BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 190

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geworden, aber sie ist natürlich voll gerechtfertigt. Wir dürfen das andere, nämlich den Reformbedarf jedoch nicht übersehen.

Wenn heute schon der Wirtschaftsminister hier ist, dann kann man das vielleicht in der Sprache des Wirtschaftsministeriums sagen: In einem Bereich, meine Damen und Herren – der ist hier nicht geregelt –, brauchen wir einen One-Stop-Shop, nämlich beim Unterhaltsrecht, wo wir drei Institutionen, das Jugendamt, das Bezirksgericht und das Oberlandesgericht, einschalten. Das ist ein Irrsinn, ein absoluter Irrsinn. Das gehört an einer Stelle geregelt und durchgeführt, und die Betroffenen gehören nicht im Kreis geschickt.

Das Zweite, was ich immer wieder als soziale Härte der Sonderklasse betrachte und was hier auch nicht geregelt ist, ist der Umstand, dass, wenn es keine Chance gibt, eine Unterhaltsbevorschussung auszubezahlen, auch keine gibt. Aber das ist eine Absage an die finanzielle Sicherheit des Kindes. Es geht hier um das Kind. Wir sind der Meinung, Kollege Kühnel, jedes Kind ist gleich viel wert. Auch für ein Kind, das in der Situation ist, dass es eine Unterhaltsbevorschussung braucht und diese aus irgendwelchen nicht abzuschätzenden Gründen nicht bekommt, muss es trotzdem die Möglichkeit dazu geben – und nicht so, wie es derzeit ist.

Aber im Prinzip geht dieses Familienrechtspaket in die richtige Richtung, und wir wer­den dem zustimmen. – Danke. (Beifall des Bundesrates Dönmez sowie bei Bundes­räten von SPÖ und ÖVP.)

20.02


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


20.02.15

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja jetzt schon sehr ausführlich über dieses Familienrechts-Änderungsgesetz gesprochen worden. Ich möchte drei Punkte zur Sprache bringen, wo wir es bedauerlich finden, dass sie nicht Eingang gefunden haben.

Das eine, was wir bedauerlich finden, ist, dass sich die Regierung leider immer noch nicht dazu durchringen kann, eine verpflichtende gemeinsame Obsorge einzuführen. Wir fordern das wirklich seit Langem. Die Bundesrepublik Deutschland praktiziert das seit 1998 durchaus mit Erfolg. Bei uns ist es immer noch so, dass ein gemeinsamer Antrag gestellt werden muss, der natürlich immer das Risiko in sich birgt, dass genau deswegen dann Zwist und Hader unter den sich scheidenden Eheleuten ausbricht. Das finden wir für das Wohl des Kindes abträglich. Daher ist es uns ein wirkliches Anliegen, endlich einmal zu dieser verpflichtenden gemeinsamen Obsorge zu kommen.

Der zweite Punkt ist, wie es in diesem Gesetz jetzt drinnen ist, dass der Vater der Kinder, der mit der Kindesmutter nicht verheiratet ist, aber mit ihr zusammenlebt, einen Antrag stellen muss, damit auch er das Sorgerecht hat. Die Schweiz hat gerade eben erst eine Novelle in Begutachtung geschickt, in der vorgesehen ist, dass der Vater der Kinder, der mit der Kindesmutter nachweislich zusammenlebt, automatisch auch das Sorgerecht bekommt und es nicht wie bei uns erst beantragen muss. Übri­gens orientiert sich die Schweiz auch an der Bundesrepublik Deutschland, was die verpflichtende gemeinsame Obsorge betrifft.

Ich denke, in Zeiten wie diesen, da wir schon festgestellt haben, dass sich Familien­verhältnisse verändert haben und nicht mehr die sind, die wir vor 40, 50 Jahren ge­kannt haben, wäre es schon der richtige Schritt, das auch automatisch erfolgen zu lassen.

 


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