16.51.25

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark)|: Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Grossmann, ich habe schon Verständnis dafür, Sie sind ja da ein bisschen in der Opferrolle. Landeshauptmann­stellvertreter Schickhofer, der um sein Leiberl rennt, dürfte Sie vorgeschickt haben, damit er wieder irgendwie seine Rundumschläge, die er in letzter Zeit so gerne verteilt, anbringen kann. (Heiterkeit der BundesrätInnen Mayer und Mühlwerth.) Irgendwie beneide ich Sie aber, vor allem um diese Fragen, denn Sie zeigen, dass Sie in dieser Angelegenheit eigentlich genau das haben, was ich nicht habe, nämlich: keine Ahnung. (Beifall bei BundesrätInnen der FPÖ. – Heiterkeit der Bundesrätin Mühlwerth.)

Sie zweifeln massiv an, dass das geologisch bedingte Verzögerungen und keine Kos­ten­einsparungen sind. – Zur Erläuterung: Beim Koralmtunnel gibt es insgesamt zwei Hauptbaulose, KAT 2 und KAT 3, mit insgesamt drei Vortriebsmaschinen, die im Einsatz sind. Im Groben kann man sagen, es sind zwei in der Steiermark und eine in Kärnten. Die erste Maschine auf steirischer Seite ist mittlerweile durch und fertig, und zwar mit in etwa einem Jahr Verzögerung. Die zweite Maschine wird im Herbst 2018 durchschlagen; geplant war ursprünglich im März 2016, das sind also rund zweieinhalb Jahre Verzögerung. Alle Maschinen sind insgesamt so zwei, drei Mal stecken geblieben.

Die Maschine in Kärnten, in KAT 3, steht mehr oder weniger seit Mai 2017. Sie hat in dieser Zeit grob gesagt etwa 1,5 Ringe pro Woche geschafft; ein Ring sind 1,9 Meter, das heißt, das waren in diesem Zeitraum knapp 150 Meter. Man hat in dieser Stö­rungszone sehr aufwendig eine Umfahrung von 400 Metern im konventionellen Vortrieb machen müssen, um die Maschine freizubekommen. Jetzt wird die Maschine durchgezogen und planmäßig – das muss man sagen – umgerüstet von einer Single-Shield- zu einer Hartgesteins-TBM – wen es interessiert – und wird dann demnächst hoffentlich planmäßig weiterfahren.

Allein diese Tatsachen sollten Ihnen zeigen, dass das mit Kosteneinsparungen absolut nichts zu tun hat. Das anzunehmen ist blauäugig, denn eine Bauzeitverlängerung führt bei vergebenen Baulosen – da geht es nicht um irgendwelche ausstehenden Ver­gaben, da ist alles vergeben – unweigerlich zu Verteuerungen. Allein schon die Bau­stellengemeinkosten, die sich über einen größeren Zeitraum erstrecken, fallen massiv ins Gewicht. Es wird sicherlich so sein, dass die beteiligten Baufirmen die Mehrkosten nicht unbedingt aus dem eigenen Sack berappen wollen, sondern natürlich ent­sprechende Vergütung von den ÖBB erhalten wollen. Das wird, so steht zu vermuten, auch noch die Gerichte beschäftigen. Es ist also zu befürchten, dass es in Summe eher zu Mehrkosten kommen wird, und zwar infolge dieser Geologie, und auf gar keinen Fall zu Kosteneinsparungen.

Auf die Frage, wer für die Folgekosten für die Unternehmer aufkommt, würde ich sagen: Der erste Adressat, der mir da einfällt, wäre Ihr Parteigenosse Gusenbauer – ist er ja noch, glaube ich –, der 2007 verkündet hat, dass die Fertigstellung des Koralm­tunnels im Jahr 2018 erfolgen wird. Beginnt also einmal bei ihm mit dem Klagen!

Herr Landeshauptmannstellvertreter Schickhofer hat gefordert – Sie haben das in die Fragen eingepackt –, dass das gesamte Know-how im Bereich des Tunnelbaus gebün­delt werden soll. – Das ist schon lange gebündelt! Seit Jahren, seit zig Jahren, muss man jetzt schon sagen, gibt es alle zwei Jahre die sogenannte Südbahntagung, die alternierend einmal in Graz an der TU und einmal in Leoben an der Montanuniversität stattfindet. Das ist eine eintägige Veranstaltung, auf der alle Experten, alle Beteiligten, die damit zu tun haben, ihren organisatorischen und technischen Input geben und wo das Thema auf breiter, wissenschaftlicher Basis diskutiert wird. Diese Forderung ist also schon längt erfüllt.

Das Grundproblem, das viele nicht erkennen, ist, dass ein Tunnelvortrieb in Tieflage anders zu behandeln ist als beispielsweise Brückenbauwerke. Bei einem Baulos mit zehn Brücken kann man es sich aussuchen, ob man alle hintereinander oder jeweils zwei und zwei oder alle gleichzeitig baut. Das führt natürlich dann zu entsprechenden Veränderungen der Bauzeit. Ein Tunnel mit einer großen Überlagerung hat einen, vielleicht zwei Angriffspunkte. Da kann man nicht mehr machen, da ist man allein aufgrund dieser räumlichen Situation gebunden. Es hilft auch nichts, wenn 90 Prozent fertig sind und die restlichen 10 Prozent Probleme machen. Das wirkt sich natürlich auf die Gesamtbauzeit aus, denn es ist ja auch so, dass gewisse logistische Bauarbeiten – Innenausbau und so weiter – erst erfolgen können, wenn der Durchschlag erfolgt ist. Man kann da nicht so tun, als ob man auf der anderen Seite beschleunigende Maß­nahmen setzen könnte.

Um Ausschreibungen geht es überhaupt nicht, die Ausschreibungen sind alle schon längst draußen. Das ist alles im Bau, einschließlich der Nachbarbaulose wie beispiels­weise die Tunnelkette Granitztal oder die Strecke beim Klopeiner See. Das ist alles schon lange vergeben und im Bau.

Es gibt auch noch andere Verzögerungen, beispielsweise beim Brennerbasistunnel. Da gibt es jetzt auch schon ein Jahr Verzögerung, obwohl beim Hauptbaulos auf öster­reichischer Seite noch gar nicht begonnen wurde, weil das erst jetzt, vor wenigen Tagen, vergeben wurde. Es gab Einsprüche, weil der Bestbieter einen italienischen Partner gehabt hat, der pleitegegangen ist; der zweite hat auch mit italienischen Partnern Probleme gehabt. Das sind Dinge, die man im Vorfeld nicht planen und ab­schätzen kann, meine Damen und Herren!

Abschließend vielleicht noch Folgendes: Ich könnte Ihnen aus dem Stand mindestens eine Handvoll Tunnelbauprojekte weltweit nennen, bei denen es zu massiven Bau­zeitverzögerungen kommt. Nehmen wir nur Stuttgart 21: Da sind wir mittlerweile bei der Bauzeitverzögerung schon im Bereich von Jahrzehnten.

Ich war letztes Jahr auf der Baustelle, und da hat uns der DB-Verantwortliche einen Fertigstellungstermin genannt. Die zuständigen Bauleiter haben nur leise hinter vorgehaltener Hand gelacht und haben gesagt, der träumt, das hält nie und nimmer.

Natürlich ist es so – wenn Sie sich darauf beziehen: die ÖBB haben gesagt –, dass nicht irgendein ÖBB-Bauleiter oder sonst irgendwer gegenüber den Medien sagen wird, dass es zu Verzögerungen kommt, ohne dass das abgesprochen ist, ohne dass das wirklich alles auf fundierten Erkenntnissen basiert, denn wenn er das macht, ist er am nächsten Tag einen Kopf kürzer.

In einem anderen Fall, in Seattle, war es ein altes Wasserleitungsrohr, das zu einer über einjährigen oder fast zweijährigen Bauzeitverzögerung geführt hat, weil es dadurch zu einem massiven Schaden an der Maschine gekommen ist.

Sie dürfen also dem Herrn Bundesminister wirklich glauben, wenn er sagt, dass es bei dieser Verzögerung von nur einem Jahr nicht um Sparmaßnahmen geht.

Summa summarum ist das Erfreuliche dabei: Es wird mehr investiert in die Bahn. Sparen ist ja per se nicht so schlecht, vielleicht ist nur die Wortwahl ein bisschen falsch. Man hätte wahrscheinlich optimieren sagen sollen, dann würde das Ganze gleich viel besser klingen, wenn man Kosten optimieren statt sparen sagt. Sparen heißt nicht, dass Projekte gestrichen werden, denn man muss auch immer die Gesamtschau im Kopf haben. Es gibt Teilprojekte, die ihre Wirkung erst entfalten können, wenn auch ein anderer Teil wirksam wird. So ist es letztendlich auch bei der Südbahnstrecke, und ich hoffe, dass es beim Semmeringbasistunnel nicht zu Verzögerungen kommt. Die ersten Maschinen fangen erst im Sommer an, dort zu arbeiten, dann werden beide Abschnitte gleichzeitig in Betrieb genommen, und das ist eigentlich dann eine optimale Lösung.

In dieser Debatte gibt es also viel Aufregung um wenig Substanz. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

17.02

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile ihm dieses. (Bundesrätin Mühlwerth: ÖBB- und Tunnelexperte!)