BundesratStenographisches Protokoll770. Sitzung / Seite 49

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Das heißt vielleicht aber auch nicht, dass man Käfer klassifizieren kann oder das Peri­odensystem der Elemente auswendig kann, das man im Übrigen ohnehin überall nach­lesen kann, sondern dass man sich mit bewusster Ernährung auseinandersetzen kann. Wir werden heute dazu unter anderem noch einen Antrag hören.

Und das heißt vielleicht heute nicht, dass man – ich habe das gelernt – einen Jambus von einem Trochäus unterscheiden kann, sondern das heißt, dass man eine aussage­kräftige Bewerbung nicht nur schreiben kann, sondern vor Ort im Gespräch auch be­stehen kann.

An die Lehrerinnen und Lehrer unter uns und alle, die das gelernt haben: Bitte, neh­men Sie diese Vorschläge nicht persönlich, aber ich denke, wir müssen zuerst überle­gen, was die Schule leisten muss, und dann vielleicht, was sie sonst auch noch könnte. Denn erst, wenn wir überlegt haben, was Schule leisten muss, was gelehrt werden soll, was wirklich auf das Leben vorbereitet, erst dann stellt sich für mich die Frage: Welche Fächer soll es geben, welche Lehrpläne sollen diese Fächer konkret haben? In wel­chen Schultypen soll es welche Fächer geben? Mit welchen Methoden wird unterrich­tet, welche Lehrer brauchen wir dafür, und wie müssen wir die ausbilden? Und in wel­chem System findet das statt? – Das ist aus meiner Sicht die richtige Reihenfolge.

So viele Einzelmaßnahmen sind in der letzten Zeit besprochen worden, Maßnahmen wie die Zentralmatura, der Schulversuch Neue Mittelschule oder die Bildungsstan­dards. Ich glaube, man kann da nicht sagen, ob die grundsätzlich gut oder schlecht sind. Diesen Maßstab, ob man diese Maßnahmen für richtig hält, gibt ein gemeinsa­mes Ziel ab: Was wollen wir erreichen? Was soll die Schule leisten?

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Schulpartner, auf jeden Fall die Schülerinnen und Schüler, bei jeder Reform umso eher an Bord sind, wenn so ein gemeinsam erar­beitetes Ziel vorhanden ist. Und ich bin auch überzeugt davon – und ich habe in den letzten Tagen und Wochen sehr viele Gespräche geführt –: Will man die Schülerinnen und Schüler an Bord haben, dann kann es nicht um ideologisch motivierte Ziele gehen, ganz egal, woher die auch kommen, sondern da muss es um eine pragmatische Ant­wort und pragmatische Lösung gehen für unsere pragmatische Generation, darum eben, was Schule leisten muss, damit junge Menschen ihr Leben erfolgreich meistern können, beruflich wie privat.

Wir müssen also in Bildung investieren, und zwar Hirn, Engagement und Geld. Das Geld-Investieren kommt aus meiner Sicht zum Schluss, dann, wenn man weiß, wo es gut aufgehoben ist, und das Hirn-Investieren – darüber habe ich auch gesprochen – richtet sich darauf, worüber wir nachdenken sollen.

Ich glaube, wir brauchen aber auch viel Engagement, und das Engagement betrifft alle Stakeholder im Bildungssystem. Das sind nicht nur die Schulpartner und das ist nicht nur die Wirtschaft, sondern das ist die gesamte Gesellschaft, und wir als Politikerinnen und Politiker, als Gestalterinnen und Gestalter sind da besonders gefordert.

Engagement bedeutet in der Bildungspolitik vor allem ein Sich-Einlassen auf eine grundsätzliche Diskussion. Das bedeutet ein offenes Zugehen auf alle Beteiligten, auf wirklich alle, das möchte ich betonen – nicht nur auf die Erwachsenen, die vielleicht leichter erreichbar sind oder sich leichter Gehör verschaffen können –; ein Zugehen auf alle Schulpartner, nicht nur auf Ebene der einzelnen Schulen – da wird das sehr oft be­trieben und ist sehr einfach –, sondern auch auf der Ebene der Bundesvertretungen, der Dachverbände.

Heute ist schon öfters angesprochen worden, dass die Konflikte in der letzten Zeit das Zugehen und das offene Diskutieren nicht unbedingt leichter gemacht haben. Das weiß ich. Was aber auch nicht passieren darf, und das weiß ich auch, ist, dass mit dem Bud-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite