13.24.00

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Trotz schwerer Schnaufer: Vielen Dank, Herr Minister, für die aus­führlichen Erläuterungen des Universitätsgesetzes. Ich weiß, es gibt einige Punkte, wo wir uns eh treffen, aber manche, wo wir einfach ein bisschen weiter auseinander sind.

Wir diskutieren heute über die EU-Jahresvorschau zum Thema Wissenschaft, For­schung und Bildung für das Jahr 2018. Die großen Schwerpunkte – weil ich als Erst­redner dastehe, muss ich auch ein bisschen auf das Allgemeine in diesem Vorhabens­bericht eingehen – sind einerseits das EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 sowie das Mobilitätsprogramm Erasmus+. Natürlich auch in Hinblick auf den EU-Rats­vorsitz fällt Österreich im Bericht relativ viel Aufmerksamkeit zu, gerade hinsichtlich der Verhandlungen rund um das Legislativpaket zum 9. Rahmenprogramm oder auch rund um das Nachfolgeprojekt Erasmus+.

Wirklich neue Initiativen vermisse ich im Vorhabensbericht, letztes Jahr gab es über­haupt keine legistischen Vorhabensberichte, da hat sich nicht viel geändert, stattdes­sen gilt alle Aufmerksamkeit weiter der Umsetzung von Horizon 2020. Grundsätzlich finde ich das Forschungsprogramm sehr gelungen, ich finde Horizon 2020 wirklich nicht schlecht, es wird dadurch die europäische Wissenschaft und Forschung gestärkt, auch in den Bereichen Grundlagenforschung und Innovationen. Das ist einmal sehr positiv herauszustreichen.

Der Anteil der Fördermittel, die nach Österreich gehen, ist leicht gesunken, sie sind von 2,9 auf 2,8 Prozent nach unten gegangen. Da zeigt sich, dass wir auf einem sehr guten Niveau stagnieren, was man auch unterstreichen muss, und weiterhin Nettoempfänger in Horizont 2020 sind.

Positiv ist auch, dass über 82 ERC-Grants nach Österreich gingen. Das ist eine sehr hohe Steigerung im letzten Jahr, um die 20, glaube ich, waren es im letzten Bericht, ich glaube, jetzt sind wir bei 82. Oder ist es schon zwei Jahre her? Das weiß ich jetzt nicht ganz sicher, aber es gab trotzdem eine massive Steigerung im letzten Jahr. Ich glaube auch, dass das Projekt einen wirklichen Mehrwert für die österreichische Forschung hat, auch deshalb, weil das Projekt zu einer stärkeren internationalen Vernetzung und auch zu einem gewissen Wettbewerb innerhalb der Forschung führt.

Probleme sehe ich noch in der Internationalisierung der wissenschaftlichen Gemein­schaft, gerade in Österreich. Da macht es Österreich den Studierenden gerade aus den Drittstaaten besonders schwer, in Österreich zu bleiben und zu arbeiten. Das posi­tivere Beispiel ist in diesem Bereich etwa Deutschland, dort ist man schon viel weiter als in Österreich, auch bei der Forschungsinfrastruktur. Ich weiß nicht, wie lange ich das schon höre, das Schlagwort Glasfaserausbau, Glasfasernetzausbau. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Das ist ein Stehsatz, den man immer wieder hört. Ös­terreich hat einen Versorgungsgrad mit FTTH und FTTB von nur 1,1 Prozent. 1,1 Pro­zent, Herr Minister, damit sind wir hinter Serbien – mit 1,4 Prozent – Letzter in Europa. Wir sind Letzter! Zum Vergleich: Lettland hat einen Anbindungsgrad von über 50 Pro­zent.

Also ich würde mir von der österreichischen Regierung erwarten – nicht nur von der jet­zigen, sondern ich hätte es mir auch von der letzten erwartet –, sich an der Diskussion nicht nur zu beteiligen, sondern im Bereich Infrastruktur endlich zu handeln. Ich glaube, das ist nicht nur im Bildungs- und Forschungsbereich notwendig, sondern auch im In­dustriebereich.

Nun im Bericht zum Bereich Forschung, Kapitel Euratom: Ja, ich bin bei der ganzen Sache ehrlich gesagt etwas verwirrt. Es steht in der Vorlage, dass es den zuständigen Stellen in Österreich gelungen ist, das Euratom-Forschungsprogramm zur Gänze auf Themen zu reduzieren, die zur Sicherheit der Anlagen beziehungsweise zum Schutz der Bevölkerung beitragen.

Fragt man aber bei den deutschen Kollegen nach, schaut das Programm nicht wirklich reduziert aus. Da heißt es, dass das Euratom-Programm unter anderem Innovationen und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der führenden Industrie in Bezug auf Kern­energie fördert und die Verfügbarkeit und Nutzung von Infrastrukturen von paneuropäi­schem Interesse, insbesondere Wirtschaftsinteressen von Kernenergie, sicherstellt.

Man muss also Kernenergie im Interesse der Industrie fördern und sicherstellen. Also sich da einfach nur der Stimme zu enthalten, das ist für uns Grüne einfach zu wenig. Wir würden uns dabei eine klare Positionierung Österreichs erwarten.

Zum Bereich Bildung und Hochschule: Da hat die EU keine Regelungskompetenz, das ist in vielen Verträgen ausverhandelt, die Mitgliedstaaten arbeiten in diesem Bereich jedoch sehr gut zusammen.

Was ich aber doch sehr lustig gefunden habe und auch die Kollegen im Ausschuss sehr gewundert hat, ist die extrem hohe Quote der Hochschulabschlüsse, 40,1 Prozent soll diese in Österreich sein. Ich glaube, das würde jeden hier im Saal ein bisschen wundern, hätten in Österreich 40,1 Prozent – das wäre fast jeder Zweite – einen Hoch­schulabschluss. Bei Nachfrage stellt sich aber dann heraus – also für mich war es lo­gisch –, dass es alle Schulabschlüsse beinhaltet, die im Alter von 30 bis 34 Jahren auch an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, HTLs und so weiter gemacht wurden. Das sind nicht wirklich Hochschulabschlüsse. Ja, schon wieder eine kleine Schönfärberei in diesem Bericht.

Die AkademikerInnenquote in Österreich – ich habe es vorhin schon gesagt – ist 15,8, also rund 16 Prozent, der OECD-Schnitt liegt bei 28 Prozent. In Österreich haben mit Stand 2016 also 16 Prozent, im OECD-Schnitt 28 Prozent im Alter von 25 bis 34 Jah­ren – das muss man, wie Sie ja richtig gesagt haben, bei OECD-Statistiken anführen – einen Abschluss im tertiären Bereich gemacht, der zu einem akademischen Grad führt. Bei den bis 34-Jährigen sind wir dann schon immerhin bei 20 Prozent, aber auch noch weit unter dem OECD-Schnitt. EU-Ziel wäre im Gesamten bei 40,1 Prozent: wir haben in diesem Bereich also schon noch einiges zu arbeiten, es gibt einiges zu tun.

Ob das zuvor beschlossene Universitätsgesetz zu einer Steigerung dieser Zahlen führt, das lasse ich in den Raum gestellt, vielleicht ist es auch politischer Wille, das nicht zu steigern. (Präsident Todt übernimmt den Vorsitz.)

Ein weiteres spannendes Thema im Bericht ist auch das Erasmus+-Programm. 1987 startete das Programm unter dem Namen Erasmus, fünf Jahre später ist Österreich Teil davon geworden. Österreichweit haben mehr als 240 000 Menschen bereits an die­sem Programm teilgenommen, jährlich sind das europaweit mittlerweile 680 000 Teil­nehmerInnen, davon 300 000 Hochschulstudierende, aus Österreich in etwa 7 300 Per­sonen.

Im Jahr 2014 hielt dann das Programm Erasmus ein „+“ dazu, umfasst seitdem zusätz­lich unterschiedliche Initiativen im Bereich Bildung, Jugend und Sport. Im Auslandsse­mester für Studierende und Lernende können auch Lehrlinge Berufspraktika im Aus­land machen und Jugendliche an freiwilligen Projekten teilnehmen. Außerdem umfasst das Programm die Bereiche Schulbildung, Berufsbildung und Erwachsenenbildung. Erasmus+ ist auch eines der wenigen Programme innerhalb der Europäischen Union, welches das vorgesehene Budget zu 100 Prozent ausschöpft. Ich glaube, das gehört auch einmal erwähnt.

Grundsätzlich finde ich das Programm wirklich sehr gut. Natürlich kann man nach einer gewissen Zeit – und das erwarte ich mir auch – evaluieren und schauen, was man adaptieren kann.

Was mich besonders stört, ist, dass das Programm noch nicht bei den Lehrlingen an­gekommen ist, damit wurden Sie im Wissenschaftsausschuss auch konfrontiert. Ich weiß, es gibt viele Bemühungen auch der Kammern – darüber haben wir auch schon diskutiert –, dennoch sprechen die Zahlen noch nicht für sich.

Ich weiß, Niederösterreich ist ein besonders positives Beispiel. (Bundesrätin Zwazl: Nicht nur im Osten ...!) Seit dem Jahr 2000 absolvieren in etwa 7 000 Lehrlinge Aus­landspraktika mit Erasmus+, das heißt, im Jahr etwas mehr als 380 Lehrlinge, im Ver­gleich dazu sind es bei den Studierenden seit dem Jahr 2000 jährlich über 7 000. Da haben wir noch Luft nach oben, um dieses Angebot auch für die Lehrlinge auszu­bauen.

Wir erwarten uns Adaptierungen, Herr Minister, gerade betreffend Flexibilisierung der Zeiten, mehr Informationen oder auch bessere Anrechnungen für die Lehrlinge. Das würden wir uns in diesem Bereich erwarten.

Auffallend ist auch, dass Österreich als Incoming Country für Erasmus+ nur im Mittel­feld ist, 253 Studierende kamen 2016 nach Österreich, in Spanien waren es 695, in Frankreich 483, in Deutschland 420, also wir haben noch Nachholbedarf, wenn es um die Erasmus+-Attraktivität von Österreich geht.

Das Programm nimmt auch deswegen einen so großen Platz im Bericht ein, weil in der zweiten Jahreshälfte – also während des österreichischen Ratsvorsitzes  mit einem Entwurf für ein Nachfolgeprogramm begonnen werden soll.

Wir erwarten uns, dass dabei auch auf die soziale Dimension Rücksicht genommen wird, auch auf die Lehrlinge. Österreicher, die Auslandsaufenthalte absolvieren, kom­men nur zu 15 Prozent aus einer niedrigeren sozialen Schicht, aber 22 Prozent kom­men aus einer hohen Schicht. Darauf sollte man auch entsprechend Rücksicht neh­men. Auffallend ist auch, dass gerade die Mobilität an den Pädagogischen Hochschu­len gering ist. Also da ergeben sich auch Handlungsfelder für Sie. Wir Grüne sehen Erasmus+ als ein europäisches Erfolgsprojekt, es steigert die Kompetenzen, verbes­sert berufliche Perspektiven und prägt nachhaltig die europäische Identität.

Leider wird in diesem Bericht aber nicht auf die Probleme und Herausforderungen ein­gegangen. Herr Minister, wir erwarten uns gerade im Bereich Euratom eine klarere Positionierung oder auch etwas mehr Tatendrang, wenn es um den Infrastrukturaus­bau geht. Auch in vielen anderen Bereichen wird im Bericht nicht konkret auf die Punk­te eingegangen, es sind immer wieder die gleichen Sätze, wie ich sie leider schon von der Vorgängerregierung gelesen oder mitbekommen habe.

Deswegen werden wir diesen Bericht heute nicht zur Kenntnis nehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.34

Präsident Reinhard Todt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. An­drea Eder-Gitschthaler. – Bitte.