17.02.44

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Nein, Frau Klubobfrau, Sie brauchen keine Angst zu haben. (Bundesrätin Mühlwerth: Schönes Leibchen!) – Danke für das Kompliment zum schönen Leibchen! Ich habe extra das Sakko drüber­gezogen, weil es Sie nicht betrifft, Herr Bundesminister. (Der Redner trägt unter dem Sakko ein T-Shirt mit dem Aufdruck: „Diese Bundesregierung schädigt Ihre Lunge“.)

Danke an die SPÖ für diese Dringliche Anfrage! Ich glaube, das ist ein wichtiges Thema, das wir heute hier besprechen, auch wenn es dabei sehr stark um eine steirisch-regionalpolitische Perspektive geht und wir Grüne nicht gerade sehr positiv oder nicht immer - - (Bundesrat Krusche: Das ist eine transeuropäische Achse, die ist nicht regionalpolitisch!) – Die Anfrage bezieht sich darauf, auf die Koralmbahn. (Bundesrätin Mühlwerth: Ihr denkt halt nur kleinräumig!) – Wir Grüne stehen dem nicht so positiv gegenüber, stimmen da nicht immer überein, weil wir auch Hochbauten als sinnvoll erachten, anstatt immer nur Tiefbauten zu realisieren, und wir uns wünschen, dass sich die ÖBB hauptsächlich auf die Hochbauten konzentrieren und dafür Finanzen zur Verfügung stellen anstatt für Tiefbauten, die sehr kostenintensiv sind und deren Fertigstellung lange dauert. (Bundesrat Krusche: Bürotürme!)

Worum geht es jetzt beim Koralmtunnel? – Arbeitspolitisch, finde ich, greift diese Anfrage etwas zu kurz, weil andere Maßnahmen dieser schwarz-blauen Kürzungs­pläne wesentlich dramatischer sind als die vergleichsweise geringe Streckung der Fertigstellungsdauer des Koralmtunnels, dessen Nutzen im Übrigen in der Studie der WU und Co künstlich hochgerechnet werden musste, damit er wenigstens minimal über eins liegt. Beispielsweise schadet der Aufschub von Bahnhofsum- und -ausbauten in ganz Österreich massiv den Interessen der PendlerInnen und der Menschen mit Behinderung.

Zu den in der Anfrage erwähnten Bahnhofsumbauten zwischen Bruck und Graz ist zu sagen, dass die geplante Ausweitung des S-Bahn-Angebots dazu führt, dass die Realisierung der Barrierefreiheit in den Kundenbereichen und im Bereich der Bahn­steigzugänge vom Aufschub bedroht ist. Kurioserweise werden aber zugleich Verbes­serungen bei den Schienenanbindungen von Großunternehmen verschleppt. Man handelt da auch gegen die Wirtschaftsinteressen und gegen die Interessen des indus­triellen Klientels.

Wichtig ist es, weiters zu erwähnen, dass der Arbeitsplatzeffekt je eingesetzter Million Euro bei Projekten wie diesen um 50 Prozent größer ist als bei hochautomatisierten Tiefbauprojekten wie insbesondere Tunnelprojekten.

Ähnliches gilt für die Elektrifizierungsprojekte. Immer noch ist ein ansehnlicher Teil des ÖBB-Schienennetzes – anders als in der Schweiz – nicht elektrifiziert. Das heißt, es wird mit Diesel gefahren, zur Freude der Ölscheichs und zulasten der Umwelt, und die Leistungsfähigkeit auf diesen Strecken ist geringer als eigentlich gewünscht. Hier müsste ein Schwerpunkt gesetzt werden, Maßnahmen sollten vorgezogen anstatt auf­geschoben werden. Es handelt sich vielfach um Pendlerstrecken und Gütertransport­strecken.

Das betrifft auch eine Strecke in meinem Heimatbundesland, Sie haben es heute schon angesprochen: die Mattigtalbahn. Da hat es aufgrund von Medienberichten sehr große Verunsicherung gegeben, und ich finde das auch nicht im Rahmenplan. Es werden vielleicht keine Aufträge storniert, aber die Realisierung wird weit nach hinten verschoben. Zum Beispiel finde ich den ÖBB-Bahnhofsbau, den Ausbau, in dem von Ihnen jetzt ausgesendeten Rahmenplan ab 2021. In der parlamentarischen Anfrage­beantwortung vor drei Wochen haben Sie geschrieben, dass der Ausbau 2019 fertig sein wird. Das heißt, hier gibt es einen Widerspruch zwischen diesem Rahmenplan und Ihrer parlamentarischen Anfragebeantwortung. Auch in allen Präsentationen der ÖBB, auch der Bürgermeister, der Initiativen war immer von 2019 die Rede. Auf der Mattigtalbahnstrecke wurden die Projekte eher nach hinten geschoben. Ich finde sie nicht im Rahmenplan; vielleicht können Sie sie mir zeigen, ich finde sie nicht. 2019 beginnen sie erst, 2021 und 2022 werden sie endlich umgesetzt. Das ist nicht das, was eigentlich versprochen worden ist, nämlich dass es bis 2019 umgesetzt werden soll.

Zur Klimastrategie sind eher wenig Fragen gestellt worden, aber das ist sehr wohl eine wichtige Frage. Ich glaube, die Frage in der Dringlichen kann nur rhetorisch gemeint sein, denn ein Infrastrukturprogramm, das viel Wichtiges und Nützliches um Jahre aufschieben will, passt selbstverständlich bestens zu einer Klimastrategie, die zwar hochgesteckte Ziele in Serie auflistet, aber keine Maßnahmen und kein Geld vorsieht, um diese Ziele auch zu erreichen. Genau das ist es: beides schwarz-blaue Qualitäts­arbeit vom Feinsten; auch da gibt es hochgesteckte Ziele, aber wir kommen nicht wirklich dorthin, wo wir hinwollen oder hinsollten.

Sie, Herr Minister, setzen sich ja immer ganz besonders für Barrierefreiheit ein. Wenn jetzt überfällige Investitionen gerade in die Barrierefreiheit in Bahnhöfen gestrichen werden, von Vorarlberg bis in den Osten Dutzende Projekte aufgeschoben und damit weiter verzögert werden, dann frage ich Sie: Wie passt denn das zusammen? Fahrgäste mit Behinderungen, Eltern mit Kinderwägen, alte Menschen sind alle nichts wert, sie können ruhig ein paar Jahre länger auf Barrierefreiheit warten? – Ich glaube nicht, wir müssen schnellstmöglich handeln!

Der Sondertopf für die Regionalbahnen im Rahmenplan in der Höhe von circa 140 Mil­lionen Euro bis 2023 ist grundsätzlich erfreulich. Es wäre aber hoch an der Zeit, auszuführen, was dieser konkret umfasst, denn sonst liegt angesichts des insgesamt reduzierten Volumens des Rahmenplans der Verdacht nahe, dass es sich hierbei – um bei diesem Wein-Beispiel zu bleiben – nur um einen neuen Schlauch für einen alten Wein handelt, also um nichts anderes als einen Schmäh.

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass gerade im Bundesland Vorarlberg, in dem der öffentliche Verkehr teils zweistellige Zuwachsraten im Jahr hat, die Ein­sparungen am massivsten ausfallen. Mich würde interessieren, warum diese Bundes­regierung diejenigen, die beim Verlagern des Verkehrs auf die Schiene und beim Klimaschutz wirklich etwas weiterbringen, extra bestraft. Gerade in Vorarlberg ist wirklich sehr viel Potenzial vorhanden, die bemühen sich wirklich, den Verkehr auf die Schiene zu bringen, aber die Einsparungen sind dort am massivsten. Gerade dort sollte also nicht gespart werden.

Wir Grüne sind natürlich dafür, dass der öffentliche Verkehr, vor allem auch die Regionalbahnen, ausgebaut wird. Ich glaube, Sie sollten sich dafür mehr und weniger für Tempo 140 einsetzen. Ich bin ein massiver Kritiker dieser Maßnahme, weil ich das einfach als sinnlos empfinde. Auf der West Autobahn – das betrifft mich ja als ober­österreichischer Bundesrat – ist ja eine Teststrecke geplant. Ich weiß, Sie haben uns heute eine Anfragebeantwortung zugeschickt, in der Sie schreiben, dass noch keine fixen Strecken geplant sind, es wird aber immer kolportiert, dass das auf der A 1 in Oberösterreich geschehen wird. 100 000 Euro investieren für ein paar Sekunden - - (Bundesrat Krusche: Wird die von den ÖBB betrieben?) – Es ist sinnvoller, in die ÖBB und in die Schiene zu investieren als in die Autobahn. Die 100 000 Euro wären dort zehnmal sinnvoller eingesetzt.

Um um ein paar Sekunden schneller von A bis Z zu kommen, in Kauf nehmen zu wollen, die Verkehrssicherheit zu senken, der Umwelt durch einen Anstieg der Stick­oxide, der CO2-Werte zu schaden, das ist absolut sinnlos und versteht doch keiner – und das alles für 10 km/h mehr. Auch vor dem Hintergrund, dass andere Länder in ganz Europa niedrigere Geschwindigkeitsbeschränkungen als Österreich haben, brauchen wir nicht noch über 10 km/h mehr zu reden.

Ich glaube, es wäre wirklich sinnvoller, sich endlich auf den Umweltschutz zu konzen­trieren, und Sie als Verkehrs- und Infrastrukturminister sind wirklich gefragt, die Schie­ne, den öffentlichen Verkehr massiv auszubauen, gerade auf den Neben­strecken. Das betrifft auch die Elektrifizierung, da sind wir wirklich noch weit hinten. Ich erwarte mir von Ihnen ehestmöglich Maßnahmen.

Ansonsten: Danke für die Anfragebeantwortung! (Beifall der Bundesrätinnen Dziedzic und Reiter sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Jetzt hätte ich fast vergessen, noch folgenden Entschließungsantrag einzubringen:

Unselbständiger Entschließungsantrag

der BundesrätInnen David Stögmüller, Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bekenntnis zum Erhalt und Ausbau der österreichischen Neben­bahnen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, wird ersucht, die budgetäre Bedeckung der Schieneninfrastruktur-Inves­titionsprogramme (ÖBB-Rahmenpläne), so wie sie im Zielnetz 2025+ vorgesehen sind sicherzustellen, um damit den Erhalt und den Ausbau der ÖBB Nebenbahnstrecken garantieren zu können.“

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Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall der Bundesrätinnen Dziedzic und Reiter sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

17.11

Vizepräsident Ewald Lindinger: Der von den Bundesräten David Stögmüller und Mag.a Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungs­antrag betreffend „Bekenntnis zum Erhalt und Ausbau der österreichischen Neben­bahnen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hubert Koller. Ich erteile ihm dieses. (Bundesrat Mayer: Hubsi, der Bahnfahrer!)