18.32

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, die Novelle rund um die Arbeitslosenversicherung ist, und das glaube ich auch wirklich, gut ge­meint, aber meiner Meinung nach und unserer Meinung nach falsch umgesetzt, und sie strotzt von Problemen, die in Zukunft auf die Arbeitslosenversicherung herein­pras­seln werden.

Ich fange auch gerne mit dem größten Einwand an, das ist das fehlende Geld für die Arbeitsmarktpolitik in Österreich. Die Arbeiterkammer rechnet mit knapp 500 Millionen Euro weniger für die Versicherungen: 500 Millionen Euro weniger für aktive Arbeits­markt­politik, weniger Geld im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Gerade jetzt aber bräuchten wir dieses Geld für die Gruppen der Langzeitarbeitslosen, der behinderten Menschen oder der Arbeitslosen 50 plus, die wir wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern wollen.

Ich weiß sehr wohl, dass Sie auch mit Geldern aus den zusätzlichen Rückflüssen aufgrund der erhöhten lohnsteuerrechtlichen Bemessungsbasis der Betroffenen oder auf zusätzliche Mittel durch erhöhte Umsatzsteuereinnahmen rechnen – aber die fließen doch nicht in die Versicherung! Darüber freut sich vielleicht der Finanzminister, aber nicht die Versicherung beziehungsweise die Arbeitslosenversicherung. Und eines muss man auch beachten: Das Budget der Arbeitslosenversicherung hat bereits ein Defizit von über 1,5 Milliarden Euro, und das wird jetzt noch einmal massiv angegriffen.

Ich möchte natürlich auch etwas Positives dazu sagen. Ich glaube auch, und darüber sind sich ja alle Parteien hier einig, dass es eine Entlastung des Faktors Arbeit braucht, aus Sicht von uns Grünen ganz besonders bei jenen Menschen, die wenig verdienen und dennoch jeden Tag ihre Lebenszeit für die Wirtschaft oder die Industrie aufwen­den. Gerade diese ArbeitnehmerInnen und Angestellten sind es, die es sich wirklich ver­dienen würden, dass sie mehr Geld zum Leben haben. Das Gesetz entlastet aber nicht mehr nur die, die wenig verdienen, sondern auch Arbeiterinnen und Arbeiter, die über dem Bruttomedianeinkommen der unselbständig Erwerbstätigen liegen, also mehr als 27 000 Euro Bruttoeinkommen haben. Auch da vermisse ich, Frau Ministerin, die soziale Ausgewogenheit dieser Maßnahme. Auch wenn es gut gemeint ist, aber die Niedrigverdiener gehören meiner Meinung nach mehr entlastet als die, die eh schon über dem Bruttomedianeinkommen liegen.

Die Maßnahme bringt auch dadurch ein wesentliches Problem mit sich, dass vor allem Teilzeitbeschäftigte von der Beitragssenkung profitieren werden. Wir alle wissen, dass Teilzeitbeschäftigung für die Betroffenen – meist Frauen – massive Probleme im Alter mit sich bringt – dazu braucht man sich nur den letzten Sozialbericht aus Ihrem Res­sort durchzulesen –, und wenn Teilzeit wieder attraktiver wird, werden gerade Frauen auf eine Ausweitung der Arbeitszeit verzichten, weil es sich schlicht und einfach nicht lohnt. Das führt zu niedrigen Pensionsbeiträgen und letztlich zu niedrigen Pensionen und zu Altersarmut.

Abschließend möchte ich noch auf den massiven Verwaltungsaufwand für die Lohn­verrechnung eingehen. Dazu hat die Wirtschaftskammerpräsidentin sicher auch etwas zu berichten, denn ich habe das aus der Stellungnahme der Wirtschaftskammer, die auch eine sehr kritische Stellungnahme zu dieser Maßnahme abgegeben hat. Vielleicht gehen Sie darauf ein – ich kann sie auch gerne heraussuchen, wenn Sie das vorlesen wollen. (Bundesrätin Zwazl: Du brauchst mich jetzt nicht per Sie anreden!) – Entschul­digung, ich bin es schon so gewohnt. – In der Stellungnahme der Wirtschafts­kammer ebenso wie auch in der Stellungnahme des Hauptverbandes der Sozial­versicherungs­träger wird das vorgesehene unterjährige Inkrafttreten der Maßnahme massiv kritisiert, auch insofern, als es dadurch einen erheblichen Programmieraufwand gibt. – Aber klar: Bevor man sinnvolle, sozial treffsichere Maßnahmen, deren Kosten auch entsprechend abgedeckt sind, in der wichtigen Arbeitsmarktpolitik macht, macht man lieber Schlag­zeilenpolitik, deren Auswirkungen wir dann im nächsten Jahr massiv spüren werden.

Schade, Frau Ministerin! Ich glaube wirklich, hinsichtlich der Entlastung des Faktors Arbeit könnte man sinnvollere Maßnahmen mit gezielter Wirkung setzen, wobei auch eine Abschätzung zu erfolgen hätte, wie die finanziellen Auswirkungen dieser Maß­nahme zu bedecken sind. Sie hätten sich die zahlreichen kritischen Stellungnahmen wirklich zu Herzen nehmen sollen, aber wie wir ja auch von anderen Paketen, die gerade in Vorbereitung sind, wissen, hält diese Regierung nichts von Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen abgeben – im Zusammenhang mit dem Datenschutz­paket soll ich das anmerken.

Von unserer Seite wird es heute zu diesem Gesetz keine Zustimmung geben. – Danke schön.

18.36

Präsident Reinhard Todt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. Ich erteile es ihr.