BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 189

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Lebenswelten von heute. Ich möchte mich bei der Frau Bundesministerin dafür bedan­ken, dass sie dies umsetzt. Meine Fraktion begrüßt das natürlich sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.56


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte.

 


19.56.43

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich sehe gerade, dass ich der einzige Mann in die­ser Debatte bin. (Bundesrätin Mühlwerth: Gott sei Dank redet auch ein Mann! Bundesrat Konecny: Er ist ja alleinerziehender Vater! Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ. Heiterkeit.) – Er hat recht, als alleinerziehender Vater – über 15 Jahre lang – kenne ich mich da schon etwas aus.

Ja, es ist richtig, Frau Kollegin Eibinger, es wird in diesem Familienrechtspaket eine ganze Reihe von Punkten positiv reformiert, insbesondere ziemlich abgestandene Be­reiche, etwa jener der Ehepakte, der, glaube ich, noch auf einer Regelung des Jah­res 1811 fußt.

Bei den Regelungen bezüglich Stiefeltern gibt es natürlich – wie bei all den Regelun­gen, die geändert werden – drei Bereiche, nämlich Scheidungsrecht, Unterhalt und Obsorge, die nicht wirklich so ganz auf das, was heute in unserer Gesellschaft Realität ist, eingehen. Wir brauchen nämlich ganz dringend eine Definition – auch eine gesetz­liche Definition – von „Lebensgemeinschaften“. – Es gibt sie nicht! Wir brauchen zum Beispiel im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch eine Definition.

Sie haben schon recht, bei 13-, 12- und 11-Jährigen sind die Ehe und die Familie Gegenstand einer Art kindlicher Glorifizierung. Das mag auch aus den Erfahrungen von Patchwork-Familien resultieren. Tatsache ist, dass die Zahl der Eheschließungen immer mehr zurückgeht, dass jede zweite Ehe geschieden wird und dass die durchschnittliche Verweildauer in einer Ehe immer weiter und dramatisch sinkt.

Das ist einfach Realität. Man kann natürlich die Augen vor dieser Entwicklung ver­schließen, oder man kann sagen, okay, auch wir anerkennen Formen von Lebens­gemeinschaften, und zwar auch in der Definition von Rechten und Pflichten. Das ist ja auch interessant: Aus einer Lebensgemeinschaft, die wir derzeit rechtlich nicht definiert haben, können ja für die Partner dieser Lebensgemeinschaft genauso Rechte und Pflichten erwachsen. Das brauchen wir, und das ist meiner Meinung nach der Zeit angemessen.

In unserem ganzen Gesetzeswerk werden die Lebensgemeinschaften nie definiert. Es gibt gesetzliche Bestimmungen in anderen Bereichen, wo es Hinweise gibt, aber es gibt keine grundsätzliche Klärung. Besonders dramatisch ist es dann, wenn es zum Beispiel um das Obsorgerecht geht. Bei den Regelungen hinsichtlich der Stiefväter oder -mütter haben wir genauso das Problem, dass wiederum jene, die gerade in dieser Familienkonstellation – nämlich in den Lebensgemeinschaften – oft schon die Mehrheit sind, gar nicht in Rechte hineinkommen und keine Vertretungsfähigkeit haben.

Ein stiefelterlicher Teil, der vielleicht schon seit 15 Jahren in einer Lebensgemeinschaft lebt, kann dieses stiefelterliche Kind nicht einmal in der Schule vertreten, wenn die leibliche Mutter oder der leiblich Vater krank sind. Die Gesellschaft ist also im Wandel. Die Familie, die wir heute leben, ist die jüngste Organisationsform unserer Gesellschaft in den letzten tausend Jahren. Diese Form der Familienorganisation ist ein wenig ratlos


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