BundesratStenographisches Protokoll802. Sitzung / Seite 120

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ÖVP und SPÖ.) Dieser Fall ist nun medial und sogar in einem Buch so weit aufbereitet, dass es bei diesen Fragen nichts gibt, was nicht schon irgendwann einmal öffentlich diskutiert und debattiert worden wäre. Meine Damen und Herren, wir haben es da ja nicht mit irgendeinem, ich sage jetzt einmal unter Anführungszeichen, „Wald-und-Wie­sen“-Fall zu tun. Es ist kein Einbruch, es geht um Kindesentführung – Gott sei Dank nicht alltäglich in Österreich!

Wenn man sich diese enorme Zahl von Fehlern anschaut, die ja auch dokumentiert ist und von Ihnen nicht einmal in Abrede gestellt wird, so ergeben sich daraus für mich ei­gentlich zwei Schlüsse oder zwei Fragen. Erstens: Ist das wirklich Unfähigkeit der Er­mittler in einem so hohen Maß (Bundesrätin Kerschbaum: Diese Frage steht nicht da drin!), dass über Jahre hinweg, von der Entführung bis zum Gott sei Dank glücklichen Abschluss – einigermaßen glücklich, sage ich einmal, acht Jahre danach –, eine Reihe, eine Verkettung von Ermittlungspannen passiert?

Wenn das wirklich so ist, dann ist es eine Katastrophe, vor allem eigentlich eine Kata­strophe für alle Eltern, die womöglich in eine ähnliche Situation kommen oder Angst davor haben, einmal in der Situation zu sein, dass ihr Kind plötzlich verschwindet. Das kommt ja jährlich vor; oft stellt sich dann Gott sei Dank glücklicherweise heraus, dass es nur Ausreißer sind, aber es passieren leider Gottes auch immer wieder schwere Verbrechen. Ich möchte nicht in der Situation dieser Eltern sein, wenn sie glauben müssen, dass ihr Fall dann gleich behandelt wird wie der Entführungsfall Kampusch.

Noch erschütternder ist eigentlich, dass alle diese Pannen auch noch in Anbetracht dessen passiert sind, dass das Medieninteresse und die Öffentlichkeitswirksamkeit so groß waren. Aus aller Welt sind Fernsehstationen vor dem Haus gewesen, und trotz­dem wurde es verabsäumt, dort Spuren ordnungsgemäß zu sichern. Da frage ich mich schon, ob man in so einem Fall wirklich die besten Ermittler dorthin schickt. Und wenn es das war (Bundesrätin Kerschbaum: Die Frage haben Sie der Ministerin nicht ge­stellt!): Ist das die Qualität unserer besten Ermittler? (Bundesrat Jenewein – in Rich­tung der Bundesrätin Kerschbaum –: Lesen Sie einmal nach im Aktenvermerk! – Wie­tere Zwischenrufe.)

Der zweite Schluss oder die zweite Frage, die sich daraus ergibt, ist, ob da nicht wis­sentlich vertuscht wird. Mein Vorredner hat es ja bereits angesprochen, ich darf noch einmal auf das hinweisen, was er kurz angerissen hat: Bereits 14 Tage nach der Ent­führung hat sich ein Polizeihundeführer gemeldet und völlig korrekte und konkrete An­gaben zum späteren Entführer gemacht. Innerhalb der Polizei ist dieser Hinweis aber nicht weiterverfolgt worden, da man den Täter Priklopil in der Zwischenzeit bereits we­gen seines Kastenwagens überprüft hätte.

Dieser Hinweis wurde abgelegt. Erst 2006 wird auf Druck des Ministerbüros der Poli­zeihundeführer zu Hause aufgesucht und ihm unmissverständlich nahegelegt, dass er in der Öffentlichkeit über seinen damaligen Hinweis zu schweigen habe. Die Art und Weise, meine Damen und Herren, wie man da einen korrekten Beamten unter Druck setzt – offensichtlich in Anbetracht der bevorstehenden Wahlen –, ist erschütternd. Dass da noch persönliche Naheverhältnisse der ermittelnden Beamten bestanden, möchte ich im Detail nicht näher erwähnen.

Es gibt widersprüchliche Angaben zum Wortlaut der damaligen Meldungen. Bereits 14 Tage nach dem Verschwinden der Natascha Kampusch hat es einen klaren Hinweis auf den Entführer gegeben. Diesem wird nicht nachgegangen, und das ist grob fahrläs­sig  und nachher wird das Ganze auch noch vertuscht.

Wenn man sich das alles im weiteren Umfeld ansieht, auch mit der Justiz – die zwar hier heute nicht Thema ist, aber bei der Gesamtbetrachtung dieses Bildes schon äu­ßerst mysteriös ist –: Der Oberst Kröll, den Sie ja bereits erwähnt haben, Frau Bun-


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