BundesratStenographisches Protokoll855. Sitzung / Seite 144

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nie wieder Probleme in Mathematik gehabt hat. Wir müssen da also schon auch auf die Qualität des Lehrpersonals achten.

Was mit diesem Gesetz passiert, geschieht nicht zum ersten Mal. Es wird ein großes Paket geschnürt, von dem die Regierungsparteien selbst dann sagen, dass es ein Meilenstein ist. Das kann ich Ihnen gleich sagen: Ein Meilenstein ist es nicht. Es ist wieder ein Drehen an den Schrauben im Bildungssystem, wie wir das nicht zum ersten Mal erleben. Es werden dann immer durchaus – nach unserem Dafürhalten jetzt – gute und sinnvolle Sachen hineingepackt und solche, bei denen wir einfach nicht mitkönnen. Am Ende muss man leider das gesamte Paket mitbeschließen oder es eben ablehnen.

Der Übergang vom Kindergarten in die Schule ist völlig in Ordnung. Ich halte es für eine sinnvolle Maßnahme, dass das Kind, wenn es in die Volksschule aufgenommen werden soll, nicht ein völlig unbeschriebenes Blatt ist. Jeder, der Kinder hat, wird diese Situation vielleicht schon einmal erlebt haben: Man geht mit dem Kind zur Schul­einschreibung, und das Kind, das sonst sehr kommunikativ ist, sagt genau überhaupt nichts, ist bockig und verweigert alles. Wie soll da der Direktor feststellen, wie der Stand der Dinge bei diesem Kind ist? Wenn man da mit einem gewissen Portfolio kommt, ist das durchaus zu begrüßen.

Die Sprachstartklassen sind eine gute Sache. Ich kann mich aber noch erinnern, dass es, als wir das gefordert haben, einen Aufschrei gegeben und geheißen hat, dass wir Ghettoklassen bilden wollen. Jetzt macht man die Sprachstartklassen. Es sind elf Wochenstunden, in denen die Kinder aus der Klasse herausgeholt werden, um extra in Deutsch unterrichtet zu werden, denn es geht ja vor allem um die, die nicht, gar nicht oder nicht ausreichend Deutsch können. Im Stadtschulrat haben wir letzte Woche eine Sitzung des Gesamtkollegiums gehabt, in der uns der Herr Präsident berichtet hat, dass er aus organisatorischen Gründen, nämlich weil er zu wenig Personal hat, jetzt genau das machen muss, was wir vor zehn Jahren schon gefordert haben: Man muss die Kinder überhaupt in einer eigenen Klasse unterrichten, weil es nicht anders geht.

Und ich sage: Das wird gut sein, denn es geht darum, dass die Kinder möglichst schnell Deutsch lernen, um dem Unterricht selbst folgen zu können, aber auch andere in ihrem Lernfortkommen nicht zu behindern.

Die Abschaffung der Ziffernnote finden wir absolut nicht in Ordnung, wiewohl ich weiß, dass das so nicht im Gesetz steht. Man muss natürlich sagen, dass man eine verbale Beurteilung haben möchte. Ich habe festgestellt, auch in der Zeit, als ich Vize­präsidentin im Stadtschulrat für Wien war: Die Kinder denken abstrakt, und wenn Kinder eine verbale Beurteilung in die Hand bekommen, selbst dann, wenn sie schon lesen können, ist die erste Frage: Was ist das jetzt: Ist das jetzt ein Einser oder ist das ein Zweier oder? Na ja, schlechter, das hoffen sie ja dann meistens nicht.

Gut gefallen hat mir, was es an manchen Schulen in Wien gegeben hat, nämlich eine Ziffernnote mit einer Erklärung dazu, wie der Fortschritt des Kindes war, ob es sich verbessert hat, ob es sich verschlechtert hat. Meistens versuchen die Lehrer, das möglichst positiv darzustellen und zu sagen: Ja, ich sehe, du hast dich bemüht und es geht auch schon etwas weiter! Das finde ich gut, aber ich denke nicht, dass es uns wirklich ans Ziel bringt, das wir alle anstreben: nämlich dass die Schüler wirklich ein gutes Fortkommen in der Schule haben, wenn wir jetzt nur auf verbale Beurteilung setzen und die Ziffernnoten abschaffen.

Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft das Sitzenbleiben. Wir haben das im Ausschuss besprochen, und da kam die Aussage, dass Sitzenbleiben stig­matisiert. Das Zurückstufen in eine nächstniedrigere Stufe ist nicht viel anders als ein Sitzenbleiben. Man muss es ja auch nicht Sitzenbleiben nennen, wir haben es ja bis jetzt auch immer das Wiederholen einer Schulstufe genannt, und für viele Schüler ist


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