BundesratStenographisches Protokoll770. Sitzung / Seite 86

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Wir haben keine Freude damit, wenn zusätzliche Mittel in Projekte wie die Nabucco-Pipeline investiert werden. Wir glauben, dass dadurch eine Abhängigkeit entsteht, die Türkei an den sprichwörtlich langen Hebel gesetzt wird und dadurch ganz Europa und vor allem Österreich am Gängelband führen wird. Auch die Länder, aus denen das Gas kommen wird, sind nicht unbedingt seriöse Handelspartner.

Ich darf auf die Energiehauptstadt von Europa hinweisen – nicht nur von Österreich, sondern von ganz Europa! –, das ist die burgenländische Stadt Güssing. (Bundesrat Schennach: Genau!) Noch vor sieben Jahren gab es in Güssing keine Arbeitsplätze, und mittlerweile gibt es dort zirka 1 000 Arbeitsplätze.

Vor einigen Wochen wurde im Fernsehen eine Dokumentation über Güssing gezeigt. Die Verantwortlichen von Güssing, allen voran der Bürgermeister, sprachen davon, dass anstelle der Kosten für die Nabucco-Pipeline Gesamtösterreich auf erneuerbare Energie umgestellt werden könnte. Weiters wurde ausgeführt, dass damit für zirka 350 000 Personen Arbeitsplätze geschaffen werden könnten – nur durch die Umstel­lung auf erneuerbare Energie!

Wir brauchen daher das Rad nicht neu zu erfinden, es ist schon alles vorhanden. Ich frage mich: Warum geht man nicht in diese Richtung, nämlich in Richtung erneuerbare Energie? Das Einzige, das dazu fehlt, ist der politische Wille. Unser Wille, diesen Weg einzuschlagen, ist vorhanden.

Solange Österreich wirtschaftlich gut dasteht, wird sich ein großer Anteil der Österrei­cher Flugreisen, ausgiebige Autofahrten und ein energieintensives Wohnen leisten können; im Falle einer Wirtschaftskrise jedoch werden viele Menschen das Problem haben, sich ihre Energie weiterhin nicht mehr leisten zu können.

Aus diesen Beispielen und Gründen zeigt sich die Bedeutung einer sofortigen Energie­wende. Es wäre aber eine Illusion zu glauben, dass die Probleme der Gegenwart und der Zukunft mit dem Umstieg auf erneuerbare heimische Energie gelöst werden könn­ten.

Probleme, Katastrophen, Krisen, Seuchen und kriegerische Auseinandersetzungen hat es auch vor dem fossil-atomaren Zeitalter gegeben und wird es vermutlich auch da­nach geben. Faktum ist aber, dass nach dem Wegfall der Abhängigkeit von fossiler Energie ein ganz zentrales Motiv wegfällt, das für viele Probleme in den letzten Jahr­zehnten verantwortlich war. Fossile Energie steht für das von Konzernen beherrschte Wirtschaftssystem, während erneuerbare Energie, die möglichst nahe am Verbraucher hergestellt wird, für eine bürgernahe kleinräumige Regionalwirtschaft steht.

Sonnenstrahlen kann man den Bürgern nicht einfach wegnehmen. Diese entziehen sich der politischen Einflussnahme. Sie entziehen sich einer Weltwirtschaftskrise und den Entwicklungen auf den Kapitalmärkten. Wer die Energie kontrolliert, kann fremde Staaten kontrollieren. Darum fordern wir eine nachhaltige Energieautarkie durch erneu­erbare Energiequellen.

Abschließend darf ich noch auf Folgendes hinweisen: Während der Gaskrise vor eini­gen Monaten, als noch niemand wusste, wie lange die Russen das Gas noch abge­dreht lassen, mussten in Österreich die Gasreserven angegriffen werden. Obwohl nie­mand gewusst hat, wie lange das Gas abgedreht bleibt, haben die österreichischen Fir­men aus unseren Gasreserven Gas nach Serbien verkauft! Das sagt natürlich aus, dass der wirtschaftliche Gewinn der Gasfirmen hoch über dem wirtschaftlichen Nutzen der eigenen Bevölkerung steht. Die eigene Bevölkerung hätte frieren müssen, nur da­mit die Firmen einen wirtschaftlichen Vorteil nutzen können. Wir stimmen diesem Punkt daher nicht zu. (Beifall der Bundesrätin Mühlwerth.)

13.57

 


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