9.27.06

Bundesrätin Rosa Ecker (FPÖ, Oberösterreich)|: Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geschätzte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Zuseher hier im Saal und des Livestreams! Anlässlich des Titels der heutigen Aktuellen Stunde „Frauenpolitik im Fokus – Maßnahmenpaket der Bundesregierung“ möchte ich zum Einstieg daran erinnern, dass heuer auch das Thema 100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich im Fokus steht. 1918 markiert den Start der Frauenpolitik in Österreich. Meiner Meinung nach war es auch ein weiterer sehr wertvoller, wichtiger Schritt in Richtung einer positiven Zukunft der Frauen, als vor rund 40 Jahren, nämlich 1975, die Gleichberechtigung der Frauen ausgerufen wurde – und von Gleichberechtigung und Gleichbehandlung sprechen wir jetzt, hundert Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts ja noch immer –, seitdem dürfen Frauen arbeiten gehen, ohne dass es der Mann verbieten kann.

Frauen haben dieses Entwicklungspotenzial seither sehr gut genutzt. Sie sind in allen Lebens- und Arbeitsbereichen gut vertreten. Frauen nutzen also großteils die Chancen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, und sie übernehmen auch die Verantwortung dafür, denn Chancengleichheit darf kein leeres Schlagwort sein; das betrifft einerseits die Chancengleichheit in der Familie und andererseits die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Zu diesen Grundvoraussetzungen zählt auch noch die Gleichstellung im Arbeitsleben, besonders im monetären Bereich, nämlich wenn es um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit geht.

Es wurde heute schon angesprochen, dass es verschiedene Arten von Einkom­mens­berichten gibt, oft nicht bezüglich Vollzeit und Teilzeit bereinigt. Da wäre eine trans­parente Darstellung aussagekräftiger, um die Einkommen auch realer vergleichbar zu machen. Ein einziger Einkommensbericht, so wie es meine Vorrednerin von der ÖVP auch schon gesagt hat, wäre sehr sinnvoll.

Was erwarten sich Frauen, egal. welchen Alters und welcher Qualifikation, von der Politik in Österreich? – Frauen erwarten sich Sicherheit im öffentlichen Raum, aber auch im familiären Umfeld und Unterstützung, wenn sie von Sexismus oder Gewalt betroffen sind. Gewalt – das haben wir ja bereits in der letzten Bundesratssitzung gehört –, Gewalt an Frauen darf in keiner Weise toleriert werden. Es brauch ein gutes Angebot an Gewaltprävention und Gewaltschutz – und das muss neben höheren Strafen unser oberstes Ziel sein.

Es gibt auch in Österreich Frauen in besonderen Lebenslagen, etwa Frauen mit Be­einträchtigung, mit Migrationshintergrund, Frauen, die Pflege- und Betreuungspflichten erfüllen, und Alleinerzieherinnen. Für diese braucht es seitens der Politik erhöhte Aufmerksamkeit, Unterstützungsangebote und eine finanzielle Absicherung, wie zum Beispiel die Weiterentwicklung und Evaluierung der Unterhaltshöchstgrenzen.

Frauen erwarten sich auch Anerkennung und Wertschätzung im Arbeitsleben, nicht nur beim Start ins Berufsleben, sondern auch beim Wiedereinstieg – ganz besonders ältere Frauen über 50. Wie oft hört man, dass eine Frau eben schon zu alt für eine höhere Position sei, obwohl gerade in diesem Alter meist die Kinder kein Hindernis­grund mehr wären? – Das Potenzial der Frauen auf dem Arbeitsmarkt muss genutzt werden. Frauen müssen ermutigt und unterstützt werden, Führungspositionen auch anzunehmen, damit die angesprochene Chancengleichheit auf dem Papier eben auch im Alltagsleben tatsächlich sichtbar wird. Damit wird weites Bewusstsein für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie für die Gleichstellung geschaffen.

Gleichzeitig – und jetzt komme ich trotzdem zur Wirtschaft – ist es eine Tatsache, dass Unternehmen mit Frauen und Männern in Führungspositionen, mit gemischten Führungsgremien im Schnitt mehr Gewinn machen und krisenstabiler sind. Davon abgesehen hat es für die Unternehmenskultur durchaus positive Auswirkungen. Diese Tatsache wird den Unternehmen auch immer mehr bewusst. Es tut sich bereits sehr viel zugunsten der Frauen, und davon profitieren sie eben auch als Arbeitnehmerinnen.

Ich bin auch Landesobfrau der Freiheitlichen Frauen in Oberösterreich. Für uns ist eines ganz besonders wichtig: die Wahlfreiheit – die Wahlfreiheit, ob Beruf, Familie oder Beruf und Familie. Gerade in Österreich besagen alle diesbezüglichen Studien, dass gerade junge Frauen sehr gerne in der ersten Zeit ihres Kindes – und wir reden hier vom Babyalter – die Betreuung selbst übernehmen wollen. Danach greifen sie aber gerne auf qualitative Kinderbetreuung zurück, und da braucht es gute, bedarfs­orientierte Angebote.

Ich erlebe aber auch in meinem Umfeld, dass die jungen Mütter auch die Beteiligung der Väter einfordern. Damit diese Frauen wieder gerne und etwas unbelasteter ins Berufsleben zurückkehren, braucht es eben dieses gute Netz an Kinderbetreuung und eine unbürokratischere und damit auch attraktivere Väterkarenz. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

Insgesamt braucht es überhaupt eine frauenfreundlichere und damit eine familien­freundlichere Gesellschaft, denn Familie ohne Frauen geht nicht. Es braucht ein Entgegenkommen in der Arbeitswelt in Bezug auf familienfreundlichere, frauen­freund­lichere Rahmenbedingungen. Das Werben um die guten Mitarbeiterinnen wird – das wird nicht mehr lange dauern – oft nicht das angebotene Gehalt entscheiden, sondern weiche Faktoren wie Arbeitszeiten, die an die Kinderbetreuung angepasst werden können, vielleicht ein zusätzlicher freier Tag für Elternsprechtag oder Einschulung oder zwei Wochen garantierter Urlaub, damit die Sommerferien leichter überbrückt werden können.

Ich möchte hier auch die geplante Vereinheitlichung der einzelnen freien Schultage ansprechen, denn das halte ich diesbezüglich für eine sehr gute Maßnahme. Das alles in Summe entlastet Frauen im Berufsleben und unterstützt sie beim Umstieg von Teilzeit auf Vollzeit – und das ist die beste Absicherung für die Frauen.

Zusätzlich brauchen Frauen aber auch gezielte Informationen, zum Beispiel was die Nachteile der Teilzeitbeschäftigung in Bezug auf die zu erwartende Pension betrifft. Ich habe gestern gehört, das sei doch eine Holschuld. Wir sind uns aber schon alle einig, dass sich Frauen aufgrund ihrer Mehrfachbelastung oft genau um diesen Aspekt nicht kümmern, weil es vordergründig etwas Wichtigeres zu tun gibt. Genau das bestätigt auch eine Imas-Studie aus dem Jahr 2017, welche ergab, dass drei Viertel der befragten Frauen eine selbständige und unabhängige Lebensführung sehr wichtig ist, sie aber ihre beruflichen Entscheidungen unter dem Aspekt der Priorität von Kin­derbetreuung und Pflege von Angehörigen treffen. Die eigene finanzielle Absicherung, speziell im Hinblick auf die eigene Person, wird vernachlässigt.

Diesbezüglich wäre eine automatische Zusendung des jährlichen Überblicks über das Pensionskonto vielleicht sinnvoll. Es würde manche Frau daran erinnern, dass es pensionstechnisch nicht so gut ausschaut. Die Beratungsstellen würde es ja geben, um sich die Informationen darüber, was man machen könnte, um es besser zu machen, zu holen.

Meiner Meinung nach ist Frauenpolitik sehr eng mit Familienpolitik verbunden. Familie ist einzigartig und äußerst vielschichtig. Familie ist ein offenes System, immer im Wandel, abhängig von der aktuellen Lebenssituation, im Besonderen von den Lebens­situationen und Entscheidungen der Frauen, nämlich für oder gegen Kinder.

Durch die steuerliche Entlastung im Rahmen des Familienbonus profitieren auch Allein­erzieherinnen oder Frauen, die sich beruflich für eine höhere Teilzeitstun­den­­anzahl entscheiden. Oft steigt nämlich das Familieneinkommen nur wenig, da die Steuerfalle voll zuschlägt. Da wirkt der Steuervorteil durch den Kinderbonus besonders positiv.

Geht der Trend tatsächlich weg von der kleinen Kernfamilie hin zu anderen Familien­formen? – Betrachten wir die Statistiken, die es zu Familienformen gibt, fällt wider Erwarten Folgendes auf: Drei Viertel der Familien bestehen aus verheirateten Eltern mit Kindern. Von 2010 bis 2015 ist die Zahl dieser Gruppe um 1 Prozentpunkt auf 68 Prozent gesunken. Es folgen die nicht ehelichen Lebensgemeinschaften mit Kin­dern mit knapp 18 Prozent; die Zahl dieser Familienform ist im gleichen Zeitraum um 2 Prozentpunkte gestiegen. Dann folgen wiederum die Alleinerziehenden; die Zahl dieser hat sich von 2010 bis 2015 von 15 auf 14 Prozent verringert. Das bedeutet meiner Ansicht nach, dass sich das traditionelle Familienbild beständig hält, und das sehe ich als eindeutiges Statement auch der Frauen an.

Oberösterreich hat die sehr gute Frauenstrategie 2030 entwickelt und ist da gut auf­gestellt. Es liegt an uns, auch bundesweit ressortübergreifend Maßnahmen zu suchen, zu finden und umzusetzen, um Frauen zu unterstützen. Das vorliegende Regie­rungsprogramm – wenn auch sehr kurz gefasst – stimmt mich doch sehr optimistisch, dass alle von mir jetzt angesprochenen Erwartungen, die die Frauen in Österreich haben, auch umgesetzt werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

9.36

Präsident Reinhard Todt: Zu einer ersten Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Bogner-Strauß. Auch ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesministerin.