14.09.08

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien)|: Herr Präsident! Frau Bun­des­ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich hoffe, die fehlende Aufmerksamkeit liegt nicht an der Vertretung und auch nicht am Thema. Ich finde dieses nämlich sehr wichtig, vor allem den ersten der drei Punkte. Österreich, wie wir wissen, engagierte sich sehr stark im Bereich der nuklearen Abrüstung und leistete auch einen aktiven Beitrag zum vorliegenden Vertrag. Dass 122 UN-Staaten für den Vertrag über ein völkerrechtliches Nuklearwaffenverbot stimmten, ist natürlich sehr erfreulich; dass gerade jene Länder, die selber über welche verfügen, da nicht mitstimmen, ist verheerend und erhöht klarerweise auch den Druck, den wir auf sie ausüben müssen.

Dass sich alle österreichischen Parteien diesbezüglich einig sind, ist natürlich be­grüßenswert. Das war ja beim Thema Atom allgemein nicht immer so.

Ein Aspekt ist mir auch noch wichtig: Im Nationalrat – Sie werden es vielleicht wissen – gab es einen einstimmigen Beschluss zu einem Entschließungsantrag, in dem es um Frieden und Neutralität gegangen ist, aber auch um die Abwendung von Katastrophen. Leider gab es hier keinerlei Kritik an der sogenannten Strukturieren Zusammenarbeit, an der Pesco. Da hat man gemerkt, dass die Grünen im Nationalrat doch fehlen. (Bundesrätin Mühlwerth: Nicht wirklich! – Bundesrat Krusche: Das glaub’ ich nicht!)

Was meiner Meinung hier in der Debatte fehlt, ist schon eine grundsätzliche Kritik am Waffenwahn, daran, mit Waffen – nicht nur nuklearen, sondern auch sonstigen – Geld zu verdienen, und auch am Widerspruch, der sich daraus ergibt, wo sich Österreich da verortet. Auf der einen Seite nämlich fordern wir die Abrüstung nuklearer Waffen, auf der anderen Seite rüsten wir aber Länder mit Waffen aus. Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele:

Im Sommer 2015 greifen saudische Soldaten mit österreichischen Gewehren bewaff­net in den Bürgerkrieg im Jemen ein. Ebenfalls 2015 wurde die Ausfuhr von 150 000 40-Millimeter-Splittergranaten aus Oberösterreich nach Abu Dhabi durch das BMI genehmigt, obwohl Abu Dhabi als Teil der Vereinigten Arabischen Emirate Mitglied in der kriegführenden Koalition war. Im Zeitraum vom 1.1.2006 bis 1.1.2016 wurden alleine für die Vereinigten Arabischen Emirate 24 Ausfuhrbewilligungen sowie 22 weitere für Saudi-Arabien erteilt. Das umfasste Granaten, Granatwerfer, Gewehre, Maschinenpistolen, Munition und Panzerminen – alles Unterstützung für kriegerische Konflikte made in Austria.

Obwohl Österreich in Relation ein eher kleineres Land ist, ist es der fünfund­zwan­zigstgrößte Rüstungsexporteur der Welt. So hat es 2013 einen Auftrag an Glock  im Wert von 9 Millionen Pfund gegeben, und auch die Radpanzer, die nach Gabun oder in die USA geliefert worden sind, haben ordentlich Gelder nach Österreich gebracht.

Im Jahr 2010 sind Geschäfte mit Libyen unter Diktator al-Gaddafi abgeschlossen worden. Im gleichen Jahr wurden Waffenexporte im Wert von 100 000 Euro auch nach Tunesien genehmigt.

In einer Untersuchung von Amnesty International von 2005 bis 2009 wurde zu Recht angeprangert, dass Österreich neben Italien das einzige Land war – ich wiederhole: das einzige Land war –, das den Export von Waffen, Munition und Ausrüstung nach Syrien genehmigt hat. 2006 sind zusätzlich für 2 Millionen Euro gepanzerte Fahrzeuge an das syrische Regime verkauft worden, genauso wie auch Panzer und Waffen um eine halbe Million Euro an Bahrain.

Im Mittleren Osten verdient Österreich am meisten: Alleine 2010 zahlten die Ver­einigten Arabischen Emirate mehr als 56 Millionen Euro, Saudi-Arabien 5,6 Millionen Euro.

Die Kriterien für Ausfuhrgenehmigungen – vor allem beim BMI, wo es um Kriegs­material geht – werden in Österreich, sagen wir, sehr situationselastisch gehandhabt. Ein gutes Geschäft, so scheint es, hat Vorrang vor dem, was die Beurteilung der Konflikte vor Ort zeigt. Wir müssen uns schon auch damit auseinandersetzen, dass damit die Fluchtursachen geschaffen werden, von denen in Österreich so viel die Rede ist.

Österreich schlägt aus der fortschreitenden Destabilisierung vieler Krisengebiete auch gerade im Jahr 2015, als wir über Flüchtlinge in Österreich debattiert haben, Profit. Auch das muss man ausgesprochen haben. Zitat: „Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört.“ – Das ist nicht umsonst ein Slogan einer Flüchtlingsinitiative.

Was also nicht genügt, ist jetzt dieser Vertrag zur Abrüstung der Nuklearwaffen und auch Neutralitätsbekundungen aus Österreich, sondern es braucht auch eine Aus­einandersetzung mit österreichischen Waffenexporten in Länder, die von Konflikten geprägt sind und in denen wir nicht ausschließen können, dass die Waffen zu Kriegszwecken eingesetzt werden. Österreich braucht hier also nicht nur ein Durch­denken der Mitverantwortung, sondern auch Konsequenz bei der Erstellung einer Liste von verbotenen Ländern. Es braucht offengelegte Kriterien für die Ausfuhrgenehmi­gungen, und aus Österreich dürfen Waffen und Panzer nicht exportiert werden, wenn wir wissen, dass in den jeweiligen Ländern Krieg herrscht. Da muss man ganz genau hinschauen.

Dass wir gar keine Waffen exportieren, bleibt wahrscheinlich ein Wunsch der Grünen. Dazu wird es nicht kommen. Ich finde es trotzdem sehr, sehr wichtig, das anzu­sprechen. Wenn wir uns hier schon einig sind, dass nukleare Waffen nicht an Länder geschickt werden sollten und dass die UN da gefordert ist, dann sollten wir auch konsequent sein und uns anschauen, wohin Österreich Waffen schickt und womit Fluchtursachen geschaffen werden und wie wir daran selber verdienen. – Vielen Dank. (Beifall der Bundesrätin Reiter sowie bei der SPÖ.)

14.16

Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Gottfried Sperl. Ich erteile es ihm.