BundesratStenographisches Protokoll769. Sitzung / Seite 136

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Wenn ich die äußerst interessanten Ausführungen unseres Finanzministers aufgreife, dann war ein Aspekt durchaus beachtlich. Er hat heute in der Früh ausdrücklich dar­auf aufmerksam gemacht, dass wir mit unseren nationalen Konjunkturpaketen – erstes Konjunkturpaket, zweites Konjunkturpaket, Steuerreform oder Tarifssenkung, wie auch immer – in diesem Zusammenhang einen durchaus beachtlichen wirtschaftspoliti­schen, nationalen Handlungsanlauf machen.

Unser Finanzminister hat aber auch deutlich darauf hingewiesen, dass wir mit diesen sehr beachtlichen Paketen nur 40 Prozent der nationalen Wertschöpfung bewegen. In diesem Zusammenhang schließt sich der Kreis zum Wirtschaftsbericht zum Arbeitspro­gramm 2009, wie er jetzt vorliegt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns gemeinsam darüber Gedanken ma­chen, dass 60 Prozent der nationalen Wertschöpfung in den Export gehen. Daher bedeutet der nächste Schritt der Wirtschaftspolitik, Maßnahmen auf europäischer Ebene zu setzen. Sicherlich, ich möchte nicht verschweigen, dass uns sowohl das pri­märe als auch das sekundäre Gemeinschaftsrecht gewisse Regeln und gewisse Gren­zen aufzeigen.

Aber wir haben einen Gestaltungsspielraum, es gibt einen Handlungsspielraum, den wir nutzen können. Insbesondere der Wirtschafts- und Stabilitätspakt muss ins Zen­trum höherer beschäftigungswirksamer Maßnahmen gestellt werden. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Nein, nicht aufregen! Der Punkt ist aber, dass die Grenzen ohnedies schwimmen. Da braucht es ein Aufbrechen aus Österreich nicht, die Grenzen schwimmen ohnedies.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der zentrale Punkt dabei bleibt die Stärkung der Bin­nennachfrage. Die Aktivitäten Österreichs im Bereich der nationalen Investitionspro­gramme sind, so glaube ich, durchaus von einem gemeinsamen politischen Konsens getragen. Aber koordinierte Investitionsprogramme im öffentlichen Bereich auf euro­päischer Ebene – im Bereich der Bildung, der Forschung und Entwicklung, der Ener­giepolitik, der Infrastruktur, aber auch im Bereich der Kinderbetreuung – müssen auch von uns aus eingefordert werden. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vor­sitz.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich in diesem Zusammenhang den Wirtschafts- und Stabilitätspakt erwähne, dann meine ich auch, dass der Handlungsspielraum auf europäischer Ebene im Bereich der Budgetpolitik und der Geldpolitik, insbesondere der EZB in Zukunft anders genutzt werden muss. Das muss auch als gemeinsame Forde­rung von uns ausgehen. Jawohl, der geldpolitische Entscheidungsspielraum der EZB muss sich auch an den beschäftigungspolitischen Zielsetzungen von Lissabon orientie­ren. Jawohl, der Stabilitäts- und Wachstumspakt muss, Kollege Kühnel, mehr budgetä­ren Spielraum bekommen!

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch nicht außer Acht lassen, dass neben der Binnennachfrage auch die Konsumnachfrage wichtig ist. Liebe Kolleginnen und Kolle­gen, wir haben mit der Kollegin Kemperle heute in der Früh darüber diskutiert, dass es in Österreich in den letzten Tagen gefährliche Stilblüten zur Konsumnachfrage gibt. Ich nenne in diesem Zusammenhang das Schlagwort „Lohnverzicht“.

Wenn wir gemeinsam die Meinung vertreten, dass auch die Konsumnachfrage zur Be­lebung der Wirtschaft beitrage, dann müssen wir aufpassen, wie wir mit der Forderung nach Lohnverzicht umgehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn sich einer der führenden österreichischen Ma­nager hinstellt und sagt, ich verzichte auf 50 Prozent meines Gehalts – es wird kolpor­tiert, dass bei diesem Manager dann noch immer 4 Millionen € im Jahr an Einkommen


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