schwerpunkte für dich – hör gut zu! –, vor allem aber auch für die Grünen, weil wir auch im Bereich Ökologie sehr viel machen: Wir forcieren die Um­setzung baureifer Projekte; Verbesserung der Wohnbauförderung für Eigenheime; För­derung von Solaranlagen in Gewerbebetrieben; Photovoltaik: 200-Dächer-Programm; Förderung von Biomasse-Nahwärmeprojekten; Ausbau der ÖBB-Infrastrukturlinie im Lande; Verbesserung der Investitionsförderung für die produzierende Wirtschaft; Ein­führung eines landesweiten Kleingewerbekreditförderungsbereichs; Jugendbeschäfti­gungsplan ... (Bundesrat Gruber: Kollege, sind das alles Versäumnisse aus der Ver­gangenheit?)

Herr Kollege, es geht dabei nicht um Salzburg! Vorarlberg hat keine Versäumnisse! (Bundesrat Gruber: Salzburg ist führend! Keine Neuverschuldung!) Wir haben alles, Herr Kollege! Wir haben auch rechtzeitig gespart, damit wir jetzt Geld ausgeben kön­nen. Und man muss dann Geld ausgeben, wenn man das braucht, Herr Kollege Gru­ber. Das hätten Sie sich damals in Ihrer Gemeinde auf die Fahnen schreiben müssen. Genau so ist es. (Bundesrat Gruber: Wenn du so viel aufzählst, das muss ja in der Vergangenheit liegen geblieben sein! Wir haben das gleich gemacht!) – Wir machen hier Zusätzliches und mehr. Da geschehen lauter neue Sachen, Herr Kollege Gruber, und darauf können wir Vorarlberger sehr stolz sein. – Von uns kannst du dir eine Scheibe abschneiden, das sage ich dir! (Heiterkeit.)

Wir fördern außerdem den öffentlichen Personennahverkehr, verzichten auf eine Tarif­erhöhung im öffentlichen Personenverkehr; Verzicht auf eine Tariferhöhung im Haus­haltsbereich bei Strom bis Ende 2009; und wir schaffen auch die Studiengebühren für die Fachhochschule ab. (Bundesrat Gruber: Wie schaut es beim Gas aus?)

Vorarlberg hat den niedrigsten Gaspreis Österreichs. Wir machen jetzt eine Erhöhung um 16 Prozent. Das ist die bescheidenste Erhöhung in ganz Österreich. Niedrigster Gaspreis, Erhöhung um 16 Prozent. Wien: 21 Prozent, Niederösterreich: 48 Prozent. So schaut es aus! Herr Kollege Unternehmer Einwallner, man muss eben auch be­triebswirtschaftlich denken. Wenn du deine Brillenfassung um 300 € kaufst, wirst du sie auch nicht um 150 € verschleudern. So schaut es aus. Ein ganz einfaches Beispiel aus der Optikerbranche. (Bundesrat Gruber: Du kriegst sie um 150!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zurück zum eigentlichen Thema. Diese Konjunk­turstützungen von Bund, Ländern und Gemeinden werden viel Geld kosten und werden die kommende Rezession nur abmildern können. Das ist klar. Aber alles deutet darauf hin, dass die gesamte Weltwirtschaft in eine der größten Krisen der Nachkriegszeit


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 36

schlittern wird. Dieses Konjunkturbelebungspaket unseres Ministers Bartenstein für die Klein- und Mittelbetriebe ist deshalb auch ein wesentlicher Schritt.

Im Wissen darum, dass weit mehr als die Hälfte unserer unselbständig Erwerbstätigen gerade in diesen Klein- und Mittelbetrieben beschäftigt sind – wir haben heute gehört, dass mehr als zwei Drittel aller Beschäftigten in diesen Klein- und Mittelbetrieben sind und dass von 130 000 Lehrlingen 90 000 Lehrlinge in klein- und mittelständischen Un­ternehmungen ausgebildet werden –, muss gesagt werden, dies ist ein notwendiger und begrüßenswerter Schritt.

Wir werden auf schwierige Zeiten zugehen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Politik ist gefordert. Ich denke, dass wir unseren Beitrag dazu geleistet haben. – Ich danke Ih­nen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.01


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Frau Staatssekretärin Kranzl ist nun zu Wort ge­meldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


15.01.57

Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Christa Kranzl: Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Herr Präsi­dent! Die internationale Finanzkrise hat leider auch Österreich erfasst. Ich wage nicht zu behaupten, wie groß diese Wucht tatsächlich sein wird. Wir sind, wie ich meine, erst am Anfang. Ich befürchte, dass die negative Berichterstattung, so gut gestern auch die Sendung „Bürgerforum“ vielleicht für den einen oder anderen Betroffenen gewesen sein mag, mitunter kein Beitrag dazu ist, tatsächlich das notwendige Vertrauen, das er­forderlich ist, zurückzugewinnen. Das ist, wie ich meine, eine ganz schwierige Situa­tion. Das ist auch in den verschiedenen Redebeiträgen angesprochen worden.

Es sind sehr, sehr rasch Maßnahmen auf europäischer Ebene gesetzt, aber in Abstim­mung mit den nationalen Mitgliedstaaten auch nationale Pakete geschnürt worden, die zumindest in dieser Erstphase, glaube ich, sehr wohl unterstützend wirken können, po­sitive Effekte, zumindest Effekte haben können, die insbesondere die Auswirkungen auf die Realwirtschaft hintanhalten können.

Ich bin mir durchaus dessen bewusst, dass das, wie gesagt, zwei Pakete sind: einer­seits die Initiative, die auf europäischer Ebene gesetzt worden ist, um in einer gemein­samen Vorgangsweise ein Signal, vor allem auch in Richtung Amerika, dahin gehend zu geben, dass vor allem auch eine globale Vorgangsweise wünschenswert ist. Mir hat auch der Vorschlag sehr gut gefallen, einen globalen, einen Weltgipfel zu veranstalten, um, wie gesagt, vor allem auch Länder Asiens, Indien mit ins Boot zu holen – ich glau­be, auch da ist noch nicht ganz genau durchgedrungen, welche Auswirkungen es ge­ben wird –, damit vor allem Vorsorge getroffen werden kann, dass sich eine derartige Situation, die, und das muss man ganz offen und ehrlich sagen, durch Spekulationen entstanden ist, nicht mehr wiederholt. Es müssen vor allem globale Reglements ge­schaffen werden, um so, wie gesagt, Vorkehrungen zu treffen. – Das ist der eine Be­reich.

Der zweite Bereich, dieses 100-Milliarden-€-Paket, das die österreichische Bundesre­gierung verabschiedet hat, ist eines, das ganz wesentlich und wichtig ist, um vor allem notwendige Kredite, Finanzierungen bereitstellen zu können, aber auch das Eigenkapi­tal der Banken weiterhin gewährleisten zu können und, das ist der wesentlichste Punkt, vor allem auch allen natürlichen Personen, den Sparerinnen und Sparern, Sicherheit zu geben, die im guten Vertrauen ihr Geld zu einer Bank getragen haben, die mitunter vielleicht nicht gewusst haben, dass die allgemeine Einlagensicherung mit 20 000 € be­grenzt ist, und über ein höheres Sparguthaben verfügen. Deshalb ist es ganz, ganz


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 37

wesentlich, dass diese Spareinlagen durch die Republik Österreich unbegrenzt abgesi­chert sind.

Das ist dieses Paket, wo ich der Meinung bin, auch wenn heute die Meldung über die Medien gegangen ist, dass die Erste Bank dieses beansprucht hat, mögen mitunter noch weitere folgen, dass es trotzdem wichtig ist, dass dieses Eigenkapital vorhanden ist, dass Banken in der Lage sind, weiterhin notwendige Kredite an Unternehmungen, aber genauso auch an jene, die investieren, auch im privaten Bereich, zu vergeben.

Was wäre die Alternative? – Dass völlig zugemacht wird, dass vor allem liquide Geld­mittel nicht vorhanden wären. Diese Auswirkungen wären in einem wesentlich größe­ren Umfang negativ, als es, wie gesagt, derzeit noch abschätzbar ist. Das ist der eine Bereich.

Der nächste Bereich ist das heutige Konjunkturbelebungspaket. Ich halte es deshalb für wichtig, weil damit auch Mittel bereitgestellt werden, in unterschiedlichsten Formen, speziell für österreichische Unternehmungen, da aber vor allem für klein- und mittel­ständische Unternehmungen und natürlich auch für Ein-Personen-Unternehmungen, wie sie Österreich in überwiegender Zahl hat. Mehr als 99 Prozent sind, wie gesagt, klein- und mittelständische Unternehmungen.

Da muss ich den Kollegen von den Grünen doch etwas widersprechen. Hier gibt es selbstverständlich, eigentlich ausschließlich für KMUs die Möglichkeit, ob über Haftun­gen, über die Inanspruchnahme von Krediten, ob jetzt auf nationaler Ebene über AWS oder auch, wie gesagt, über den ERP-Fonds, ob über die Inanspruchnahme von Mit­teln, die seitens der Europäischen Investitionsbank bereitgestellt werden – ich sage das jetzt so –, fast erstmals in größerem Rahmen Kredite zu „normalen Konditionen“ – unter Anführungszeichen – zu erhalten, auch für die Ein-Personen-Unternehmungen. Diese 30 000 €, sagt man, seien wenig Geld. Ich kenne viele Ein-Personen-Unterneh­mungen, die meist, wie gesagt, mit diesen 30 000 € – rechnen wir das in ATS um, dann ist der Betrag schon etwas höher – aufgrund der Größe ihres Unternehmens bei Banken bisher keinen Zugang hatten, weil dort auch entsprechende Sicherheiten ver­langt worden sind. Also diese Maßnahme, insbesondere hier im ERP-Fonds eine eige­ne Linie und ein eigenes Programm für Ein-Personen-Unternehmungen einzuziehen, halte ich grundsätzlich für sehr gut, eigentlich sogar für ein bisschen überfällig.

Aber ich stimme mit allen Vorrednerinnen und Vorrednern völlig überein, die der Mei­nung sind, dass das nicht alles gewesen sein kann. Jetzt haben wir die Banken, das Fi­nanzsystem in Österreich doch wesentlich unterstützt, wir haben in einem zweiten Weg die Wirtschaft, österreichische Unternehmungen unterstützt. Aber der dritte Bereich, der ganz wesentliche, denn nur damit floriert die Wirtschaft auch, sind die Konsumen­tinnen und die Konsumenten.

Das heißt, jeder Einzelne muss in die Lage versetzt werden, tatsächlich Produkte an­zukaufen, Einkäufe zu tätigen, damit Unternehmungen ihre Produkte an den Mann/an die Frau bringen können, sogenannter Konsumkreislauf. Damit können im Prinzip Ar­beitsplätze abgesichert beziehungsweise mitunter auch neu geschaffen werden. Das heißt, in einem weiteren Schritt muss natürlich dieses Paket folgen.

Sie wissen, dass meine Fraktion absolut dafür ist, auch ganz intensiv dafür eingetreten ist, dass die Steuerreform vorgezogen wird. Mit gutem Willen könnten, wie ich meine, Vorschläge, die bereits auf dem Tisch liegen, bereits zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft gesetzt werden. Es gibt eine Menge von Vorschlägen. Da ist, wie gesagt, die Poli­tik aufgefordert, jene Maßnahmen, die am besten den Konsum ankurbeln, auch umzu­setzen.

Ich möchte speziell auf ein paar Redebeiträge eingehen, in denen thermische Sanie­rung angesprochen wurde. Ich weiß, dass das ein ganz besonderes Anliegen ist, nicht


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nur von den Grünen, sondern auch von mir. Es liegt mir sehr viel daran, dass in den letzten Jahren sehr viel in diesem Bereich getan worden ist, insbesondere was For­schung und Entwicklung betrifft, was grundsätzlich die Basis für Weiterentwicklungen darstellt. Ich darf in Erinnerung rufen, unser Programm ... (Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.) – Das gibt es nicht nur in Niederösterreich, sondern im Prinzip in ganz Österreich. Es gibt natürlich auch sehr, sehr fortschrittliche Länder. Da muss ich ganz besonders eine Lanze für Vorarlberg brechen, wo Passivhäuser mittlerweile einen sehr hohen Standard haben. Aber trotzdem glaube ich, dass wir mit der Beistellung von speziellen Forschungsmitteln grundsätzlich das technische Know-how haben, daran aber selbstverständlich weitergearbeitet werden muss.

Ich stimme mit Ihnen überein, dass natürlich auch Anreize gesetzt werden müssen. Diese Anreize können aber aufgrund einer noch wesentlich stärkeren Ausweitung der Wohnbauförderung umgesetzt werden. Dies soll einen stärkeren Anreiz für jene Haus­besitzer, Hausbauer darstellen, die auch investieren. Das derzeitige System ist zwar wieder ein besserer Schritt in Richtung Angleichung, aber ich bin schon davon über­zeugt, dass es noch zu wenig ist, um vor allem junge Menschen oder jene, die ein Heim errichten, tatsächlich dazu zu bewegen, in Energieeffizienz zu investieren, auch wenn die Errichtungskosten ein bisschen höher sind. Man muss viel, viel stärker die Betriebskosten mit einbeziehen. Das geschieht leider Gottes noch zu wenig; darin stim­me ich mit Ihnen überein.

Es gibt aber schon einen Punkt – das betrifft umweltrelevante Maßnahmen –, wo Mittel bereitgestellt werden; diese fließen selbstverständlich in Forschungs- und Entwick­lungsprojekte, in technische Weiterentwicklung von, wie gesagt, Projekten, die Energie und Energieeffizienz betreffen.

Zur Kreditgebühr, die Herr Bundesrat Kneifel hier angesprochen hat: Selbstverständ­lich wissen wir, dass das auch ein Teil sein kann, der mitunter in einer Steuerreform, in einem Paket mitgeschnürt werden sollte. Diesen Vorschlag gibt es schon seit vielen Jahren, das hätte auch schon umgesetzt werden können, wobei man da aber realis­tisch sein muss: Das ist Geld, das der Staat einnimmt. Das heißt, der Staat müsste auf diese Geldeinnahmen verzichten. – Das ist also bis dato nicht geschehen, aber ich meine auch, man sollte sämtliche Vorschläge auf den Tisch legen und sollte die opti­malen auswählen, also jene, mit denen man die besten Effekte erzielen kann.

Kollege Kneifel, du hast ja auch den Fall AUA angesprochen – und da muss ich dir schon widersprechen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie kennen meine Meinung zur AUA. Ich widerspreche niemandem hier im Saal, der der Meinung ist, dass es in Bezug auf die AUA wirklich und absolut eine Reihe von Fehlentscheidungen gegeben hat. Diese haben damit begonnen, dass, wie gesagt, die Situation der AUA in früheren Jahren nicht schlecht gewesen ist, dass aber durch die Hereinnahme von Lauda auch die AUA mit großen finanziellen Belastungen bedacht wurde, dass andere Airlines ein Hedging abgeschlossen haben gegen steigende beziehungsweise schwan­kende Kerosinpreise, dass selbstverständlich auch Fluglinien gestrichen wurden, wo andere durchaus gewinnbringend fliegen, und so weiter.

In Bezug auf die AUA gibt es also eine Reihe von Entscheidungen, die meines Erach­tens in die absolut falsche Richtung gelaufen sind. – Ich würde mir aber nicht anma­ßen, pauschal zu sagen, dass der Staat ein schlechter Unternehmer ist, denn gerade diese internationale Finanzkrise ist Beweis dafür, dass es auch Unternehmungen gibt, private Unternehmungen eben, die durch Spekulationen sehr wesentlich zu dieser Mi­sere beigetragen haben – und dann der Ruf nach Rettung durch den Staat doch ein sehr lauter ist.

Da muss man schon unterscheiden: Es mag Bereiche geben, wo durchaus, Herr Bun­desrat Kneifel, deine Begründung, das sollen Privatunternehmen machen, völlig korrekt


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ist (Zwischenrufe bei der ÖVP), aber es gibt eben auch Bereiche, wo ich absolut über­zeugt davon bin, dass es gut ist, dass im Endeffekt der Staat durchaus Mitsprache- be­ziehungsweise Eigentumsrechte hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Folgendes ist mir nur wichtig in dieser ganzen Diskussion – Sie wissen, dass gestern im Ministerrat der Beschluss verabschiedet wurde, diesen Privatisierungsauftrag zu verlängern beziehungsweise von der AUA bis zu 500 Millionen €, wenn es notwendig ist, an Staatsschulden zu übernehmen –, und ich möchte ganz speziell darauf hinwei­sen: Man kann es sich nicht so einfach machen und sagen, okay, man gibt nichts, dann geht das Unternehmen halt in Konkurs! Zu bedenken ist, dass in diesem Unter­nehmen insgesamt 8 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind!

Wenn man das Umfeld Flughafen, wenn man die Betriebe, die dort angesiedelt sind, wenn man die gesamte Luftfahrtindustrie mit einbezieht, dann reden wir von rund 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und ich meine, dass das eigentlich Grund genug ist, da eine entsprechende Unterstützung zu geben.

Ich habe jedenfalls die Erwartungshaltung, dass durch diese Verlängerung der Ver­handlungen mit allen Interessenten, die in diese zweite Verfahrensphase gekommen sind, Gespräche geführt werden. Das ist meine Erwartungshaltung. Und ich hoffe, wie gesagt, dass schlussendlich dann eine Situation herauskommt, die es ermöglicht, dass der Standort Wien gesichert ist. Ich sage aber auch dazu, wenn das nicht möglich ist, dann muss die Politik weitere Maßnahmen setzen. Das ist, wie gesagt, eine Entschei­dung, die wir derzeit noch nicht eruieren können.

Zu den hier geäußerten Meinungen bezüglich Schulden und Staatsverschuldung: Ich glaube auch, dass es in einer derartigen Situation ganz wesentlich ist, rasch zu reagie­ren. Niemand kann aber sagen, was in einem Monat ist; das können wir zum derzeiti­gen Zeitpunkt nicht vorhersehen.

Ich bekenne mich auch dazu, dass es selbstverständlich immer Ziel sein muss, in Rich­tung ausgeglichenes Budget zu handeln, dass aber, wenn solche Situationen eintreten, es einfach so ist, dass man aktiv tätig werden muss, dass man Investitionen tätigt, denn das ist die einzige Antwort, um dieser Situation entgegenzuwirken.

Ich möchte das anhand eines ganz einfachen Beispiels erläutern: Wenn es einem Be­trieb nicht gut geht, weil er einfach zu wenig Aufträge hat, dann wird sich dieser sicher­lich nicht zurücklehnen und sagen: Na schauen wir einmal, was passiert!, sondern ganz im Gegenteil: Ein solcher Betrieb wird aktiv werden, man wird dort die gesamte Kundendatei durchkrempeln, Schreiben formulieren, Kundenbesuche tätigen, um wie­der zu dem einen oder anderen Auftrag zu kommen. – Und ich glaube, darum geht es: solche Investitionen zu tätigen, die tatsächlich positive Effekte auf die Realwirtschaft haben.

Diese Maßnahmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dienen eben dazu, den KMUs zu helfen. Und wenn hier Maßnahmen in Bezug auf Schiene und Straße ange­führt werden, ist es mir schon auch wichtig, zu sagen, dass der größte Teil die Schiene betrifft, und zwar im Ausmaß von 700 Millionen €; das betrifft im Prinzip die Vorziehung von Schienen-Projekten. Das ist mir ganz, ganz wesentlich, weil das natürlich auch po­sitive Auswirkungen hat, insbesondere auf die Regionen vor Ort, aber vor allem auch in Bezug auf das Bestandsnetz, Überarbeitungen, Sanierungen und so weiter.

In diesem Zusammenhang erwähne ich beispielsweise den Bahnhofsumbau Melk, der da dabei ist, und dazu möchte ich schon betonen: Das wird sehr wohl von Unterneh­mungen aus der Region abgewickelt. Da haben KMUs die Chance, entsprechende Aufträge zu erhalten.

Übrigens – generell, wenn man sich diese Liste anschaut, und zwar quer durch alle Bundesländer –: Es sind das eher kleinere Projekte, weil diese natürlich auch rascher


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vorgezogen werden können. Ein Riesenprojekt, das ein entsprechendes Verfahren hat, das den Umsetzungsplan 2015 oder 2016 hätte, wäre ja niemals in dieser kurzen Zeit umsetzbar.

Bei kleineren Projekten, wo grundsätzlich sämtliche rechtliche Verfahren abgeschlos­sen sind beziehungsweise in diesem Ausmaß gar nicht erst notwendig sind, geht das natürlich etwas leichter.

Puncto Straße ist das eigentlich ein bescheidenes Programm; 200 Millionen € insge­samt, also je 50 Millionen € pro Jahr für entsprechende Instandsetzungsprojekte in Bezug auf Straßen. Es gibt nur ein einziges Neubauprojekt; das ist der Lückenschluss der A5. (Zwischenruf bei den Grünen.) – Ich kenne Ihre Einstellung dazu im Prinzip, glaube aber trotzdem: Wenn man sich die Verkehrszahlen anschaut, 24 000 bis 41 000 Kfz täglich, und zwar in einem Zeitraum von 24 Stunden, muss man sagen: Es macht auch dieser Lückenschluss, nämlich Vollausbau, Sinn. Das ist aber, wie gesagt, der einzige Neubau; alle anderen Maßnahmen betreffen rein bestehende Strecken, die abschnittsweise saniert werden.

Meiner Überzeugung nach ist das also ein wichtiger Bereich, denn Sie wissen: Wenn die Bauwirtschaft Probleme hat, dann hängt ein ganzes Bündel von Unternehmungen dran. Ich denke schon, dass es bei Maßnahmen zur Konjunkturbelebung durchaus be­rechtigt ist, dass diese Projekte vorgezogen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun zum Thema Steuerreform. Da habe ich große Hoffnungen, dass unter Mitarbeit aller im Parlament vertretenen Fraktionen ein Paket geschnürt werden kann, das den Konsumentinnen und Konsumenten tatsächlich mehr an finanziellen Mitteln übrig lässt. Ich möchte aber schon darauf hinweisen: Auch das Paket, das am 24. September 2008 im Nationalrat verabschiedet wurde, stellt einen Beitrag zur Konjunkturbelebung dar. Denken Sie beispielsweise nur an die Erhö­hung des Pflegegeldes, denken Sie an die Pensionserhöhungen, wobei da auch ein Heizkostenzuschuss mit integriert ist. Denken Sie weiters daran, was auch die einzel­nen Länder geben, denn das ist auch ein Beitrag, allerdings eben noch nicht in dem Wissen, was wenige Wochen danach eintreten wird.

Vollkommen unterstütze ich die Anregung, dass auch Länder Konjunkturpakete – wie das hier von Bundesrat Klug angesprochen wurde – initiieren. Ich höre, dass das mitt­lerweile in den Bundesländern geschieht; natürlich auch Gemeindekonjunkturpakete. Ich meine, da sind wirklich alle Gebietskörperschaften aufgerufen, aktiv zu werden, weil das speziell natürlich der regionalen Wertschöpfung entgegenkommt.

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, dass das, was vier Ministerien gemeinsam ausgearbeitet und in diesem Konjunkturbelebungspaket zusammengefasst haben, ein ganz wesentlicher und wichtiger Schritt ist, um dieser ganz schwierigen Situation entgegenzutreten. Das darf aber nicht der letzte Schritt sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

15.19


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Preiner. – Bitte.

 


15.19.49

Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Und vor allem auch: Sehr ge­ehrte anwesende Jugendliche hier im Bundesrat! – Es ist nicht uninteressant, wenn es jetzt, während einer Plenarsitzung, zu ein bisschen Bewegung kommt; das schadet si­cherlich nicht.


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Ich glaube, das Konjunkturbelebungspaket, das wir heute diskutieren und anschlie­ßend, wie ich hoffe, mit entsprechend großer Mehrheit auch beschließen werden, ist die Grundlage dafür, dass die Jugendlichen bei uns in Österreich eine entsprechend solide Basis bekommen, um positiv in die Zukunft blicken zu können. Wir haben Gäs­te – Schüler, denke ich – bei uns in der laufenden Plenarsitzung, bezüglich deren Zu­kunft es darum geht, dass die Perspektiven für die Jugendlichen entsprechend positiv ausschauen, aber nicht nur, indem es eine vernünftige schulische Ausbildung gibt, son­dern auch, indem die Lehrlingsausbildung in Österreich zahlenmäßig gesichert ist und vor allem auch die Jobs entsprechend gesichert sind. Das, so denke ich, ist nicht un­wichtig für die Jugendlichen hier in Österreich, und ich meine, sie sollen auch sehen, dass die Politiker sich ernsthaft darüber Gedanken machen.

Des Weiteren darf man, wie ich darüber hinaus glaube, am heutigen Tage nicht den ur­sächlichen Auslöser für das zu beschließende Konjunkturpaket übersehen: Das ist eben die internationale Finanzkrise, die von den USA ausgegangen und über den gro­ßen Atlantik nach Europa, unter anderen Ländern auch auf Österreich, überge­schwappt ist.

Ich erinnere mich an die Sendung „Bürgerforum“, die der ORF gestern ausgestrahlt hat, wo ich teilweise erschüttert die Schilderungen verfolgt habe, wie Menschen sehr viel Kapital in diversen Aktiengeschäften verloren haben und sehr stark persönlich da­von betroffen waren, weil fast ihr ganzes erspartes Geld „den Bach hinuntergegangen“ ist.

Das Zweite, das auch angesprochen wurde und sehr erschütternd ist, war, dass sehr viele Pensionistinnen und Pensionisten Geld in Pensionsfonds und Pensionskassen angelegt haben, das zum größten Teil bereits nicht mehr greifbar ist. Wir alle hoffen natürlich, dass sich die Konjunktur – nicht nur national in Österreich oder auf Landes­ebene, sondern auch international – wieder so weit erholt, dass diese Aktienkurse in Bälde wieder steigen.

Herr Bundesrat Kneifel hat vorhin gemeint, die Mandatare würden das Richtige tun. – Diesen Ausspruch möchte ich natürlich unterstreichen, ich hoffe aber, dass auch die Manager, die für diverse Transaktionen verantwortlich sind, das Richtige tun, und zwar gegenwärtig und in Zukunft das Richtige tun. – Dass das in der Vergangenheit nicht immer so der Fall gewesen ist, zeigt eben, wie ich glaube, gerade diese Vergangen­heit.

Experten haben bereits in den Vorjahren davor gewarnt, dass leichtfertige Kreditverga­ben von US-Banken und daraus resultierende Spekulationsgeschäfte übel ausgehen könnten – was ja auch passiert ist, weil US-Banken aus Immobilienforderungen eigene Wertpapiere bastelten, deren Sicherstellung aber fast oder gänzlich fehlte. Diese spe­kulativen Produkte wurden dann weltweit verkauft und standen am Beginn einer klassi­schen Finanzkrise, die im Dominoeffekt nicht nur auf Europa, sondern auch auf Asien übergriff. Darüber hinaus bedrohten fallende Aktienkurse die Eigenkapitaldecke etlicher Banken, was in jüngster Vergangenheit die eine oder andere Pleite nach sich zog.

Den Regierungen in der Eurozone blieb daher nichts anderes übrig, als ein Rettungs­paket zu beschließen und mit staatlichen Eingriffen Banken zu retten, entweder mit Staatsgarantien für Kredite der Banken untereinander oder auch durch Verstaatlichun­gen, sodass vor allem die privaten, kleinen Spareinlagen gesichert wurden und damit gesichert sind – die Frau Staatssekretärin und auch einige Vorredner haben das be­reits angesprochen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auslöser dieser immensen Finanzkrise waren aber schon fast kriminelle Machenschaften diverser Finanz- und Bankmanager, die immer höhere Gewinne und höhere Gewinnausschüttungen im Auge hatten; zugleich belohn-


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ten sie sich aber selbst mit entsprechenden Spitzengagen – deren Höhe ist aus diver­sen Medien bekannt. Hier hat die Bankenaufsicht sowohl in den USA als auch bei uns in Europa kläglich versagt.

Es ist daher, so denke ich, höchst an der Zeit, dass hochriskanten Spekulationsge­schäften und deren Managern ein Riegel vorgeschoben wird, Letztere aber auch zur Verantwortung gezogen werden. Das kann, wie ich meine, nur auf Basis einer entspre­chenden Reform auch der FMA, der Finanzmarktaufsicht, im nationalen und internatio­nalen Bereich erfolgen.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass 1989 der Kommunismus sein damals eher abruptes Ende fand – mit der jetzigen internationalen Finanzkrise findet hoffentlich auch der Neoliberalismus sein Ende, sodass zukünftig wieder die Menschen im Mittel­punkt des Handelns von so genannten Nadelstreif-Managern stehen. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.)

Dass ein einzelner Staat gegen internationale Entwicklungen nicht viel ausrichten kann, sehen wir gegenwärtig in Ungarn: 20 Milliarden Zuschuss seitens des IWF und darüber hinaus die Ankündigung einer Kürzung der Beamtengagen und -pensionen. Meiner Meinung nach hat die EU zumindest mit ihrer jetzigen Vorgangsweise ihre Be­währungsprobe be- und klarerweise auch überstanden.

Gemeinsames Ziel aller Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise kann unter anderem nur der Schutz der Finanzsysteme und der Spareinlagen, die Sicherung der Arbeits­plätze und der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sein. Daher ist die Zusammenarbeit in Europa und klarerweise in engerem Sinne in der EU besonders wichtig. Auch der Euro, so denke ich, hat bereits, jetzt in dieser krisengeschüttelten Zeit, seine Bewährungs­probe bestanden.

Wichtig ist weiters, dass die europäischen Interessen gegenüber den USA, aber auch gegenüber Asien gemeinsam erfolgreich vertreten werden.

Kolleginnen und Kollegen! Die Krise ist, wie ich meine, bei Weitem noch nicht im Griff, wie das manche vielleicht schönreden wollen. Ich stimme hier mit Wifo-Chef Aiginger überein, dass die Maastricht-Kriterien für die EU-Staaten kurzfristig außer Kraft gesetzt werden sollten. Ich denke, die 3-Prozent-Grenze sollte überschritten werden – dieser Aussage ist auch Kommissionspräsident Barroso vor Kurzem nähergetreten.

Des Weiteren ist es notwendig, gegen die Ausweitung der Budgetdefizite weiterhin vor­zugehen, zum Beispiel auch durch Teilverstaatlichung von Banken; auch die Einfüh­rung einer weltweiten Finanztransaktionssteuer hat selbstverständlich Priorität.

Die gegenwärtige Finanzkrise hat natürlich auch – und darüber, glaube ich, brauchen wir nicht zu diskutieren – konkrete Auswirkungen auf die reale Wirtschaft, und zwar nicht nur in Europa, sondern auch hier in Österreich; denken wir zum Beispiel nur an den Finanzbedarf der „Constantia“ oder der „Kommunalkredit“, der Förderstelle für die Gemeinden: 200 Millionen € sind einfach in Island verschwunden! Dabei möchte ich, auch als Kommunalpolitiker, schon hinterfragen, was diese 200 Millionen € der ÖKK in Island zu suchen hatten.

Was die AUA betrifft, wurde heute schon einiges gesagt. – Ein Minus von 125 Millio­nen € im Jahr 2008 ist natürlich sehr viel, und damit noch nicht genug, habe ich auch noch die Aussage von Vorstand Ötsch in Erinnerung, als dieser gemeint hat, die AUA sei gerettet! – Mit der Verlängerung der Verkaufsfrist bis Ende 2008 kann ich mich sehr gut anfreunden. Ich denke, in der jetzigen Situation, der derzeitigen Finanz- und Kon­junkturlage ist das auch der einzig vernünftige und richtige Schritt.

Es ist ein bisschen eigenartig, wenn von ÖIAG-Seite, von Herrn Michaelis, verlautet, dass es notwendig ist, seitens des Staates noch 500 Millionen € nachzuschießen, um


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überhaupt verkaufen zu können. – Ich persönlich glaube diesbezüglich, und Gesprä­chen mit sehr vielen Bürgerinnen und Bürgern kann man das auch entnehmen, dass die Verantwortlichkeit der Manager in diesem Bereich gleichfalls entsprechend zu hin­terfragen ist, letzten Endes geht es aber – und die Frau Staatssekretärin hat das expli­zit angesprochen – um die Arbeitsplätze von 50 000 Menschen aus der Region.

Nicht nur im Automobilbereich greifen Kurzarbeit und Stellenabbau bereits um sich. Die Arbeitslosigkeit wird in den nächsten Jahren wieder steigen. 2009 liegt das Wirtschafts­wachstum laut Wifo bei 1 Prozent – und das ist noch sehr optimistisch gesehen, wahr­scheinlich liegt es etwas darunter.

Die Wirtschaftskrise, so denke ich, ist zugleich aber auch die Chance, das Diktat des Neoliberalismus zu beenden. Ich wiederhole mich bewusst: Es muss wieder – nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft – der Mensch im Mittelpunkt des Han­delns stehen, es muss daher Geld dort investiert werden, wo es den Menschen etwas bringt, und das ist im Burgenland bereits erkannt worden.

Dies ist aber nicht nur erkannt worden, sondern man hat in der letzten Landtagssitzung auch entsprechend gegengesteuert – um hier noch einige regionale Aspekte des Bur­genlandes in die Diskussion einzubringen und um auch eine Antwort auf die vorhin von Herrn Kollegen Perhab gestellte Frage zu geben. – Der Landtag hat ein Maßnahmen­paket beschlossen, das zugleich das größte jemals im Burgenland beschlossene Wirt­schaftsförderungspaket ist (Bundesrat Perhab: Bravo!), und zwar im Ausmaß von 130 Millionen € für die kommenden beiden Jahre, also die Jahre 2009 und 2010. Somit ist das kleine Bundesland Burgenland im Vergleich zur Steiermark und zu Vorarlberg doch Spitzenreiter, was die regionalen, landeseigenen Maßnahmenpakete zur Bele­bung der Konjunktur anlangt! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) – Wer hätte das gedacht?! Dazu kommen natürlich noch entsprechende Fördermittel des Bundes und der EU.

Schwerpunkt in diesem burgenländischen Konjunkturpaket ist die Wohnbauförderung, wofür allein im Jahr 2009 ein Betrag von 143 Millionen € vorgesehen ist. Dadurch wird die vierfache Summe an Gesamtinvestitionen im Bau- und im Baunebengewerbe aus­gelöst, was ein direkter und wichtiger Impuls für Wachstum und Beschäftigung ist.

Für Investitionen im Infrastrukturbereich sind 70 Millionen € vorgesehen, und zwar auch für das Vorziehen wichtiger Straßen- und Schienenprojekte. Das ist auch dadurch möglich, dass das Burgenland entsprechend selbst vorfinanziert, Projekte gemeinsam mit dem Bund in Angriff nimmt und umsetzt.

Dieses Maßnahmenpaket trägt zusätzlich zu dem heute zu beschließenden Konjunk­turbelebungspaket wesentlich zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Burgenland bei. In diesem Zusammenhang bin ich dir, Kollege Schennach, dankbar, dass du das wirklich sehr positive Beispiel des südburgenländischen Raumes, des Raumes Güssing, ange­sprochen hast (Bundesrat Schennach: Ist ja richtig, oder?), wo es tatsächlich so ist, dass dieser eine Parade-Region ist, wenn es darum geht, alternative Energieanlagen zu positionieren – aber nicht nur in der Theorie zu positionieren, sondern auch in der praktischen Umsetzung bereits seit Jahren erfolgreich zu sein.

Das heute zu beschließende Konjunkturbelebungspaket ist ein weiterer Schritt seitens des Staates zur Stärkung der KMUs und zur Sicherung von Arbeitsplätzen. Es ist ein wesentlicher Punkt, um in Zukunft der steigenden Arbeitslosigkeit etwas entgegenset­zen zu können beziehungsweise diese zumindest zu verringern.

Wesentliche Inhalte unseres Konjunkturmaßnahmenpakets wurden schon angespro­chen – ich möchte hier nur auf einige wenige, mir persönlich wichtige Bereiche zu spre­chen kommen.


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Je 1 Milliarde € für KMUs 2009 und 2010, um den Betrieben Kapital zur Verfügung zu stellen, ist meiner Meinung nach richtig.

Die KMUs werden auch durch Haftungen seitens des Staates unterstützt, um leichter Kredite zu bekommen. Bei einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 8,2 Prozent für Kleinstunternehmen und einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von zirka 17 Prozent bei kleineren Unternehmen ist diese Maßnahme, so denke ich, existenzsi­chernd, und ich kenne etliche Betriebe, die in diese Kategorie fallen.

Weiters werden Infrastrukturmaßnahmen durch Investitionen in den Ausbau von Schie­ne und Straße in Höhe von in Summe je 240 Millionen € in den kommenden vier Jah­ren vorgezogen – nicht nur im Burgenland, sondern auch bundesweit –, um Arbeits­plätze zu erhalten und diese auch zu sichern.

Durch die Erhöhung der staatlichen Förderung der Bemessungsgrundlage beim Bau­sparen von 1 000 € auf 1 200 € werden, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, zusätzli­che Anreize für die Bauwirtschaft gegeben. Dadurch können für Konsumenten leichter und vermehrt Wohnbaukredite mit nach oben gedeckelten Zinsen angeboten werden – durch diese Zinsdeckelung erhalten auch Personen mit geringerem Einkommen Zu­gang zu günstigeren Wohnbaukrediten.

Des Weiteren soll eine Gratiszuteilung von CO2-Emissionszertifikaten für energieinten­sive Betriebe erfolgen und – in Anlehnung an die Position Deutschlands – in der Emis­sionshandelsrichtlinie der EU fixiert und festgeschrieben werden.

Kolleginnen und Kollegen! Zusammenfassend geht es, wie ich meine, darum, die klei­nen und mittleren Unternehmen zu stärken sowie durch Investitionen in die Infrastruk­tur, den Hochbau oder den Wohnungsbau Jobs zu sichern und steigender Arbeitslosig­keit vorzubeugen, aber auch die Inlandsnachfrage zu stärken – das ist ein wesentlicher Bereich, den man, auch wenn Österreich ein Exportland ist, natürlich nicht übersehen darf – sowie allgemein die Kaufkraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzu­sichern, was, so meine ich, nur durch einen Lohnabschluss für das kommende Jahr 2009 nicht unter der jetzigen Inflationsrate nachhaltig möglich ist.

Weiters ist die Erhöhung der Ausgaben für öffentliche Investitionen, für den Ausbau und die Sanierung von Kindergärten, Schulen und Universitäten, sind Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden ein notwendiger und wichtiger Schritt, um explodierende Arbeitslosenzahlen in die Schranken zu weisen – einiges wurde heute hier bereits explizit angesprochen.

Leider – und ich glaube, diesbezüglich sind wir uns in diesem Saal eigentlich einig – gibt es keine Rezepte gegen die aktuelle Krise, auch nicht dagegen, dass die reale Kaufkraft unter Umständen sinkt, aber wir sind mit den Maßnahmen, mit dem Konjunk­turpaket auf dem richtigen Weg. Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung – wei­tere werden folgen müssen!

Geschätzte Damen und Herren, damit bin ich bereits am Ende angelangt. (Heiterkeit.) Ich hoffe, dass sich die österreichische Wirtschaft und auch die Aussichten der Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer auf Grundlage des heute zu beschließenden Konjunk­turbelebungspaketes in den nächsten Jahren entsprechend positiv entwickeln werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

15.36


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Rede­zeitbeschränkung ist eine freiwillige. Ich bedanke mich bei all jenen Kolleginnen und Kollegen, die sich auch daran halten. (Ruf: Niemand!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 



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15.36.35

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­schätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen, denn so oftmalige Wiederholun­gen brauchen wir, glaube ich, alle zusammen nicht.

Wir kennen die Problematik. Für uns ist entscheidend, dass dieses Konjunkturpaket gemacht wird, Frau Staatssekretärin, obwohl viele Begleitumstände, die dieses über­haupt notwendig gemacht haben, sehr negativ waren und sind, und diese sollte man auch beleuchten.

Zum Konjunkturpaket: Die negative Entwicklung ist schneller gekommen, als wir alle es uns gedacht haben – es gibt bereits eine Finanzkrise, eine Wirtschaftskrise, eine Ener­giekrise, ein rückläufiges Wachstum. Vor allem betroffen sind die vielen Bezieher klei­ner und mittlerer Einkommen in Österreich, und das tut mir persönlich sehr, sehr weh, denn ich komme aus einer Region, in der die meisten Menschen bezüglich ihres Ein­kommens im mittleren Bereich angesiedelt sind: Es gibt die Tälerstruktur – die Kärntner Struktur ist eben eine Tälerstruktur –, die Arbeitsplätze sind bis zu 80 und 100 Kilome­ter entfernt, dazu kommt das Pendlerproblem und so weiter.

Wenn es eine finanzielle Schlechterstellung gibt, Frau Staatssekretärin, vom Bund, von den Ländern, treffen auch uns in den Gemeinden die Folgen, und wir in den Gemein­den haben das schon gespürt: Die letzten Jahre waren für uns nicht mehr so, wie sie es vorher waren, sondern man hat die Schrauben immer mehr angezogen. (Bundesrat Perhab: Und trotzdem warst du für die Mehrwertsteuersenkung!?)

Daher ist es notwendig, dass heute dieses Paket beschlossen wird, dass Maßnahmen gesetzt und Investitionen vorgezogen werden, damit die Konjunktur läuft, damit letzten Endes weitere Investitionen getätigt werden und die Menschen schlussendlich in Be­schäftigung bleiben. Aber, sehr geehrte Frau Staatssekretärin, wenn Fachexperten sa­gen, dass 1 Milliarde € für die Ankurbelung viel zu wenig sei und dass mindestens 5 bis 6 Milliarden € notwendig wären, um überhaupt von einer Ankurbelung zu reden, dann müssen Sie uns sagen, wie es weitergehen soll!

Sie haben vorhin gesagt, die Experten sind nicht einmal in der Lage, einen Monat im Vorhinein eine Prognose abzugeben. Deshalb frage ich mich: Wofür haben wir die gro­ßen Wirtschaftsexperten, die wir finanzieren, die in die weite Welt reisen und eigentlich mit Daten zu uns kommen sollten, die doch Monate vor der jeweiligen Entwicklung eine Vorhersage ermöglichen sollten?

Eine vorgezogene Steuerreform, Frau Staatsekretär, haben Sie auch nicht angeschnit­ten. Das wäre meiner Meinung nach unbedingt notwendig. (Bundesrätin Blatnik: Hat sie! Bundesrat Schennach: Das hat sie schon gesagt! – Bundesrat Stadler: Da warst du draußen!) Aber nicht rasch. „Rasch“ hat sie nicht gesagt. (Bundesrat Schennach: Was ist der Unterschied zwischen „vorgezogen“ und „rasch“? Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Vielleicht habe ich dort etwas geschrieben, das ist möglich.

Frau Staatssekretärin, vor einer Woche haben wir von einer Banken-Milliarde gespro­chen. (Bundesrat Schennach: 100 Milliarden!) Rasch, über Nacht hat das passieren müssen. Heute reden wir von 1 Milliarde für die Ankurbelung der Konjunktur. (Bundes­rat Schennach: Na, so viel war es nicht!) Morgen (Bundesrat Stadler: Morgen sind wir gar nicht da!) – ich sage Ihnen, nächste oder übernächste Woche kommen wir zusam­men; so kurzfristig wirtschaften wir offensichtlich in Österreich – werden wir ein Paket bezüglich AUA-Schulden beschließen müssen. Das wird ja auch noch kommen. Und übermorgen geht es dann um das Schuldenpaket der ASFINAG.

So ist die Politik von heute, liebe Freunde, und das sollte nicht sein. Wir haben den An­spruch – und ich denke, die österreichische Bevölkerung hat das Recht darauf –, dass


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eine langfristige Politik gemacht wird, die nachvollziehbar ist und die die Menschen auch mittragen können.

Aber so, wie das jetzt läuft, kann es doch nicht weitergehen: Die Ausschüsse können kaum mehr tagen, die Bundesregierung setzt über Nacht etwas auf die Tagesordnung, die 183 Nationalräte müssen dann hüpfen, ob sie wollen oder nicht. Sie haben keine Zeit zur richtigen  (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja, Freunde, das ist leider so. Und wir sollten uns das eigentlich nicht bieten lassen, was man mit uns macht. Jede Mög­lichkeit zur Verbesserung sollte von uns beraten und ausdiskutiert werden, und wir soll­ten schauen, ob es bessere Möglichkeiten gibt. (Bundesrat Schennach: Aber du stimmst zu, oder?) Ja, würde ich sagen. (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren, wenn wir heute Probleme haben, dann gibt es eine staatli­che Aufsicht. Jeder von uns ist im Bankengeschäft, jeder von uns ist als Genossen­schafter irgendwo verankert. (Rufe bei der ÖVP: Nein! Nicht jeder! Bundesrat Edgar Mayer: Ich bin nicht im Bankengeschäft!) Ich gehöre zu denen, die im Genossen­schaftsbereich sehr stark verankert waren, als Obmann einer großen Molkerei mit 70 Mitarbeitern. Liebe Freunde, aber wir haben eine Revision gehabt, eine Bilanz und auch eine Vorschau, und wir haben nicht einfach über Nacht gesagt, wir müssen den Laden zusperren.

Ich frage mich also, wie das eigentlich möglich ist: Da gibt es eine Finanzaufsicht, da gibt es Eigentümervertreter, und dann kommen all diese Sachen zum Vorschein, die für uns fast nicht nachvollziehbar sind.

Dazu kommt noch, dass die Belastungen der Bürger stark zunehmen und dass die Bürger die Teuerung bei Lebensmitteln, Benzin, Heizen und Mieten nicht verstehen. Die Bürger fragen sich, ob wir da keine Alternativen anzubieten haben. Sie fragen sich, wie das möglich ist und warum die Bundesregierung so schwerfällig ist und nicht han­delt. Das sind die Fragen der Bürger, mit denen wir täglich konfrontiert sind.

Frau Staatssekretärin, eine sofortige Maßnahme wäre der vom BZÖ-Nationalratsklub eingebrachte Vorschlag über den 200-€-Steuerbonus-Scheck, den man den betroffe­nen Bürgern geben könnte. Warum wird das abgelehnt? Das ist meine Frage. (Bun­desrat Mag. Klug: Das liegt ja auf der Hand! Das ist wieder Gießkanne!)

Ich meine, mit solchen Aktionen könnte man viele Österreicherinnen und Österreicher unterstützen. Es gibt ja schon 800 000 bis 1 Million solcher Bürger, die nicht mehr wis­sen, wie sie am nächsten Tag ihre notwendigsten Bedürfnisse decken, also zum Bei­spiel Milch oder Strom bezahlen sollen. Daher gibt es daran von unserer Seite, Frau Staatssekretär, eine gewisse Kritik, dass man bei all dem so lange zuschaut und nicht rechtzeitig handelt.

Frau Staatssekretärin, ich frage mich auch Folgendes: Da gibt es in Kärnten eine Bank (Rufe bei der ÖVP: Hypo Alpe Adria!) – nein, brauchen wir nicht! –, die Bank „Auer von Welsbach“ – eine Bank mit einem klingenden Namen. Interessanterweise hat die „Auer-von-Welsbach“-Gruppe den Gewerbeschein für das Bankgeschäft bekommen. Es ist auch eine staatliche Aufsicht dort gewesen. Liebe Freunde, passt jetzt auf: Die kleinen Einleger kriegen nämlich plötzlich gar nichts mehr, nicht einmal einen Gro­schen. Und hinter dem Haus und hinter der See-Villa stehen die Mercedes. So macht man die Pakete: dass der Kleine nichts kriegt und solche Unternehmen sich aber ne­benbei bereichern! Freunde, und dazu sollen wir alle nichts sagen?! Das ist eine Tatsa­che, die nicht in Ordnung ist.

So wird es aber jetzt in dieser Situation vielen Österreichern gehen. Machen wir uns darüber nicht auch noch lustig! Es ist traurig genug, dass wir alle so lange zugeschaut haben. Der Staat hat zugeschaut, und die Aufsichtsorgane, die vom Staat eingesetzt worden sind, haben auch zugeschaut. (Bundesrat Hensler: Wo? Wer hat das ?)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe gesagt, ich werde nicht lange reden. Man könnte aber über diese Geschichten einen ganzen Tag lang reden, denn das ist sehr traurig für unsere Republik, was jetzt geschieht. Vieles geht nicht von Österreich aus, sondern die konjunkturelle Lage ist ja weltweit ein – gemachtes – Problem.

Wir in Kärnten, liebe Freunde, haben gestern eine Landtagssitzung abgehalten, und al­le Parteien im Landtag bemühen sich, in Zukunft ein Paket zu schnüren, damit wir den betroffenen Leuten helfen, indem wir den Umweltschutz fördern, uns um die Energie kümmern, einen Teuerungsausgleich zustande bringen, verbilligten Diesel abgeben, Schulgeld ausbezahlen und einen Ausbau der Touristikbetriebe, Straßenbau und Klein­gewerbeförderung betreiben. Jeder Unternehmer, der einen Arbeiter anstellt, soll 5 000 € kriegen. – Freunde, das sind Aktionen, die wir praktisch und schnell setzen können.

Zum Teuerungsausgleich: Voriges Jahr haben vom Teuerungsausgleich in Kärnten 20 686 Personen profitiert. Glaubt ihr, die gehen freiwillig hin, wenn sie es nicht not­wendig haben, und bedanken sich für 100 oder 150 €? – Nein, sondern es ist eine Not­situation.

Oder das Pendlergeld in Kärnten: Wir haben 110 000 Pendler, davon sind 34 000 an­spruchsberechtigt. Wir haben sie in drei Gruppen eingeteilt, und sie sind sehr froh, dass sie bis zu 100 € kriegen.

Solche Maßnahmen, Frau Staatssekretärin, könnten rasch ergriffen werden. Machen Sie sich Gedanken darüber, berufen Sie vielleicht einmal einen Arbeitsausschuss mit Betroffenen ein, bleiben Sie nicht in der Bundesregierung unter sich, und vergessen Sie nicht auf die Bürger! Danke schön. (Beifall der Bundesräte Mitterer und Mühl­werth.)

15.47


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Hensler zu Wort. – Bitte.

 


15.47.04

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin Christa Kranzl! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Es fällt mir sehr schwer, geschätzte Frau Staatssekretär, auf dein Statement etwas draufzusetzen, aber du hast sehr treffend erklärt, Vorarlberg ist Vorreiter im ökologischen Bauen und vieles mehr. – Ich möchte schon erwähnen, dass Niederösterreich da gravierende Maßnahmen gesetzt hat! (Beifall des Bundesrates Walter MayrBundesrat Schennach: Na, na! Bundesrat Gruber: Und erst Salz­burg!) Du weißt es selbst: Unser Landesrat Sobotka hat daran aktiv mitgearbeitet. Erlaube mir daher, dass ich das auch erwähne. (Staatssekretärin Kranzl: Ja! Bundesrat Gruber: Was wir erst in Salzburg machen!)

Hoher Bundesrat! Es gibt Bedenken, es gibt Ängste, es gibt Vorbehalte. Es herrscht eine Vertrauenskrise. – Das ist der Satz eines Österreichers, der ganz einfach die Fi­nanzmarkt- und die Realwirtschaft interpretiert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute steht das Konjunkturbelebungspro­gramm auf der Tagesordnung. Erlauben Sie mir, dazu etwas Persönliches zu sagen: Vor zwei Tagen habe ich die Debatte im Nationalrat sehr interessiert mitverfolgt – in dem Wissen, dass ich die Möglichkeit haben werde, heute im Bundesrat das Wort zu ergreifen. Ich sage Ihnen ganz frei heraus: Die heutigen Redebeiträgen waren mit de­nen im Nationalrat vor zwei Tagen identisch. Auch dort wurde – von Seiten der Frei­heitlichen Partei, von Seiten der Grünen – schlicht und einfach gesagt, es könnte mehr sein.


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Ich habe mir notiert, dass Einwände gekommen sind, 1 Milliarde € sei zu wenig, 5 bis 6 Milliarden € wären zielführend und zweckmäßig. Von einem „Mini-Paket“ wurde ge­sprochen, es wurde der Vergleich mit dem Elefanten und der Maus gezogen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wichtig ist – das möchte ich erwähnen –, dass ganz einfach den Klein- und Mittelbetrieben geholfen wird. Das ist der Grundge­danke dieses Paketes, und in diesem unmittelbaren Bereich Akzente und Impulse zu setzen, hat meiner Meinung nach schlicht und einfach Priorität in unserer Gesellschaft.

Folgende klare Feststellung möchte ich auch treffen: Die österreichische Bundesregie­rung – und ich möchte das, geschätzte Frau Staatssekretärin, auch so weitergeben – hat schnell, zielführend und zweckmäßig gehandelt. – Danke schön dafür. Ich ersuche, das auch dem Herrn Bundesminister Bartenstein weiterzugeben.

Das war also der erste Schritt im Bereich unmittelbare Stützung, nämlich eine Haftung in Höhe von 100 Milliarden €.

Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 100 Milliarden € also – und wie viel ist das eigentlich genau? Man muss in diesem Zusammenhang auch beden­ken: ein Staatsbudget von 80 Milliarden € – und nahezu 20 Prozent mehr macht diese Haftung aus! Das zeigt, wie zielführend diese Maßnahme ist, welch große Verantwor­tung die Bundesregierung für diesen Bereich übernommen hat.

Es war mehr als notwendig, da rasch zu handeln und dieses Banken-Paket zu schnü­ren, wobei diese Haftung von 100 Milliarden € zur richtigen Zeit und im europäischen Kontext beschlossen wurde. Das ist ganz einfach wichtig, und da hat es sich bewährt, dass unser Land Mitglied der Europäischen Union ist – und es hat sich auch gezeigt, wie gut diese Zusammenarbeit funktioniert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man den Finanzmarkt in der jetzigen Situation betrachtet, muss man schon sagen, wie unglaublich schwierig es wäre, müss­ten wir in Österreich jetzt mit dem Schilling kalkulieren; die gemeinsame Währung Euro hat sich da schon als großer Vorteil herausgestellt. Europäische Länder außerhalb der Eurozone – Schweden, Dänemark, Ungarn und Island – haben jetzt viel größere Pro­bleme. Unsere Probleme sind keine geringen, aber diese Länder haben eben noch viel größere.

Gleichzeitig wurde mit diesen 100 Milliarden € – das möchte ich auch noch erwähnen; die Frau Staatssekretärin Kranzl hat das aber auch sehr treffend angeschnitten – sozu­sagen ein Schutzschirm über die Sparerinnen und Sparer in Österreich gespannt. Das war wichtig, denn das bedeutet Sicherheit für die Menschen in unserem Lande.

Diese Bundesregierung hat die Weichen richtig gestellt, aber natürlich kann es dazu auch Einwände geben; wir haben diese ja gehört. Heute ist auch schon in Zeitungen gestanden, dass eine österreichische Bank bereits einen gewissen Betrag von diesen 15 Milliarden € zu lukrieren versucht. (Bundesrat Schennach: Zwei!) Zwei schon? Ich habe nur von einer gelesen. (Bundesrat Schennach: Die „Kommunalkredit“ ist die zweite!) – Ja, die „Kommunalkredit“ ist die zweite. Jedenfalls sieht man daran, wie wichtig diese Maßnahme war.

Meine Damen und Herren, mit dem Konjunkturpaket in Höhe von 1 Milliarde € setzen wir also den zweiten wichtigen Schritt. Wie ich bereits gesagt habe: Von meiner Warte aus ist das ein richtiger Schritt, denn es darf kein Überschwappen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft geben.

Sicherlich werden schwierige Zeiten auf uns zukommen, aber da bedarf es eben einer Kooperation, der Zusammenarbeit aller. Positiv erwähnen möchte ich in diesem Zu­sammenhang auch das Bundesland Niederösterreich. Vorredner haben ja sehr treffend


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darauf hingewiesen haben, dass alle Bundesländer Konjunkturpakete geschnürt ha­ben, was zweifelsohne wichtig, zielführend und zweckmäßig ist. Solche Konjunkturpa­kete dienen auch dazu – wie das ja die Bundesregierung intendiert hat –, diesen positi­ven Impuls weiterzugeben in Richtung Länder, in Richtung kleinerer Gemeinden. In Niederösterreich fließen daher 400 Millionen € in die Krankenhäuser, fließen beispiels­weise auch finanzielle Mittel in MedAustron oder in das Krankenhaus Wiener Neustadt, und so weiter und so fort.

Das alles stellt also einen unglaublich wichtigen Faktor dar, und zwar für jeden Einzel­nen von uns, eben gerade auch, was die Sicherheit anlangt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erlaube mir auch noch eine Stellungnah­me zum gleichzeitigen Vorziehen von Investitionen in ÖBB und ASFINAG.

Frau Staatssekretärin Kranzl, du hast gesagt – entschuldige, dass ich dich jetzt öfters erwähne; ich habe eben deinen Ausführungen hier sehr aufmerksam gelauscht –, es könnte auch mehr sein. (Staatssekretärin Kranzl: Alles könnte mehr sein!) Natürlich, es kann immer mehr sein, aber man muss schon sagen, welch wichtige Schritte das jetzt insgesamt sind.

Abschließend, Hoher Bundesrat, meine sehr geehrten Damen und Herren: In Öster­reich haben wir Gott sei Dank nach wie vor Vollbeschäftigung. 3,9 Prozent macht die Arbeitslosenrate aus, und mir ist bewusst, es wird sicherlich nicht einfach sein, diesen Stand zu halten. Wir haben also noch Vollbeschäftigung in unserem Lande, müssen aber diesbezüglich enorme Anstrengungen unternehmen. Einen hohen Lebensstan­dard haben wir in unserem Lande Gott sei Dank auch, dank all der fleißigen Österrei­cherinnen und Österreichern, die Tag für Tag sehr, sehr viel leisten und dazu eben stets entscheidend beitragen.

Wir in Österreich haben auch das vierthöchste Bruttoinlandsprodukt innerhalb der EU. Das alles sind sehr, sehr wichtige Kriterien. Ich meine daher, es ist jetzt wirklich an der Zeit, nicht die öko-soziale Marktwirtschaft zu verdammen und wieder nach Verstaatli­chung zu rufen, sondern wir sollten auch da unsere Stärke nutzen und gerade die Klein- und Mittelbetriebe fördern und in den Vordergrund stellen. Die KMUs haben Fi­nanzkraft in Bezug auf die Realwirtschaft, was zugleich auch im Interesse der Bürge­rinnen und Bürger liegt, denn Klein- und Mittelbetriebe sichern die Arbeitsplätze.

Wir von der ÖVP werden daher diesem Konjunkturpaket sehr gerne zustimmen. – Recht herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

15.56


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Schimböck. – Bitte. (Bundesrat Schennach: Kollege Schimböck! Wie ist das mit der Vollbeschäftigung?)

 


15.56.37

Bundesrat Wolfgang Schimböck, MSc (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vollbeschäftigung, Kollege Schennach, ist zu einem Gutteil den kleineren und mittleren Betrieben Österreichs zu verdanken. Hervorheben möchte ich auch – das ist ganz wichtig, Frau Staatssekretärin –, dass zum Konjunkturmotor sozusagen zweifelsohne auch unsere Gemeinden, Städte, unsere Kommunen zählen.

Ich habe eine Umfrage des Österreichischen Gemeindebundes hierher mitgenommen, die, wie ich meine, über den Dingen steht. Wenn ich mir da anschaue, was sich die Bürger und Bürgerinnen erwarten, muss ich sagen, dass das eigentlich sehr kostenin­tensive Dinge sind. – Dem Kollegen Schennach wird das Herz lachen und höher schla-


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gen, denn laut dieser Umfrage liegen ganz vorne, gleich hinter der Kinderbetreuung: Umweltmaßnahmen, weiters die Seniorenbetreuung sowie auch Maßnahmen in Bezug auf Infrastruktur, Abwasser, Müll und so weiter.

Das sind sozusagen die „Highlights“, was sich die Bürger und Bürgerinnen erwarten (Bundesrat Schennach: Das kriegen sie aber nicht!) – und das kostet natürlich. Umge­kehrt ist das aber auch eine Wirtschaftsspritze, denn egal, welcher Bürgermeister hier herinnen sitzt und sich das ansieht: Der Bürgermeister – das muss man schon beto­nen – ist derjenige, der der lokalen Wirtschaft Aufträge gibt – und das bedeutet wieder­um nicht nur Lebensqualität im Ort, sondern vor allen Dingen auch Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze im Ort, die wir ja ganz dringend brauchen.

Jetzt dazu, wie wir die Wirtschaft unterstützen müssen, natürlich auch ganz besonders die kleineren und mittleren Betriebe. – Wenn man hineinfragt, merkt man ja, wie vor­sichtig da jetzt alles umschrieben wird, auch von Mitarbeitern aus dem Ressort, indem es eben in Bezug auf die Vorgangsweise der Banken heißt: „vorsichtige Gestion“.

Frau Staatssekretärin Kranzl, Sie kommen selbst aus einem Mittelstandsbetrieb und wissen, dass oft Beträge in Höhe von 30 000, 50 000 oder 70 000 € über Sein oder Nichtsein eines mittelständischen Unternehmens entscheiden, wenn eben Geld ge­braucht wird, um irgendeine Maschine anzuschaffen, um eine kleine Halle zu bauen und so weiter. Da geht es oft um Betriebe mit nur zwei oder drei Beschäftigten, aber ich sage immer: Wenn es in einem Bundesland wie beispielsweise Oberösterreich rund 45 000 kleinere Betriebe gibt, und jeder von diesen beschäftigt nur fünf bis zehn Mitar­beiter, so ist das insgesamt eine große Zahl an Beschäftigten, jedenfalls ein Zahl, die es zu sichern gilt.

Für die stärkste Konjunkturspritze sorgen nun einmal die Konsumentinnen und Konsu­menten – und das funktioniert eben nur, wenn die entsprechenden Arbeitsplätze vor­handen sind. – Das zu deinem Einwurf, Frau Staatssekretärin.

Ich sehe natürlich schon auch ein Problem – und schade, dass Herr Bundesminister Bartenstein jetzt nicht mehr hier ist, der ja in Bezug auf die Staatsverschuldung sozu­sagen die Rute ins Fenster gestellt hat. Ich habe mir das angesehen, und wenn ich dem Wifo Glauben schenken darf – ich weiß, nicht nur das Wifo, sondern auch andere Institute haben sich schon verschätzt und mussten ihre Prognosen dann revidieren –, so ist es so, dass für 2009, eben unter den gegebenen Voraussetzungen, eine Zunah­me der Arbeitslosigkeit um 33 Prozent zu befürchten ist; für das Jahr 2010 werden so­gar 43 Prozent prognostiziert.

Wenn ich mir das anschaue – da gibt es eine „Daumen-mal-Pi-Rechnung“ –, stelle ich fest: 100 000 Arbeitsplätze kosten die Republik Österreich 2,5 Milliarden €. Da rede ich noch gar nicht davon, was sich da rundherum abspielt: dass sich Arbeitslose schwerlich einen Urlaub leisten können und als Konsumenten auch sozusagen zurück­treten müssen. Und da ist, glaube ich, der Knackpunkt!

Es liegt jetzt an uns, dieses Paket umzusetzen. Das soll aber nicht nur auf der Ebene des Bundes geschehen, sondern ganz wichtig ist da auch – und das ist der Sockel des Ganzen – die Teilnahme der Gemeinden. Und das muss man auch beim Finanzaus­gleich berücksichtigen. Es sitzen hier herinnen viele Gemeindevertreter, und die wis­sen, dass sie die Mittel dafür dann brauchen werden.

Da heute hier besonders hervorgehoben wurde, dass den Banken geholfen wird, möchte ich sagen: Berücksichtigen wir da bitte auch die Klein- und Kleinstbetriebe! Ich appelliere in diesem Zusammenhang an die Bundesregierung, die Austria Wirtschafts­service GmbH mit entsprechenden Ressourcen auszustatten, damit sie in der Lage ist, ganz schnell zu reagieren, wenn Anträge gestellt werden, denn es kommt auf Grund


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der Kleinheit dieser Organisation oft vor, dass Leute einen Monat warten müssen, be­vor sie Bescheid bekommen.

Es ist natürlich für die Bürgerinnen und Bürger – das gehört auch an dieser Stelle ein­mal gesagt – nicht ganz zu verstehen, dass Gelder für ein privates Bankinstitut zur Ver­fügung gestellt werden, von dem man weiß, dass dort der Haupteigentümer seine Eigenmittel in der Höhe von 400 Millionen € – sofern man den Medien Glauben schen­ken darf – abgezogen hat, denn würde das nämlich in einer privaten Gesellschaft, in einer GesmbH, der Fall sein, dann würde man diese Einlage in Eigenkapital umwan­deln und dann könnte man damit eventuelle Verluste abdecken.

Wie ich hörte, sind vier Banken eingesprungen, und eine dieser vier Banken ist jetzt bereits vorstellig geworden, sie will ihr Eigenkapital entsprechend erhöhen. Dazu wur­de vom Herrn Bundesminister Bartenstein, der leider nicht mehr anwesend ist, gesagt, dass es da um 4 Prozent geht. Ich weiß von anderen Banken, dass dort 8 Prozent vor­gesehen sind. Sonst schreitet, wie ich höre, in der Regel sogar die Bankenaufsicht ein.

Also: Hier wird den Banken geholfen. Ich erwarte mir das Gleiche auch für die Klein- und Kleinstbetriebe.

Herr Kollege Perhab, wie ich merke, verfolgst du diese Debatte mit großem Interesse. Wie ich weiß, kommst du aus der Tourismusbranche. Wie es in deinem Bundesland aussieht, weiß ich nicht. Bei uns sieht die Eigenkapitalausstattung bei 11 bis 100 Prozent der Gastronomiebetriebe so aus, dass sie mit einem Minus verse­hen ist. Du hast, glaube ich, einen Beherbergungsbetrieb. Bei diesen Betrieben sieht es bei uns ein bisschen besser aus, die rangieren im Durchschnitt bei 20 Prozent plus.

Wenn man sich vorstellt, was eigentlich die Tourismusbetriebe in einem Tourismusland wie Österreich für die Volkswirtschaft bedeuten, dann weiß man, dass da dringend eine Unterstützung notwendig ist. Diesen Betrieben ist wirklich zu helfen, und da sind ent­sprechende Haftungen zu übernehmen.

Ich meine, insgesamt sind wir in der richtigen Richtung unterwegs. Es gilt aber jetzt vor allem, Spreu vom Weizen zu trennen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf einen Artikel aus der heutigen Ausgabe der „Oberösterreichischen Nachrichten“ (den­selben in die Höhe haltend), wo davon die Rede ist, dass ein privates Bankinstitut sechsmal abgecasht hat. Das ist wirklich ein starkes Stück! Ich meine, da ist die Fi­nanzmarktaufsicht gefordert, und da ist auch die Bankenaufsicht gefordert, denn es ist ein unhaltbarer Zustand, was man in diesem Artikel lesen muss, nämlich, dass jetzt ein Anwalt eine privatrechtliche Klage einbringt, weil es viel schwieriger ist, ein Betrugsver­fahren in Gang zu bringen, als eine schlichte Klage wegen Irreführung einzubringen.

Ich meine, da müssen wir wirklich ganz strenge Regeln einführen. Ich möchte Sie, Frau Staatssekretärin, sehr bitten, das in der Bundesregierung zur Sprache zu bringen. Ich glaube, da muss man interdisziplinär entsprechende Sanktionen vorsehen. Es kann nicht sein, dass man hier einen Selbstbedienungsladen schafft. Wir müssen verhin­dern, dass Kleinanleger – es investieren schon etwa 500 000 Mitarbeiter in Pensions­kassen – ihr Geld verlieren, weil spekuliert wird, es aber dafür keine Sanktionen gibt. Hier ist es vor allem wichtig, entsprechende Korrektive zu schaffen.

Insgesamt begrüßen wir dieses Paket, und ich glaube, es wäre ein gutes Zeichen, wenn dieses Plenum hier einhellig hinter dem Beschluss des Nationalrates stehen wür­de. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.04


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Mitterer. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 52

16.04.28

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Ein paar kurze Anmerkungen aufgrund dessen, dass einige meiner Vorredner ge­meint haben, dass dieses Konjunkturpaket zwar wirksam von Bundesseite gestartet wurde, es aber auch eine Fortsetzung in den Ländern und in den Gemeinden verlangt. Ein paar Betrachtungen dazu.

Unsere Fraktion hat im Nationalrat diesem Paket ihre Zustimmung erteilt und wird es auch heute hier wieder tun, wenn auch unsere Wünsche wesentlich größer wären, aber man kann nicht, wenn ein Teil von dem, was wir uns gewünscht haben, erreicht und beschlossen wird, dann einfach dagegen stimmen. Das wundert mich eigentlich bei den beiden Parteien, die heute hier diesem Paket ihre Zustimmung verweigern wer­den, zumal auch von diesen beiden Parteien gesagt wird, dass der Weg in die richtige Richtung führt.

Wir haben vorgestern im Parlament auch einen Entschließungsantrag eingebracht, wo wir verschiedene Maßnahmen gefordert haben: Wir sind für eine sofortige Steuersen­kung. Wir sind auch für Investitionsanreize, zum Beispiel für die Wiedereinführung der Investitionszuwachsprämie und andere Dinge mehr. Auch die Erreichung der For­schungs- und Entwicklungsquote in der Höhe von 3 Prozent soll angepeilt werden. Weiters wurde die Forderung nach einem Steuerbonus von meinem Kollegen Sigi Kampl erhoben, und zwar in der Höhe von 200 €. Weiters sind wir für Maßnahmen im Bereich der Heizkosten, wie etwa für die Erhöhung der Heizkostenzuschüsse. Im Be­reich der Benzin- und Dieselpreise sind wir für eine Rücknahme der Erhöhung der Mi­neralölsteuer. Und so weiter.

Leider hat dieser Antrag im Parlament, obwohl anerkannt wurde, dass darin sinnvolle und wirksame Maßnahmen enthalten sind, keine Mehrheit gefunden, weil er eben nicht von einer Regierungspartei gekommen ist, sondern vom – inzwischen nicht mehr ganz so kleinen – BZÖ.

Das Konjunkturbelebungspaket der Bundesregierung wurde eigentlich auf insgesamt sechs Füße gestellt. Es ist kein Tausendfüßler, aber es hat mehr als zwei Füße. Diese sind: Kredite verfügbar machen, Investitionsmittel bereitstellen, Eigenkapitalfinanzie­rung ermöglichen, Innovation fördern, Energieeffizienz unterstützen und Vorziehung von Infrastrukturmaßnahmen, die sofort wirksam werden.

Das Ganze soll, wie von der Frau Staatssekretärin gesagt wurde, auf alle Bundeslän­der aufgeteilt werden. Ich bezweifle allerdings, dass diese Aufteilung gerecht erfolgt. Jedes Bundesland wird sich vermutlich benachteiligt fühlen, aber Tatsache ist, dass Kärnten da von Infrastrukturminister Faymann benachteiligt wird. Ich hoffe, dass das nicht eine Strafe für die Kärntner Bevölkerung ist, weil nur 25 Prozent der Kärntner Wähler der SPÖ ihre Stimme gegeben haben, denn den Wähler sollte man für seine Stimmabgabe nicht bestrafen. Man sollte vielmehr allen Bundesländern in gleicher Weise und in gleichem Ausmaß helfen.

Nun zum Punkt: Fortführung der Maßnahmen in den Ländern und in den Kommunen. – Da hat das Burgenland bereits hervorragend reagiert. Ebenso Kärnten, wo es ges­tern – ich gebe zu: auf Initiative der SPÖ – einen Sonderlandtag gab, der einberufen wurde, um über Konjunkturbelebungspakete auf Landesebene zu debattieren. Es wur­den dort einige Anträge auch einstimmig verabschiedet.

Es hat noch eine weitere Initiative in Kärnten gegeben, und das ist der Grund dafür, dass ich heute einige Minuten zu spät zur Bundesratssitzung gekommen bin. Es hat nämlich heute einen Kärnten-Gipfel gegeben, mit dem Ziel, einen Maßnahmenkatalog zu beschließen. Einberufen wurde dieser vom Wirtschaftsreferenten, vom Finanzrefe-


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renten und von der Wirtschaftskammer Kärnten. Eingeladen und anwesend waren dort die Industriellenvereinigung, die Arbeiterkammer, die Landwirtschaftskammer, der ÖGB, das Arbeitsmarktservice, die Förderstellen des Landes und die Wirtschaftsspre­cher der im Landtag vertretenen Parteien.

Wie gesagt, bei diesem Gipfel wurde ein Paket wichtiger Maßnahmen beschlossen, und es wurde aufgefordert, dieses zur Durchführung an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten. Beispiele dafür sind: Konjunkturbelebung im Bereich der Wohnraumsa­nierung durch Dämmung und Alternativenergie oder das Vorziehen öffentlicher Investi­tionen. Im letzteren Fall ist der Kommunalreferent der Länder jeweils gefordert. Es sind nämlich letztlich auch entsprechende Sonderbedarfszuweisungen den Gemeinden zur Verfügung zu stellen, damit diese ihre Projekte vorziehen können. Das sind die wirk­samsten Maßnahmen überhaupt. Es handelt sich dabei meist um kleine Projekte, die dort von der heimischen Wirtschaft erledigt werden können.

Weitere Maßnahmen, die angeregt wurden, sind: Exportförderung, Arbeitsmarktstabili­sierung, Qualifikation und Weiterbildung, Bildungsscheck, Vorsorge für Arbeitsstiftun­gen, Finanzierung und Förderung des Kleinstgewerbes. In Bezug auf Letzteres wurde heute hier einige Male positiv erwähnt, dass das Konjunkturbelebungspaket in erster Linie auf die KMUs ausgerichtet ist.

Das alles sind Dinge, die, aufbauend auf der Aktion, die vor wenigen Tagen die Bun­desregierung und vor zwei Tagen der Nationalrat verabschiedet hat und die heute vom Bundesrat abgesegnet wird, ihren Start im Bund gehabt haben und nun in den Kommu­nen, in den Gemeinden und in den Ländern fortgesetzt werden.

Hoffen wir alle, dass das beschlossene Konjunkturbelebungspaket wirkungsvoll greift und der österreichischen Bevölkerung auch weiterhin einen bescheidenen Wohlstand sichert.

16.09


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Perhab. – Bitte.

 


16.10.16

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als sechzehnter Redner zur heutigen Tagesord­nung kann ich mich, wie ich meine, auf einige Punkte beschränken, und zwar auf Punkte, die noch nicht angesprochen wurden.

Mit Frau Kollegin Mühlwerth bin ich durchaus einer Meinung, was die Analyse des Kon­junkturbelebungspaketes im Hinblick auf Klein- und Kleinstunternehmer betrifft: auch da geht es wieder um die Treffsicherheit.

Wie im sozialen Bereich sollten wir auch hier zumindest anstreben, dass Maßnahmen, die wir hier beschließen, treffsicher sind. Frau Kollegin Mühlwerth, Sie haben aber be­hauptet, dass das alles wieder nur den „Großen“ zugute komme. – Na selbstverständ­lich werden den Bau von Bahnhöfen größere Bauunternehmen abwickeln, und zwar als Generalunternehmer, wobei aber trotzdem die Möglichkeit besteht, dass dabei regio­nale kleinere Firmen als Subunternehmer tätig werden.

Ich glaube, im Großen und Ganzen funktioniert diese Wertschöpfungskette, wobei man hinzufügen muss, dass die Bauindustrie selbst bis Mitte nächsten Jahres – ist hier noch ein Fachmann von der Gewerkschaft anwesend?– relativ gut ausgelastet ist. Viel­leicht kann mir das jemand von Ihnen von der SP-Gewerkschaft bestätigen. (Bundesrat Gruber: Das stimmt, ja, freilich!)


BundesratStenographisches Protokoll762. Sitzung / Seite 54

Ich glaube, dass bis Mitte nächsten Jahres zumindest die Bauindustrie als solche noch nicht schlecht ausgelastet ist. Wir sollten auch einmal positiv darüber sprechen, dass auch das Gewerbe, zumindest das produzierende Gewerbe, noch auftragsmäßig – zu­mindest in unseren Regionen – relativ gut dasteht. Versuchen Sie, bis Weihnachten noch einen Handwerker zu bekommen, wenn Sie noch einen kleinen Umbau haben – das ist gar nicht so leicht. Man muss sagen, dass die Situation momentan Gott sei Dank noch nicht so schlecht ist, wie wir sie befürchten. Selbstverständlich gibt es die­sen Timelag, diese Verzögerung von ein, zwei Quartalen, und dann trifft uns diese Kri­se auch in der Realwirtschaft, das ist unbestreitbar und ist, glaube ich, heute auch The­ma dieses Konjunkturbelebungspaketes.

Da das Ganze auch eine Vertrauenskrise ist, ist es, glaube ich, umso wichtiger, dass wir dem Markt wieder ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen sind in Österreich auf den klassischen Bankkredit bezie­hungsweise auf Fremdfinanzierung angewiesen. Kollege Schimböck hat es gesagt: All­gemein, auch in der Tourismusbranche, sind kleinere Unternehmen – definiert als sol­che mit null bis neun Mitarbeitern – natürlich großteils über normale Bankkredite fremd­finanziert.

Hier geht es um Folgendes: Kleinstunternehmer weisen eine durchschnittliche Eigen­kapitalquote von nur 8,2 Prozent und eine Bankverschuldung von 55,6 Prozent aus. Bei den kleineren Unternehmen steigt die Eigenkapitalquote auf 16,9 Prozent und die Bankverschuldung sinkt auf etwa 41 Prozent. Trotzdem ist das Gesamtszenario auch für diese Branchen und Betriebsgrößen bedrohlich, wenn die Liquidität der Banken in diesem Bereich nicht gegeben ist. Dann wird nämlich jeder Investitionsanreiz hintan­gehalten beziehungsweise verhindert.

Daher gibt es jetzt zinsgünstige Kredite im Rahmen des ERP-Fonds. Das reguläre Jah­resbudget des ERP-Fonds für zinsgünstige Investitionskredite beträgt 400 Millionen € jährlich, die Nachfrage danach war aber schon 2008 wesentlich höher. Daher soll die­ses Volumen um 200 Millionen € per anno erhöht werden, dadurch würden zusätzliche Mittel österreichischen Unternehmen zur Verfügung gestellt. Das wäre aus meiner Sicht besonders für Kleinstunternehmer wichtig, damit diese Investitionen tätigen kön­nen. Wir haben schon viele EPUs, bereits fast 50 Prozent in allen Landeswirtschafts­kammern. Das ist sehr positiv und hat vielleicht etwas mit einer Gründerkultur zu tun.

Im Bereich des ERP-Fonds wird Kleinstunternehmen ein zusätzliches Kleinkreditpro­gramm für zinsgünstige Darlehen in Höhe von bis zu 30 000 € ermöglicht. Für all die Dinge, die ein Gründer, ein Neustarter braucht – wenn er sich sein erstes Büro einrich­tet, vielleicht seinen ersten Mitarbeiter anstellt und so weiter –, werden im Budget des ERP-Fonds jährlich Mittel in Höhe von 20 Millionen € reserviert.

Damit bin ich auch schon bei den aus Sicht der Klein- und Kleinstunternehmer ganz wichtigen Punkten dieses Konjunkturbelebungspaketes. Ich habe mir die Mühe ge­macht, aus dem Rechnungshofbericht herauszusuchen, wie es wirklich ausschaut hin­sichtlich dessen, was in den Zurufen der Grünen und der SPÖ angesprochen wurde – Stichwort „neoliberal“. Ich habe mir eine Liste derer ausgedruckt, die in Österreich im öffentlichen Bereich Cross-Border-Leasing-Geschäfte durchgeführt haben. Ich darf Ih­nen zur Kenntnis bringen, wer auf dieser Liste steht – ich war selber überrascht –:

Im Burgenland: BEWAG, BEGAS – Stromnetz und Gasnetz, entweder Cross-Border-Leasing, also Sale-and-lease-back oder Lease-and-lease-back. In anderen Bundeslän­dern: Connect Austria – Übertragungsanlagen –, Immofinanz, Innsbrucker Kommunal­betriebe, Linz AG, Österreichische Bundesbahnen – Bahnhöfe, Lokomotiven, Wag­gons, Signalanlagen, bis zu 35 Jahre verleast, beispielsweise die berühmte Lok Tau­rus. Und zu wessen Vorteil? – Zu einem gewissen Barwertvorteil, der lukriert wird, der aber laut Rechnungshof in Österreich nicht einmal ertrags- und umsatzsteuerpflichtig ist.


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Man denke einmal nach, dass doch gerade in kommunalen Einrichtungen meistens öf­fentliche Gelder enthalten sind. Durch solche Geschäfte umgehen diese Einrichtungen die Steuerpflicht und beißen sich doch letztendlich in den eigenen Schwanz; denn da­durch entsteht ja nicht mehr Geld in den öffentlichen Bereichen, das ist etwas Kurzfris­tiges. Da gibt es auch keine ideologischen Unterschiede, das haben alle gemacht. Wir sollten uns auch einmal darüber den Kopf zerbrechen, warum das so gelaufen ist!

Ich brauche die Liste eigentlich nicht zu Ende vorzulesen: Wiener Linien – U-Bahn- und Straßenbahnnetz –, Stadt Wien – Kanalisation im 21. und 22. Gemeindebezirk mit 500 Millionen € und 35 Jahren Laufzeit bis 2037.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten uns auch in den wirtschaftlichen Aus­schüssen des Bundesrates Experten holen, um in Zukunft diese Dinge von Haus aus hintanzuhalten, die erfolgen, um schnell eine Liquiditätssteigerung der Betriebe herbei­zuführen und vielleicht auch die Bilanzkennzahlen zu verbessern. Es handelt sich hier letztendlich durchaus auch um einen Betrug am Steuerzahler; die Suppe löffeln jetzt nämlich nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch die Arbeit­geber aus.

Auf eines können Sie sich jedoch verlassen: Die Klein- und Mittelunternehmen Öster­reichs werden diese Krise bewältigen und die Beschäftigung halten! (Beifall bei der ÖVP.)

16.17


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Reisenberger. – Bitte.

 


16.17.20

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns ja bereits im intimen Kreis, aber ich glaube trotzdem, noch ein paar Worte zu Fragen, die davor gekommen sind, anbringen zu dür­fen.

Herr Kollege Perhab, ganz kurz auf deine Frage bezüglich der Gewerkschafter: Ich war einer, bin einer und werde es auch immer bleiben. Du hast in vielem recht, nur: Du hast in deinem Kreis einen Gewerkschafter von deiner Fraktion, den ich sehr schätze, das ist der Kollege Mayer. Auch er wird dir wahrscheinlich bestätigen, dass es auf den ers­ten Blick in der Bauwirtschaft so stimmt, wie du sagst.

Leider Gottes – und das ist nicht erst seit gestern der Fall – unterliegt gerade die Bau­wirtschaft relativ großen Schwankungen, und langfristige Planungen sind schon zu lan­ge her, als dass man sich auf sie verlassen könnte. Das heißt, man muss auch darauf aufpassen.

Gestatten Sie mir trotzdem, noch kurz darauf zurückzukommen, was uns Herr Bundes­minister Bartenstein auf seine ihm eigene Art hier mitzuteilen versucht hat. Da wir ge­hört haben, dass er den Vergleich des Herrn Bundesrates Kraml mit dem Jahr 1929 als mehr oder weniger daneben bezeichnet hat – oder dass dieser hinke, wie er sagte –, möchte ich auf Folgendes hinweisen: Ich finde, es ist sinnvoll, 1929  nicht eins zu eins mit dem heurigen Jahr zu vergleichen; es gibt aber vergleichbare Parallelen, und man sollte, meine ich, versuchen, diese zu erkennen und daraus zu lernen. Das ist es, was uns eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Aufgabe hier ist es, den Blick auf die arbeitende Bevölkerung, auf die Menschen zu richten, die diese Entwicklung wenig bis gar nicht beeinflussen können. Je höher das Eigenkapital ist, umso besser ist die Kreditwürdigkeit, das wissen wir. Der Herr Minister weiß das, davon gehe ich aus. Man muss kein großer Insider in Finanzkreisen sein, um zu wissen, dass das Triple-A die


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größte Kreditwürdigkeit weltweit bedeutet, und für uns bedeutet das günstigere Voraus­setzungen zum Arbeiten. Er kennt diese Sache aber auch aus dem privaten Bereich, denn somit passen einem offensichtlich die Schuhe doch besser.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir sprechen heute über das Konjunk­turpaket, über das Konjunkturbelebungsprogramm, und ich habe heute schon etliche Male gehört, dass alles viel zu wenig ist, viel mehr sein müsste. Es gibt aber eigentlich keine wirkliche Alternative dazu. Selbst mit dem Doppelten, mit dem Dreifachen wäre nicht alles aus der Welt geschafft. Stattdessen geht es darum, einen ersten Schritt zu machen, einen der ersten Schritte zu machen, die notwendig sind.

Weiters möchte ich Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass 1 Milliarde €, die so genannte Mittelstandsmilliarde – vielleicht tun sich manche damit dann leichter –, immerhin 14 Milliarden Schilling sind. Kollege Kraml hat auch erklärt, wie sie aufgeteilt ist. Da würde ich schon meinen, dass es nicht nichts ist, was wir gemacht haben. Es ist ein ganz wichtiger Schritt, auf den wir stolz sind. Stolz sind wir auch, ihn zum richtigen Zeitpunkt getan zu haben, denn auch der Zeitpunkt ist ein ganz wichtiger Faktor, auf den es ankommt. Wir haben bereits viel darüber gehört.

Konsens besteht darüber, dass es unsere Aufgabe, nein, liebe Kolleginnen und Kolle­gen, ich sage, unsere Verpflichtung ist, angesichts einer beginnenden Wirtschaftskrise alles zu tun, um die eigene Volkswirtschaft zu unterstützen. Ist es nicht sehr eigenartig, um nicht zu sagen abartig, dass jene, die uns immer wieder sagten, Finanzmärkte und Wirtschaft wissen schon, was sie tun, jetzt von der Politik massiv die Entschärfung die­ser Situation fordern? Offenbar geschieht das nach dem Motto: Verluste gehören so­zialisiert und Gewinne privatisiert.

Lieber Kollege Kneifel – er ist zurzeit gerade nicht im Saal –, nicht alles, was privat ist, ist auch immer das Gelbe vom Ei. Nicht alles, was staatlich geführt wird, ist damit auto­matisch zum Untergang verurteilt, sondern ganz im Gegenteil. Hier muss man vernünf­tige Parallelen ziehen und unter unterschiedlichen Bedingungen vernünftig handeln.

Die Situation betrifft alle; es geht nicht nur um einen Teil der Gesellschaft, wir sind alle davon betroffen. Es ist auch nicht nur ein nationales, sondern es ist in Wirklichkeit ein internationales Thema geworden, mit dem wir uns nicht nur zu beschäftigen, sondern auseinanderzusetzen haben, um negativen Folgen entgegenwirken zu können. Wir können nur Rahmenbedingungen schaffen, die den österreichischen Banken und der Wirtschaft helfen, und das natürlich nur in einem europäischen Konnex. Auch das ist wichtig für unsere Beschäftigten, für unsere Wirtschaft in allen EU-Ländern. Die EU, in der wir nun einmal drinnen sind, ist ein weltwirtschaftliches Faktum. Man kann nicht sa­gen, dass sie uns nicht interessiert und wir unser eigenes Süppchen kochen wollen.

Heute hat auch der eine oder andere schon über die Schweiz gesprochen. Na, schau­en wir uns die Schweiz doch an. Geht es ihr wirklich so gut? Geht es ihr wirtschaftlich wirklich so hervorragend? Wer stellt sich heute noch hierher und will uns die Schweiz als Musterbeispiel nahebringen? Ich glaube, da werden sich nicht mehr sehr viele fin­den.

Wir haben erst kürzlich einen Haftungsrahmen im Ausmaß von 100 Milliarden € be­schlossen; dieser gilt in erster Linie für die Finanzwirtschaft. Wir wissen alle, dass eine Haftung keinen Direktabgang für uns bedeutet. Wenn sie jedoch schlagend werden sollte, weiß ein jeder von uns, was das bedeuten kann. Der Wiener sagt in so einem Fall: Wir sind der Geradesteher. Wir sind der Geradesteher für uns selbst, denn wir sind ja auch der Staat Österreich. Ich will nicht den Teufel an die Wand malen und ge­he davon aus, dass unsere Wirtschaft und auch der Finanzsektor trotz allem noch ver­antwortungsbewusst genug sind, sich dieser Situation zu stellen und sie positiv in den Griff zu bekommen.


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Führen wir uns jedoch einmal das Beispiel des Geradestehers vor Augen: Wie oft ist es schon vorgekommen, dass in einer Familie der Mann oder die Frau – man muss das heute ja gegendert sagen, damit man nicht in schlechten Ruf gerät – einen Kredit auf­genommen hat und der Ehepartner dafür geradegestanden ist. Dann kommt es zu einer Scheidung – und der andere, der nur der Geradesteher war, bleibt mit den Schul­den sitzen. Das ist nicht lustig! Vor allem sind das Dinge, die wir uns auch immer vor Augen halten müssen.

Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass es sich nur um den ersten Schritt han­deln kann bei all dem, was wir bis jetzt haben, was wir beschlossen haben beziehungs­weise heute – davon bin ich überzeugt – wenn auch nicht einheitlich, so doch mit gro­ßer Mehrheit beschließen werden.

Der Staat steht damit für Fehlleistungen gerade, die in der großen Finanzwelt stattge­funden haben. Hier möchte ich wieder sagen: Hier hat die Privatwirtschaft versagt und Fehlleistungen geliefert. Und der Staat, das sind wir alle, man kann es nicht oft genug sagen, vor allem aber die unselbständig Beschäftigten, die Klein- und Mittelbetriebe, die als Erste die Auswirkungen dieser – Jan Krainer hat es vorgestern so treffend for­muliert – Vertrauens-, Liquiditäts-, Banken-, Wirtschafts- und Rezessionskrise, oder wie immer man sie bezeichnen will, zu spüren bekommen.

Es gibt Unsicherheit bei Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben. Mir als Gewerk­schafter ist es natürlich ein ganz, ganz starkes Anliegen, darauf aufmerksam zu ma­chen.

Sagen wir es einmal so: Wo stehen wir eigentlich? Die Unsicherheit bei den Kollegin­nen und Kollegen ist ja nicht nur von den Meldungen geprägt, die wir über die Medien bekommen. Wir erleben in den Betrieben bereits seit einiger Zeit, in welche Richtung es geht. Wir haben Kurzarbeitsvereinbarungen, wir haben Abbau von Beschäftigten. Die Auswirkungen, die die Menschen erleben, sind also alles andere als positiv.

Wir haben heute schon gehört, was es bedeutet, Arbeitslosigkeit zu haben, was sie uns tatsächlich an Kosten verursacht. Der Staat sind wiederum wir alle, und wir zahlen alle. Allerdings ist die Arbeitslosenunterstützung auch kein Geschenk. Ein jeder zahlt auch in die Arbeitslosenversicherung ein, und zwar Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Es ist eine Art Versicherung, aber die Kosten sind nun einmal da. Jedes Mittel, um Ar­beitslosigkeit zu verhindern, um möglichst hohe Beschäftigungsraten zu erzielen, muss uns recht und billig sein.

Gerade ich möchte das hier nochmals klar und deutlich sagen: Der eine oder andere meint manchmal, der Gewerkschafter sieht schon von Haus aus in jedem Unterneh­mer, wurscht welchem, den bösen Feind. Mitnichten! Ganz sicher leben wir heute in einer Zeit, in der es nur mit einem Miteinander gehen kann, in der nur die Gemeinsam­keit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine positive Zukunft garantieren kann. Deshalb bin ich auch ein erklärter Freund und Anhänger der Sozialpartnerschaft, wie wir sie in Österreich haben. Diese Spezialität versetzt uns auch dazu in die Lage, selbstbewusst und realitätsbewusst zu handeln, und sie beweist uns das tagtäglich.

Gerade deswegen meine ich auch, dass Aussagen von politischen Kreisen, die bei den Lohn- und Kollektivvertragsverhandlungen von Mäßigung und Zurückhaltung sprechen, so notwendig sind wie ein Kropf, um es auf gut Wienerisch zu sagen. Es kann und darf nicht sein, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Zeche dafür zahlen, was einige von sich so sehr überzeugte Größen in Finanz- und Wirtschaftskreisen verbockt haben. Auch hier sei wiederum Kollegen Kneifel ins Stammbuch geschrieben: nicht verstaatlichte Gesellschaften, sondern Private!


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Ich sage schon auch, dass es nur eine Handvoll Menschen war, die auch die Möglich-keiten hatten und haben, sich so zu verhalten, aber wir baden es alle miteinander aus. Ja! Die Politik muss gegensteuern. Selbstverständlich! Wir brauchen gerade jetzt so rasch wie möglich eine Lohnsteuerreform, bei der die ArbeitnehmerInnen entlastet werden. Wir brauchen Maßnahmen in der Arbeitsmarktpolitik. (Unruhe bei der ÖVP.) – Entschuldige, wenn ich euch störe. Das müsst ihr mir sagen, damit ich dann vielleicht ein bisschen leiser rede.

Wir brauchen Maßnahmen, um dem drohenden Abschwung vorzubeugen. Es wird da­her auch so sein, dass wir ein höheres Budgetdefizit in Kauf nehmen müssen. Fay­mann hat mit seinen drei Punkten den Nagel auf den Kopf getroffen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Stärkung der Kaufkraft und des privaten Konsums durch teilweise Vor­ziehung der Steuerreform auf 2009. Öffentliche Investitionen – und lieber Stefan Schennach, da sind Straßen und Bahngeschichten ein Teil davon, ein nicht unwesentli­cher, aber nicht der einzige.

Den Unternehmen sollen Investitionen schmackhaft gemacht werden, und hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind auch wieder die Sozialpartner gefragt. Sie werden, und davon bin ich überzeugt, mit sehr guten und sinnvollen Vorschlägen dabei mitwirken können, das Ganze wieder in den Griff zu bekommen. Das bedeutet natürlich auch Kosten für den Staat, und – ich sage es zum ich weiß nicht wievielten Mal heute –: Der Staat, das sind natürlich wir alle. Aus der Situation heraus muss man sich meiner Mei­nung nach auch zwingend überlegen, die Maastricht-Kriterien neu zu diskutieren und dementsprechend zu verändern.

Das ist der einzige Punkt, in dem ich mit dem Herrn Minister einig bin: Maastricht ist eine Stadt, und nach ihr wurde irgendetwas benannt. – Ich aber sage dazu: Das kann für uns nicht der Punkt sein, der unüberwindbar ist. Darüber müssen wir alle gemein­sam gut nachdenken und aus heutiger Sicht neue Schlussfolgerungen ziehen.

Wir haben mit wichtigen Schritten bei der Finanzwirtschaft und den Banken begonnen. Gerade heute hat die Erste als Erste gezeigt, dass wir das brauchen. Das ist gut so! Es soll so sein; es ist wichtig. Weitere Schritte müssen folgen – weitblickend, realistisch und an morgen denkend. Es kann und darf dann aber nicht sein, dass uns in ein paar Jahren selbsternannte Sparefrohs, und ich sage das bewusst so, wieder erzählen, dass wir ein Sparpaket schnüren müssen, weil uns das Geld für Pensionen, für die Ge­sundheit oder Sonstiges fehlt. Nein! Wir müssen heute weiter blicken als nur auf die nächsten Wochen und Monate, wir müssen die Zukunft in den Griff bekommen.

Geschätzte Kolleginnen und geschätzte Kollegen aller Faktionen – ich spreche Sie be­wusst alle an –, zeigen Sie Selbstbewusstsein, zeigen Sie Verantwortung, zeigen Sie zukunftsbewusstes Handeln! Stimmen Sie wie meine Fraktion diesem Konjunkturpaket zu! Die Österreicherinnen und Österreicher haben es verdient. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Beer. – Bitte.

 


16.31.29

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich glaube, dass das Konjunkturpaket, das wir heute hier beschließen sollen, ein gutes Paket ist. Man kann jedoch nicht zur Tagesordnung übergehen, wenn hier ein Konjunkturpaket und vorige Woche ein Bankenpaket beschlossen wurden. Wir sollten daraus auch einige Lehren ziehen und ein wenig mehr regulieren, als wir das bis jetzt getan haben.


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Ist eine absolute Deregulierung wirklich so gut oder sehen wir, dass der Neoliberalis­mus, der aus Amerika zu uns herübergekommen ist, auch sehr viele Nachteile hat? Gestatten Sie mir einen Vergleich! Ich glaube, dass es schon zulässig ist, die Krise im Jahr 1929 mit der jetzigen Krise zu vergleichen. Es war damals ähnlich, nicht genauso, aber doch ähnlich. Es waren auch im Jahr 1929 überhitzte Aktienkurse, teilweise wur­den Aktienkäufe durch Kredite finanziert. Die Aktienkurse sanken, die Kredite waren of­fen und die Menschen waren nicht mehr in der Lage, die Kredite zurückzubezahlen. Ähnliches passiert auch jetzt bei uns mit Leerverkäufen.

Wir wissen aus der Wirtschaftsgeschichte von drei großen Blasen: der im Jahr 1929; dann die Blase der New Economy, die aber Gott sei Dank nur sektoral war und nicht auf andere Wirtschaftsbereiche, die nicht mit der New Economy zu tun hatten, überge­griffen hat, und die jetzige Bankenkrise, die eigentlich durch Immobilien ausgelöst wor­den ist. – Wirklich gelernt daraus haben wir nicht!

Das jüngste Beispiel dafür ist der Ankauf von VW-Aktien durch Porsche. Das hat die Kurse dieser Aktien sprunghaft ansteigen lassen. Porsche hat dann bei einem Höchst­stand diese Aktien wieder verkauft. Selbstverständlich nur, um dadurch den Markt ab­zukühlen.

Es ist aber nicht so einfach, eine Wirtschaftskrise auszulösen. Es sind immer mehrere Faktoren notwendig, um eine Krise zu entfachen. Das wird auch sicherlich nicht mutwil­lig gemacht, aber durch Dogmen und durch Überlegungen begünstigt, die nicht wirklich nachvollziehbar sind.

Es kann doch wirklich niemand auf dieser Welt glauben, dass es ein unendliches Wachstum gibt, dass wir immer mehr an Wachstum erreichen, immer mehr verkaufen können. Es sind hier auch Rahmenbedingungen zu schaffen. Immer höhere Gewinne können auch nur erreicht werden, wenn Personal abgebaut wird, geringer entlohnt wird oder Produktionen ausgelagert werden.

Wir haben im Bereich Entlohnung in den letzen Jahren erkennen müssen, dass die Löhne bei weniger Qualifizierten – und jetzt greift das auch schon auf die Qualifizierten über – immer weiter gesunken sind. Ich denke daher, es muss auch in den derzeit an­laufenden Gehaltsverhandlungen ein Signal gesetzt werden, damit die Löhne wieder etwas mehr steigen. Die Relation der Löhne zu den Lebenshaltungskosten hat sich be­reits so stark verschoben, dass junge Menschen und wenig Qualifizierte Probleme da­mit haben, ihr Leben überhaupt noch bestreiten zu können.

Wir haben eine Zeit gehabt – und das waren die vergangenen Jahre –, in der Großkon­zernen, internationalen Konzernen in Österreich Geschenke gemacht wurden. Was machen diese großen Konzerne? Was sind deren Strategien? – Den großen Konzer­nen ist es egal, wo ihre Gewinne erwirtschaftet werden, Hauptsache, es stimmt der Ak­tienkurs, Hauptsache, es stimmt die Gewinnausschüttung an die Aktionäre.

Was haben wir Österreicher davon, wenn ein Großkonzern nicht in Österreich produ­ziert, sondern die Produktion verlagert? Werden das klein- und mittelständische Unter­nehmen ebenso machen? – Ich glaube nicht. Klein- und mittelständische Unternehmen werden in Österreich produzieren, werden in Österreich Beschäftigte aufnehmen und werden das Geld auch nicht ins Ausland tragen. Daher ist – und das beschließen wir mit diesem Konjunkturpaket – eine Stärkung der klein- und mittelständischen Unter­nehmen angebracht.

Es wurde auch hier gesagt, dass das Bankenpaket eigentlich nur den Banken helfen würde. Ich meine, wir sollten in den Diskussionen hier im Haus und auch mit den Men­schen draußen nicht immer sagen, dass das Bankenpaket nur für die Banken da ist.


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Wozu dient dieses Bankenpaket denn wirklich? – Das Bankenpaket dient dazu, Einla­gen zu sichern, nicht nur Spareinlagen, auch die Einlagen eines Girokontos. Das be­deutet aber auch, dass die Menschen, die Inhaber dieser Konten sind – sie haben das Geld nicht an die Bank verschenkt, sondern es der Bank nur zur Verwaltung überge­ben –, sicher sein können, dass ihr Geld ihnen auch wieder zur Verfügung steht.

Es wurde auch über die Erste Bank gesprochen, dass sie ein Volumen von 2,7 Milliar­den € in Anspruch nehmen wird. Was ich dazu gehört habe, ist, dass es dabei nicht darum geht, dass die Erste Bank zahlungsunfähig ist, sondern darum, dass wirklich nur eine Erhöhung des Eigenkapitals stattfinden soll, um dadurch eine bessere Bonität zu erlangen und auch günstigere Kredite auf dem freien Markt erhalten zu können.

Mit der Vergabe dieser 2,7 Milliarden € ist aber auch verknüpft, dass 3 Milliarden € an Kreditvolumen zur Verfügung gestellt werden müssen. Diese 3 Milliarden Kreditvolu­men kommen wieder den klein- und mittelständischen Unternehmen zugute, und da­durch erfolgt eine Stärkung unserer Wirtschaft.

Man sollte im Zusammenhang mit den klein- und mittelständischen Unternehmen auch einmal Basel II wirklich durchleuchten. Nach dem, was mir Kleinunternehmer erzäh­len – ich selbst bin ja keiner –, mache es auf Grund von Basel II wirklich Probleme, Kredite zu bekommen, leicht zu bekommen. Wir müssen uns auch überlegen, dass Amerika sehr stark dahinter war, dass Basel II in Kraft tritt, Basel II aber seltsamerwei­se in Amerika nicht angewendet wird.

Amerika spielt überhaupt eine sehr seltsame Rolle in der Welt, in der Weltwirtschaft, denn Amerika ist eigentlich Weltmeister im versteckten Subventionieren. Ich erinnere mich noch an unsere Stahlkrise – das ist schon längere Zeit her – und an die Stützung der Stahlkonzerne oder der Stahlbetriebe bei uns in Österreich. Amerika hat das abge­lehnt, hat das natürlich verurteilt, denn Amerika hat die Unternehmen selbst nicht ge­stützt. Es hat aber Exportstützungen vergeben, also indirekte Stützungen.

Amerika lernt aber auch nicht wirklich dazu, denn, wie vielleicht einige auch gehört und gelesen haben, es fusionieren in Amerika gerade zwei Fluglinien, und diese zwei Fluglinien werden dann die größte Fluglinie mit 75 000 Beschäftigten sein.

Man kann sich schon vorstellen, dass es hier dann Synergieeffekte gibt, die wieder Personalabbau bedeuten, was wieder eine Schwächung der Kaufkraft der Menschen zur Folge hat und wiederum den inneren Konsum nicht ankurbelt.

Ich wollte eigentlich auf die AUA nicht eingehen, aber die Debattenbeiträge, die hier zur Lage bei der AUA geliefert wurden, kann man nicht einfach so im Raum stehen las­sen. Das soll jetzt kein Angriff sein, sondern das ist nur eine ganz einfache Betrachtung über die AUA: Die AUA liegt eigentlich im Bereich des Finanzministeriums und konnte privatwirtschaftlich geführt werden. Das hat dazu geführt, dass wir die AUA jetzt nicht einmal mehr verschenken können, sondern etwas zahlen müssen, damit sie irgendje­mand nimmt.

Meiner Überzeugung nach ist es aber eigentlich nur wichtig, hier den Vergleich anzu­stellen. Es ist egal, ob ein Betrieb staatlich oder privat geführt wird, es geht in Wirklich­keit um die handelnden Personen. Es geht darum, welche Entscheidungen getroffen werden. Im Nachhinein dann zu sagen, dass eine Entscheidung falsch war, ist immer recht leicht, denn im Nachhinein weiß man es immer besser, weil man ja weiß, was falsch gemacht wurde.

Wir sollten uns darauf einigen – und ich glaube, dass das ganz wichtig für Österreich ist –, dass wir in Österreich eine gute Mischform zwischen privat und staatlich finden müssen. Es kann nicht sein, dass wir nur privat haben, immer weniger Staat und dass


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dann aber die Grundbedürfnisse der Menschen Spekulationen sozusagen zum Opfer fallen beziehungsweise nicht mehr abgedeckt werden können.

Das Konjunkturpaket, das heute hier beschlossen werden soll, ist wahrscheinlich nicht das einzige und das letzte, das wir hier beschließen werden. Es werden auch noch Konjunkturpakete der Länder folgen, es wird ein Konjunkturpaket der EU geben. Ich glaube, dass wir damit in der Lage sind, die Krise zu meistern, zu beherrschen – sicher nicht alleine, aber global gesehen und durch die Europäische Union. (Beifall bei der SPÖ.)

16.42


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Konjunkturbelebungsgesetz 2008.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Ok­tober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird.

Ich ersuche wieder jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 und das Klubfinanzierungsgesetz 1985 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. Oktober 2008 betreffend 2. Abgabenänderungsgesetz 2008.

Ich ersuche wieder jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg er­folgen.


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Wie immer kommen für die Tagesordnung jene Berichte und Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchs­recht beziehungsweise dem Zustimmungsrechts des Bundesrates unterliegen.

Ich wünsche Ihnen eine gute Heimfahrt!

Die Sitzung ist geschlossen.

16.44.58Schluss der Sitzung: 16.45 Uhr

 

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