11.35.44

Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsi­dentin! Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Vorsorge ist besser als Nachsorge, sagt schon eine alte Volksweisheit. Der Bericht der Volksanwaltschaft ist ja in zwei Teile gegliedert, zum einen in die Kontrolle der öffentlichen Verwaltung und zum anderen – und das möchte ich ganz besonders hervorheben – gibt es im Sinne des Prinzips Vorsorge statt Nachsorge einen eigenen Teil, der die präventive Men­schen­rechtskontrolle betrifft.

In der Gewerbeordnung gibt es – das ist mir in diesem Zusammenhang eingefallen – seit der letzten Novelle den Grundsatz: beraten statt strafen. Auch das, denke ich, kann man sinngemäß unter dem zweiten Teil des Berichts der Volksanwaltschaft sub­su­mieren. Es ist einfach sinnvoller, wenn man sich im Vorhinein ansieht, wo potenzielle Missstände auftreten könnten, und diese gemeinsam mit der Behörde vorweg verhindert.

In diesem Sinne möchte ich aber auch etwas anmerken, was mir beim Lesen der beiden Berichte aufgefallen ist: Ich gebe einer Vorrednerin recht, die gesagt hat, es ist teilweise sehr schwierig gewesen, das bis zum Ende zu lesen, da sehr viele Einzel­schicksale beschrieben werden, eindrucksvoll beschrieben werden. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass wir in Österreich durchaus stolz und uns dessen bewusst sein dürfen beziehungsweise müssen, dass wir über eine sehr gute Verwal­tung verfügen. In Österreich erfolgen tagtäglich Zehntausende verschiedene Amts­hand­lungen, und der Grad der Beanstandungen ist – er ist natürlich für jeden Einzel­nen immer noch zu hoch – insgesamt betrachtet sehr niedrig, wir haben eine sehr solide Verwaltung.

Schauen wir uns die beanstandeten Polizeieinsätze an: Die Quote der Polizeieinsätze, die ohne jegliche Beanstandung auskommen, liegt bei rund zwei Dritteln, bei 63 Pro­zent. Und wenn man sich das restliche Drittel ansieht, dann muss man ehrlicherweise sagen, da handelt es sich nicht immer um Beanstandungen, bei denen es um Leib und Leben geht, sondern es sind oft auch kleinere Dinge aufgezeigt worden, die man in der Verwaltung relativ einfach abstellen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! An dieser Stelle Folgendes – das ist weniger ein Appell an die Kontrollorgane der Volksanwaltschaft, sondern soll uns allen vor Augen führen, dass Menschenrechte keine Einbahnstraße sind –: Ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass auch unsere Beamten, gerade unsere Exekutivbeamten, Polizisten, Justizwachebeamten, Rechte haben und dass diese Menschen tagtäglich einen sehr, sehr schwierigen Dienst versehen müssen.

Es dringt immer wieder durch, dass gerade bei Abschiebevorgängen die Beamten bespuckt werden, sonst irgendwie tätlich attackiert werden, und da stelle ich mir immer die Frage: Auf der einen Seite ist natürlich derjenige zu verstehen, der sich dagegen zur Wehr setzen möchte, was aber kann – auf der anderen Seite – dieser arme Be­amte dafür, der nur seinen Dienst versieht, der das ordentlich macht, warum muss der sich so etwas gefallen lassen?

Ein weiterer Punkt: Im Berichtsteil zur präventiven Menschenrechtskontrolle wird einige Male lobend erwähnt – weil auch Demonstrationen beobachtet wurden –, dass sich die Beamten nicht haben provozieren lassen. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! In welchem Land leben wir, dass man Beamte offenbar gezielt provoziert, um dann ein Einschreiten durch die Exekutive erst recht auszulösen? Und dann stellt man sich vielleicht wehleidig hin und beschwert sich, wenn ein Exekutivorgan seine Rechte dann auch in Anspruch nimmt.

Ich sage ganz klar, ich habe kein Verständnis dafür, wenn man bei Demonstrationen als Polizist beschimpft oder gar tätlich angegriffen wird. Auch dort, denke ich, kann und sollte die Volksanwaltschaft einen Teil dazu beitragen, dass die Menschenrechte auch der Beamten gewahrt sind und gewahrt bleiben. Mein Wunsch daher: Die Kontrolle, die sehr erfolgreich ausgeübt wird, soll allen Beteiligten dienen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Einen kleinen Aspekt möchte ich noch erwähnen, weil ich von einem Fall im Bereich der Justizwache gelesen habe, der mir gezeigt hat, wie sensibel das ist und auch wie schwierig es für die Beamten immer wieder ist, die richtigen Schritte zu setzen. Da gab es in einer Justizvollzugsanstalt einen Raufhandel zwischen Schubhäftlingen verschie­dener Nationen. Man kann sich diese angespannte Situation dort vorstellen, dass das für die Beamten nicht leicht ist und dass dort offenbar ein sehr hohes Aggressions­potenzial vorliegt. Nun wurde damit reagiert, dass der offene Vollzug eingeschränkt wurde, dass also die offenen Zellentüren schon früher geschlossen wurden. – Das zum Beispiel wurde von der Volksanwaltschaft dann kritisiert, als dort einige Zeit nach diesem Vorfall eine Kontrolle durchgeführt wurde.

Ich habe Verständnis dafür, dass die Volksanwaltschaft so etwas aufgreift – selbst­verständlich! –, aber ich bemühe mich immer, auch den anderen Teil zu hören und mich in die Justizwachebeamten hineinzuversetzen. Was soll man machen, wenn sich zwei Gruppen tätlich attackieren, sich untereinander und auch die Beamten? – Dann muss man auch mit Maßnahmen reagieren, die zwar möglicherweise auch Unschul­dige treffen, aber da muss im Sinne der Verhältnismäßigkeit das Gleichgewicht ge­wahrt bleiben. Das Verhältnis muss also ausbalanciert sein und darf nicht einseitig abgeändert werden.

Daher noch einmal mein Appell an Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren. Auch die Beamten sind Menschen. Es sind gute Menschen; es sind Menschen, die dafür Sorge tragen, dass wir eine sehr solide Verwaltung in Österreich vorfinden. Ich denke, insgesamt betrachtet stellt der Bericht der Volksanwaltschaft der öffentlichen Ver­waltung ein sehr gutes Zeugnis aus, und wir nehmen diesen Bericht für das Jahr 2016 sehr gerne zur Kenntnis. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

11.42

Vizepräsidentin Sonja Ledl-Rossmann: Als Nächste gelangt Frau Volksanwältin Gertrude Brinek zu Wort. – Bitte, Frau Volksanwältin.