13.27.24

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Der Bericht ist sehr umfangreich, natürlich sehr zahlenlastig, sehr komplex und stößt jetzt auf eher geringes nachmittägliches Interesse, wie ich festgestellt habe.

Ich möchte den Ausführungen meiner Vorredner nur einige Anmerkungen hinzufügen. Ich wusste nicht, dass es einen OECD-Index zur leistungsorientierten Haushaltspla­nung gibt, und das ist ja eigentlich das, was das politisch Interessante ist. Dass buch­halterische Fehler passieren oder eben nicht, dass richtig gerechnet wird, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Die Frage ist jedoch immer: Was wurde mit diesen Geldern wo erreicht, hat es die Zielerreichung gegeben und so weiter? In dieser leistungs­orientierten Haushaltsplanung ist die EU weltweit führend. Österreich belegt den ausgezeichneten vierten Rang hinter Korea und Mexiko. Deutschland ist nur auf Platz 26 und die USA auf Platz 27. Ich erwähne das nur, um zu unterstreichen, dass Statistiken, Messgrößen immer etwas sehr Relatives und damit eben auch eine Leistungsberichterstattung sind.

Es gibt zwei Schlüsselberichte der Leistungsberichterstattung in der EU. Der eine ist der Programmabriss. Damit rechtfertigt die Kommission die Zuweisung von Finanz­mitteln an die Haushaltsbehörde. Der andere ist die jährliche Management- und Leis­tungsbilanz, die eine grobe Übersicht, wie die politischen Prioritäten der EU aus dem Haushalt unterstützt und welche Ergebnisse damit erzielt wurden, sowie eine Einschätzung der Verwaltung des Haushalts durch die Kommission gibt.

Das Problem, das der Rechnungshof in diesem Bereich sieht, ist, dass die Leis­tungsberichterstattung unausgewogen ist. Zu Problemen und Fehlschlägen werden nur begrenzte Informationen vorgelegt. Ich denke, das ist eine wichtige Information für die Politik. Es gäbe für eine ausgewogene Leistungsberichterstattung internationale Nor­men und Empfehlungen, und das würde eine politische Einschätzung natürlich wesentlich erleichtern. Was nützt es mir, wenn zum Beispiel zur Almförderung fest­gestellt wird, dass die Gelder ordnungsgemäß ausgegeben wurden, ich aber aufgrund der Regelungen auf den Almen die Biodiversität verloren habe, weil dort jetzt quasi Intensivlandwirtschaft betrieben wird und viele ganz aufgegeben haben? All das sage ich nur, um zu unterstreichen, wie wichtig Zielerreichung und Leistungsbilanz sind.

Im Bereich Ressourcen gibt es ja neben den Kohäsionsförderungen die größte Fehlerhäufigkeit, also die wesentlichsten Überschreitungen. Das, was sich draußen im Konkreten abspielt, ist teilweise noch viel dramatischer als das, was in Zahlen dargestellt wird. Bei diesen Flächenberechnungen auf den Almen zum Beispiel hat der Kontrolleur, wann immer er kommt, andere Zahlen für die Flächen der Bauern. Wir in Salzburg verlieren ganz konkret Flächen aus dem Naturschutzbereich, weil die Auflagen und die Strenge der Vorschriften zum Ertrag oder zum Nutzen für die Bauern in keinem Verhältnis mehr stehen. (Präsident Todt übernimmt den Vorsitz.)

Die USA haben übrigens eine Website, die www.performance.gov heißt, auf der die Öffentlichkeit darüber informiert wird, wie die obersten Bundesbehörden bei der Erreichung ihrer gemeinsamen und spezifischen Ziele vorankommen. Es gibt auch weitere positive Beispiele der Darstellung: England oder auch die Weltbank. Die EU besitzt keine solche zentrale Website über die Leistungen, auf der die Informationen aller Kommissionsabteilungen zu sämtlichen Bereichen des EU-Haushalts bereitge­stellt werden, und zwar benutzerfreundlich, das heißt mit entsprechenden Naviga­tionssystemen und Wegweisern.

Der Rechnungshof kreidet das an, die Kommission verspricht Besserung. Das wird hoffentlich das politische Backing für die politische Interpretation des Rechnungshof­berichtes erleichtern und es damit auch tendenziösen Interpretationen schwerer machen, Kritik polemisch zuzuspitzen.

Allerdings sehe ich auch ein Problem der Kommission: Die Rechtsgrundlagen der Programme für den Zeitraum 2014 bis 2020 umfassen über 700 Indikatoren, mit denen die Leistungen der Programme während des Lebenszyklus überwacht werden sollen. Es wird geraten, das zu vereinfachen, in der Komplexität wieder zurückzugehen.

Der Rechnungshof legt großen Wert darauf, die Befolgung der Empfehlungen darzu­stellen und zu monitoren, und ich kann eigentlich nur sagen, dass der österreichische Rechnungshof sich sehr glücklich schätzen könnte, wenn seinen Empfehlungen in dem Ausmaß gefolgt wird, wie das in der EU der Fall ist.

Nach wie vor über der Wesentlichkeitsschwelle – das wurde schon angedeutet – liegen die erstattungsbasierten Ausgaben, obwohl es zu Verbesserungen gekommen ist. Das sind Forschungsprojekte, Fortbildungsprogramme, Projekte zur regionalen und länd­lichen Entwicklung und Entwicklungsprojekte. Da sind die Regeln für die Empfänger sehr kompliziert, die Vorschriften bezüglich dessen, was gefördert werden kann, sowie dazu, wie Kosten ordnungsgemäß entstehen. Da bemerkt die Kommission schon, dass sie nicht optimistisch ist, dass zwischen Recht- und Ordnungsmäßigkeit einerseits und der Verwirklichung politischer Zielsetzungen andererseits ein ausgewogenes Verhältnis geschaffen werden kann und dabei die Umsetzungs-, Verwaltungs- und Kontrollkosten im Auge behalten werden können. Wir erreichen da mit Kontrollen und Vorschriften offensichtlich schon eine gewisse Grenze, jenseits der deren Handhabung einfach nicht mehr möglich ist beziehungsweise eine weitere Kontrollverbesserung die Kosten des Aufwands in eine unvertretbare Höhe treibt.

Bei anspruchsbasierten Ausgaben wie Stipendien oder Direktbeihilfen liegt die Feh­lerquote deutlich unter der 2-Prozent-Marke. Über Olaf hat Kollege Schennach schon gesprochen. Es ist einfach so, dass die Finanzierungsregelungen der EU auch weiter­hin immer komplexer werden. Es braucht zusätzliche Mittel für Finanzkrise, Klima­schutz, Migration und Flüchtlinge, und die verfügbaren Mittel sollen auf effizientere und innovative Weise eingesetzt werden, wie Darlehen, Garantien, Eigenkapitalbeteili­gun­gen. Der Efsi ist so ein Beispiel.

Als Folge davon multiplizierte sich die Zahl der Stellen und Instrumente, die an der Finanzierung der Umsetzung von EU-Politiken beteiligt sind. Es entstand ein höchst komplexes Geflecht aus Regelungen rund um den EU-Haushalt. Da gibt es auch (ein Blatt mit einer Schemadarstellung in die Höhe haltend) eine wunderschöne Tafel dazu. Das erinnert ein bisschen an den Finanzausgleich in Österreich und die Probleme dabei. Diese Komplexität untergräbt die Rechenschaftspflicht und die Transparenz, weil die Regelungen für Berichterstattung, Prüfung und öffentliche Kontrolle nicht auf­einander abgestimmt sind. Das heißt, der Rechnungshof darf nur einige Finanz­mecha­nismen prüfen und kommt daher zu dem Schluss, dass es die derzeitigen Regelungen erschweren, eine wirksame Verwaltung, Prüfung, Kontrolle und Berichterstattung sicher­zustellen sowie den Bürgern einen angemessenen Überblick über Kosten und Nutzen von EU-Tätigkeiten zu liefern. Das ist eine doch dramatische Aussage, denke ich. Man muss Wege finden, um politisch damit entsprechend umzugehen.

Die Empfehlung des Rechnungshofes ist, dass die Kommission, das Parlament und der Rat aufgefordert werden, im Zuge der Debatte zur Zukunft Europas Überlegungen anzustellen, wie das Haushaltssystem reformiert werden könnte, um ein besseres Gleichgewicht zwischen Vorhersehbarkeit und Flexibilität herzustellen, und wie sicher­gestellt werden kann, dass die Finanzierungsregelungen insgesamt nicht komplexer als nötig sind, um die politischen Ziele der EU zu erreichen und Rechenschaftspflicht, Transparenz und Prüfbarkeit zu gewährleisten. – Die Kommission nickt dazu. (Heiter­keit der Rednerin.)

Ich glaube, das sind sehr hehre Ziele. Der Einsatz des Rechnungshofes, um diesen Zielen näher zu kommen, ist ein gewaltiger, aber ich glaube, es braucht auch noch viel politische Arbeit, um sich diesen Zielen zumindest anzunähern. – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

13.37

Präsident Reinhard Todt: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlos­sen.