BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 191

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Frau Minister Bandion-Ortner hat in der Nationalratssitzung gesagt: Na, dann sollen sie halt heiraten. – Das ist leicht gesagt, da gehören aber zwei dazu. Und wenn einer nicht will, hat der andere das Nachsehen. (Bundesrat Schennach: Das ist richtig!) Dann muss er sich extra darum bemühen. Wir denken, das ist einfach nicht notwendig.

Der dritte Punkt ist: Wir haben das ja schon beim Gebührengesetz vor ein paar Wochen beanstandet: Es ist zwar schön, dass jetzt die Gebühren betreffend das Besuchsrecht von 232 € auf 116 € halbiert worden sind und dass für die Überprüfung und die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung auch eine Halbierung der Gebühren stattgefunden hat, aber wir waren damals der Meinung – und das sind wir heute auch noch –, dass es gerade in diesen sensiblen Fällen gar keine Gebühren geben sollte.

Wir wissen, wie schwierig die Situation für die Menschen jetzt ist – meistens sind es die Väter, die dieses Besuchsrecht beantragen müssen. Wir haben eine Wirtschaftskrise, wir haben Arbeitslosigkeit, wir haben Kurzarbeit, die Menschen haben weniger Geld. Daher finde ich es nicht sehr sozial, dass sie in diesen Fällen auch noch bezahlen müssen. Ich denke, es hätte sich ein Weg gefunden. Man macht das ja auch mit einem Ausgleich, wenn man woanders ein bisschen mehr einhebt. Man hätte es durchaus machen können, dass da keinerlei Gebühren eingehoben werden.

Wir stimmen dieser Vorlage sehr wohl zu und sind guter Hoffnung, dass unsere Wün­sche irgendwann einmal erfüllt werden – hoffentlich schon beim nächsten Mal. (Beifall der Bundesräte Ertl und Schennach.)

20.05


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitter­lehner. – Bitte, Herr Minister.

 


20.06.03

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf heute in Vertretung der Frau Justizminister Bandion-Ortner einige Feststellungen zu dieser Gesetzesvor­lage machen.

Es ist ja schon einiges von den Vorrednern angesprochen worden, was die Prob­lemlage betrifft. In diesem Zusammenhang ist es natürlich Aufgabe der Bundesregie­rung, aber auch Aufgabe der Justizpolitik, das geltende Recht der gesellschaftlichen Realität anzugleichen.

Die österreichische Rechtsordnung hatte bis jetzt primär das klassische Familienbild vor Augen, nämlich jenes von zum ersten Mal verheirateten Eltern mit ihren Kindern. Das hat strukturelle Benachteiligungen für andere Familienformen bedeutet, für Men­schen, die in Patchwork-Familien leben, für Lebensgefährten, für Personen, die erneut eine Ehe schließen wollen, für Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher. Auf all diese Gruppen soll Rücksicht genommen werden, ohne – das ist ganz wichtig – die klas­sische Familie zu benachteiligen.

So werden jetzt unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschrechte besonders schwerwiegende und unerwartete Diskri­minie­rungen für Lebensgefährten im Vergleich zu Ehepartnern im Justizrecht beseitigt.

Die Position eines Lebensgefährten wird an die Stellung eines Ehepartners ange­glichen, wie etwa beim Entschlagungsrecht einer Zeugenaussage. Die Rechte und Pflichten der Lebensgefährten zueinander bleiben wie bisher bestehen.

Der besonderen Lage von Kindern in Patchwork-Familien wird dadurch Rechnung getragen, dass dem Stiefelternteil, der mit dem betreuenden Elternteil zusammenlebt,


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