9.23.02

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir am heutigen Tag gleich mit einer vorarlbergischen Märchenstunde beginnen, war doch ein bisschen überraschend für mich.

Kollege Mayer, was die Militärmusik zur Sicherheit beitragen kann, das müssen Sie mir erst erklären. (Heiterkeit der Bundesrätin Posch-Gruska.) Zugegeben, für die Volks­kultur ist sie sehr wichtig, ich bin auch dafür, dass sie weiterhin besteht. (Bundesrat Mayer: Ich habe es auch nicht im Zusammenhang erwähnt!)

Bringen wir es aber auf den Punkt: Der Vorgängerminister, Hans Peter Doskozil, hat, was das österreichische Bundesheer betrifft – das haben Sie ja auch erwähnt –, ein gut bestelltes Haus übergeben. (Bundesrätin Mühlwerth: Na ja! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nicht nur, aber auch deshalb zählt Österreich zu den fünf sichersten Ländern dieser Erde. Hans Peter Doskozil hat dem österreichischen Bundesheer den Stellenwert gegeben, den es schon lange davor nicht mehr gehabt hat. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Das müssen wir auch ehrlich zugeben. Wenn wir bei der Ehrlichkeit sind, dann fangen wir gleich bei Herbert Scheibner oder dem derzeitigen Tiroler Landeshauptmann Günther Platter – und so weiter und so fort – an. (Bundesrat Rösch: Ja nach eurer ...! ... Darabos und Klug!)

Aber: Seit 2016 hat das österreichische Bundesheer doch wieder einen Aufschwung erfahren (Bundesrat Mayer: ... nicht mehr!), einen Stellenwert bekommen, den es zuvor schon lange nicht mehr hatte, und Parteien aller politischen Couleurs haben dafür auch Verantwortung getragen, weil sie Minister gestellt haben. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat sicher der Darabos gemacht! Und der Klug hat es fortgesetzt!) Jetzt gilt es, den Blick in die Zukunft zu richten, rasch Antworten zu geben und das Bundesheer in eine gute Zukunft zu führen.

Erster Punkt: die Alouette-Nachfolge. Als leichter Verbindungs- und Transport­hub­schrau­ber weist er mit seiner Ausrüstung – Seilwinde, Außenlasthaken – eine viel­seitige Verwendbarkeit auf und ist vor allem im Hochgebirgseinsatz unerlässlich und dafür hervorragend geeignet. Aus diesem Grund ist dieser Hubschrauber auch im Katastrophenschutz unerlässlich und weiterhin dringend erforderlich, gehen doch zahlreiche Rettungseinsätze, bei denen Gott sei Dank viele Menschenleben gerettet wurden, auf das Konto dieses Hubschraubers.

2017 feierten wir das 50-Jahr-Jubiläum der Alouette am steirischen Standort Aigen. Eigentlich läuft die technische Zulassung für die Maschine – das ist aus internen Auskünften von Piloten bekannt – bereits 2020 aus. Vielleicht kann man durch das Ausweiden einiger Maschinen noch ein paar Jahre dazugewinnen, aber die Flotte wird dadurch natürlich immer kleiner und die Einsatzbereitschaft sinkt.

Noch immer ist nicht klar – leider –, ob und wann ein vollwertiger Ersatz, nämlich auch aus Sicht des Katastrophenschutzes, angekauft wird. Dies wäre aber für die Bundes­länder, zuständig für den Katastrophenschutz, unerlässlich. Es soll eine Sonderfinan­zierung geben, dazu wissen wir aber noch nichts Genaueres, darum meine Frage: Wann erfolgt diese dringende Ersatzbeschaffung, wann kommt der Nachfolger für die Alouette, und ist damit auch der steirische Standort Aigen längerfristig abgesichert?

Wenn es eine Sonderfinanzierung geben soll, dann wird hoffentlich nicht wieder mit Gegengeschäften argumentiert, wie es bei Schwarz-Blau I war. Da hast du als Bürger regelrecht gedacht: Ich kaufe mir auch so einen Eurofighter, so einen Flieger, denn wenn das so ein Geschäft ist, kann er ruhig in meinem Hof herumstehen! (Bundesrat Mayer: Da werden wir schauen, was rauskommt! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Zweites Thema: die Pionierkompanie. Sie haben angekündigt, lieber Herr Minister, dass in jedem Bundesland wieder eine Pionierkompanie zur Verfügung stehen soll. Bis wann steht diese Verstärkung? Jetzt gibt es beim Militärkommando zwei Pionierzüge, diese sollten auch für den Katstropheneinsatz zur Verfügung gestellt werden.

Zum militärischen Bauprogramm: Wir wissen, dass es zahlreiche Sanierungs­notwen­dig­keiten bei der militärischen Infrastruktur gibt. Beispiele aus unserer steirischen Heimat sind die Kaserne Feldbach, die Gablenz-Kaserne in Graz und die Kaserne in Gratkorn, die müssten Sie, Herr Minister, aus eigenem Einsatz bestens kennen. Dieser Sanierungsbedarf ist im Bauprogramm festgehalten. Bis wann wird mit der Umsetzung dieser Sanierungsarbeiten zu rechnen sein, bis wann soll dies abgeschlossen werden?

Nächster Punkt: die Organisationsreform. Hans Peter Doskozil hat eine neue Struktur im österreichischen Bundesheer eingeführt, die obere Führung des österreichischen Bundesheers sollte aus vier Kommanden bestehen: Landstreitkräfte, Luftstreitkräfte, Kommando Logistik und Kommando Führungsunterstützung.

Land- und Luftstreitkräfte wurden ja geteilt, vormals war das das Kommando Streit­kräfte, nun wird alles wieder zurückgenommen, nun sind wir sozusagen wieder bei Stunde null. Sie kennen die Sorgen der Soldaten und der Bediensteten, Herr Minister, man sollte sie nicht ständig verunsichern und ihnen nicht ständig Neues vor die Nase knallen. (Bundesrat Samt: Verunsichern tut bis jetzt nur ...!)

Die finanzielle Ausstattung war schon Thema, und das war auch ein großes Wahl­versprechen: 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für unser Heer. Das wären nach den aktuellen Zahlen rund 3,88 Milliarden Euro. Geworden sind es nach derzeitigem Stand 2,26 Milliarden Euro, wir sind also von diesem 1 Prozent des BIPs sehr weit entfernt. Wir sind derzeit bei in etwa 50 Prozent des Wahlversprechens angelangt. Bis wann wird dieses Versprechen eingelöst? Bis wann bekommt das österreichische Bun­desheer die finanzielle Ausstattung, die es tatsächlich auch braucht? (Bundesrätin Mühlwerth: Dank euch sind wir ja so in der Bredouille! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

Die Sicherheitsstrategie wurde ja 2013 auch mit den Stimmen der freiheitlichen Partei im Nationalrat beschlossen (Bundesrat Samt: Unglaublich!), darin sind die Auslands­einsätze mit rund 1 100 Soldatinnen und Soldaten festgeschrieben; derweil sind nur 860 Soldatinnen und Soldaten im Ausland tätig.

Ein weiteres Versprechen war, den Grundwehrdienst zu attraktivieren – mehr Geld für die Grundwehrdiener, vielleicht eine Verlängerung der Ausbildungszeit im Grund­wehr­dienst. Bis wann kommt das? Bis wann wird dieses Versprechen eingelöst? Bitte, Herr Minister, zeigen Sie, dass Steirerblut kein Himbeersaft ist, was die finanzielle Aus­stattung für unser Heer betrifft! (Bundesrätin Mühlwerth: Jetzt auf einmal haben Sie Ihr Herz für das Bundesheer entdeckt!)

In Summe würde mich interessieren, wo die Leuchtturmprojekte in Ihrem Ministerium sind, was Ihre künftigen Vorhaben für das österreichische Bundesheer sind. (Bundes­rat Steiner: Unglaublich! ... das nicht zu blöd ist!) Wie werden diese finanziert und wann werden die Versprechen eingelöst?

Was wir für das österreichische Bundesheer nicht brauchen, ist Ankündigungspolitik, was wir nicht brauchen, ist Symbolpolitik. Die gibt es in der derzeitigen Regierung schon viel zu oft und leider auch bei sehr wichtigen Fragen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Die Diskussion der Frage, ob das Binnen-I jetzt im Heer Bestand hat oder abgeschafft wird, ist eine Nebelgranate, das ist Ankündigungspolitik. Die Balkanroute ist zuerst geschlossen worden, jetzt müssen wir uns darum wieder Sorgen machen – irgend­etwas habe ich, glaube ich, nicht ganz mitgekriegt (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ – Bundesrätin Mühlwerth: Das wundert uns nicht!), ob Albanien jetzt ein Balkanstaat ist oder nicht. (Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Auch da würde ich eine Antwort erbitten: Ist Albanien noch am Balkan oder nicht?

Zum Thema Sicherheit – auch angesichts der letzten Enthüllungen betreffend den BVT-Skandal –: Im Sicherheitsbereich haben wir bereits einen Minister, der rücktritts­reif ist, es soll nicht der zweite folgen. Österreich ist viel zu wichtig, mit dem Thema Sicherheit in Österreich spielt man nicht! Ich bitte um ausführliche Beantwortung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller. – Bundesrat Samt: Unglaub­lich, was da für Sachen erzählt werden!)

9.32

Präsident Reinhard Todt: Zu einer ersten Stellungnahme hat sich der Herr Bun­des­minister für Landesverteidigung zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Auch seine Re­dezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten.