BundesratStenographisches Protokoll770. Sitzung / Seite 48

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eine Selbstbeschreibung. Es spricht zu Ihnen jetzt keine Lehrerin, auch keine Lehrer­vertreterin, auch keine Mutter und somit auch keine Elternvertreterin. Ich gebe zu – das ist jetzt das Outing –, ich bin ein Lehrerkind, auch ein Direktorenkind (Heiterkeit) und umso mehr, glauben Sie es mir, gestählt und von Herzen Vertreterin der Anliegen jun­ger Menschen, der Schülerinnen und Schüler in dieser Diskussion. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Da gehen ja unsere Herzen auf!) – Ja? Ich bin gespannt.

Dem vorliegenden Antrag werde ich gemeinsam mit meiner Fraktion zustimmen, denn wenn es vor Ort, in den einzelnen Schulen, den einzelnen Bundesländern Wünsche gibt, wie hier eben den vermehrten Wunsch, die Modelle der Neuen Mittelschule umzu­setzen und daran teilzunehmen, dann gehe ich davon aus, dass vor Ort die Beteiligten nach bestem Wissen und Gewissen und partnerschaftlich entschieden haben, dass das gescheit ist, und dass man vor Ort am besten weiß, was notwendig ist. Und dann sollten wir, glaube ich, hier auch nicht verhindern, dass diese Flexibilität möglich wird. Also wir stimmen und ich stimme heute zu und lade auch alle anderen dazu ein.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle aber auch ein paar grundsätzliche Gedanken zur Bil­dungspolitik, die gerade zu diesem Thema, zum heutigen Beschluss und gerade auch in diese Zeit passen.

Der Versuch Neue Mittelschule kostet ja Geld, das haben wir heute schon mehrmals gehört. Und ich sage im Interesse der Schülerinnen und Schüler ja zu Investitionen im Bildungsbereich, aber ich glaube, wir müssen nicht nur Geld investieren, sondern vor allem auch Hirn und Engagement. Was meine ich damit? Worin genau sollten wir Hirn investieren und warum?

Junge Menschen, Schülerinnen und Schüler – ich glaube, wir erleben das alle – sind frustriert, und ich sage, sie sind verständlicherweise frustriert, frustriert darüber, dass in der Bildungspolitik, zumindest hörbar und sichtbar, hauptsächlich diskutiert wird über Standorte, über Bauvorhaben, über Personalpolitik, über Schulbezeichnungen, wohlge­merkt: in dem Fall nur über die Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen, und über das Budget. Darüber wird geredet. Das sind zweifellos alles wichtige Fragen, aber es ent­steht dabei für mich und für viele Schülerinnen und Schüler doch ein bisschen der Ein­druck, als würde da der fünfte Schritt vor dem ersten diskutiert – nicht nur diskutiert, sondern in vielen Fällen auch gemacht. Das erscheint doch nicht sinnvoll, und das Ergebnis wird aus meiner Sicht dadurch auch nicht besser.

Jetzt sage ich, was aus meiner Sicht der erste Schritt wäre. Ich meine, wir müssen dar­über reden, was sich die Schülerinnen und Schüler, die Menschen, die jetzt verunsi­chert sind über den Wert ihrer Bildung im Berufsleben, von der Schule, von der Bildung erwarten können. Wir müssen darüber reden, was Schule leisten muss.

Ich meine auch, dass Schule auf das Leben vorbereiten muss, beruflich wie privat. Um Einwänden da gleich vorzubeugen: Ich meine nicht, dass Schule erziehen soll. Schule soll auf das Leben vorbereiten. Und ich meine auch, wenn wir über die Aufgabe der Schule reden, darüber, was in der Schule passieren soll, dann sollten wir nicht über Lehrplanentrümpelung reden. Das ist auch ein Wort, das uns schon seit, ich glaube, Jahrzehnten begleitet. So lange kann ich aufgrund meines Alters nicht zurückschauen, aber ich lese das nach.

Es geht nicht um Lehrplanentrümpelung. Aus meiner Sicht geht es darum, Tabula rasa zu machen, nicht vom Bestehenden auszugehen, was man daran vielleicht noch dre­hen kann, sondern von dem, was sein soll. Darum ist grundsätzlich zu überlegen, was dazu gehört, wenn Schule auf das Leben vorbereiten soll. Das heißt vielleicht heute nicht, dass man ein Integral berechnen kann, was auch immer das ist, sondern dass man sich in Wikipedia zurechtfindet. (Bundesrätin Mühlwerth: Es schadet aber auch nicht, wenn man es kann!)

 


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